Kleine Anfrage 1030
der Abgeordneten Markus Wagner und Klaus Esser vom 09.01.2022
Lünen: Lokführer und Kontrolleurin brutal ins Krankenhaus geprügelt
Am Freitagabend, den 23. Dezember 2022, wurden ein Lokführer und eine Fahrkartenkontrolleurin in einer Regionalbahn der Linie RB 51 gegen 22:00 Uhr vor dem Halt im Lünener Hauptbahnhof (Kreis Unna) von zwei Männern angegriffen und geschlagen.1
Die 24-jährige Kontrolleurin wollte die Fahrkarten der 20 bis 25 Jahre alten, russisch sprechenden Männer kontrollieren. Als diese keine Fahrten vorweisen konnten, forderte die Kontrolleurin sie auf, den Zug zu verlassen. Der Lokführer, der unterstützend hinzukam, wurde direkt von den zwei jungen Männern angegriffen und ins Gesicht geschlagen. Auch die 24Jährige wurde verletzt. Anschließend betätigten die Angreifer die Notentriegelung eine der Zugtüren und flohen in unbekannte Richtung.2
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Befinden sich in dem Bereich, wo der Lokführer und die Fahrkartenkontrolleurin angegriffen wurden, Videoüberwachungssysteme? (Bitte nach der Überwachungstechnik wie Liveschaltung, reine Videoaufzeichnung etc. sowie nach Ort [Zugabteil, Bahnsteig] aufschlüsseln.)
- Wie viele Fahrkartenkontrolleure sind von 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen Opfer von Straftaten geworden? (Bitte nach Jahr und Straftat aufschlüsseln.)
Markus Wagner
Klaus Esser
1 Vgl. h t t p s : / /w w w . b il d .de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/luenen-lokfuehrer-und-kontrolleurin-ins-krankenha u s – ge p ruegelt-82363100.bild.html.
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1030 mit Schreiben vom 1. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwalt-schaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz unter dem 19. Januar 2023 berichtet, das Verfahren richte sich gegen zwei (bislang) unbekannte männliche Personen wegen Erschleichens von Leistungen (§ 265a StGB), Hausfriedensbruchs (§ 123 StGB), gefährlicher Körperverletzung (§ 224 StGB) sowie Missbrauchs von Notrufen und Beeinträchtigung von Unfallverhütungs- und Nothilfemitteln (§ 145 StGB). Zum der polizeilichen Strafanzeige zu entnehmenden Tathergang hat er Folgendes mitgeteilt:
„Am Abend des 23. Dezember 2022 nutzten zwei unbekannte männliche Personen einen Zug der Linie RB 51 zwischen Enschede und Dortmund Hbf. Eine dieser Personen trug keine Mund-Nasen-Bedeckung. Der Aufforderung der Zugbegleiterin, eine Mund-Nasen-Bedeckung anzulegen, kam die Person nach. Weil die beiden Personen bei der anschließenden Fahrkartenkontrolle keine Fahrkarten vorweisen konnten, forderte die Zugbegleiterin sie auf, den Zug am Hauptbahnhof Lünen zu verlassen. Dieser Aufforderung kamen beide Personen nicht nach, sondern sie begaben sich zum nächstgelegenen Ticketautomaten, um nachträglich eine Fahrkarte zu erwerben. Die Zugbegleiterin hielt an ihrer Aufforderung, den Zug zu verlassen, gleichwohl fest. Da die beiden Personen sich uneinsichtig zeigten, zog die Zugbegleiterin den Triebfahrzeugführer zu ihrer Unterstützung hinzu. Als auch der Triebfahrzeugführer die beiden Personen erfolglos aufgefordert hatte, den Zug zu verlassen, kam es zu einer körperlichen Auseinandersetzung, in deren Verlauf der Triebfahrzeugführer den ‚Beschuldigten 1‛ durch die Tür aus dem Zug schob. Daraufhin schlug der ‚Beschuldigte 2‛ dem Triebfahrzeugführer mit einem Mobiltelefon von hinten gegen den Kopf. Nachdem der ‚Beschuldigte 1‛ wieder in den Zug gedrängt war, schlugen beide Beschuldigte auf den Triebfahrzeugführer ein. Mit Hilfe eines unbekannten Reisenden gelang es dem Triebfahrzeugführer, die Beschuldigten aus dem Zug zu schieben. Der ‚Beschuldigte 1‛ betrat den Zug erneut, um verlorene Gegenstände aufzuheben. Sodann betätigte er die Notentriegelung der – in-zwischen verschlossenen – Zugtür und verließ den Zug wieder. Die hinzutretende Zugbegleiterin, die dazu aufforderte, das Betätigen der Notentriegelung zu unterlassen, wurde von einem der Beschuldigten schließlich von außen mit Saft übergossen, bevor die Beschuldigten den Hauptbahnhof Lünen in unbekannte Richtung verließen.
Der Triebfahrzeugführer erlitt Verletzungen im Gesicht, die im Krankenhaus ärztlich versorgt werden mussten. Auch die Zugbegleiterin wurde vom Rettungsdienst einem Krankenhaus zugeführt.
Bei Eintreffen der Polizeibeamten der Bundespolizei gegen 22:00 Uhr befanden sich weitere Fahrgäste nicht mehr im/am Zug. Eine Nahbereichsfahndung durch die Bundespolizei verlief erfolglos. Der in der Presse veröffentlichte Aufruf, Zeugen mögen sich bei der Bundespolizeiinspektion Dortmund melden, blieb bislang ohne Erfolg.“
- Befinden sich in dem Bereich, wo der Lokführer und die Fahrkartenkontrolleurin angegriffen wurden, Videoüber-wachungssysteme? (Bitte nach der Überwachungstechnik wie Liveschaltung, reine Videoaufzeichnung etc. sowie nach Ort [Zugabteil, Bahnsteig] aufschlüsseln.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz hierzu in seinem Bericht vom 19. Januar 2023 mitgeteilt, nach den polizeilichen Feststellungen hätten sich acht Kameras im Zug befunden […]. Eine Kamera habe die körperlichen Auseinandersetzungen erfasst.
- Wie viele Fahrkartenkontrolleure sind von 2015 bis heute in Nordrhein-Westfalen Opfer von Straftaten geworden? (Bitte nach Jahr und Straftat aufschlüsseln.)
Zur Beantwortung hat mir das Ministerium des Innern mit Schreiben vom 20. Januar 2023 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Datenbasis für die Beantwortung der Frage 3 ist die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen. Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen erfolgt nach bundeseinheitlichen Richtlinien.
In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen erfolgt allerdings keine gesonderte Erfassung von Fahrkartenkontrolleurinnen oder Fahrkartenkontrolleuren als separat ausweisbare Opfergruppe. Entsprechende Angaben über Fälle zum Nachteil dieser Opfergruppe sind auf Grundlage der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen daher nicht möglich.“