LKA-Experte über legalisiertes Cannabis: Wie der Staat der „Mocro-Mafia“ hilft – Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus?

Kleine Anfrage
vom 05.11.2024

Kleine Anfrage 4712

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

LKA-Experte über legalisiertes Cannabis: Wie der Staat der „Mocro-Mafia“ hilft – Welche Konsequenzen zieht die Landesregierung daraus?

Staatsanwaltschaft und Polizei beschäftigt seit Wochen die insbesondere in Köln eskalierende Gewalt, die auf die Aktivitäten der „Mocro-Mafia“ zurückzuführen ist – einer niederländischen Verbrecherorganisation, die überwiegend im Drogenhandel tätig ist. Innerhalb weniger Wochen ereigneten sich mehrere Explosionen, wobei die Polizei vermutet, dass sie Teil eines Rachefeldzugs dieser kriminellen Gruppe sind und möglicherweise als Vergeltung für einen Drogendiebstahl stehen.1

Oliver Huth, Vorsitzender des Bundes Deutscher Kriminalbeamter in Nordrhein-Westfalen und Experte für organisierte Kriminalität, erklärt, dass die „Mocro-Mafia“ eine divers aufgestellte Gruppe sei, die durch den An- und Verkauf von Kokain finanziert wird. Ihre Brutalität zeigt sich in zahlreichen Sprengstoffanschlägen und Entführungen, wie zuletzt in einem Fall in Bochum, bei dem ein Mann wegen des Verdachts auf Drogendiebstahl brutal gefoltert wurde. Die Mafia schreckt vor extremen Gewaltaktionen nicht zurück, um Rivalen auszuschalten. Holländische Kollegen hätten der deutschen Polizei berichtet, dass jugendliche Heranwachsende für ein paar Euro bereit seien, zu töten oder Sprengstoffanschläge durchzuführen. Als Anführer der Mocro-Mafia gilt der Marokkaner T., der im Februar 2024 wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilt wurde und bereits 1980 in die Niederlande auswanderte. Seitdem gab es mehrfach Drohungen gegen hochrangige Persönlichkeiten wie den ehemaligen niederländischen Premierminister Mark Rutte und Kronprinzessin Catharina-Amalia, um T. aus dem Gefängnis zu befreien. In NRW habe sich die Landesregierung zwar die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ins Hausaufgabenheft geschrieben, so Huth, allerdings sei bislang nichts passiert.2

Ein weiteres Thema ist die Legalisierung von Cannabis, die laut Huth den Drogenbanden in die Hände spielt. Obwohl der Konsum entkriminalisiert wurde, gibt es keinen legalen Markt, der die Nachfrage decken kann. Konsumenten wenden sich daher weiterhin an illegale Quellen, was der organisierten Kriminalität zusätzlichen Auftrieb gibt. Huth kritisiert, dass die Politik die Risiken unterschätzt und keinen nachhaltigen Jugendschutz sicherstellt. Trotz der zunehmenden Gewalt hat sich die personelle Ausstattung zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität in Nordrhein-Westfalen in den letzten zehn Jahren kaum verändert. Huth fordert eine Revision der Legalisierungspolitik und warnt vor den potenziellen Folgen, die die Gewaltspirale weiter anheizen könnten. In den Niederlanden sind bereits Jugendliche bereit, für geringe Summen schwere Gewaltverbrechen zu begehen, und es besteht die Gefahr, dass sich ähnliche Zustände auch in Deutschland entwickeln.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Auswirkungen der Cannabis-Legalisierung auf die Aktivitäten krimineller Organisationen wie zum Beispiel der „Mocro-Mafia“ in Nordrhein-Westfalen?
  2. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass kriminelle Netzwerke nicht von der Legalisierung von Cannabis profitieren?
  3. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung, um sicherzustellen, dass der legale Cannabismarkt in Nordrhein-Westfalen streng reguliert wird und illegale Aktivitäten nicht gefördert werden?
  4. Wie bewertet die Landesregierung die Bedenken des LKA-Experten, und welche zusätzlichen Maßnahmen werden erwogen, um die Sicherheit im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis zu gewährleisten?
  5. Wie bewertet die Landesregierung die Legalisierung von Cannabis durch die Bundesregierung?

