Linksextremismus in NRW strukturell erfassen und effektiv bekämpfen

Große Anfrage
vom 21.12.2017

Große Anfrage 3
der Fraktion der AfD

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Der Linksextremismus nimmt in Nordrhein-Westfalen an Brutalität und Ausmaß zu – nicht zuletzt aufgrund jüngster politischer Entwicklungen wie dem Erfolg der Alternative für Deutschland (AfD) und verschiedener Protestbewegungen. So verzeichnet der jüngste Verfassungsschutzbericht 2016 für NRW eine Verdoppelung linksextremer Gewaltdelikte in den letzten zehn Jahren. Fast tausend gewaltbereite Linksextreme in NRW werden vermutet.1 Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) erklärte anlässlich der Vorstellung des bayerischen Verfassungsschutzberichtes für das erste Halbjahr 2017, es gebe auch in der linksextremen Szene eine steigende Enthemmung und Akzeptanz von Gewalt.2 Der zu verzeichnende deutliche Anstieg linkextremer Gewalt im Super-Wahljahr 2017 deutete sich bereits an. In den letzten beiden Wahlkämpfen zur NRW-Landtagswahl und zur Bundestagswahl 2017 wurde eine Verschärfung der Lage offenbar. So kam es im Wahlkampf zur Landtagswahl immer wieder zu gewalttätigen Übergriffen auf Wahlkämpfer und Veranstaltungslokale, Störungen von Wahlkampf- und Informationsveranstaltungen sowie zu flächendeckenden Zerstörungen von Wahlplakaten. Trauriger Höhepunkt und gleichzeitig bezeichnender Ausdruck der steigenden und enthemmten linksextremen Gewalt waren die Krawalle zum G20-Gipfel am 7./8. Juli 2017 in Hamburg. Erst kürzlich führte die Polizei im Zusammenhang zu den Gewaltausbrüchen mehrere Hausdurchsuchungen in NRW im Raum Köln/Bonn durch.3

  1. Wachsender Linksextremismus schadet Pluralismus und Demokratie

Das Bundeskriminalamt hat etwa 2.250 Straftaten im Zusammenhang mit dem Bundestagswahlkampf 2017 registriert, darunter 54 Gewaltdelikte.4 Am Bochumer Hauptbahnhof wurde Anfang August ein 24-jähriges Mitglied der AfD von zwei Linksextremisten brutal niedergeschlagen. Der junge Student erlitt dabei Brüche an Kiefer und Jochbein sowie Hirnblutungen.

Das BKA betont ausdrücklich, dass es sich bei den Opfern der Übergriffe der letzten Zeit in erster Linie um Funktionäre und Anhänger der AfD handelt – die politisch motivierte Gewalt also von links ausgeht. Emily Laquer von der ‚Interventionistischen Linken‘ drohte im Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) vom 27. September 2017 in Richtung AfD:

Wir stören überall, wo man stören kann. Manchmal hilft es auch, wenn man einen Veranstalter anruft und ihn auffordert, die AfD nicht auftreten zu lassen. (…) Ja, Nazis sollten Angst haben. Wir, die außerparlamentarische Linke, werden die AfD jagen. Jetzt noch entschlossener.

Dabei offenbart diese Aussage die taktische Vorgehensweise solcher Gruppen:

Aber um das klar zu stellen: Wir von der Interventionistischen Linken wollen breite Bündnisse, unsere Art von Protest sind große Demos und entschlossene Blockaden.5

Jasper von Altenbockum konstatiert eine merkliche Verschiebung der „Fronten im Kampf gegen den Extremismus“ und bemängelt in einem Leitkommentar der FAZ vom 10. Juli 2017 die Verharmlosung der linksextremen Szene:

Bislang genoss der Linksextremismus Narrenfreiheit, weil er sich bis weit in bürgerliche Kreise hinein auf eine romantisch-ästhetische Verklärung stützen konnte.6

Linksextremismus reicht auch in parteipolitische Kreise hinein. So wird die linksextreme ‚Rote Hilfe‘, die von sämtlichen Landesverfassungsschutzämtern beobachtet wird, von teilweise ranghohen Abgeordneten der Linkspartei unterstützt, z.B. der Bundestags-Fraktionsvorsitzenden Katja Kipping.7 Die ‚Rote Hilfe‘ unterstützt einschlägige Straftäter. Dabei verweigert diese am schnellsten wachsende linksextreme Organisation jede Distanzierung von linken Straftaten und jegliche Kooperation mit staatlichen Behörden. Bezeichnenderweise bestehen deutschlandweit Verstrickungen zwischen dem Verein und öffentlich geförderten Initiativen und Organisationen unter zivilgesellschaftlichem, multikulturellem oder ökologischem Deckmantel, z.B. stellte jahrelang der öffentlich geförderte ‚Verein für ein multi-kulturelles Europa‘ in Cottbus der örtlichen ‚Roten Hilfe‘ Räumlichkeiten zur Verfügung.8

  1. Politisch links motivierte Straftaten und Verstrickungen zwischen staatlichen bzw. öffentlich geförderten Stellen

Die AfD-Fraktion im Landtag NRW hat in den letzten Monaten mehrere Kleine Anfragen zum Thema Linksextremismus gestellt. Diese konnten von der Landtagverwaltung teilweise nur unzureichend beantwortet werden. Sie erfassen insbesondere zwei Themenfelder: Zum einen die politisch links motivierten Straftaten. Zum anderen mögliche Verstrickungen zwischen staatlichen bzw. öffentlich geförderten Stellen und politisch einschlägigen Initiativen.

