Kleine Anfrage 343
des Abgeordneten Markus Wagner vom 18.08.2022
Mann attackiert Mitarbeiterin in einer Ausländerbehörde mit einem Messer
Am Donnerstag, den 11. August 2022, wurde eine 25-jähige Mitarbeiterin im Ausländeramt „Haus der Integration“ in Wuppertal von einem 20-jährigen Syrer mit einem Küchenmesser angegriffen und an der Schulter schwer verletzt. Mitarbeiter des Opfers gelang es, den Täter zu überwältigen und bis zum Eintreffen der Polizei zu fixieren.1 Nach Angaben der Bild-Zeitung gab es „Uneinigkeiten“ des Mannes mit dem im selben Haus ansässigen Jobcenter über den Leistungsbezug. Der Täter sei psychisch auffällig und seine Akte weise „gewisse Anhaltspunkte für eine psychische Erkrankung“ auf.2
Ich frage die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie vielen Übergriffen waren Mitarbeiter von Ausländerämtern sowie Jobcentern in NRW seit 2015 jährlich ausgesetzt? (Bitte eingegangene Meldungen hinsichtlich der Straftatbestände aufschlüsseln.)
- Der Deutsche Beamtenbund und die Gewerkschaft Komba Nordrhein-Westfalen haben bereits in der Vergangenheit einen besseren Schutz der Beschäftigten gefordert.3 In welchem Umfang plant die Landesregierung, in Absprache und Abstimmung mit den Kommunen auf die Forderungen einzugehen?
Markus Wagner
1 Vgl. https://www.welt.de/vermischtes/kriminalitaet/article240420389/Wuppertal-Mann-attackiert-Mitarbeiterin-von-Auslaenderbehoerde-m it-Messer.htm l.
2 Vgl. https://www.bild.de/regional/duesseldorf/duesseldorf-aktuell/bluttat-in-wuppertal-nrw-messer-mann-greift-jobcenter-m itarbeiterin-an-80974154.bild.html.
3 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 343 mit Schreiben vom 15. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, der Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vorname des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Zur Beantwortung der Frage 1 hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 31.08.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Wuppertal hat dem Ministerium der Justiz unter dem 24.08.2022 im Wesentlichen berichtet, die mit der Frage 1 angesprochenen Ermittlungen dauerten an und richteten sich gegen einen 20-jährigen, nicht vorbestraften syrischen Staatsangehörigen wegen gefährlicher Körperverletzung. Der Beschuldigte sei dringend verdächtig, am 11.08.2022 im Haus der Integration in Wuppertal, in dem sich das Ausländeramt der Stadt Wuppertal und Geschäftsstellen des Jobcenters Wuppertal befänden, eine Mitarbeiterin des Ausländeramts angegriffen und ihr mittels eines Messers zwei – nicht lebensgefährliche – Stichverletzungen im Bereich der Schulter zugefügt zu haben. Das Amtsgericht Wuppertal habe am 12.08.2022 die Untersuchungshaft gegen den Beschuldigten angeordnet.“
- Wie vielen Übergriffen waren Mitarbeiter von Ausländerämtern sowie Jobcentern in NRW seit 2015 jährlich ausgesetzt? (Bitte eingegangene Meldungen hinsichtlich der Straftatbestände aufschlüsseln.)
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). In der PKS erfolgt keine gesonderte Erfassung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ausländerämter und Jobcenter als eigenständig ausweisbare Gruppe der Opferspezifik. Eine Beantwortung der Frage ist daher nicht möglich.
Weitere Daten im Sinne der Fragestellung liegen der Landesregierung nicht vor.
- Der Deutsche Beamtenbund und die Gewerkschaft Komba Nordrhein-Westfalen haben bereits in der Vergangenheit einen besseren Schutz der Beschäftigten gefordert. In welchem Umfang plant die Landesregierung, in Absprache mit den Kommunen auf die Forderungen einzugehen?
Die Landesregierung Nordrhein-Westfalen verurteilt jegliche Form von Gewalt gegen Beschäftigte im öffentlichen Dienst und setzt sich für ihren Schutz und ihre Sicherheit ein. Niemand muss Übergriffe und gewalttätiges Verhalten im Dienst für das Gemeinwohl hinnehmen. Es ist die solidarische Aufgabe aller, dem vorzubeugen. In sämtlichen Bereichen des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen, in allen Dienststellen und an allen Arbeitsplätzen gilt: Null Toleranz bei Gewalt!
Die Landesregierung hat bereits gehandelt.
