Kleine Anfrage 23
der Abgeordneten Markus Wagner, Prof. Dr. Daniel Zerbin und Andreas Keith vom 15.06.2022
Mann erschlägt Ehefrau und springt in den Tod
Nach Medienangaben hat ein 56-jähriger Mann in Dortmund-Hörde am 11. Juni 2022 auf den Kopf seiner 42-jährigen Frau in der gemeinsamen Wohnung mit einem stumpfen Gegenstand eingeschlagen und ihr schwerste Verletzungen zugeführt. Nach der Tat verständigte der Täter selbst die Polizei, ließ sie ins Treppenhaus und sprang daraufhin direkt aus dem im dritten Stock gelegenen Wohnungsfenster. Die gemeinsamen Kinder im Alter von 12 und 13 Jahren hielten sich während des Geschehens ebenfalls in der Wohnung auf. Der Täter verstarb noch vor Ort, die Ehefrau wenige Stunden später im Krankenhaus.
Medien berichteten, dass der Täter in den vergangenen Monaten unter psychischen Problemen litt. Kurz vor der Tat soll er sich bei einer psychiatrischen Klinik in Dortmund-Aplerbeck vorgestellt haben. Weiter heißt es:
„Er soll dort um Hilfe und Aufnahme gebeten haben, da er den starken Drang verspüre, anderen Menschen und sich selbst Gewalt anzutun. Doch er soll mit der Aussage weggeschickt worden sein, sich am Montag an seinen Hausarzt zu wenden.“1
Wir fragen die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, Vornamen eines deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen)
- Unter welchen psychiatrischen Problemen litt der Beschuldigte?
- Befand sich der Beschuldigte in der Vergangenheit in einer psychiatrischen Einrichtung bzw. wurde er psychologisch betreut?
- Wie kann es sein, dass ein um Hilfe und Aufnahme bittender Mensch, der auch noch einen starken Drang schildert, andere Menschen und sich selbst Gefahr anzutun, von einer psychiatrischen Klinik abgelehnt wird?
- Inwieweit wird eine adäquate psychologische Betreuung der hinterbliebenen Kinder sichergestellt?
Markus Wagner
Andreas Keith
Prof. Dr. Daniel Zerbin
1 Vgl. https://www.bild.de/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/dortmund-mann-erschlaegt-seine-frau-und-springt-in-den-tod-80370468.bild.html.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 23 mit Schreiben vom 13. Juli 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, Vornamen eines deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeilichen Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen)
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 29.06.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund hat dem Ministerium der Justiz unter dem 27.06.2022 zu der Frage 1 wie folgt berichtet:
‚Frage 1:
Nach dem bisherigen Stand der Ermittlungen schlug der nicht vorbestrafte, 56 Jahre alte Verstorbene, der die kroatische Staatsangehörigkeit besaß, in der Nacht vom 10.06. auf den 11.06.2022 in der gemeinsam bewohnten Wohnung mit einem stumpfen Gegenstand auf den Kopf seiner Ehefrau ein, die in Folge der hierdurch verursachten Verletzungen verstarb. Der Verstorbene verständigte gegen 00:26 Uhr per Notruf die Polizei; ein Funkstreifenwagen traf an dem Wohnhaus gegen 00:28 Uhr ein. Nach Eintreffen der Polizeibeamten sprang der Verstorbene, nachdem er die Polizeibeamten in das Haus gelassen hatte, in suizidaler Absicht aus einem im dritten Obergeschoss des Hauses gelegenen Fenster und kam in Folge dessen zu Tode.
Die minderjährigen Kinder der Verstorbenen befanden sich zur Tatzeit in der Wohnung.
Mit Blick auf das Ableben des mutmaßlichen Täters wurde das Verfahren gegen ihn wegen des Verdachts des Mordes eingestellt. Die Prüfung in dem Todesermittlungsverfahren dauert an und erstreckt sich auf die Frage eines etwaigen Fremdverschuldens.‘“
- Unter welchen psychiatrischen Problemen litt der Beschuldigte?