  • So hat die statistische Erfassung politisch motivierter Kriminalität (PMK) im ersten Halbjahr 2017 in NRW insgesamt 749 Straftaten von links registriert, davon 89 Gewaltdelikte (vgl. Drucksache 17/577). Die Stadt Köln stellt hier mit ihrer regen linken Szene mit 28 Gewaltdelikten die einsame Spitze dar, gefolgt von Dortmund und Wuppertal (je 10 Gewaltdelikte). In vielen weiteren Städten kam es im ersten Halbjahr 2017 zu einer hohen Anzahl von Sachbeschädigungen: Auch hier ist Köln Spitzenreiter (30 Delikte), gefolgt von Bielefeld (18), Dortmund (17), Bonn (16) und Münster (14). Der Zeitraum des Bundestagswahlkampfes wurde hier noch gar nicht erfasst. Es ist zudem davon auszugehen, dass die Dunkelziffer noch deutlich höher anzusetzen ist (vgl. Drucksache 17/677).
  • Im Zusammenhang mit Behinderungen im Wahlkampf ergab eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 17/332), dass zur NRW-Landtagswahl 219 Straftaten in diesen Zusammenhang erfasst wurden, darunter Beleidigung, Körperverletzung, gefährliche Körperverletzung, Nötigung, Bedrohung, Diebstahl, Sachbeschädigung usw. Über 80 Prozent dieser Straftaten gingen zu Lasten der AfD. Unter den insgesamt 116 linksextremen Tatverdächtigen befanden sich 91 männliche und 25 weibliche Personen. Die Altersgruppe der 21-29-Jährigen war mit 55 ermittelten Tatverdächtigen die dominierende Altersgruppe, gefolgt von den 18-20-Jährigen (26 ermittelte Tatverdächtige). Hierbei handelt es sich um die typische studentische Altersgruppe (vgl. Drucksache 17/577).
  • Im Rahmen einer Kleinen Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 17/353) hinsichtlich einer möglichen Duldung von offenen Zusammenstößen gewaltbereiter oder hochaggressiver linker und linksextremer Gegendemonstranten mit Mitgliedern und möglichen Interessenten bei zwei öffentlichen Wahlkampfveranstaltungen der AfD zur Bundestagswahl in Düsseldorf und in Bergisch Gladbach am 12. und 13. August 2017 durch die Polizeiführung hat die Landesregierung die „Teilnahme linksextremer Demonstranten an den Versammlungen“ angeblich schlicht nicht feststellen können (vgl. Drucksache 17/616). Die Realität zahlreicher teilweise verhinderter und eingeschüchterter Besucher spricht eine andere Sprache. Denn nicht jedem ist ein Spießrutenlauf durch eine hautnahe lautstarke, teils vulgär und aggressiv auftretende Menschenmasse zuzumuten.
  • Eine in sämtlichen Gemeinden in NRW gängige Vorgehensweise Linksextremer ist die Bedrohung und Einschüchterung von Vermietern und Wirten, die der AfD Räumlichkeiten für Veranstaltungen und Stammtische zur Verfügung stellen. Eine entsprechende Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 17/560) hinsichtlich Daten zu Opfern, Tätern und Ausmaß dieser Entwicklung konnte von der Landesregierung in vollem Umfang nicht beantwortet werden (vgl. Drucksache 17/845).
  • Die Antwort auf eine weitere Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 17/502) ergab: In verschiedenen Städten gibt es Häuser bzw. sogenannte ‚Autonome Zentren‘, die von Akteuren der linksextremen Szene und nahestehenden Subkulturen genutzt werden. In der Regel werden diese illegalen Zentren von den jeweiligen Kommunen geduldet, gar im Rahmen von Übereinkünften direkt oder indirekt subventioniert. Spitzenreiter ist auch hier Köln mit drei solcher Zentren, gefolgt von Dortmund (2) und diversen weiteren Studentenstädten. Im Rahmen einer weiteren Kleinen Anfrage konnte die Landesregierung jedoch nicht ermitteln, inwiefern linksextreme Zentren in NRW von Kommunen finanziell unterstützt werden bzw. sich im Besitz von Kommunen befinden (vgl. Drucksache 17/768).
  • Linksextreme Gewalt grassiert nicht nur in Repressionen gegen politisch Andersdenkende. Im Rahmen des sogenannten ‚Klimacamps 2017‘ vom 18. bis 29. August 2017, zu dem Kohlekraftgegner im Rheinischen Braunkohlerevier aufgerufen hatten, registrierte die Polizei 1.015 Strafverfahren, vornehmlich wegen gefährlichen Eingriffs in den Bahnverkehr, Hausfriedensbruchs sowie Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, wie eine Kleine Anfrage zu Tage brachte (Drucksache 17/668). Die Organisatoren der Proteste riefen gezielt zu Aktionsformen des ‚zivilen Ungehorsams‘ auf. Der Schaden durch die politisch zumeist links zu verortenden Aktivisten betrug ca. 18.000 Euro, für die der Steuerzahler aufkommen muss (vgl. Drucksache 16/970).9
  • Eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion (Drucksache 17/412) versuchte in Erfahrung zu bringen, mit welcher Intention hinsichtlich der verfassungsrechtlich gebotenen Neutralitätspflicht und in welchem Umfang die steuerfinanzierte Landeszentrale für politische Bildung NRW die gegen die AfD gerichtete Wahlkampfveranstaltung ‚Wähle Jon Demokratie braucht keine Alternative!‘ am 27. August 2017 in Köln unterstützt hat. Unter anderem an diesem Beispiel zeigen sich die teilweise schwer zu überblickenden Verstrickungen zwischen Organisationen und Gruppierungen, die unter zivilgesellschaftlichem Deckmantel fungieren, und staatlichen Organen, die oftmals politisch einschlägige Initiativen mit Steuergeldern fördern.

Der von der AfD-Fraktion am 5. September 2017 eingebrachte Antrag (Drucksache 17/519) zur Errichtung einer Erfassungsstelle für Angriffe auf die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in NRW (EAMV) zur flächendeckenden Erfassung jeglicher politisch motivierter Delikte wäre nur ein Baustein im notwendigen Kampf gegen den Linksextremismus.Gerade vor dem Hintergrund der in vielerlei Hinsicht unzureichend beantworteten Kleinen Anfragen bedarf es der strukturellen Analyse der Vernetzungen zwischen dem Staat und den unterschiedlichen Formen und Ausprägungen von Linksextremismus. Oftmals agieren linksextreme Gruppierungen anlassbezogen in breiten Bündnissen.

