Meldungen der Online-Meldestelle „REspect!“ an die Landespolizei und das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen

Kleine Anfrage
vom 18.10.2024

Kleine Anfrage 4648

der Abgeordneten Markus Wagner und Sven W. Tritschler AfD

Meldungen der Online-Meldestelle „REspect!“ an die Landespolizei und das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen

In den letzten Wochen wurde die Meldestelle „REspect!“ der Jugendstiftung Baden-Württemberg, die im Rahmen des Digital Services Act (DSA) der EU als erster „Trusted Flagger“ von der Bundesnetzagentur zugelassen wurde, von zahlreichen Juristen und Journalisten kritisiert. Die Meldestelle soll unter anderem Hassrede und menschenverachtende Inhalte im Netz identifizieren und sie an die Strafverfolgungsbehörden weiterleiten. Bereits seit ihrer Gründung im Juli 2017, zwei Wochen nach Verabschiedung des NetzDG, übermittelt die Meldestelle REspect! laut ihrer eigenen Einschätzung strafrechtliche Inhalte an die entsprechenden Betreiber sozialer Plattformen sowie an die entsprechenden Strafverfolgungsbehörden der Länder und des Bundes1. Im Jahr 2023 gingen bereits insgesamt 10.619 Meldungen mit Bezug zu Bayern bei REspect! ein, von denen 852 an die bayerischen Strafverfolgungsbehörden weitergeleitet wurden.2

Jetzt werfen insbesondere Recherchen der Plattform NIUS Fragen zu der Arbeitsweise und den Konsequenzen der getätigten Meldungen auf. NIUS deckte auf, dass der Leiter der Behörde, Ahmed Gaafar, in Verbindung mit einem Hamas-Sympathisanten stehen soll und an einer Universität mit islamistischem Hintergrund studiert habe. Dies wirft Bedenken über die politische Unabhängigkeit und Objektivität der Meldestelle auf. Zudem gibt es Vorwürfe, dass das System der Trusted Flagger zu sogenanntem Overblocking führen könnte. Dabei besteht die Gefahr, dass Inhalte gelöscht werden, die gar nicht strafbar sind, was wiederum zu Chilling Effects3 führen kann und damit eine erhebliche Beeinträchtigung der vom Grundgesetz gedeckten Meinungsfreiheit darstellen könnte.4

Ein weiterer Kritikpunkt bezieht sich auf eine vermeintliche Statistik, die in einem Artikel der ZEIT erwähnt wird.5 Dort wird behauptet, dass 80 Prozent der gemeldeten Inhalte „eindeutig strafbar“ seien, basierend auf Angaben des Bundeskriminalamts (BKA). Diese Aussage steht jedoch im Widerspruch zu den eigenen Ausführungen des BKA, das in einer Antwort an NIUS betonte, dass es keine Informationen über den Ausgang der Gerichtsverfahren zu den übermittelten Fällen erhalte und lediglich eine erste rechtliche Einschätzung vornehme.6 Dies deutet darauf hin, dass die tatsächliche strafrechtliche Relevanz der gemeldeten Inhalte unklar ist und nicht abschließend durch Gerichte bestätigt wurde.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Meldungen über vermeintlich strafbare Inhalte wurden von der Meldestelle REspect! seit 2017 an die Landespolizei Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) bzw. das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen übermittelt? (Bitte aufschlüsseln nach Jahren)
  2. In wie vielen Fällen führten die übermittelten Sachverhalte zu der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Landespolizei bzw. das Landeskriminalamt?
  3. In wie vielen Fällen wurden diese Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Absatz 2 StPO mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt?
  4. In wie vielen Fällen führte ein von der Meldestelle REspect! übermittelter Sachverhalt zur Erhebung einer öffentlichen Klage gemäß § 170 Absatz 1 StPO?
  5. In wie vielen Fällen kam es in Folge einer Anklageerhebung, die auf Meldungen von REspect! beruhte, zu einer rechtskräftigen Verurteilung?

Markus Wagner Sven W. Tritschler

 

MMD18-11066

 

1 https://www.tagesschau.de/investigativ/wdr/bka-zentralstelle-hasskriminalitaet-internet-101.html

2 https://www.stmi.bayern.de/med/pressemitteilungen/pressearchiv/2024/34/index.php

3 https://netzpolitik.org/2014/chilling-effects-und-ueberwachung/

4 https://www.nius.de/analyse/news/frei-erfundene-statistik-ueber-trusted-flagger-mit-desinformation-machen-bundeskriminalamt-und-zeit-propaganda-fuer-die-neue-zensur/ee1f2f44-8c35-4077-8609-6ebf8efeb9ee

5 https://www.zeit.de/kultur/2024-10/trusted-flagger-hassrede-internet-rechtspopulisten-nius-kritik

6 https://www.nius.de/analyse/news/frei-erfundene-statistik-ueber-trusted-flagger-mit-desinformation-machen-bundeskriminalamt-und-zeit-propaganda-fuer-die-neue-zensur/ee1f2f44-8c35-4077-8609-6ebf8efeb9ee


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 4648 mit Schreiben vom 12. November 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern beantwortet.

  1. Wie viele Meldungen über vermeintlich strafbare Inhalte wurden von der Melde­stelle REspect! seit 2017 an die Landespolizei Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW) bzw. das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen übermittelt? (Bitte aufschlüs­seln nach Jahren)

Eine statistische Erfassung der Meldungen im Sinne der Fragestellung erfolgt bei der Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen nicht.

  1. In wie vielen Fällen führten die übermittelten Sachverhalte zu der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens durch die Landespolizei bzw. das Landeskriminalamt?

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat mir unter dem 24.10.2024 im Wesentlichen berich­tet, dass bei der ZAC NRW nur vereinzelt Ermittlungsverfahren bearbeitet würden, die auf Meldungen der Online-Meldestelle „REspect!“ zurückgingen, eine gesonderte statistische Er­fassung dieser Verfahren jedoch nicht erfolge. Eine händische Auswertung aller in Betracht kommender Verfahrensakten ist mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht möglich.

  1. In wie vielen Fällen wurden diese Ermittlungsverfahren gemäß § 170 Absatz 2 StPO mangels hinreichendem Tatverdacht eingestellt?

Auf die Antwort auf die Frage 2 wird Bezug genommen.

  1. In wie vielen Fällen führte ein von der Meldestelle REspect! übermittelter Sachverhalt zur Erhebung einer öffentlichen Klage gemäß § 170 Absatz 1 StPO?

Auf die Antwort auf die Frage 2 wird Bezug genommen.

  1. In wie vielen Fällen kam es in Folge einer Anklageerhebung, die auf Meldungen von REspect! beruhte, zu einer rechtskräftigen Verurteilung?

Auf die Antwort auf die Frage 2 wird Bezug genommen.

 

MMD18-11438