Kulturgut Rassehunde erhalten – seriöse Züchter stärken – Kein Zucht- und Ausstel­lungsverbot für Dackel, Boxer und Co!

Antrag
vom 28.11.2024

Antrag

der Fraktion der AfD

Kulturgut Rassehunde erhalten seriöse Züchter stärken Kein Zucht- und Ausstel­lungsverbot für Dackel, Boxer und Co!

I. Sachverhalt

Der Hund ist nicht nur der beste Freund des Menschen, sondern auch sein längster Begleiter. Der Wolf als Urahn der modernen Hunde ist das erste Tier, welches der Mensch domestiziert hat. Dementsprechend lang ist die Kulturgeschichte und groß die Mannigfaltigkeit der ver­schiedenen Rassen und Schläge des Hundes.

Während über Jahrhunderte das Wesen und körperliche Merkmale des Hundes vor allem an­hand der Bedürfnisse und Anforderungen des Menschen an die Arbeitsleistung bei der Jagd oder dem Hüten von Vieh selektiert wurden, begann ab dem 19. Jahrhundert die in Verbänden organisierte Zucht bestimmter Rassen und die Festlegung von Rassestandards. Diese Ras-sestandards hatten zum Ziel, die körperliche Verfasstheit und das Wesen bestimmter Rassen zu vereinheitlichen, aber auch ästhetischen Ansprüchen des Menschen nachzukommen. Dadurch wurden viele der bis dahin hauptsächlich als Gebrauchshunde gehaltenen Schläge und Typen von Hunden erfasst und entwickelten sich zu den heute bekannten Hunderassen.

Der Dackel, auch Teckel oder Dachshund genannt, ist aus der deutschen Kultur nicht wegzu­denken. Schon im 16. Jahrhundert finden sich Erwähnungen dieser zur Dachsjagd gezüchte­ten Hunde; Vorläufer des Dackels lassen sich schon in der Antike verorten. Um in den Dachs­oder auch Fuchsbau gelangen zu können, wurden die Beine gezielt kürzer gezüchtet, was bis heute eines der prägnanten Merkmale jener Art ist.

Der Dackel, dem man als Charaktereigenschaften ein ausgeprägtes Selbstbewusstsein, Selbstständigkeit und Mut zuschreibt, führt seit Jahren die Reihe der beliebtesten Hunderas­sen in Deutschland an. Mehreren Tausend Züchterinnen und Züchtern ist es zu verdanken, dass dieser so wichtigen Rasse bis jetzt ein Fortleben beschert blieb. Die Beliebtheit der Da­ckel in Deutschland zeigt sich auch daran, dass einer der ältesten deutschen Hundezüchter-vereine der Deutsche Teckelklub von 1888 ist. Ob Erdmann, einer der geliebten Dackel des letzten deutschen Kaisers, oder Waldi, das erste offizielle Olympiamaskottchen: der Dackel ist deutsches Kulturgut.

Auch viele brachykephale bzw. kurzschnauzige Hunderassen, wie der Deutsche Boxer oder die englische Bulldogge, haben die prägende Eigenschaft der kurzen, breiten Schnauze aus einer Zeit, als diese Rassen als Saupacker oder Bullenbeißer für die Jagd oder zum Kampf gegen wehrhaftes Wild oder Vieh eingesetzt wurden.

Doch mit der geplanten Reform des Tierschutzgesetzes stehen diese historisch überlieferten Rassen auf dem Spiel. Die Bundesregierung hat sich zum Ziel gesetzt, durch die Novellierung des Tierschutzgesetzes und des Tiererzeugnisse-Handels-Verbotsgesetzes ein Verbot der Qualzuchten bei Haustieren zu erreichen. Dies stellt grundsätzlich ein unterstützenswertes Unterfangen dar, führt doch z. B. die gezielte Züchtung eines verkürzten Schwanzes bei be­stimmten Hunderassen zu Fehlbildungen der Wirbelsäule oder zu Beeinträchtigungen des Rü­ckenmarks und Kommunikationsschwierigkeiten mit anderen Hunden. Andere Formen der Qualzucht führen zu erheblichen Störungen der Atemwegsfunktion oder gehen einher mit Herzproblemen.