Auch manche politische Parteien zählen auf Unterstützung linksextremer Gruppierungen im Kampf gegen politische Wettbewerber und dulden hierbei deren Repression, Gewalt und andere Straftaten. Anlässlich des Bundesparteitages der AfD am 2./3. Dezember 2017 rief das Bündnis ‚Aufstehen gegen Rassismus‘ zu Protesten auf. Zum Bündnis zählten, neben Spitzenpolitikern von SPD, Grünen und Linken wie Ralf Stegner, Manuela Schwesig, Cem Özdemir oder Kathrin Göring-Eckardt, auch die vom Verfassungsschutz beobachtete ‚Interventionistische Linke‘, sowie die Gruppierung ‚TOP B3RLIN‘, die im ebenfalls vom Verfassungsschutz beobachteten linksextremen Zusammenschluss ‚Ums Ganze‘ organisiert ist.10 ‚Aufstehen gegen Rassismus‘ wird in den aktuellen Verfassungsschutzberichten von Baden-Württemberg und Schleswig-Holstein aufgeführt.11

Es bedarf zudem einer umfassenden Bestandsaufnahme hinsichtlich möglicher direkter und indirekter Förderungen linker und linksextremer Zentren und Initiativen durch öffentliche Gelder und Fördertöpfe. Welche Zuwendungen erhalten Projekte dieser Art möglicherweise im Rahmen des Nachtragshaushaltsplans 2017 bei den sonstigen Ausgaben, z.B. des Ministeriums für Kinder, Familie, Flüchtlinge und Integration bzw. des Ministeriums für Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung (Ausgaben für ‚Emanzipation‘ bzw. sonstige Ausgaben) und im Rahmen nicht zugeordneter Ausgaben oder im Haushaltsplan 2018?

Die Erkenntnisse, die im Rahmen dieser Großen Anfrage gewonnen werden, sollen dazu beitragen, Linksextremismus in NRW in Zukunft vollumfänglich zu erfassen. Bisherige Lücken sind durch die intensive Befragung der AfD-Fraktion bereits deutlich geworden. Die Landesbehörden müssen in die Lage versetzt werden, der zugespitzten Situation entsprechend angemessene Daten zu erheben.

Infolgedessen müssen Maßnahmen ergriffen werden, politische Gewalt und Repression effizienter einzudämmen, um den politischen Meinungsbildungsprozess auch im öffentlichen Raum sicherzustellen. Mögliche direkte oder indirekte Subventionen politisch einschlägiger Initiativen müssen angesichts ihres potenziell verfassungsfeindlichen Charakters beendet werden.

Konzepte der Prävention und Ausstiegsprogramme für Linksextreme sollen konzipiert und erprobt werden.

  1. Selektive Wahrnehmung von Rechts- und Linksextremismus führt zu Verharmlosung

Der Extremismusforscher Eckhard Jesse konstatiert eine selektive Wahrnehmung im Umgang mit tatsächlichem oder vermeintlichem Rechts- bzw. Linksextremismus. Dies liege in erster Linie an der allgemeinen Vorbelastung durch die Gräueltaten des Nationalsozialismus und einer damit verbundenen Sorge, Rechtsextremismus möglicherweise zu relativieren, wenn man sich allzu kritisch mit dem Linksextremismus befassen sollte. Dabei werde leichtfertig unterschlagen, dass sich beide Extremismen letztendlich gegen den demokratischen Verfassungsstaat wenden würden:

Gegenüber dem politischen Extremismus von Links dominiert halbherzige Abwehrbereitschaft, gegenüber dem von Rechts hingegen eine militante. Es handelt sich mithin um ein relativistisches Demokratieverständnis nach Links und ein gleichsam absolutistisches nach Rechts. Solche Orientierungen verstoßen gegen die Prinzipien einer selbstbewussten streitbaren Demokratie, die Freiheitlichkeit weder aufs Spiel setzt noch Streitbarkeit als Attrappe ansieht.“12

Eine Repräsentativbefragung der Bevölkerung ergab 2014, dass 13 Prozent der Befragten ein „überwiegend linksextremes Weltbild“ besitzen. Das linksextreme Personenpotenzial wird im Rahmen der empirischen Studie gar auf 17 Prozent geschätzt.13 Die in der Studie als ‚linksextrem‘ eingestuften Personengruppen lehnen in sehr hohem Maße die politische und wirtschaftliche Ordnung der Bundesrepublik Deutschland ab. Nur jeder Dritte dieser Gruppe befürwortet die Beibehaltung des staatlichen Gewaltmonopols.14 Eine Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung über Erscheinungsbild und Wirkung von Linksextremismus auf Jugendliche legte dar, dass beispielsweise beim grundsätzlichen Konsens der Ablehnung von Gewalt bei den Befragten oftmals instrumentell und abhängig von politischen Zielen argumentiert werde.15 Gewalt werde in großen Teilen der links-affinen Personengruppen rein taktisch abgelehnt:

Gewalt wird auch als Symbol des Sich-Wehrens, des Widerstands, interpretiert. (…) Das Wechselspiel von Gewalt und Gegengewalt wird als Reaktion oder Aktion auf das Verhalten anderer Demonstranten (meist Rechtsextremisten) bzw. der Polizei beschrieben. (…) In den Fällen, bei denen auch Gewalt gegen Personen nicht grundsätzlich ausgeschlossen wird, läuft die Begründung fast immer auf die als legitim wahrgenommene physische Bekämpfung des Rechtsextremismus hinaus. Der dominante anti-rechtsextreme Grundkonsens bei allen Befragten führt zu einer Gewaltakzeptanz. Die Abwägung der Legitimität von Gewalt erfolgt häufig auf einer instrumentellen Ebene. Es wird reflektiert, ob die politischen Ziele mit Gewalt erreichbar seien oder nicht.16

Dieser Resonanzboden für linksextreme Agitation und das mögliche Mobilisierungspotenzial für kriminelle Akte müssen in diesem Zusammenhang ernst genommen werden. Um den Linksextremismus in NRW strukturell vollumfänglich zu erfassen, soll zunächst definiert werden, was unter Extremismus zu verstehen ist und welche Formen von Linksextremismus es gibt.