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 29.06.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Zu der Frage 2 hat die Generalstaatsanwältin in Hamm dem Ministerium der Justiz am 27.06.2022 berichtet, der Verstorbene habe nach bisherigem Kenntnisstand unter psychischen Problemen gelitten.“
Ergänzend teilte das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 29.06.2022 mit:
„Hinsichtlich der Frage 2 wird von einer (öffentlichen) Mitteilung konkreter Angaben zu etwaigen psychischen Erkrankungen oder sonstigen Gesundheitsdaten des Verstorbenen im Hinblick auf den postmortalen Persönlichkeitsschutz und den Schutz der hinterbliebenen minderjährigen Kinder des Verstorbenen abgesehen.“
- Befand sich der Beschuldigte in der Vergangenheit in einer psychiatrischen Einrichtung bzw. wurde er psychologisch betreut?
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 29.06.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„In Bezug auf die Frage 3 hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund dem Ministerium der Justiz Folgendes berichtet:
,Der Verstorbene soll sich vor dem Tatgeschehen in ambulanter therapeutischer Behandlung befunden haben. Ein (stationärer) Aufenthalt in einer psychiatrischen Einrichtung ist – zumindest bislang – nicht bekannt.‘“
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom 30.06.2022 ergänzend folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
Eine Nachfrage beim Sozialpsychiatrischen Dienst der Stadt Dortmund hat ergeben, dass der Beschuldigte dort nicht bekannt ist.“
- Wie kann es sein, dass ein um Hilfe und Aufnahme bittender Mensch, der auch noch einen starken Drang schildert, andere Menschen und sich selbst Gefahr anzutun, von einer psychiatrischen Klinik abgelehnt wird?
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales mit Schreiben vom 30.06.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Grundsätzlich gibt es nach Angaben der betroffenen Klinik dort für derartige Situationen eine Verfahrensanweisung bei Hinweisen auf akuten Behandlungsbedarf die hilfesuchende Person unverzüglich im Hause ärztlich vorzustellen. Mit Blick auf die konkrete Situation hat die Klinik mitgeteilt, dass der Betroffene in der Ambulanz lediglich nach einem Gesprächstermin zur Abklärung einer planbaren, elektiven Krankenhausbehandlung gefragt habe. Er sei von der Ambulanzmitarbeiterin auf die Möglichkeit eines solchen Gesprächstermins im Rahmen der wöchentlichen Ambulanzsprechstunde hingewiesen worden. Von einer Notfall- oder Krisensituation sei nicht die Rede gewesen.
Diese Schilderung ist mit den in der Kleinen Anfrage zitierten Medienberichten nicht in Einklang zu bringen.
Zur weiteren Aufklärung der sich widersprechenden Sachverhaltsdarstellungen und auch mit Blick auf die Fragen 2 und 3 ist das Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen abzuwarten.“
- Inwieweit wird eine adäquate psychologische Betreuung der hinterbliebenen Kinder sichergestellt?
Unmittelbar nach der Tat wurden Notfallseelsorger hinzugezogen. Die Kinder des verstorbenen Ehepaares werden derzeit durch den Jugendhilfenotdienst der Stadt Dortmund betreut. Für die Kinder ist ein gesetzlicher Vormund bestellt.
Zudem ist das Kriminalkommissariat Kriminalprävention / Opferschutz der Kreispolizeibehörde Dortmund in die Opferschutzmaßnahmen für die Kinder eingebunden.
Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 29.06.2022 ergänzend folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Zu der Frage 5 hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Dortmund schließlich wie folgt berichtet:
,Frage 5:
Die strafprozessualen Vorschriften zum Schutz von minderjährigen Zeugen und zur Wahrung der Interessen und Belange von Hinterbliebenen finden Beachtung. Die im
Übrigen für die Wahrung des Kindeswohls zuständigen Stellen sind unterrichtet.‘
Die Generalstaatsanwältin in Hamm hat ihrem Randbericht vom 27.06.2022 mitgeteilt, gegen die Sachbehandlung habe sie nach Berichtslage keine Bedenken.“