Mehr Kriminalität infolge des 49-Euro-Tickets auch in NRW?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1743

der Abgeordneten Klaus Esser und Markus Wagner AfD

Mehr Kriminalität infolge des 49-Euro-Tickets auch in NRW?

Wird durch das 49-Euro-Ticket die Kriminalität in Bussen und Bahnen zunehmen? Davor warnt die Gewerkschaft der Polizei (GdP): Insbesondere bei Eigentumsdelikten wie Diebstahl, aber auch bei Sachbeschädigungen und Körperverletzung wird dies prognostiziert. Die GdP plädiert daher dafür, die Zusammenarbeit der Sicherheitsdienste der Verkehrsbetriebe mit der Polizei deutlich zu intensivieren. Denn schon ohne 49-Euro-Ticket hat sich die Zahl der Delikte in den öffentlichen Verkehrsmitteln bundesweit deutlich erhöht. 2022 kam es zu knapp 399.000 Straftaten in Zügen und auf Bahnhöfen. Das sind zwölf Prozent mehr als im Vorjahr.1

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Welche Straftaten ereigneten sich 2022 nach Kenntnis der Landesregierung in Zügen sowie Bahnhöfen in NRW? (Bitte Art der Delikte, Anzahl, Ort, Monat, Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vorname und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Um 12 Prozent sind die Straftaten in Zügen und Bahnen bundesweit im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Welche Zunahme in Prozent sowie in absoluten Zahlen gab es nach Kenntnis der Landesregierung in NRW?
  3. Mit wie vielen 49-Euro-Ticket Nutzern in NRW rechnet die Landesregierung für 2023?
  4. Der Deutsche Städtetag spricht von „Erfahrung mit temporär hohen Fahrgastzahlen“ und sieht im Gegensatz zur GdP keinen Anlass zur Sorge bezüglich der Einführung des 49-Euro-Tickets. Teilt die Landesregierung diese Einschätzung?
  5. Wie wird die Landesregierung auf eine von der DB prognostizierte Steigerung der Abo-Zahlen von rund 50 Prozent sowie einer damit einhergehenden massiven Herausforderung für den ÖPNV reagieren?

Klaus Esser
Markus Wagner

 

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1 https:// rp -online.de/politik/deutschland/warnung-vor-kriminalitaet-49-euro-ticket-koennte-oepnv-unsicherer-machen_aid-88535627


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 1743 mit Schrei­ben vom 25. Mai 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Als Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung dient die Poli­zeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen (PKS NRW). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeili­chen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.

  1. Welche Straftaten ereigneten sich 2022 nach Kenntnis der Landesregierung in Zü­gen sowie Bahnhöfen in NRW? (Bitte Art der Delikte, Anzahl, Ort, Monat, Tatver­dächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staats­bürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vorname und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Zur Beantwortung der Frage 1 wurden die Tatörtlichkeiten „Bahnhof“, „Privatbahn“, „S-Bahn“, „Personenzug DB AG“, „Straßenbahn“, „sonstiges schienengebundenes innerstädtisches Ver­kehrsmittel“ und „U-Bahnzug“ ausgewertet. Eine detaillierte Auflistung der erfassten Straftaten bitte ich der beigefügten Anlage 1 zu entnehmen.

  1. Um 12 Prozent sind die Straftaten in Zügen und Bahnen bundesweit im Vergleich zum Vorjahr gestiegen. Welche Zunahme in Prozent sowie in absoluten Zahlen gab es nach Kenntnis der Landesregierung in NRW?

Für die Beantwortung der Frage 2 wurde eine Sonderauswertung zu den Tatörtlichkeiten „Pri­vatbahn“, „S-Bahn“, „Personenzug DB AG“, „Straßenbahn“, „sonstiges schienengebundenes innerstädtisches Verkehrsmittel“ und „U-Bahnzug“ durchgeführt.