  1. Was ist (Links-)Extremismus?

Eine lexikalische Definition für Extremismus lautet:

„Im politischen Sinn bedeutet Extremismus die prinzipielle, unversöhnliche Gegnerschaft gegenüber Ordnungen, Regeln und Normen des demokratischen Verfassungsstaates sowie die fundamentale Ablehnung der mit ihm verbundenen gesellschaftlichen und ökonomischen Gegebenheiten. Extremistische Einstellungen basieren i.d.R. auf grundsätzlicher Ablehnung gesellschaftlicher Vielfalt, Toleranz und Offenheit und stellen häufig den Versuch dar, die aktuellen politischen, ökonomischen und sozialen Probleme auf eine einzige Ursache zurückzuführen.“17

Hans-Gerd Jaschke umschreibt Extremismus als eine „mehr oder weniger stark ausgeprägte pathologische Komponente moderner demokratischer Gesellschaften.“18 Das Studium des Extremismus ermögliche „Einsichten in Defizite der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung und in den Stand der Demokratisierung.“ Gemeinsamkeiten aller Extremismen seien der „Absolutheitsanspruch der eigenen Auffassung, Dogmatismus, die Unterteilung der Welt in Freund und Feind, aber auch Verschwörungstheorien und Fanatismus.19 Extremistische Ideologien seien geschlossene Denkgebäude, die von Anhängern als politisches Glaubensbekenntnis angewandt und ausgelegt, jedoch nicht reflektiert würden.

Beim Linksextremismus, um den es in dieser Großen Anfrage gehen soll, handelt es sich um „eine Sammelbezeichnung für alle politischen Auffassungen und Bestrebungen, die im Namen der Forderung nach einer von sozialer Gleichheit geprägten Gesellschaftsordnung die Normen und Regeln eines modernen demokratischen Verfassungsstaates ablehnen.20

In Ideologie, Organisation und Strategie bestehen durchaus merkliche Unterschiede innerhalb dieser Sammelbezeichnung. Die Gemeinsamkeit liegt im Ziel egalisierender Gesellschaftsveränderungen.

Der Unterschied zwischen extremistischer und demokratischer Linken besteht darin, dass Linksextremisten Pluralismus, Demokratie, Rechtsstaatlichkeit und staatliches Gewaltmonopol zur Disposition stellen. Die grundsätzlich bedeutendsten Handlungsfelder des Linksextremismus finden sich bei folgenden Themen: Anti-Atomkraft, sogenannter Antifaschismus, Anti-Gentrifizierung, Anti-Globalisierung, Antikapitalismus und Anti-Militarismus.21

I. Parteipolitischer Linksextremismus

Vor diesem Hintergrund fragt die AfD-Fraktion die Landesregierung:

  1. Sind der Landesregierung politisch links motivierte Straftaten von Personen bekannt, die mit den Parteien Die Linke, Bündnis 90/Die Grünen, Deutsche Kommunistische Partei (DKP), Marxistisch-Leninistische Partei (MLPD), DIE PARTEI in Verbindung stehen (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?
  2. Sind der Landesregierung politisch links motivierte Straftaten von Personen bekannt, die mit den Jugendorganisationen Jungsozialisten (Jusos), Grüne Jugend, Linksjugend Solid, Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ), Sozialistische Jugend Deutschlands – Die Falken in Verbindung stehen (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?
  3. Sind der Landesregierung politisch links motivierte Straftaten von Personen bekannt, die mit den Hochschulgruppen Juso-Hochschulgruppe, Grüne Hochschulgruppe, Sozialistisch-Demokratischer Studierendenverband (SDS) an Universitäten in NRW in Verbindung stehen (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?
  4. Liegen der Landesregierung Erkenntnisse dazu vor, mit welchen Mitteln genannte studentische Hochschulgruppen direkt oder indirekt die linksextremistische Szene unterstützen (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?
  5. Plant die Landesregierung im Rahmen einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten in der Hochschulpolitik und mögliche Verbindungen zur autonomen Szene, etwa durch sogenannte ‚Antifa-Referate‘, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  6. Sind der Landesregierung politisch links motivierte Straftaten von Personen in Zusammenhang mit der verbotenen terroristischen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) bekannt (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?

II. Subkultureller ‚autonomer‘ Linksextremismus

Sogenannte ‚autonome‘ Linksextremisten haben ihre lokalen Schwerpunkte in den städtischen Ballungszentren. Hierarchiefreie und heterogene Szenestrukturen setzten sich seit Ende der 1970er Jahre aus Ausläufern der 68er-Studentenbewegung, der sogenannten Sponti-Szene sowie der Punk-Subkultur zusammen. Autonome Aktivisten streben nach eigener Aussage „die Eroberung und Verteidigung von Freiräumen an, welche in Form von besetzten Häusern oder dominierten Einrichtungen (z.B. Jugendclubs) gesehen werden.22 Immer wieder kommt es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen im Zuge von Räumungen durch die Polizei. In vielen Kommunen werden illegale Häuserbesetzungen nachträglich durch überaus günstige Mietverträge und Kaufoptionen legalisiert.23 In Aachen, Heimatstadt und Wahlkreis des Ministerpräsidenten Armin Laschet, vermietet die Stadt der örtlichen autonomen Szene zu absoluten Vorzugskonditionen städtische Räumlichkeiten in Bahnhofsnähe.24

Staatliche und gesellschaftliche Strukturen und das staatliche Gewaltmonopol werden grundsätzlich abgelehnt bzw. bewusst untergraben. Es gibt in den verschiedenen dezentral organisierten autonomen Gruppen keine einheitliche ideologische Linie. Verbindendes Element ist der proklamierte ‚Antifaschismus‘.25

Identitätsstiftend wirken politische Protestaktivitäten und andere Aktionsformen. Gewalt wird als legitimes Mittel der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern und der Polizei angesehen, politischen Gegnern werden demokratische Grundrechte wie die Versammlungsfreiheit abgesprochen. Autonome Linksextremisten pflegen in ihrem Habitus eine bewusste Abgrenzung zur Gesellschaft außerhalb der Subkultur. Die militante Grundhaltung führt zu Selbstjustiz und dazu, eine „grundsätzlich feindliche und unversöhnliche Einstellung gegenüber der Gesellschafts- und Staatsordnung einzunehmen.“26 Durch eine behauptete „Wesensverwandtschaft von parlamentarischer Demokratie, Kapitalismus und Faschismus versuchen die Gruppen, gewaltsames Vorgehen gegen staatliche Einrichtungen oder wirtschaftliche Institutionen vermittelbar zu rechtfertigen.27 Gewalt wird als legitimes Mittel gegen eine vermeintliche strukturelle Gewalt des Systems erachtet.

