Lehrkräfte „im Unruhestand“ an nordrhein-westfälischen Schulen

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1428

des Abgeordneten Carlo Clemens vom 17.02.2023

Lehrkräfte „im Unruhestand“ an nordrhein-westfälischen Schulen

Der allgemeine Lehrermangel erfordert vielseitige Maßnahmen. Ein Ansatz ist die Aushilfstätigkeit bereits pensionierter Lehrkräfte bzw. ehemals tarifangestellter Lehrkräfte in Rente, die an Schulen mit Lehrerbedarf über die Regelaltersgrenze hinaus gezielt aushelfen möchten.

Nach nordrhein-westfälischem Beamtenversorgungsgesetz dürfen pensionierte Beamte zwar weiter tätig sein, verlieren jedoch unter Umständen Teile ihrer Versorgungsbezüge. Für viele mögliche Kandidaten erscheint eine Aushilfstätigkeit demnach als nicht lukrativ. Für Beamte im Ruhestand, die wieder im öffentlichen Dienst – dann als Tarifbeschäftigte – beschäftigt werden, ist nach § 66 Abs. 13 LBeamtVG die Hinzuverdienstgrenze bis zum 31. Dezember 2024 ausgesetzt worden, um eben genau dieses Hemmnis abzubauen. Hieraus ergibt sich weiterer Informationsbedarf, um das Potenzial der verfügbaren Lehrer im Ruhestand auszuschöpfen – ohne jedoch unzumutbare Arbeitsbedingungen zu schaffen oder Lehrer im verdienten Ruhestand in eine zeitliche oder finanzielle Schieflage zu bringen.

Vor diesem Hintergrund frage ich die Landesregierung:

  1. Wie viele pensionierte Lehrkräfte bzw. tarifangestellte Lehrkräfte in Rente befinden sich in Beschäftigungsverhältnissen an nordrhein-westfälischen Schulen (bitte nach Schulformen aufschlüsseln)?
  2. Nach welchen Arbeitszeitmodellen werden pensionierte Lehrkräfte bzw. lebensältere Lehrer im Tarifbeschäftigungsverhältnis an nordrhein-westfälischen Schulen eingesetzt (bitte grob aufschlüsseln)?
  3. Bei wie vielen pensionierten Lehrkräften wurden seit 01/2020 Bezugsrückzahlungen notwendig und veranlasst (bitte aufschlüsseln nach Fall und Höhe der Rückzahlungen)?
  4. Plant die Landesregierung, die Aussetzung der Hinzuverdienstgrenze über den 31. Dezember 2024 hinaus zu verlängern?
  5. Wie viele pensionierte Lehrkräfte bzw. tarifangestellte Lehrkräfte in Rente werden außerhalb der Lehrtätigkeit als nicht-pädagogische Hilfskräfte an nordrhein-westfälischen Schulen eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach Tätigkeitsfeld, z.B. als Schulverwaltungsassistenz, Nachmittagsbetreuung, Lesepate etc.)?

Carlo Clemens

 

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Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1428 mit Schreiben vom 16. März 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Wie viele pensionierte Lehrkräfte bzw. tarifangestellte Lehrkräfte in Rente befin­den sich in Beschäftigungsverhältnissen an nordrhein-westfälischen Schulen (bitte nach Schulformen aufschlüsseln)?

Die Anzahl der tarifbeschäftigten Lehrkräfte, die im Schuljahr 2022/23 66 Jahre und älter sind und damit das reguläre Renteneintrittsalter überschritten haben, ergibt sich aus der nachste­henden Tabelle (Quelle: Amtliche Schuldaten).

 

Zahl der tarifbeschäftigten Lehrkräfte an öffentlichen Schulen (ohne Schulen         nach § 124 SchulG), die zum Stichtag 01.08. 66 Jahre und älter sind, nach Schuljahr und Schulform
Schulform Schuljahr 2022/23
Berufskolleg 211
Förderschule BK 3
Förderschule G/H 89
Gesamtschule 191
Grundschule 326
Gymnasium 185
Hauptschule 64
Realschule 114
Sekundarschule 32
Weiterbildungskolleg 9
PRIMUS-Schule 1
Klinikschule 3
   
Insgesamt 1.228

 

  1. Nach welchen Arbeitszeitmodellen werden pensionierte Lehrkräfte bzw. lebensäl­tere Lehrer im Tarifbeschäftigungsverhältnis an nordrhein-westfälischen Schulen eingesetzt (bitte grob aufschlüsseln)?

Eine Wiederbeschäftigung nach Eintritt in den Ruhestand oder in die Rente erfolgt in einem befristeten Tarifbeschäftigungsverhältnis auf Grundlage des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Es gilt das übliche Pflichtstundenmaß der jeweiligen Schulform (§ 44 Nummer 2 Satz 2 TV-L i.V.m. § 2 der Verordnung zur Ausführung des § 93 Abs. 2 SchulG). Innerhalb dieses Pflichtstundenmaßes werden abhängig von dem Bedarf der Schule und unter Berücksichtigung der privaten Belange der Lehrkräfte die individuellen wöchentlichen Pflicht­stunden arbeitsvertraglich vereinbart. Besondere Arbeitszeitmodelle sind nicht vorgesehen.