Markus Wagner

 

MMD18-11272

 

1 Vgl. https://www.bild.de/regional/koeln/lka-experte-ueber-legalisiertes-cannabis-wie-der-staat-der-mocro-mafia-hilft-66a2162e2f454e414eb93d17.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4712 mit Schreiben vom 9. Dezember 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Einleitend ist festzustellen, dass der Begriff der „Mocro-Mafia“ weder bei der Polizei des Lan­des Nordrhein-Westfalen (Polizei NRW) noch bei den mit der Bekämpfung von Organisierter Kriminalität (OK) befassten Gremien der Innenministerkonferenz oder dem Bundeskriminalamt gebräuchlich ist. Ausweislich der vorliegenden Erkenntnisse dürfte es sich jedoch um einen in den Niederlanden medial geprägten Begriff handeln, mit dem in der medialen Darstellung nie­derländische Straftäterinnen und Straftäter bezeichnet werden, die einen marokkanischen Migrationshintergrund haben, mit hoher krimineller Energie agieren und insbesondere im Großraum Amsterdam aufhältig sind.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Auswirkungen der Canna­bis-Legalisierung auf die Aktivitäten krimineller Organisationen wie zum Beispiel der „Mocro-Mafia“ in Nordrhein-Westfalen?

Aufgrund des kurzen Zeitraums seit Inkrafttreten des in Rede stehenden Gesetzes liegen be­lastbare Erkenntnisse im Sinne der Fragestellung nicht vor.

Darüber hinaus wird auf die schriftlichen Berichte vom 04.09.2024 und vom 05.11.2024 zu den Sitzungen des Innenausschusses am 05.09.2024 und am 07.11.2024 (Vorlage 18/2934 und 18/3210) verwiesen.

  1. Welche Maßnahmen werden ergriffen, um sicherzustellen, dass kriminelle Netz­werke nicht von der Legalisierung von Cannabis profitieren?
  2. Welche Schritte unternimmt die Landesregierung, um sicherzustellen, dass der legale Cannabismarkt in Nordrhein-Westfalen streng reguliert wird und illegale Ak­tivitäten nicht gefördert werden?
  3. Wie bewertet die Landesregierung die Bedenken des LKA-Experten, und welche zusätzlichen Maßnahmen werden erwogen, um die Sicherheit im Zusammenhang mit der Legalisierung von Cannabis zu gewährleisten?

Die Fragen 2, 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.

Das Konsumcannabisgesetz sieht zum legalen gemeinschaftlichen Anbau von Cannabis so­genannte Anbauvereinigungen vor. In Nordrhein-Westfalen werden die einschlägigen Rege­lungen des Konsumcannabisgesetzes zu Erlaubniserteilung und Überwachung der Anbauver­einigungen konsequent und landesweit einheitlich vollzogen.

Die Polizei NRW verfolgt bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität einen ganzheitlichen Ansatz, der auch im Kontext der Straftaten im Zusammenhang mit Cannabis konsequent fort­geführt wird und im Rahmen dessen neben konsequenten strafrechtlichen Ermittlungen auch die Möglichkeiten der Kriminalprävention einbezogen werden. Die Strafverfolgungsbehörden müssen bei der Bekämpfung der Rauschgiftkriminalität alle Ebenen des Rauschgifthandels, vom örtlichen Kleinhandel über den regionalen und überregionalen Zwischenhandel bis zum national oder international organisierten Großhandel, einbeziehen. Eine wirksame Reduzie­rung des Angebotes von illegalem Cannabis lässt sich nur erreichen, wenn vor allem der or­ganisierte illegale Cannabishandel als Teil der Organisierten Kriminalität bekämpft wird. Vor­rangiges Ziel polizeilicher und justizieller Maßnahmen ist daher, die Strukturen der Organisier­ten Kriminalität zu zerschlagen.

Die Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen sind über die Neuregelungen des Konsumcan-nabisgesetzes und deren praktischer Anwendung umfassend informiert. Aktuelle Entwicklun­gen und phänomenologische Neuerungen betreffend die Kriminalität bzw. die Rauschgiftkri­minalität werden durch die Kreispolizeibehörden und das Landeskriminalamt NRW fortlaufend ausgewertet. Aufgrund der jeweils aktuellen Erkenntnislage wird fortlaufend geprüft, ob Anlass zu weiteren Maßnahmen und Initiativen besteht, die geeignet sind, die Rauschgiftkriminalität noch effektiver zu bekämpfen. Die weitere Entwicklung wird stetig und intensiv im Blick behal­ten.

  1. Wie bewertet die Landesregierung die Legalisierung von Cannabis durch die Bun­desregierung?

Der Deutsche Bundestag hat auf der Grundlage der Empfehlungen seines Ausschusses für Gesundheit (BT-Drs. 20/10426) das Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis und zur Änderung weiterer Vorschriften (Cannabisgesetz – CanG) beschlossen. Zur Frage der Einbe­rufung eines Vermittlungsausschusses hat sich die Landesregierung im Bundesrat enthalten. Auf ihre Stellungnahmen zu unter dem 16.04.2024 gestellten Anträgen der Fraktionen der AfD (LT-Drs. 18/8879) und FDP (LT-Drs. 18/8885) wird ergänzend Bezug genommen (vgl. LT-Plenarprotokolle 18/61 und 18/62).

 

MMD18-12003

Beteiligte:
Markus Wagner