Häufig kommt es bei Demonstrationen zu Krawallen, die zuweilen spontan erscheinen, doch szeneintern oftmals vorbereitet bzw. offensiv in Kauf genommen werden. Die Ausschreitungen beim G20-Gipfel in Hamburg waren monatelang geplant und wurden entsprechend gezielt durchgeführt.28 Bei Zusammenstößen vor allem mit Polizisten kommt es zu teils schweren Körperverletzungen und erheblichen Sachbeschädigungen an Fahrzeugen, Infrastruktur und Gebäuden. Bei autonomer Gewalt ist grundsätzlich zwischen „spontaner Massenmilitanz29 und „klandestinen militanten Aktionen30 zu unterscheiden. Zu ersterem gehört u.a. die Besetzung von Räumen (Straßen, Plätzen) und die „aggressive Zuspitzung von Konfliktsituationen, welche ein Einlenken von Politikern und Ordnungskräften zugunsten der ‚Antifaschisten‘ zum Ergebnis31 haben sollen.

Letztere Aktionsformen finden außerhalb von Demonstrationen in zumeist kleineren Gruppen statt und beinhalten u.a. Sachbeschädigungen oder Körperverletzungen zu Lasten politischer Gegner zwecks Abschreckung. Politische Gegner werden in szene-eigenen Publikationen und Online-Netzwerken durch Pauschalisierungen und Vereinfachungen zu „Rassisten, Faschisten oder Neoliberalen32 erklärt und damit systematisch öffentlich diffamiert und bedroht.

Das charakteristische Freund-Feind-Denken führt zur prinzipiellen Ablehnung von Pluralismus und Toleranz. Es kommt, entsprechend der oben genannten linken bzw. linksextremen Handlungsfelder, auch zu militanten Aktionen gegen echte oder vermeintliche Häuserspekulanten und Gentrifizierung von Stadtvierteln. Da Gewalt als Mittel für die vermeintlich gute Sache verstanden wird, ist sie nicht mehr prinzipiell in Frage gestellt. Gerade in der jugendlichen Zielgruppe kann Gruppengewalt als Selbstzweck, als Reaktion auf Benachteiligungsgefühle, als Selbstbehauptung oder als ideologisch legitimierte Gewalt aus sich heraus legitimiert werden.33

Gewaltanwendung steht nicht nur für ein Lebensgefühl, sondern auch für den Zusammenhalt – und in Kombination beider Faktoren – für ein konstitutives Prinzip der Subkultur.34

Die offene Ablehnung der parlamentarischen und freiheitlichen Demokratie und der Vorsatz, die hiesige Staatsform revolutionär zu überwinden, machen die autonomen Linksextremisten zu Verfassungsfeinden.

Trotz latenter Gewaltbereitschaft kommt es immer wieder zu Zweckbündnissen zwischen autonomen Linksextremisten und Vertretern der parteipolitischen Linken sowie zivilgesellschaftlichen Bündnissen. Diese beruhen auf einem zweckgebundenen Minimalkonsens von zeitlich begrenzter Dauer und sind insbesondere für autonome Gruppierungen in ländlichen Gebieten naheliegend, die freilich nicht die Mobilisierungskraft großstädtischer Szenen haben. Dabei streben Autonome i.d.R. nicht den Dialog an, sondern hoffen auf einschlägige Beeinflussung der von ihnen mitgetragenen Bündnisse.

Insbesondere Die Linke, aber auch die Jugendorganisationen von SPD und Grünen sehen in Kooperationen bei linken Themen die Möglichkeit der Rekrutierung neuer Wähler und Mitglieder.35

Vor diesem Hintergrund fragt die AfD-Fraktion die Landesregierung:

  1. Wie viele politisch links motivierte Straftaten in welchen Deliktgruppen und an welchen Orten wurden im zweiten Halbjahr 2017 in NRW verübt?
  2. Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität von bekannten Linksextremisten wurden im zweiten Halbjahr 2017 in NRW verübt?
  3. In wie vielen Fällen politisch links motivierter Kriminalität kam es im zweiten Halbjahr 2017 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen?
  4. In der Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage Nr. 189 (Drucksache 17/616) spricht die Landesregierung von einer notwendigen strikten Differenzierung zwischen grundsätzlich friedlichen und gewaltbereiten Demonstrationsteilnehmern. Im Falle zweier Wahlkampfveranstaltungen der AfD konnte die Teilnahme linksextremer Demonstranten laut Auffassung der Landesregierung nicht festgestellt werden. Wie erkennen Polizeikräfte linksextreme Demonstranten und nach welchen Kriterien wird potenzielle Gewaltbereitschaft festgestellt?
  5. Plant die Landesregierung anlässlich der gestiegenen Behinderungen im Wahlkampf durch Linksextremisten durch den ‚Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität‘ (KPMD-PMK) die systematische Erfassung von Organisationen und Initiativen, die Störaktionen koordinieren?
  6. In der Antwort der Landesregierung (Drucksache 17/577) auf die Kleine Anfrage 179 erwähnt sie die Einrichtung einer Informationssammelstelle zur Gewährleistung des erforderlichen Informationsaustausches zwischen den Sicherheitsbehörden in NRW im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2017, um den Schutz der Bürger sowie einen „störungsfreien Ablauf der Wahl zu gewährleisten“. In welchem Rahmen findet eine Auswertung der Ergebnisse durch die Landesregierung statt?
  7. Gibt es bereits Ergebnisse der Auswertung der Informationssammelstelle zur Gewährleistung des erforderlichen Informationsaustausches zwischen den Sicherheitsbehörden in NRW im Rahmen des Bundestagswahlkampfes 2017 und wie wirken sich diese ggf. aus bzw. was ist diesbezüglich vorgesehen?
  8. Plant die Landesregierung anlässlich der faktischen Bedrohung und Repression von Vermietern und Wirten, die Räumlichkeiten für Partei-, Fraktions- oder Wahlkampfveranstaltungen zur Verfügung stellen, durch den ‚Kriminalpolizeilichen Meldedienst Politisch motivierte Kriminalität‘ (KPMD-PMK) die statistische Erfassung der Daten von Räumlichkeiten und Tätigkeitsbereichen Betroffener?
  9. Welche Möglichkeiten sieht die Landesregierung, die Bedrohungslage für Wirte und Vermieter, die Räumlichkeiten für Partei-, Fraktions- oder Wahlkampfveranstaltungen zur Verfügung stellen möchten, im Sinne der Wahrung demokratischer Grundrechte zu verbessern?
  10. Welche linksextremen bzw. ‚soziokulturellen‘ bzw. autonomen Zentren in NRW werden von Kommunen finanziell unterstützt bzw. durch Gewährung bevorzugter Konditionen toleriert (bitte aufschlüsseln nach Zentrum und Art und Höhe der finanziellen Unterstützung)?
  11. Welche linksextremen bzw. ‚soziokulturellen‘ Zentren und Grundstücke in NRW befinden sich im Besitz der Kommunen?
  12. Plant die Landesregierung im Rahmen einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten in Subkulturen und autonomer Szene, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  13. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen, Aktivitäten und evtl. Rufmord und Diffamierungen gegen politische Gegner im Internet, z.B. auf einschlägigen Portalen, Foren, Szene-Publikationen etc., um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?

