Kleine Anfrage 1048
des Abgeordneten Markus Wagner vom 10.01.2023
Kriminalität in der Silvesternacht 2022/2023: Wer sind die Unruhestifter und Kriminellen?
Bereits in der Silvesternacht 2021/2022 hat die Polizei in Nordrhein-Westfalen im Vorjahresvergleich mehr Straftaten und auch mehr Verletzte registrieren müssen. Die Körperverletzungen haben sich verdoppelt, und auch die Sexualdelikte sind gestiegen. Die Polizei musste zudem auch mehr Platzverweise aussprechen und mehr Personen festnehmen.1
Die Silvesternacht 2022/2023 hat eine ganz neue Dimension an Gewaltpotenzial und Ausschreitungen offenbart. Im gesamten Bundesgebiet gab es zahlreiche Ausschreitungen und gefährliche Angriffe auf Rettungskräfte. Auch Nordrhein-Westfalen war Schauplatz unzähliger Böller-Attacken. Viele Randalierer, die teilweise brennende Straßenbarrikaden errichteten, griffen ganz gezielt Einsatzkräfte der Polizei, der Feuerwehr und des Rettungsdienstes an.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Was ist über die Tatverdächtigen sämtlicher in der Silvesternacht registrierten Straftaten bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
- Was ist über die Tatverdächtigen der registrierten Köperverletzungsdelikte in der Silvesternacht bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
- Was ist über die Tatverdächtigen der registrierten Sexualdelikte in der Silvesternacht bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
- Was ist über das Alter die Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht eine Straftat mit dem Tatmittel Schusswaffe begangen haben? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
- Was ist über die Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht fest- bzw. in Gewahrsam genommen worden sind? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
Markus Wagner
1 Vgl. Drs. 17/16312.
Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 1048 mit Schreiben vom 9. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz findet eine gesonderte statistische Erfassung von Strafanzeigen wegen in der Silvesternacht verübter Straftaten und der daraufhin eingeleiteten Ermittlungsverfahren nicht statt. Eine vollständige Beantwortung der in der Kleinen Anfrage gestellten Fragen setzte daher eine händische Auswertung aller seit dem 1. Januar 2023 eingegangenen Verfahren voraus und wäre mit einem für die Strafrechtspflege vertretbarem Aufwand nicht zu leisten. Zudem ist auf der Grundlage von Berichten der Generalstaatsanwältin und der Generalstaatsanwälte des Landes vom 30. und 31. Januar 2023 davon auszugehen, dass noch nicht alle Vorgänge von der Polizei an die Staatsanwaltschaften übersandt worden sind.
Dies vorangestellt, beantworte ich die Kleine Anfrage wie folgt:
- Was ist über die Tatverdächtigen sämtlicher in der Silvesternacht registrierten Straftaten bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörig-keiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
I.
Auf der Grundlage eines Berichts des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf vom 31. Januar 2023 ist für dessen Geschäftsbereich die nachfolgende Übersicht erstellt worden:
Nr. | Alter in Jahren | Ge-
schlecht |
Wohnsitz | Staatsangehö- rigkeit | Migrationshinter-grund | |
1 | 14 | männlich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
2 | 18 | männlich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
3 | 26 | männlich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
4 | 28 | männlich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
5 | 55 | männlich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
6 | 28 | männlich | Duisburg | bulgarisch | ||
7 | 15 | weiblich | Duisburg | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
8 | 28 | weiblich | Duisburg | bulgarisch | ||
9 | 41 | männlich | Oberhau- sen | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
10 | 34 | weiblich | Oberhau- sen | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
11 | 19 | männlich | Mülheim | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
12 | 46 | männlich | Mülheim | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
13 | 33 | männlich | Wuppertal | senegalesisch | Keine nisse | Erkennt- |
14 | 52 | weiblich | Tönnis- vorst |
deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
15 | 43 | männlich | Mettmann | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
16 | 21 | weiblich | Krefeld | deutsch | Keine nisse | Erkennt- |
17 | 28 | männlich | Viersen | Keine Erkennt-
nisse |
Keine nisse | Erkennt- |
18 | 45 | männlich | Krefeld | Keine Erkennt-
nisse |
Keine nisse | Erkennt- |
19 | 35 | männlich | Dortmund | Keine Erkennt-
nisse |
Keine nisse | Erkennt- |
20 | 26 | männlich | Keine Er-kenntnisse | bulgarisch |
II.
