Lebenslange Ruhegelder für RBB-Chefs kosten Beitragszahler Millionen – Wie schaut es beim WDR aus?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 914
der Abgeordneten Markus Wagner und Sven Tritschler vom21.12.2022

Lebenslange Ruhegelder für RBB-Chefs kosten Beitragszahler Millionen Wie schaut es beim WDR aus?

Ehemaliger Fernsehdirektor, monatliches Ruhegeld: 7.000 €.
Ehemaliger Produktionsleiter, monatliches Ruhegeld: 10.700 €.
Ehemaliger Intendant, monatliches Ruhegeld: knapp 13.100 €.

Gerade in diesen schweren Zeiten, in denen der normale Bürger schon seit Monaten mit einer seit Einführung der D-Mark nie dagewesenen Inflation zu kämpfen hat, klingen diese Zahlen surreal, abgehoben und weltfremd. Diese vertraglich vereinbarten Sonderrenten seien sogar nach Einschätzung einer Arbeitsrechtlerin sittenwidrig. Doch beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) gehören sie zur Tagesordnung, und das bereits seit vielen Jahren.1

Frühere Intendanten und ausgeschiedene Führungskräfte wurden mit üppigen sogenannten Ruhegeldern ausgestattet, die sie zusätzlich zur gesetzlichen Rente beziehen. Die ARD-Anstalt gibt derzeit dafür etwa zweieinhalb Millionen Euro für 17 frühere Führungskräfte aus – pro Jahr! So erhält ein mit 58 Jahren ausgeschiedener Fernsehdirektor, der nur für fünf Jahre für den Sender gearbeitet hatte, monatlich 7.000 €. Ein früherer RBB-Produktionsdirektor erhält monatlich sogar rund 10.700 €. Dabei spielt es auch keine Rolle, ob nach dem Ausscheiden eine neue Tätigkeit aufgenommen wurde.2

Anders als bei normalen Arbeitnehmern, die durch die Anzahl der geleisteten Arbeitsjahre ihre spätere Rentenanwartschaft erhöhen, erwarben einige Mitarbeiter des RBB das Recht auf ein lebenslanges Ruhegeld ab dem ersten Arbeitstag. Hinzu kommt, dass die Zahlungen, ähnlich wie bei Tariferhöhungen, jährlich steigen. So erhält zum Beispiel ein mittlerweile 91 Jahre alter ehemaliger Intendant, der nur drei Jahre gearbeitet hatte, pro Jahr 157.000 €. Während seiner Amtszeit waren es 138.000 €.3

Wie Welt.de in einem Artikel berichtet, seien diese Abreden zu den Ruhegeldern „sittenwidrig“, und bezieht sich dabei auf die Arbeitsrechtsanwältin P., die Einblicke in die Verträge von RBB-Spitzen nehmen konnte.4 Sie ist der Meinung, dass die Verträge „mit den Prinzipien des öffentlich-rechtlichen Dienstwesens nicht vereinbar“ seien und womöglich als „Untreue zulasten des Senders und der Beitragszahler“ gewertet werden könnten.5

Angesichts einer unzureichenden finanziellen Rückstellung hat der RBB-Rundfunkrat nun am 8. Dezember 2022 beschlossen, Kürzungen in Höhe von 41 Millionen Euro vorzunehmen. Diese Summe soll vor allem im Programm eingespart werden.6

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele frühere Führungskräfte des WDR erhalten derzeit ein Ruhegeld? (Bitte nach Zahlungsbeginn und Höhe des monatlichen Ruhegelds sowie der Gesamthöhe der jährlichen Auszahlungen für Ruhegehälter beim WDR aufschlüsseln.)
  2. Lagen respektive liegen Verträge vor, wonach ein Mitarbeiter das Recht auf ein lebenslanges Ruhegeld schon mit dem ersten Arbeitstag erwarb/erwirbt.
  3. Wie hoch sind die Rücklagen für Ruhegehälter beim WDR?
  4. Welche Gremien waren und sind bei der vertraglichen Zuteilung der Ruhegehälter involviert?
  5. Wie bewertet die Landesregierung die Höhe und die Auszahlungsmodalitäten der Ruhegehälter im Sinne von § 39 WDR-Gesetz zur verhältnismäßigem und vernünftigem Umgang mit Gebührengeldern?

Markus Wagner
Sven Tritschler

 

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1 Vgl. htt p s : / /www. W e l t .de/politik/deutschland/p l u s 24 26 15 54 7/Oeffentlich-rechtlicher-Rundfunk-Lebenslange-Ruhegelder-fuer-R B B-C h e f s-kosten-Beitragszahler-Millionen.h t m l.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Ebenda.

6 Ebenda.


Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien und Chef der Staatskanzlei hat die Kleine Anfrage 914 mit Schreiben vom 13. Januar 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele frühere Führungskräfte des WDR erhalten derzeit ein Ruhegeld? (Bitte nach Zahlungsbeginn und Höhe des monatlichen Ruhegelds sowie der Gesamt­höhe der jährlichen Auszahlungen für Ruhegehälter beim WDR aufschlüsseln.)
  2. Lagen respektive liegen Verträge vor, wonach ein Mitarbeiter das Recht auf ein lebenslanges Ruhegeld schon mit dem ersten Arbeitstag erwarb/erwirbt?
  3. Wie hoch sind die Rücklagen für Ruhegehälter beim WDR?
  4. Welche Gremien waren und sind bei der vertraglichen Zuteilung der Ruhegehälter involviert?

Die Fragen 1 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass es beim WDR keine Vereinbarungen über Ruhegelder gibt. Derartige Regelungen würden seit vielen Jahren nicht mehr angewendet. Entsprechend gebe es auch keine Rücklagen für Ruhegelder.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Höhe und die Auszahlungsmodalitäten der Ruhegehälter im Sinne von § 39 WDR-Gesetz zum verhältnismäßigen und vernünf­tigen Umgang mit Gebührengeldern?

Eine Bewertung erübrigt sich. Es wird auf die Antwort zu den Fragen 1 bis 4 verwiesen.

 

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