 

III. Zivilgesellschaftlicher ‚Neo-Antifaschismus‘

In der Bundesrepublik entwickelten sich verschiedene Protestbewegungen zu unterschiedlichen Themen wie Wiederbewaffnung, Atomkraft, Abrüstung, Frauenrechte, Globalisierungskritik oder Ökologie. Oftmals wird als Sammelbezeichnung der Begriff der ‚sozialen Bewegungen‘ verwendet.36

Diese oft bürgerlich auftretenden Bewegungen verzichten i.d.R. auf jegliche marxistische Ideologieinhalte und setzen sich aus bürgerlichen Schichten und Gruppierungen zusammen, z.B. Gewerkschaften, kirchlichen Gruppen, politischen Jugendorganisationen, Schüler- und Studentenvertretungen, Vertretern verschiedener Interessengruppen und Verbänden, Pädagogen, Sozialarbeitern, usw. Aufgrund der heterogenen Zusammensetzung zivilgesellschaftlicher Gruppen gibt es keine einheitliche ideologische Ausrichtung.

Im Unterschied zum parteipolitischen und zum subkulturellen bzw. autonomen Linksextremismus gibt sich dieser „Neo-Antifaschismus“37 bewusst staatsbejahend:

Die Bundesrepublik Deutschland wird nicht als ein revolutionär zu bekämpfendes System angesehen, sondern als eine Republik, innerhalb deren Institutionen man an der Macht teilhaben und evolutionäre Veränderungen mitgestalten kann. Der ‚Antifaschismus‘ wird zum Hüter einer unbedingten Moral, gleichzeitig aber von seinen marxistischen gesellschaftspolitischen Wurzeln weitgehend abgeschnitten. (…) Wert wird auf soziale und freiheitliche Reformen des Staates gelegt, beziehungsweise es werden diese Reformen zumeist in unkonkreten Schlagworten gefordert. Sie zielen auf eine diffuse ‚Demokratisierung‘ weiterer gesellschaftlicher Bereiche, auf eine tendenzielle Egalisierung der sozialen Verhältnisse sowie auf eine ‚Emanzipation‘ der Menschen von traditionellen Bindungen.38

Zum Grundkonsens gehören politisch linke Ideologeme, z.B. die strikte Ablehnung von Rechtsextremismus, Fremdenfeindlichkeit oder Intoleranz und die Befürwortung oftmals abstrakter und schwammig definierter Werte wie ‚Toleranz‘, ‚Weltoffenheit‘ oder ‚Vielfalt‘.

Zur prinzipiell staatstragenden Position kommt die Bemühung um Finanzierungsmöglichkeiten durch Subventionen aus öffentlichen Kassen auf kommunaler, Landes- und Bundes- und EU-Ebene hinzu. Politisch und moralisch als richtig erachtete Projekte ‚gegen Rechts‘, für Gender Mainstreaming, Multikulti oder Diversity sollen nach Auffassung interessierter Initiatoren entsprechend durch Steuergelder subventioniert werden. Politische Positionen, Aktivisten und Parteien, denen das gemeinhin negativ konnotierte Etikett ‚rechts‘ zugeordnet wird, sollen im Sinne eines ‚antifaschistischen Konsenses‘ als gesellschaftliches Aggressionsobjekt herhalten, dessen direkte oder indirekte Repression innerhalb eines gesellschaftlichen Toleranzrahmens liegt.

Es muss festgehalten werden, dass trotz personeller Überschneidungen und anlassbezogenen Bündnissen mit Linksextremisten die allgemeinen Forderungen ‚sozialer Bewegungen‘ i.d.R. nicht die freiheitlich-demokratische Grundordnung in Frage stellen und im Grundverständnis Gewalt glaubwürdig abgelehnt wird. Allerdings wird in Kauf genommen, dass parteipolitische und autonome Linksextremisten durch offizielle Kooperationen gesellschaftlich legitimiert bzw. aufgewertet werden. Gegner der freiheitlich-demokratischen Grundordnung können den Protest wiederum nicht nur zur sachbezogenen Kritik an gesellschaftlichen Verhältnissen nutzen, sondern auch als „Anlass zu ihrem Engagement in einem Anti-System-Sinne“39.

Vor diesem Hintergrund fragt die AfD-Fraktion die Landesregierung:

  1. Sind der Landesregierung politisch links motivierte Straftaten von Personen mit Mitgliedschaft in der ‚Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes/Bund der Antifaschisten‘ (VVN/BdA) bekannt (bitte aufschlüsseln nach Jahren 2015, 2016, 2017)?
  2. Welche kulturellen, politischen, sozialen oder pädagogischen Einrichtungen, Projekte, Initiativen oder Vereine unterstützt das Land NRW aktuell im Bereich der Förderung von Multikulturalismus/Interkulturalität/Anti-Rassismus/Vielfalt/Diversity (bitte aufschlüsseln in Name, Art und Umfang der Förderung, Dauer der Förderung)?
  3. Welche kulturellen, politischen, sozialen oder pädagogischen Einrichtungen, Projekte, Initiativen oder Vereine unterstützt das Land NRW aktuell im Bereich der Globalisierungskritik/Kapitalismuskritik/‚One World‘ (bitte aufschlüsseln in Name, Art und Umfang der Förderung, Dauer der Förderung)?
  4. Welche kulturellen, politischen, sozialen oder pädagogischen Einrichtungen, Projekte, Initiativen oder Vereine unterstützt das Land NRW aktuell im Bereich der Förderung von Emanzipation/Gender Mainstreaming/Gleichstellung/Anti-Sexismus (bitte aufschlüsseln in Name, Art und Umfang der Förderung, Dauer der Förderung)?

