Lohmar: Sexualstraftäter versetzt Kleinstadt in Angst

Kleine Anfrage
vom 16.01.2025

Kleine Anfrage 4981

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Lohmar: Sexualstraftäter versetzt Kleinstadt in Angst

Ein verurteilter Sexualstraftäter sorgt in der Kleinstadt Lohmar für Angst und Schrecken. Trotz einschlägiger Vergangenheit verbreitet der Mann seine widerlichen Sex-Fantasien übers Internet. O. ist Ende November 2024 in eine Wohnung in einer Gemeinde bei Lohmar eingezogen, die sich in unmittelbarer Nähe einer Kinder- und Jugendeinrichtung sowie eines Schulzentrums befindet. Daraufhin schickten die Heimleitung, Schulen sowie Stadtverwaltung den Eltern Warnbriefe, in denen es heißt:

Kinder und Jugendliche sollten sich „nicht auf Kontaktversuche fremder Personen einlassen“. „Kinder sollten ein aufgeladenes Handy dabei haben“, um umgehend Alarm zu schlagen.1

Mitte Dezember 2024 sprach O. an einer Bushaltestelle ein minderjähriges Mädchen eines Kinderheims an. Die Heimleitung rief daraufhin die Polizei, die den Tatverdächtigen aufsuchten. Er habe gegen seine Führungsauflagen verstoßen, weil er Jugendliche in der Nähe des Heims angesprochen habe. „Außerdem wurden in seiner Wohnung kinderpornografische Dateien gefunden. Angesichts dessen wird gegen die Person ermittelt“, fasst der Bonner Staatsanwaltschaft die Situation zusammen.2

O. war im Februar 2010 wegen sexuellen Missbrauchs einer Schutzbefohlenen zu dreieinhalb Jahren Haft verurteilt worden. Nach BILD-Informationen soll es sich dabei um seine damals vierjährige Stieftochter gehandelt haben. Der Tatzeitraum lag zwischen 2001 und 2002. Bis heute scheint er von seiner Neigung nicht befreit zu sein. Davon zeugt auch eine von ihm aktuell betriebene Internetseite mit expliziten Inhalten. Neben einer Vielzahl von rassistischen Beleidigungen schreibt er, dass er eine Beziehung oder sexuelle Kontakte mit „Frauen im Alter von 16 bis 40 Jahren“ suche. „Besonders interessieren mich aber jüngere Mädchen“, schreibt er weiter. Nach Angaben der Polizei habe O. seine Haftstrafe verbüßt und sei ansonsten ein „freier Mensch“. Dennoch werde er engmaschiger überwacht. Wie genau, teilten die Ermittlungsbehörden nicht mit. Ob er wegen des Verstoßes gegen seine Auflagen ins Gefängnis kommt, prüft nun die Staatsanwaltschaft.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftatbestände aufschlüsseln.)
  2. Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über den Tatverdächtigen bekannt?
  3. Welche Vorstrafen sind über den Tatverdächtigen bekannt?
  4. Wie schützen die Behörden die Bevölkerung vor Personen wie den Tatverdächtigen O., um Übergriffe auf Schutzbefohlene zu verhindern?
  5. Welche Unterbringungsmöglichkeiten im Einzelnen – bitte detailliert hinsichtlich der jeweiligen Kriterien aufführen – kommen aus Sicht der Landesregierung in solchen Fällen in Frage, um die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen?

Markus Wagner

 

MMD18-12472

 

1 Vgl. https://www.bild.de/regional/koeln/warnbriefe-an-eltern-eine-stadt-in-angst-vor-einem-sexualstraftaeter-676406f4a34dcb59b6666da3?wtmc=whtspp-shr&t_ref=https.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4981 mit Schreiben vom 12. Februar 2025 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang sowie Straftat­bestände aufschlüsseln.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn hat dem Ministerium der Justiz unter dem 21.01.2025 zu dem in der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalt im Wesentlichen berichtet, dass gegen den Beschuldigten nach derzeitigem Ermittlungsstand der Verdacht bestehe, kinder-porno-grafische Inhalte besessen und in mehreren Fällen gegen Weisungen während der Füh­rungsaufsicht verstoßen zu haben. Der Beschuldigte habe im Dezember 2024 bei zwei Gele­genheiten ein Kind bzw. zwei Jugendliche an einer Bushaltestelle angesprochen und sich bei zwei weiteren Gelegenheiten auf dem Gelände einer Jugendhilfeeinrichtung aufgehalten. Der­zeit werde der zur Verfolgung der Weisungsverstöße erforderliche Strafantrag bei dem Leiter der Führungsaufsichtsstelle des Landgerichts Bonn eingeholt. Zudem hätten Polizeibeamte in der Wohnung des Beschuldigten auf dessen Computer ein kinderpornografisches Bild als Hin­tergrund bemerkt. Die priorisierte Auswertung sämtlicher daraufhin sichergestellter Datenträ­ger dauere derzeit an.

  1. Welche polizeilichen Erkenntnisse sind über den Tatverdächtigen bekannt?

Kriminalpolizeiliche Erkenntnisse im Sinne dieser Antwort fußen grundsätzlich auf Verdachts­momenten, die Grundlage für eine polizeiliche Strafanzeige oder die Gegenstand von krimi­nalpolizeilichen Ermittlungen geworden sind. Solche Erkenntnisse ermöglichen regelmäßig keinen Rückschluss auf die Richtigkeit des in Rede stehenden Vorwurfs und auf das Ergebnis der abschließenden justiziellen Prüfung durch Staatsanwaltschaften und Gerichte. Bis zu einer rechtskräftigen Verurteilung gilt die Unschuldsvermutung.