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat dem Ministerium der Justiz am 30. Januar 2023 auf der Grundlage von Berichten aus ihrem Geschäftsbereich die nachfolgende Übersicht übermittelt und ergänzend mitgeteilt, dass ein Migrationshintergrund nur bewertet worden sei, soweit ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit von Beschuldigten festgestellt wurde:
Nr. | Alter in Jahren | Ge-
schlecht |
Wohn- sitz | Staatsangehö- rigkeit | Migrationshinter-grund |
1 | 38 | männlich | Güters- loh | deutsch | nein |
2 | 33 | männlich | Güters- loh | deutsch | nein |
3 | 27 | männlich | Güters- loh | deutsch | nein |
4 | 23 | männlich | Güters- loh | deutsch/grie- chisch | – |
5 | 36 | männlich | Güters- loh | polnisch | – |
6 | 25 | männlich | Güters- loh | polnisch | – |
7 | 21 | männlich | Essen | türkisch | – |
8 | 24 | männlich | Essen | türkisch | – |
9 | 22 | männlich | Essen | deutsch | ja |
10 | 33 | männlich | ohne | serbisch | – |
11 | 24 | männlich | ohne | serbisch | – |
12 | 15 | männlich | Essen | deutsch-türkisch | – |
13 | 16 | männlich | Essen | deutsch | ja |
14 | 38 | männlich | Hamm | deutsch | Keine Erkennt-
nisse |
15 | 42 | männlich | Hamm | deutsch | Keine Erkennt-
nisse |
16 | 19 | männlich | Büren | deutsch | nein |
III.
Auf der Grundlage eines Berichts des Generalstaatsanwalts in Köln vom 30. Januar 2023 ist für dessen Geschäftsbereich die nachfolgende Übersicht erstellt worden:
Nr. | Alter in Jahren | Geschlecht | Wohn- sitz | Staatsangehörig- keit | Migrationshinter-grund |
1 | 16 | männlich | Bonn | deutsch-jorda- nisch | nein |
2 | 18 | männlich | Bonn | deutsch-syrisch | nein |
3 | 18 | männlich | Bonn | irakisch | nein |
4 | 18 | männlich | Bonn | deutsch-jorda- nisch | nein |
5 | 19 | männlich | Bonn | deutsch-marok- kanisch | nein |
6 | 17 | männlich | Bonn | rumänisch | nein |
7 | 19 | männlich | Bonn | rumänisch | nein |
8 | 17 | männlich | Bonn | deutsch-syrisch | nein |
9 | 47 | männlich | ohne | deutsch | nein |
10 | 15 | männlich | ohne | marokkanisch | – |
11 | 15 | männlich | ohne | tunesisch | – |
Der Generalstaatsanwalt in Köln hat in seinem vorbezeichneten Bericht auf der Grundlage eines Berichts des Leitenden Oberstaatsanwalts in Aachen ergänzend u. a. mitgeteilt, dass im Zuständigkeitsbereich der Staatsanwaltschaft Aachen aufgrund des Einsatzes von Pyrotechnik gegen Ordnungskräfte in Herzogenrath und des tätlichen Angriffs auf hinzukommende Einsatzkräfte des Polizeipräsidiums Aachen in der Silvesternacht nach Mitteilung der mit den Ermittlungen betrauten Kriminalbeamtin drei Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien. Eines richte sich gegen die unbekannten Täter, die Feuerwerkskörper gegen Ord-nungsamtsmitarbeiter eingesetzt hatten. Die namentlich bekannten Beschuldigten der weiteren Ermittlungsverfahren seien jeweils deutsche Staatsangehörige. Eine weitergehende Auswertung der eingeleiteten Anzeige- und Ermittlungsvorgänge, die händisch vorzunehmen wäre, könne innerhalb der Berichtsfrist nicht erfolgen.
IV.
Nach der Berichtslage werden über die vorstehend genannten Tatverdächtigen hinaus Ermittlungen gegen eine weitere Person geführt, hinsichtlich derer die Veröffentlichung näherer Angaben zu einer Gefährdung des Untersuchungszwecks führen könnte.
- Was ist über die Tatverdächtigen der registrierten Körper-verletzungsdelikte in der Silvesternacht bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörig-keiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
Nach den vorbezeichneten Berichten des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf und der Generalstaatsanwältin in Hamm werden Körperverletzungsdelikte den in der Antwort auf die Frage 1 genannten Beschuldigten zu Nummern I. 2 bis 4 und 6 bis 12 sowie II. 8 bis 16 zur Last gelegt. Dem oben genannten Bericht des Generalstaatsanwalts in Köln zufolge wird gegen die in der Antwort auf die Frage 1 genannten Beschuldigten zu Nummern III. 1 bis 9 auch wegen des Vorwurfs der versuchten gefährlichen Körperverletzung ermittelt.