Im Jahr 2021 wurden 28.673 Fälle in den oben aufgeführten Bahnen und Zügen innerhalb der PKS NRW erfasst. Im Berichtsjahr 2022 stieg die Zahl der gemeldeten Fälle auf 29.373. Dies entspricht einer Veränderung der Fallzahlen um +2,44 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

  1. Mit wie vielen 49-Euro-Ticket Nutzern in NRW rechnet die Landesregierung für 2023?

Es besteht die Erwartung, dass die mit der Einführung des Tickets anvisierten Wirkungen, also eine Lenkung in nachhaltige und klimafreundliche Mobilität, eintreten werden. Um zu den Wir­kungen, insbesondere hinsichtlich des Abverkauf des Tickets, belastbare Aussagen treffen zu können, bleiben die Ergebnisse aus der zur Einführung des Tickets flankierenden Evaluation sowie die Datengrundlagen aus den Vertriebsmeldungen noch abzuwarten. Eine belastbare Prognose hinsichtlich einer Zahl von Nutzenden des Deutschlandtickets in Nordrhein-Westfa­len ist erst dann möglich. Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen prognostiziert in Kal­kulationen im Kontext der Einführung des Tickets, dass durch das Deutschlandticket bundes­weit 5,6 Millionen Neuabonnentinnen und -abonnenten zu den bestehenden 11,3 Millionen Bestandsabonnentinnen und -abonnenten gewonnen werden können. Hinsichtlich der Inter­pretation der bislang vorliegenden Zahlen sind jedoch viele Aspekte zu berücksichtigen. Bei­spielsweise werden laufend – und auch bis heute – noch weitere Tickets abgesetzt. Auch ist an dieser Stelle darauf hinzuweisen, dass es sich auch bei den um Bestandsabonnements bereinigten Abverkäufen nicht ausschließlich um Neukundinnen und Neukunden des Öffentli­chen Personennahverkehrs handelt, sondern ein Großteil an bisherige Kundinnen und Kunden des Bartarifs abgesetzt wurde. Die detaillierten Wirkungen bleiben – wie dargelegt – noch ab­zuwarten.

  1. Der Deutsche Städtetag spricht von „Erfahrung mit temporär hohen Fahrgastzah­len“ und sieht im Gegensatz zur GdP keinen Anlass zur Sorge bezüglich der Ein­führung des 49- Euro-Tickets. Teilt die Landesregierung diese Einschätzung?

Prognosen über die Entwicklung von Kriminalität sind immer mit hohen Unsicherheiten behaf­tet. Bei einer Steigerung der Fahrgastzahlen kann rein statistisch angenommen werden, dass damit eine Steigerung der Kriminalität einhergehen kann: Wo mehr Menschen aufeinander-treffen, kann sich mehr Kriminalität ereignen, gerade, wenn sich hierdurch auch vermehrte Tatgelegenheiten ergeben.

Denkbar sind hier z.B. vermehrte Tatgelegenheiten für (Taschen-)Diebstahlsdelikte oder eine höhere Anzahl an Leistungserschleichungen.

  1. Wie wird die Landesregierung auf eine von der DB prognostizierte Steigerung der Abo- Zahlen von rund 50 Prozent sowie einer damit einhergehenden massiven Herausforderung für den ÖPNV reagieren?

Die für das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen derzeit verfügbaren Informationen deuten auf keine besonderen negativen Auswirkungen (z.B. auf den Betrieb des Öffentlichen Personennahverkehrs) in Folge etwaiger Steigerungen von Abo-Zahlen um 50 Prozent hin. Bezüglich der prognostizierten Abo-Zahlen und des Zusam­menhangs zwischen Abonnements und Kundinnen bzw. Kunden wird auf die Antwort zu Frage 3 verwiesen.

Gleichwohl bedarf es einer Verbesserung von Angebot und Qualität im Öffentlichen Personen­nahverkehr. Bund, Länder und Kommunen verhandeln derzeit den Ausbau- und Modernisie­rungspakt für den Öffentlichen Personennahverkehr, bei dem Infrastruktur, Betrieb und insbe­sondere Finanzierung bzw. die Erhöhung von Regionalisierungsmitteln zur Finanzierung der Maßnahmen im Fokus stehen.

 

Antwort samt Anlage als PDF