Der Beschuldigte ist bislang in Nordrhein-Westfalen mehrfach wegen des Verdachts der Be­gehung von Straftaten, u.a. wegen der in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage erwähnten Verurteilungen, des Verstoßes gegen Weisungen während der Führungsaufsicht, Nachstel­lung, Bedrohung, des Besitzes oder sich Verschaffens von Kinderpornografie, polizeilich in Erscheinung getreten.

Von einer detaillierten Aufschlüsselung der polizeilichen Vorerkenntnisse wird mit Verweis auf die Beantwortung der Frage 3 abgesehen.

  1. Welche Vorstrafen sind über den Tatverdächtigen bekannt?

Der Beschuldigte ist dem in der Antwort auf die Frage 1 genannten Bericht zufolge mehrfach vorbestraft, und zwar durch die in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage erwähnte Verurteilung sowie u. a. wegen Verstoßes gegen das Gewaltschutzgesetz und gegen Weisun­gen während der Führungsaufsicht sowie Nachstellung und Bedrohung.

Von einer detaillierten Aufschlüsselung der Vorstrafen wird unter Abwägung des parlamenta­rischen Informationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten, insbesondere auch im Hinblick auf das Resozialisierungsgebot abgesehen. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren eine Identifizierbarkeit wahrscheinlich oder jedenfalls möglich erscheint. Dem parlamentarischen Informationsinteresse, das nicht der konkreten Strafverfolgung einzelner Personen gilt, wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand sowie den allgemeinen Angaben zu Vorstrafen entsprochen.

  1. Wie schützen die Behörden die Bevölkerung vor Personen wie den Tatverdächti­gen O., um Übergriffe auf Schutzbefohlene zu verhindern?

Der Schutz von Kindern und Jugendlichen vor sexualisierter Gewalt ist ein zentrales Anliegen der Landesregierung. Das Ministerium der Justiz hat deshalb flankierend zu den bereits ge­setzlich vorgesehenen Überwachungsinstrumenten im Jahr 2010 gemeinsam mit dem Minis­terium des Innern und dem Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales eine Konzeption zum Umgang mit rückfallgefährdeten Sexualstraftätern in Nordrhein-Westfalen – KURS NRW – erarbeitet und der Praxis an die Hand gegeben. Ziel dieser Konzeption ist die Verringerung des Rückfallrisikos von unter Führungsaufsicht stehenden Sexualstraftätern durch die Stan­dardisierung und verbindliche Ausgestaltung der bereits bestehenden Zusammenarbeit und des Informationsaustausches zwischen Strafvollzug, Maßregelvollzug, Vollstreckungsbe­hörde, Bewährungsaufsicht, Führungsaufsicht und Polizei. Insbesondere informiert nach der Konzeption die Staatsanwaltschaft das Landeskriminalamt NRW, wenn ihr Tatsachen bekannt werden, die auf eine Gefahrenlage hinweisen. Darüber hinaus sieht die Konzeption anlassbe­zogene Fallkonferenzen und regelmäßige Gefährderansprachen bei den Probanden vor.

Ferner werden im Rahmen sogenannter Gefährdetenansprachen potentiell gefährdete Per­sonen durch die zuständigen Kreispolizeibehörden auf bestehende Gefahrenlagen hingewie­sen. Hierbei werden ihnen präventive Handlungsoptionen aufgezeigt und geeignete Unterstüt­zungsangebote unterbreitet.

In Einzelfällen sind weitere anlassbezogene gefahrenabwehrende Maßnahmen, wie länger­fristige Observationen gemäß § 16a Polizeigesetz Nordrhein-Westfalen (PolG NRW), die An­ordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung gemäß § 34c PolG NRW oder ein Kon­taktverbot und eine Aufenthaltsvorgabe gemäß § 34b PolG NRW, möglich.

  1. Welche Unterbringungsmöglichkeiten im Einzelnen bitte detailliert hinsichtlich der jeweiligen Kriterien aufführen kommen aus Sicht der Landesregierung in solchen Fällen in Frage, um die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schüt­zen?

Tatverdächtige können unter den Voraussetzungen des § 126a Strafprozessordnung (StPO) bereits vor einer rechtskräftigen gerichtlichen Entscheidung in einem psychiatrischen Kran­kenhaus (§ 63 Strafgesetzbuch (StGB) oder einer Entziehungsanstalt (§ 64 StGB) unterge­bracht werden. Dem Schutz der Allgemeinheit dient ferner der Haftgrund der Wiederholungs­gefahr unter den in § 112a StPO genannten Voraussetzungen. Nach dem Polizeigesetz ist darüber hinaus eine zeitlich befristete Ingewahrsamnahme gemäß § 35 PolG NRW möglich, wenn das unerlässlich ist, um die unmittelbar bevorstehende Begehung oder Fortsetzung einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit von erheblicher Bedeutung für die Allgemeinheit zu verhin­dern oder um eine Aufenthaltsanordnung oder ein Kontaktverbot gemäß § 34b PolG NRW oder die Anordnung einer elektronischen Aufenthaltsüberwachung gemäß § 34c PolG NRW durchzusetzen.

In den Fällen, in denen krankheitsbedingt eine gegenwärtige erhebliche Eigen- oder Fremd­gefährdung vorliegt, ist eine zwangsweise Unterbringung in einer psychiatrischen Klinik nach dem Gesetz über Hilfen und Schutzmaßnahmen bei psychischen Krankheiten (PsychKG NRW) möglich. Dies setzt grundsätzlich eine vorherige oder im Fall einer sofortigen Unterbrin­gung nachträgliche Befassung des Gerichts mit der Unterbringung voraus. Eine präventiv grei­fende Unterbringungsmöglichkeit in den psychiatrischen Kliniken besteht nicht.

 

MMD18-12839

Beteiligte:
Markus Wagner