- Was ist über die Tatverdächtigen der registrierten Sexual-delikte in der Silvesternacht bekannt? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrationshintergründe)
Nach den in der Antwort auf die Frage 1 genannten Berichten der Generalstaatsanwältin und der Generalstaatsanwälte des Landes hat keines der ihnen berichteten Verfahren ein Sexualdelikt zum Gegenstand.
- Was ist über das Alter der Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht eine Straftat mit dem Tatmittel Schusswaffe begangen haben? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrations-hintergründe)
Nach dem vorgenannten Bericht der Generalstaatsanwältin in Hamm sollen die in der Antwort auf die Frage 1 genannten Beschuldigten zu Nummern II. 12 und 14 jeweils eine Schreckschusspistole verwendet haben.
Den vorgenannten Berichten der Generalstaatsanwälte in Düsseldorf und Köln zufolge hat keines der ihnen berichteten Verfahren eine Straftat mit dem Tatmittel Schusswaffe zum Gegenstand.
- Was ist über die Störer/Tatverdächtigen bekannt, die in der Silvesternacht fest-bzw. in Gewahrsam genommen worden sind? (Bitte um Angabe des Alters, des Geschlechts, den Wohnort, die Staatsangehörigkeiten sowie etwaige Migrations-hintergründe)
Nach dem vorbezeichneten Bericht des Generalstaatsanwalts in Düsseldorf sind gegen den in der Antwort auf die Frage 1 genannten Beschuldigten zu Nummer I. 20 in der Silvesternacht zwei offene Haftbefehle vollstreckt worden. Darüber hinaus seien der Staatsanwaltschaft Duisburg vier Festnahmen aus Gründen der Gefahrenabwehr bekannt geworden. Die festgenommenen männlichen Beschuldigten seien deutsche Staatsangehörige und jeweils 26, 28, 41 und 55 Jahre alt.
Dem vorgenannten Bericht der Generalstaatsanwältin in Hamm zufolge sind die in der Antwort auf die Frage 1 genannten Beschuldigten zu Nummern II. 1 bis 5, 10, 11 und 16 polizeirechtlich in Gewahrsam genommen bzw. festgenommen worden.
Nach dem vorbezeichneten Bericht des Generalstaatsanwalts in Köln ist der in der Antwort auf die Frage 1 genannte Beschuldigte zu Nummer III. 7 in der Silvesternacht polizeirechtlich in Gewahrsam genommen worden. Die zu Nummern III. 9 bis 11 genannten Beschuldigten befänden sich seit dem 1. Januar 2023 in Untersuchungshaft. Im Geschäftsbereich der Staatsanwaltschaft Aachen sei zudem eine Person aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen worden. Eine weitere Person, deren Identität zunächst nicht habe geklärt werden können, sei vorläufig festgenommen und nach eindeutiger Identifizierung am Neujahrsmorgen aus dem Polizeigewahrsam entlassen worden.
Das Ministerium des Innern hat mir zur Beantwortung der Frage 5 den folgenden Beitrag zur Verfügung gestellt:
„Gemäß einer für die Silvesternacht (Zeitraum: 31.12.2022, 18:00 Uhr bis 01.01.2023, 6:00 Uhr) in allen 47 Kreispolizeibehörden des Landes NRW durchgeführten polizeilichen Sondererhebung wurden 233 Personen in Gewahrsam genommen. Eine detaillierte Auswertung hinsichtlich eines Zusammenhangs mit einer Tumultlage, der Verwendung von Pyrotechnik aus einer Gruppe heraus oder eines Angriffs auf Einsatzkräfte hat ergeben, dass 44 Personen im Zusammenhang mit mindestens einer dieser Kriterien in Gewahrsam genommen wurden.
Von diesen 44 Personen waren 40 Männer und 4 Frauen. 23 Personen haben ausschließlich die deutsche Staatsangehörigkeit, 4 Personen die deutsche und eine weitere Staatsangehörigkeit, 17 Personen haben nicht die deutsche Staatsangehörigkeit. Die Personen sind zwischen 15 und 55 Jahren alt, 28 der insgesamt 44 Personen sind jünger als 27 Jahre.
Im Rahmen der oben genannten Sondererhebung meldeten die Kreispolizeibehörden zudem insgesamt 23 Festnahmen. Bei 13 dieser 23 Festnahmen konnte ein Silvesterbezug festgestellt werden. Alle 13 Festgenommenen waren männlich. Sieben davon haben die deutsche Staatsangehörigkeit, acht eine andere. Die 13 Personen sind zwischen 15 und 42 Jahren alt, sechs sind jünger als 27 Jahre.“