IV. Verbindungen von Protest-Aktionen zur linksextremistischen Szene im Bereich Ökologie/Klima

Zur finanziellen Unterstützung der linksextremistischen Szene suchen die Linksextremisten den Schulterschluss mit der grünen Umweltbewegung. Wie aus einem Sachstandsbericht der Landesregierung und der Antwort der Landesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Fraktion zu entnehmen ist (Drucksache 17/970), zeigt die vorläufige Bilanz des Ministeriums des Inneren zum Einsatz der Polizei anlässlich des sogenannten ‚Klimacamps 2017‘ im Rheinischen Braunkohlerevier vom 18.08.2017 bis zum 29.08.2017 eine massive Zunahme an Strafverfahren. Die Tatverdächtigen der über 1.000 Strafverfahren (Hausfriedensbruch, gefährlicher Eingriff in den Bahnverkehr, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte) sind bis heute nicht vollständig identifiziert. Die gleichen Organisatoren haben im Vorfeld der UN-Klimakonferenz in Bonn zu vergleichbaren Protestaktionen im Rheinischen Braunkohlerevier aufgerufen, die ebenfalls zu einer Vielzahl von Hausfriedensbrüchen und Übergriffen auf Kontaktbeamte führten.40

Die Initiatoren des diesjährigen ‚Klimacamps‘, von dem wiederum zahlreiche strafbewehrte Aktionen ausgegangen sind, hatten für die auf dem Camp abgehaltene ‚Summerschool‘ ursprünglich eine Förderzusage der Stiftung ‚Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen‘. Diese wurde aber kurzfristig zurückgezogen. Laut der Organisatoren sollte die Summerschool 2017 erstmalig von der Stiftung gefördert werden:

„Die Stiftung Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen, die in diesem Jahr erstmalig eine Förderzusage für die Sommerschule gegeben hatte, nimmt nun die Nähe zum Klimacamp zum Anlass, die Förderung kurzfristig zu streichen – und das, obwohl die zeitliche und räumliche Nähe von Anfang an transparent gemacht wurde und das Programm der Sommerschule keinen Zusammenhang mit den Aktionstagen im Rheinland hat. Bei der Sommerschule geht es um Bildung, Ansätze zu einer nachhaltigeren und sozial gerechteren Wirtschaftsweise sowie gelebte Demokratie.“41

Vor diesem Hintergrund fragt die AfD-Fraktion die Landesregierung:

  1. Welche kulturellen, politischen, sozialen oder pädagogischen Einrichtungen, Projekte, Initiativen oder Vereine unterstützt das Land NRW aktuell im Bereich der Förderung von Ökologie/Klimawandel/Anti-Atomkraft (bitte aufschlüsseln in Name, Art und Umfang der Förderung, Dauer der Förderung)?
  2. Mit welchen öffentlichen Fördergeldern wurden die Klimacamps 2015, 2016 und 2017 unterstützt?
  3. Welchen Zusammenhang sieht die Landesregierung zwischen dem Protest-Bündnis ‚Ende Gelände‘ und der linksextremistischen Szene?
  4. Gab es bereits 2016 einen Förderantrag der Organisatoren des Klimacamps bei der Stiftung ‚Umwelt und Entwicklung Nordrhein-Westfalen‘? Falls ja, warum wurde dieser nicht genehmigt? Warum wurde die bereits zugesagte Förderung 2017 wieder zurückgezogen?
  5. Für 2017 gab es einen zunächst genehmigten Förderantrag. Wie passen aus Sicht der Fördergeber (in dem Wissen um die strafbewehrten Aktionen der Klimacamps 2015 und 2016) das Selbstverständnis der Antragsteller und die Förderstatuten der Stiftung zusammen?
  6. Wie hoch war die ursprünglich zugesagte, dann aber zurückgezogene Fördersumme 2017?
  7. Warum wurde die bereits zugesagte Förderung 2017 wieder zurückgezogen?

V. Präventionsarbeit des Landes Nordrhein-Westfalen

Im Koalitionsvertrag von CDU und FDP heißt es im dritten Kapitel unter der Überschrift „Land der Sicherheit und Freiheit“:

Nordrhein-Westfalen braucht einen Neustart in der Sicherheitspolitik. Wir wollen das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in den Rechtsstaat wieder herstellen. (…) Die Gewährleistung der Inneren Sicherheit und die Durchsetzung von Recht und Gesetz gehören zu den wichtigsten Kernaufgaben des Staates.42

Unter dem Zwischenpunkt „Extremismus“ heißt es weiter:

Wir werden dem Rechts- und Linksextremismus sowie politisch motivierter Gewalt in unserem Land entschieden entgegentreten. (…) Aufklärungs- und Aussteigerprogramme wollen wir auch (im) Blick auf das linksextremistische Spektrum fördern.43

Innenminister Herbert Reul bekräftigte im Oktober, dass NRW als erstes Bundesland ein Aussteigerprogramm für Linksextremisten schaffen wolle.44

Vor diesem Hintergrund fragt die AfD-Fraktion die Landesregierung:

  1. Wann wird das angekündigte Aussteigerprogramm für Linksextremisten in NRW an den Start gehen?
  2. In welcher Form wird durch das Aussteigerprogramm an die entsprechende Klientel herantreten?
  3. Plant die Landesregierung entsprechende Präventionsmaßnahmen an Schulen, Berufsschulen und Universitäten?
  4. Plant die Landesregierung im Rahmen einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Akzeptanz einschlägiger Mentalitäten und Einstellungen in der Bevölkerung, insbesondere bei der Jugend in NRW, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  5. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen, Aktivitäten, Straftaten, Tätern und Opfern im Bereich von ‚Antifaschismus‘/Anti-Rassismus/‚Kampf gegen Rechts‘, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  6. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten im Bereich von Ökologie/Klimawandel/Anti-Atomkraft/Anti-Kohlekraft, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  7. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten im Bereich von Globalisierungskritik/‚Anti-Imperialismus‘, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  8. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten im Bereich von Emanzipation/Frauenrechte/Gender/Gleichstellung, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  9. Plant die Landesregierung im Rahmen einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen und Aktivitäten in Subkulturen und autonomer Szene, um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?
  10. Plant die Landesregierung im Sinne einer effizienten Prävention die Erhebung empirischer Daten zu linksextremistischen Einstellungen, Aktivitäten und evtl. Rufmord und Diffamierungen gegen politische Gegner im Internet, z.B. auf einschlägigen Portalen, Foren, Szene-Publikationen etc., um die große Forschungslücke in diesem Bereich zu schließen?

