Kündigung der Rundfunkstaatsverträge und Reform des WDR-Gesetzes

Antrag
vom 04.09.2017

Antrag vom 4.9.2017
der Fraktion der AfD

 Antrag als PDF laden

 I – Ausgangslage

Die gegenwärtige Ausgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland ist ein Relikt aus den 1940er-Jahren. Die damalige analoge und terrestrische Verbreitung von Rundfunk ließ lediglich eine geringe Zahl von Programmen zu und die Produktions- und Sendetechnik war dermaßen teuer, dass Monopolstrukturen kaum vermeidbar waren.

Der großflächige Ausbau des Breitbandkabelnetzes und die Einführung von Rundfunksatelliten in den 1980er-Jahren, die zunehmende Digitalisierung seit den 1990er-Jahren und schließlich die flächendeckende Verbreitung breitbandiger Internetanschlüsse hat eine nahezu unbegrenzte Fülle an Programmen ermöglicht. Gleichzeitig sind die Kosten für Produktions- und Sendetechnik im Vergleich zu früheren Verhältnissen vernachlässigbar.

Die Vielfalt der verfügbaren Programminhalte ist demzufolge in den vergangenen Jahren enorm angewachsen. Anstatt sich aber auf Programme zu konzentrieren, die sich am Markt nur schwer finanzieren lassen, kam es zu einer dramatischen Inflation öffentlich-rechtlicher Programme; inzwischen gibt es bundesweit 22 Fernsehkanäle und 67 Radioprogramme mit einem wuchernden Angebot im Internet.

Ähnlich ungezügelt wächst der Finanzbedarf der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten. Alleine der WDR hat im vergangenen Jahr 1.179.194.000 Euro Gebührengelder vereinnahmt, wie die Landesregierung in ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage erklärte (Drs. 17/230). Und obwohl seit 2013 nahezu jeder Haushalt gebührenpflichtig ist, kam es im August zu neuerlichen Forderungen nach Beitragserhöhungen durch die Anstalten.

Diese – durch Werbeeinnahmen noch erweiterte – finanzielle Dominanz der öffentlich-rechtlichen Anbieter führt in vielen Bereichen auch zu Verkümmerung des privaten Wettbewerbs. Die privaten Anbieter können etwa im Bereich der Sportrechte nicht mit den Geboten ihrer gebührenfinanzierten Wettbewerber mithalten oder werden – wie im Informationsbereich – durch die übermäßige Zahl der öffentlich-rechtlicher Rundfunkkanäle schlicht verdrängt. In Nordrhein-Westfalen verhindert der WDR-Hörfunk privaten Wettbewerb durch das „Verstopfen“ der als Übertragungswege nach wie vor am weitesten verbreiteten analogen Rundfunkkanäle. Selbst in Bereichen, in denen es wirklich nicht an privaten Alternativprogrammen mangelt, etwa bei TV-Seifenopern von fragwürdiger Qualität, gibt es ein großzügiges öffentlich-rechtliches Angebot – obwohl der öffentlich-rechtliche Rundfunk eigentlich nur eine „Grundversorgung“ bieten soll.

Die von Befürwortern des gegenwärtigen Systems häufig vorgebrachte Bedeutung einer vielfältigen Medienlandschaft für die Demokratie ist unstreitig. Diese wird aber durch die öffentlich-rechtlichen Anbieter nicht gesichert, sondern mittlerweile gefährdet.

Auch mit der „Staatsferne“ ist es bei den gebührenfinanzierten Anstalten nicht weit her. Ihre Entscheidungsgremien sind mit Politikern und Verbandsfunktionären besetzt und die beteiligten Verbände werden durch die Politik ausgewählt. Die für die Anstalten maßgeblichen Staatsverträge und Gesetze sind – naturgemäß – Gegenstand der Politik. Das ZDF ist sogar so „staatsfern“, dass seinem Verwaltungsrat die Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz vorsitzt.

Für Privilegien und üppige Finanzausstattung revanchieren sich die Anstalten mit „wohlwollender“ Berichterstattung. Qualitativ hochwertiger und ausgewogener Journalismus wird allzu oft einer dem Mainstream gefälligen Tendenzberichterstattung geopfert; die massiven Vorteile bei der Finanzausstattung werden nicht für aufwändige Recherchen, sondern für Moderatorengehälter und überteuerte technische Spielereien eingesetzt. Alleine das neue „heute“-Studio kostete beispielsweise 30 Millionen Euro. Nicht selten werden dabei einfachste journalistische Grundregeln – etwa die Trennung zwischen Kommentar und Bericht – außer Acht gelassen.

Dementsprechend gering ist das Vertrauen der Bürger in die Berichterstattung: Ein Großteil der Deutschen sucht sich inzwischen andere Informations- und Programmquellen.

Das liegt auch daran, dass der Rundfunk im klassischen Sinne ein Auslaufmodell ist. Die Zuschauer brauchen heute keinen Programmdirektor mehr, der ihnen sagt, was sie wann sehen oder hören dürfen und was nicht. Moderne Streamingdienste sind auf dem Vormarsch und werden den alten Rundfunk nach und nach verdrängen.

Eine Politik, die sich Modernisierung und Digitalisierung auf die Fahne geschrieben hat, darf daher nicht ein überholtes und wucherndes Rundfunksystem alimentieren, nur weil sie dort die Berichterstattung vorfindet, in der sie sich gefällt. Sie darf vor allem nicht die Bürger unseres Landes zwingen, Hofberichterstattung zu finanzieren und sie bei Weigerung einsperren lassen, wie dies in NRW bereits mehrfach vorgefallen ist. Unser Nordrhein-Westfalen braucht daher eine grundlegende Reform der Medienordnung, die dem 21. Jahrhundert auch gerecht wird und nicht in grauer Vorzeit verharrt.

 

II – Der Landtag stellt fest

 

  1. Das gegenwärtige System des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist nicht mehr zeitgemäß und bedarf einer umfassenden Reform.
  2. Jede Form der Zwangsfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks ist abzuschaffen.

III. Der Landtag beschließt

  1. Die Landesregierung wird aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2017 dem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz schriftlich die Kündigung

 

a. des Rundfunkstaatsvertrages,

b. des Rundfunkfinanzierungsstaatsvertrages,

c. des ARD-Staatsvertrages,

d. des ZDF-Staatsvertrages, sowie

e. des Deutschlandradio-Staatsvertrages

mit Wirkung zum 31. Dezember 2018 zu erklären.

2. Die Landesregierung wird aufgefordert, bis zum 31. Dezember 2019 dem Vorsitzenden der Ministerpräsidentenkonferenz schriftlich die Kündigung des Rundfunkbeitragsstaatsvertrages mit Wirkung zum 31. Dezember 2020 zu erklären.

3. Die Landesregierung wird ferner aufgefordert, bis zum 31. Juli 2018 eine Neufassung des Gesetzes über den Westdeutschen Rundfunk Köln (WDR-Gesetz) vorzulegen, die folgenden Maßgaben folgt:

a. Deutliche Reduktion des Programmes auf echte Grundversorgung (Information, Kultur, Bildung)b. Privatisierung aller Hörfunkkanäle bis auf einen

c. Finanzierung des Fernsehprogramms ausschließlich aus freiwillig entrichteten Gebühren

d. Demokratische Kontrolle durch Zuschauervertreter anstelle von Partei- und Verbandsfunktionären.

 

Sven W. Tritschler

 

Marcus Pretzell

 

Andreas Keith

 

und Fraktion

 

 

Beteiligte:
Sven Tritschler