Mit Kabinettbeschluss vom 08.06.2021 zur „NRW-Initiative für mehr Sicherheit und Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ wurde eine interministerielle Arbeitsgruppe „Sicherheit und Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ unter der Federführung des Ministeriums des Innern eingerichtet. Sie hat ressortübergreifend in 2021 den Leitfaden „Sicherheit und Schutz von Beschäftigten im öffentlichen Dienst“ für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen, ihre Dienstvorgesetzten und die Behördenleitungen erarbeitet, der zahlreiche Empfehlungen enthält. Auch die Kommunen in Nordrhein-Westfalen und die Kommunalen Spitzenverbände waren eingebunden. Online steht der Leitfaden unter www.sicherim-dienst.de zur Verfügung.
Auf diese Website wurde landesweit aufmerksam gemacht.
Des Weiteren ist auf die seit geraumer Zeit laufende Präventionskampagne des Landes „Sicher im Dienst“ als ein Baustein der NRW-Initiative hinzuweisen. Kernelement ist das bundesweit einmalige behördenübergreifende Präventionsnetzwerk #sicherimDienst zur Verbesserung der Gewaltprävention für den gesamten öffentlichen Dienst in Nordrhein-Westfalen in Verbindung mit dem berufsgruppenübergreifenden Präventionsleitfaden. Beschäftigte, Vorgesetzte und Behördenleitungen sollen durch den Austausch von Praxisbeispielen und Erfahrungen im Umgang mit Gewalt in die Lage versetzt werden, konkrete Verbesserungen vorzunehmen und sich zu informieren. Geeignete Maßnahmen sollen übertragen und größtmögliche Handlungssicherheit im Umgang mit Gewaltvorfällen geschaffen werden. Dem Netzwerk #si-cherimDienst sind bislang ca. 613 Einzelpersonen beigetreten, die bei etwa 240 verschiedenen Arbeitgebern, Verbänden, Organisationen, Einrichtungen oder Behörden des öffentlichen Dienstes in Nordrhein-Westfalen beschäftigt sind. Darunter befinden sich zurzeit rund 162 Kommunen (Gemeinden, Städte oder Kreise). Die Beitrittszahlen steigen weiter an.
Für die interessierte Öffentlichkeit stehen für Informationen folgende Kommunikationskanäle zur Verfügung:
- Landingpage www.sicherimdienst.nrw
- Soziale Medien: Twitter (@sicherimDienst [com]) und LinkedIn (#sicherimDienst [linkedin.com]).
Die Polizeiliche Kriminalprävention der Länder und des Bundes (ProPK) hat bereits vor einigen Jahren Handlungsbedarf zum Schutz der Beschäftigten an Arbeitsplätzen mit Publikumsverkehr erkannt und entsprechende Konzepte, Medien und Präventionshinweise erarbeitet.
Auf geeignete (Schutz)-Maßnahmen wird in der Handreichung „Gewalt an Arbeitsplätzen mit Kundenverkehr. Beschäftigte vor Übergriffen schützen.“ hingewiesen (http://www.polizei-bera-tung.de/medienangebot/detail/274-gewalt-an-arbeitsplaetzen-mit-kundenverkehr/).
Beschäftigte, die mit Übergriffen durch Kunden rechnen müssen, können sich mit dem Faltblatt „Gewalt am Arbeitsplatz. Wie Sie sich vor Übergriffen Ihrer Kunden schützen.“ zusätzlich über geeignete Maßnahmen und vorbeugende Verhaltensweisen informieren (http://www.polizei-beratung.de/medienangebot/detail/275-gewalt-am-arbeitsplatz/).
Auf Grundlage der genannten Handlungskonzepte und Präventionsempfehlungen werden anfragenden Verantwortlichen und Beschäftigten seitens der Polizei NRW Einzel- und Gruppenberatungen angeboten.
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration des Landes Nordrhein-Westfalen mit Schreiben vom 25.08.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Dem MKJFGFI NRW liegen keine konkreten Forderungen vom Deutschen Beamtenbund und der Gewerkschaft Komba Nordrhein-Westfalen in Bezug auf die Verbesserung des Schutzes der Beschäftigten vor.
Im Übrigen wird darauf hingewiesen, dass die Verantwortung für den betrieblichen Arbeitsschutz beim jeweiligen Hauptverwaltungsbeamten liegt. Gemäß § 3 Abs. 1 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) ist der Arbeitgeber verpflichtet, die erforderlichen Maßnahmen des Arbeitsschutzes unter Berücksichtigung der Umstände zu treffen, die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen. Beschäftigte im vorgenannten Sinne sind gem. § 2 Abs. 2 ArbSchG neben Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern auch Beamtinnen und Beamte. Als Arbeitgeber wird in diesem Zusammenhang jede natürliche und juristische Person angesehen, die Personen im Sinne von § 2 Abs. 2 ArbSchG beschäftigt, § 2 Abs. 3 ArbSchG.
Unabhängig davon unterstützt das MKJFGFI NRW in seinem Zuständigkeitsbereich die Ausländerbehörden bereits gegenwärtig und auch perspektivisch bei der Umsetzung von Arbeitsschutzaspekten.“