1 http://www.rp-online.de/nrw/panorama/verfassungsschutzbericht-2016-fuer-nrw-straftaten-von-extremisten-nehmen-zu-aid-1.7124294.

2 https://www.welt.de/politik/deutschland/article167209159/Herrmann-kritisiert-steigende-Enthemm ung-bei-Gewalt.html.

3 Vgl. u.a. Neue Westfälische vom 06.12.2017, S. 4.

4 http://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2017-09/straftaten-wahlkampf-bundeskriminalamt.

5 http://www.faz.net/aktuell/politik/bundestagswahl/linksradikale-wir-werden-die-afd-jagen-15220741.html.

6 http://www.faz.net/aktuell/politik/linksextremistische-gewalt-kapitulation-des-staates-15098954.html.

7 https://www.die-linke.de/themen/nachrichten/detail/solidaritaet-muss-organisiert-werden/.

8 http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/linksextremistische-organisation-rote-hilfe-findet-immer-mehr-unterstuetzung-15260420.html.

9 Beispielsweise stürmten am 5. November 2017 hunderte Aktivisten trotz massiven Polizeiaufgebotes im Zuge einer Demonstration illegal in das Betriebsgelände des Tagebaus Hambach ein, um gegen den Braunkohleabbau zu demonstrieren, vgl. u.a.: https://www.welt.de/politik/deutschland/article170350747/Hunderte-Aktivisten-dringen-in-Tagebau-Hambach-ein.html.

10 Vgl. https://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2017/die-afd-angreifen-mit-allen-notwendigen-mitteln/.

11 Vgl. http://www.verfassungsschutz-bw.de/site/lfv/get/documents/IV.Dachmandant/Datenquelle/PDF/2017 Aktuell/Verfassungsschutzberic ht BW 2016 Auflage 2.pdf, S. 211; vgl. https://www.schleswig-holstein.de/DE/Fachinhalte/V/verfassungsschutz/Downloads/Berichte/Verfassungsschutzbericht 2016  .pdf? blob=publicationFile&v=2, S. 93.

12 Eckhard Jesse: Die unterschiedliche Wahrnehmung von Rechts- und Linksextremismus. In: Politische Studien 1 (2007), S. 14.

13 Vgl. Klaus Schroeder und Monika Deutz-Schroeder: Gegen Staat und Kapital – für die Revolution! Linksextremismus in Deutschland – eine empirische Studie. Frankfurt a.M. 2015, S. 95. Infratest dimap befragte 1.362 Personen, wobei die Altersgruppe von 16-29 Jahren überproportional gewichtet wurde.

14 Vgl. ebd., S. 597.

15 Vgl. Viola Neu: Linksextremismus in Deutschland: Erscheinungsbild und Wirkung auf Jugendliche. Auswertung einer qualitativen explorativen Studie. Berlin 2012, S. 44. Online unter: http://www.kas.de/wf/doc/kas 30042-544-1-30.pdf?120224104205.

16 Ebd., S. 45.

17 Klaus Schubert und Martina Klein: Das Politiklexikon. Bonn 2006, S. 101.

18 Hans-Gerd Jaschke: Politischer Extremismus. Bonn 2007, S. 12.

19 Ebd., S. 31.

20 Armin Pfahl-Traughber: Linksextremismus in Deutschland. Eine kritische Bestandsaufnahme. Bonn 2015, S. 23.

21 Vgl. ebd., S. 181-189.

22 http://www.bpb.de/politik/extremismus/linksextremismus/33632/autonome.

23 Vgl. Schroeder/Deutz-Schroeder, S. 393.

24 Vgl. https://mara-lux.de/aktuelles/2017/06/aachener-stadtverwaltung-spielball-der-antifa/.

25 Vgl. ebd., S. 121; 178.

26 Pfahl-Traughber, S. 145.

27 Schroeder/Deutz-Schroeder, S. 179.

28 Vgl. Neue Ruhr Zeitung/Neue Rhein Zeitung vom 06.12.2017, S. 5.

29 Claus Wolfschlag, Das „Antifaschistische Milieu“. Vom „schwarzen Block“ zur „Lichterkette“. Graz 2002, S. 126.

30 Ebd.

31 Ebd.

32 Schroeder/Deutz-Schroeder, S. 180.

33 Vgl. ebd., S. 397.

34 Pfahl-Traughber, S. 147.

35 Vgl. ebd., S. 210.

36 Vgl. ebd., S. 195 ff.

37 Wolfschlag, S. 143 ff.

38 Ebd., S. 148.

39 Pfahl-Traughber, S. 207.

40 http://www.rp-online.de/nrw/panorama/klimacamp-2017-polizei-raeumt-tagebau-inden-13-klima-aktivisten-in-gewahrsam-aid-1.7034825.

41 Vgl. https://www.degrowth.info/de/sommerschule-2017/.

42 Koalitionsvertrag für Nordrhein-Westfalen 2017-2022, S. 56. Online unter: https://www.cdu-nrw.de/sites/default/files/media/docs/nrwkoalition koalitionsvertrag fuer nordrhein-westfalen 2017 –  2022.pdf.

43 Ebd., S. 61.

44 Vgl. http://www.rp-online.de/nrw/panorama/verfassungsschutzbericht-2016-fuer-nrw-straftaten-von-extremisten-nehmen-zu-aid-1.7124294.

Roger Beckamp
Andreas Keith
Markus Wagner

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