  1. Bei wie vielen pensionierten Lehrkräften wurden seit 01/2020 Bezugsrückzahlun­gen notwendig und veranlasst (bitte aufschlüsseln nach Fall und Höhe der Rück­zahlungen)?

In Nordrhein-Westfalen ist aufgrund von erheblichen Personalengpässen im öffentlichen Dienst eine bis zum 31. Dezember 2024 befristete Ausnahmeregelung zum Hinzuverdienst von Versorgungsberechtigten geschaffen worden, die für den gesamten öffentlichen Dienst gilt. Danach können Versorgungsberechtigte nach Erreichen ihrer gesetzlichen Altersgrenze unbegrenzt hinzuverdienen, wenn sie im öffentlichen Dienst eingesetzt werden.

Damit ist es für einen Großteil der pensionierten Lehrkräfte finanziell attraktiv, vorübergehend auch in einem größeren Stundenumfang wieder zu unterrichten. Sie müssen nicht mit Abzügen von ihrem Ruhegehalt rechnen. Das Landesamt für Besoldung und Versorgung berücksichtigt die Rechtslage von Amts wegen bei der Zahlung der Entgelte/Versorgungsbezüge.

Vor Erreichen der Altersgrenze ist der Hinzuverdienst begrenzt, um keine Fehlanreize für ein vorzeitiges Ausscheiden aus dem Dienst zu setzen (§ 66 LBeamtVG NRW). Insbesondere sollen vorzeitig aus dem Dienst ausscheidende Versorgungsberechtigte nicht bessergestellt werden als ihre im aktiven Dienst verbleibenden Kolleginnen und Kollegen. Daher können sie bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze nur bis zu einer definierten Höchstgrenze hinzuverdienen, die in der Regel den bisherigen Aktivbezügen entspricht. Der die Höchst­grenze übersteigende Teil des Hinzuverdienstes wird monatsweise auf die Versorgungsbe­züge angerechnet. Die monatlichen Versorgungsbezüge werden entsprechend gekürzt aus­gezahlt. Hintergrund ist, dass Beamtinnen und Beamte kein Entgelt für konkrete Dienstleistun­gen erhalten, sondern eine lebenslange Alimentation. Bei der Alimentation gelten bestimmte Privilegien gegenüber Arbeitnehmern (Versorgung aus dem letzten Amt und nicht nach den Durchschnittsentgelten des gesamten Arbeitslebens, Anrechnung von Vordienstzeiten, Min­destversorgung). Mit der Anrechnung soll eine Doppelalimentation aus öffentlichen Kassen vermieden werden.

Bei der Zurruhesetzung werden die Versorgungsberechtigten über die Anrechnungsregelun­gen und ihre Anzeigepflicht vom Landesamt für Besoldung und Versorgung informiert.

Für den Zeitraum ab dem 1. Januar 2020 waren insgesamt 141 pensionierte Lehrkräfte, die die Regelaltersgrenze noch nicht erreicht hatten, von der infrage stehenden Anrechnungsre­gelung betroffen. Die Höhe der Anrechnungsbeträge ergibt sich aus der beigefügten Anlage.

Eine rückwirkende Berechnung des individuellen monatlichen Anrechnungsbetrages lässt sich im Rahmen des Anrechnungsverfahrens im Hinblick auf die sich häufig ändernden Beträge oder ihr nachträgliches Bekanntwerden nicht immer vermeiden. Eine Auflistung, inwieweit mo­natliche Anrechnungsbeträge ab dem 1. Januar 2020 in jedem Einzelfall nachberechnet wur­den, ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

  1. Plant die Landesregierung, die Aussetzung der Hinzuverdienstgrenze über den 31. Dezember 2024 hinaus zu verlängern?

Ob und inwieweit diese Ausnahmevorschrift, die für den gesamten öffentlichen Dienst gilt, über den 31. Dezember 2024 hinaus gegebenenfalls verlängert wird, ist zu gegebener Zeit zu ent­scheiden.

  1. Wie viele pensionierte Lehrkräfte bzw. tarifangestellte Lehrkräfte in Rente werden außerhalb der Lehrtätigkeit als nicht-pädagogische Hilfskräfte an nordrhein-west­fälischen Schulen eingesetzt (bitte aufschlüsseln nach Tätigkeitsfeld, z.B. als Schulverwaltungsassistenz, Nachmittagsbetreuung, Lesepate etc.)?

Diese Information wird statistisch nicht erfasst.

 

Antwort als PDF

Beteiligte:
Carlo Clemens