Die Problematik des Gesetzesentwurfs liegt allerdings darin, dass er sehr unbestimmte Symp-tombeschreibungen benutzt, und auch die Leitlinien zur Auslegung und zum Vollzug des Aus-stellungverbots von § 10 der Tierschutz-Hundeverordnung (TierSchHuV) der AG Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft haben bereits Kritik von zahlreichen Zuchtverbänden ausge­löst. So ist neben der Einstufung bestimmter Gene als Qualzuchtmerkmale unter anderem von „Anomalien des Skelettsystems“ die Rede. Dies stellt eine äußerst subjektiv auslegbare Be­schreibung dar, denn es wird nicht näher bestimmt, von welchem Skelettsystem ausgehend es um Abweichungen gehen soll. So könnten die kennzeichnende kleine Körpergröße bzw. die kurzen Beine des Dackels oder die Kurzschnäuzigkeit von Boxern als Anomalie ausgelegt werden, was einem Zuchtverbot gleich käme.

Auch sind sogenannte „Bewegungsanomalien“ angeführt. Hier stellt sich ebenfalls die Frage, in Bezug auf welche Norm es sich um Abweichungen handeln soll. Dass ein Dackel sich an­ders fortbewegt als der Urtyp des Hundes, ist einleuchtend und stellt keine Qualzucht dar, könnte aber auf Grund der hier genannten, ebenso unbestimmten Beschreibung so ausgelegt werden.

Nach Kritik seitens der Zuchtverbände wurde angekündigt, dass die Leitlinien überarbeitet werden und eine Überarbeitung gemeinsam mit den Zuchtverbänden stattfinden wird. Nichts­destotrotz werden laut VDH diese nicht validierten Leitlinien dennoch in NRW angewandt und haben bereits zu Absagen von Hundesportturnieren und Ausstellungen geführt. Sollten diese Leitlinien weiter angewandt werden, droht die Absage einiger der größten Hundeausstellungen Deutschlands, die vornehmlich in NRW stattfinden sollen, wie etwa die Messe Hund&Pferd.

Desweiteren verkennt der Gesetzentwurf bereits bestehende Bemühungen der anerkannten Hundezuchtverbände, die Rassestandards anzupassen, um Fehlentwicklungen aufgrund fal­scher Ästhetik aus der Vergangenheit zu verbessern. So gibt es einen Züchterkreis von Möp­sen, dessen Zuchtziel der „altdeutsche Mops“ mit längerer Schnauze und längeren Beinen ist. Diese Möpse sind nach wie vor reinrassig, es werden also keine anderen Hunderassen ein-gekreuzt.1

Der Verein für Deutsche Schäferhunde besteht bereits seit Jahren auf einer Bewertung und Vorauswahl von zu verpaarenden Hunden, um die Hüftdysplasie, die genetisch bei dieser Rasse besonders prädisponiert ist, zu verhindern. Dabei werden die Werte der Großeltern, Eltern, Geschwister und Nachkommen des Zuchthundes einbezogen.2 Auch auf die vermehrt auftretenden Erkrankungen von Bernhardinern, wie Arthrose, Magendrehungen und Knochen­krebs, die durch das Zuchtziel des Riesenwuchses insbesondere in der Mitte des 20. Jahrhun­derts aufkamen, haben die Zuchtverbände reagiert. Sie konnten durch Anpassung der Rassestandards das durchschnittliche Gewicht um 5 kg reduzieren und nähern sich so wieder dem ursprünglichen Erscheinungsbild der Rasse an.3

