Kleine Anfrage 6311der Abgeordneten Andreas Keith und Markus Wagner vom 19.01.2022
Kriminalität in der Silvesternacht 2021/2022: Wer sind die Unruhestifter und Kriminellen?
In der Silvesternacht 2021/2022 hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen im Vorjahresvergleich mehr Straftaten und auch mehr Verletzte registrieren müssen.
Die Körperverletzungen haben sich verdoppelt, und auch die Sexualdelikte sind gestiegen. Die Polizei musste zudem auch mehr Platzverweise aussprechen und mehr Personen festnehmen.1
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen sämtlicher in der Silvesternacht registrierten Straftaten bekannt?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen der in der Silvesternacht registrierten Körperverletzungsdelikte bekannt?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen der in der Silvesternacht registrierten Sexualdelikte bekannt?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe derjenigen Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht eine Straftat mit dem Tatmittel Schusswaffe begangen haben?
- Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe derjenigen Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht fest- bzw. in Gewahrsam genommen worden sind?
Andreas Keith
Markus Wagner
1 Vgl. Zeit Online (2022): NRW-Polizei: Mehr Straftaten und Verletzte in Silvesternacht; online im Internet: https://www.zeit.de/news/2022-01/01/nrw-polizei-mehr-straftaten-und-verletzte-in-silvesternacht?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.google.de%2F.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6311 mit Schreiben vom 14. Februar 2022 namens der Landesregierung beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Zur Beantwortung der Kleinen Anfrage wird für die Silvesternacht entsprechend der Pressemeldung vom 01.01.2022 der Zeitraum zwischen dem 31.12.2021, 18:00 Uhr und dem 01.01.2022, 06:00 Uhr berücksichtigt.
Die Pressemeldung vom 01.01.2022 enthält zwar statistische Daten zum Ende der Silvesternacht, aber keine weiteren inhaltlichen Angaben und Bezüge zu den dazugehörigen Fällen. Insofern ist eine retrograde Auswertung zu den dort genannten Fallzahlen nicht valide möglich.
Eine Beantwortung der Kleinen Anfrage auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik (PKS) ist zurzeit nicht möglich. Die PKS ist eine Ausgangsstatistik, die fallbezogen nach Abschluss der Ermittlungen erstellt wird. Hier ist erfahrungsgemäß mit einem Zeitlauf von vier bis sechs Monaten zu rechnen. Zudem werden freiheitsentziehende Maßnahmen nicht erfasst.
Die Beantwortung der Fragen 1 bis 5 kann zurzeit nur über die polizeilichen Vorgangsbearbei-tungssysteme (VBS) erfolgen.
Die in den VBS enthaltenen Daten unterliegen im Rahmen der polizeilichen Ermittlungen und durch nachträglich erstattete Strafanzeigen einer laufenden Aktualisierung. Angaben zu den tatverdächtigen bzw. betroffenen Personen der freiheitsentziehenden Maßnahmen erlauben keine validen Aussagen, da eine Qualitätssicherung im Zeitraum laufender Ermittlungen nicht erfolgt. Eine zentrale Recherche in den VBS zu Informationen über tatverdächtige Personen von polizeilich erfassten Straftaten oder Betroffene freiheitsentziehender Maßnahmen kann daher keine validen Ergebnisse ergeben. So sind insbesondere personenspezifische Angaben zum Migrationshintergrund aus den VBS nicht statistisch valide auswertbar. Eine dezentrale und manuelle Auswertung in den Kreispolizeibehörden ist in der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.
Vor diesem Hintergrund beantworte ich die Fragen 1 bis 5 wie folgt:
1. Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen sämtlicher in der Silvesternacht registrierten Straftaten bekannt?
Als tatverdächtige Personen wurden insbesondere Heranwachsende (Alter zur Tatzeit von 18 bis 21 Jahren) und Erwachsene mit einem Alter zwischen 22 bis 31 Jahren häufiger erfasst. Mit zunehmendem Alter wurden tendenziell weniger Personen registriert. Der überwiegende Anteil tatverdächtiger Personen ist männlichen Geschlechts. Über ein Drittel der in den ausgewerteten Fällen erfassten Personen hat ausschließlich eine deutsche Staatsangehörigkeit, für gut ein Drittel der Straftaten ist keine Staatsangehörigkeit zu einer (unbekannten) Person erfasst. Für einen vergleichbaren Anteil ist auch kein Wohnsitz zu einer (unbekannten) tatverdächtigen Person erfasst, insgesamt sind 43 Personen ohne festen Wohnsitz registriert.
2. Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen der in der Silvesternacht registrierten Körperverletzungsdelikte bekannt?
Als tatverdächtige Personen wurden insbesondere Heranwachsende (Alter zur Tatzeit von 19 bis 21 Jahren) und Erwachsene mit einem Alter zwischen 22 bis 37 Jahren häufiger erfasst. Mit zunehmendem Alter wurden tendenziell weniger tatverdächtige Personen registriert. Der überwiegende Anteil der tatverdächtigen Personen ist männlichen Geschlechts und rund die Hälfte hat ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit. Die registrierten Wohnorte verteilen sich in den Schwerpunkten auf das Ruhrgebiet und den Köln-Bonner Raum. In knapp einem Viertel der Fälle ist kein Wohnort verzeichnet.
3. Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe der Tatverdächtigen der in der Silvesternacht registrierten Sexualdelikte bekannt?
In der Altersstruktur der tatverdächtigen Personen sind keine Auffälligkeiten feststellbar. Der überwiegende Anteil der tatverdächtigen Personen ist männlichen Geschlechts. Etwa 40% der erfassten tatverdächtigen Personen haben ausschließlich eine deutsche Staatsangehörigkeit.
Für etwa ein Viertel der (unbekannten) Personen sind keine Angaben entsprechend der Fragestellung erfasst.
4. Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe derjenigen Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht eine Straftat mit dem Tatmittel Schusswaffe begangen haben?
Als tatverdächtige Personen wurden insbesondere Heranwachsende (Alter zur Tatzeit von 18 bis 21 Jahren) und Erwachsene mit einem Alter bis 40 Jahre häufiger erfasst. Mit zunehmendem Alter wurden tendenziell weniger tatverdächtigen Personen registriert. Der überwiegende Anteil der tatverdächtigen Personen ist männlichen Geschlechts. Über zwei Drittel der in den ausgewerteten Fällen erfassten tatverdächtigen Personen hat ausschließlich eine deutsche Staatsangehörigkeit. Die registrierten Wohnorte verteilen sich in NRW mit den Schwerpunkten im Ruhrgebiet und der Stadt Mönchengladbach.
5. Was ist über das Alter, das Geschlecht, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten und etwaige Migrationshintergründe derjenigen Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht fest- bzw. in Gewahrsam genommen worden sind?
Für das Alter der von freiheitsentziehenden Maßnahmen betroffenen Personen wurden insbesondere Heranwachsende (Alter zur Maßnahmenzeit von 18 bis 21 Jahren) und Erwachsene mit einem Alter zwischen 22 bis 37 Jahren häufiger erfasst. Mit zunehmendem Alter wurden tendenziell weniger Personen registriert. Der überwiegende Anteil der Personen ist männlichen Geschlechts. Knapp die Hälfte der betroffenen Personen hat ausschließlich eine deutsche Staatsangehörigkeit. Die registrierten Wohnorte verteilen sich in NRW mit den Schwerpunkten im Ruhrgebiet und den Städten Köln und Mönchengladbach. In 20 Fällen ist der Wohnort unbekannt bzw. als „ohne festen Wohnsitz“ vermerkt.