Die Steigerung der Gesundheit von Hunderassen mit genetischer Präposition zu gesundheit­lichen Problemen ist den Zuchtverbänden also äußerst bewusst und wird insbesondere den Zuchtrichtern in den „Breed Specific Instructions“ des Verbands für das deutsche Hundewesen nachdrücklich in Erinnerung gerufen. Dort heißt es: „Beobachtungen bezüglich der BSI-The-men (Risikobereiche, die für jede aufgelistete Rasse spezifisch sind) sollten die Formwertnote und Anwartschaftsvergabe positiv und negativ beeinflussen. Es ist sehr wichtig, sich daran zu erinnern, dass Abweichungen von der allgemeinen Gesundheit und Beschaffenheit/Funktio-nalität viel gravierender sind als kosmetische Mängel (siehe FCI GC 2013- Grundsätze für Ausstellungsrichter).“4 Und unter Punkt 9 der Grundsätze für Ausstellungsrichter der FCI, des Weltverbandes für Hundezucht, wird explizit darauf hingewiesen, dass der Richter „den Stan­dard nicht in einer Weise auslegen [darf], die dem funktionell einwandfreien Gesundheitszu­stand des Hundes abträglich ist.“

Der Erhalt rassespezifischer Eigenschaften steht dabei keineswegs im Widerspruch zu einem gesunden Hund, sondern wird als nachhaltiges Zuchtziel in der FCI-Grundsatzerklärung für Ausstellungsrichter festgeschrieben, laut der die „Hauptaufgabe jedes Richters darin [besteht], Hunde nach Maßgabe des Rassestandards zu beurteilen und zu bewerten und sie als poten­zielle Zuchthunde für künftige Generationen zu betrachten. Dies darf jedoch niemals zulasten des Wohlergehens und der Gesundheit der Hunde gehen. Hunde müssen stets fähig sein, die Funktion zu erfüllen, für die sie ursprünglich bestimmt, entwickelt und gezüchtet wurden.“

II. Der Landtag stellt fest,

  1. dass die mannigfaltigen Hunderassen ein wichtiges Kulturgut darstellen;
  2. dass seriöse Züchter in anerkannten Zuchtverbänden einen wichtigen Beitrag zur Zucht gesunder und wesensfester Hunde leisten;
  3. dass die Einhaltung von Rassestandards nicht im Widerspruch zu gesunden Hunden steht;
  4. dass Qualzuchtmerkmale nur auf Grund wissenschaftlich basierter Fakten definiert wer­den können;
  5. dass die Zuchtverbände auf einzelne gesundheitsschädigende Zuchtziele der Vergan­genheit bereits durch Anpassung der Rassestandards und umfangreiche Tests und Stu­dien reagiert haben;
  6. dass es vor Zuchtschauen und Ausstellungen einer Einzelfallprüfung eines kranken Hun­des bedarf und kein Hund pauschal wegen der prägnanten Merkmale seiner Rasse aus­geschlossen werden darf.

III. Der Landtag fordert daher die Landesregierung auf:

  1. die nicht validierten Leitlinien der AG Tierschutz bis zu deren Überarbeitung in Nord­rhein-Westfalen nicht anzuwenden.
  2. auf die AG Tierschutz der Länderarbeitsgemeinschaft einzuwirken, die Leitlinien so zu überarbeiten, dass nur Merkmale aufgenommen werden, die auf tatsächlichen Gesund­heitsproblemen beruhen;
  3. sicherzustellen, dass bei einer Überarbeitung der Leitlinien sowohl Vertreter der Hunde­zucht, als auch Fachleute aus den Bereichen der Veterinärmedizin und Genetik mitein-bezogen werden;
  4. sicherzustellen, dass keine konstitutiven Merkmale einer Hunderasse als Qualzucht-merkmale in der Novellierung der Tierschutz-Hundeverordnung definiert werden;
  5. bei der Novelle des Tierschutzgesetzes konkret sicherzustellen, dass eine Definition von „Leiden“, „Schmerzen“ und „Schäden“ eingeführt wird, die nur dann Anwendung findet, wenn wissenschaftlich nachgewiesen wurde, dass das Merkmal tatsächlich in mindes­tens 5% der Fälle zu ernsthaften Beeinträchtigungen führt.

Zacharias Schalley
Dr. Martin Vincentz
Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-11594

 

1 https://qualzucht-hund.de/zuchter/neue-wege/altdeutscher-mops/

2 http://www.tg-tierzucht.de/hzucht/publikation/svzws3.pdf

3 https://www.vdh.de/fileadmin/media/ueber/akademie/dokumente/2024/basiskurs_oktober/Modul1-UEberinterpretation_von_Rassestandards_Handout_1.pdf