Messerattentat in Regionalbahn bei Aachen – Widersprüchlichkeiten hinsichtlich eines Prüffalls

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 329
des Abgeordneten Markus Wagner vom 15.08.2022

 

Messerattentat in Regionalbahn bei Aachen – Widersprüchlichkeiten hinsichtlich eines Prüffalls

Mit Antwort der Landesregierung vom 11. Juli 2022, Drucksache 18/192 auf unsere Kleine Anfrage vom 14. Juni 2022, Drucksache 18/40 hinsichtlich des Messerattentats durch einen Iraker in der Euregiobahn RE4 wurde auf unsere Frage 2 „Wurde der 31-jährige Täter in der Vergangenheit von den zuständigen Behörden als sogenannter „Gefährder“, „relevante Person“ oder unter einem anderen Terminus geführt und überwacht?“ Folgendes mitgeteilt:

„Der Tatverdächtige wurde in der Vergangenheit bei der Polizei Nordrhein-Westfalen nicht als „Gefährder“, „relevante Person“ oder unter einem anderen Terminus geführt und überwacht.“

Auf Frage 5 „Inwiefern hat sich der Täter und insbesondere sein Verhalten in der Vergan­genheit verändert, dass Gründe vorlagen, ihn als Prüffall Islamismus zu führen?“ antwortet die Landesregierung hingegen:

„Der Tatverdächtige veränderte sein äußeres Erscheinungsbild in auffälliger Weise und isolierte sich von seinen Zimmergenossen. Weiterhin brach er die Teilnahme an einem Alphabetisierungskurs ab“.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Warum wird unter Frage 2, Drucksache 18/40 angegeben, dass der 31-jährige Täter kein „Gefährder“, keine „relevante Person“ oder unter einem anderen Terminus geführt und überwacht wurde, allerdings unter Frage 5 womöglich implizit bestätigt, dass er als Prüffall geführt wurde? Wir bitten die Landesregierung um Auflösung dieser Widersprüchlichkeit.
  2. In welchem konkreten Zeitraum wurde der 31-jährige Täter von den Behörden als Prüffall oder unter einem anderen Terminus geführt?
  3. Welche Erkenntnisse führten dazu, dass die zuständigen Behörden den 31-jährigen Täter nicht mehr als Prüffall oder unter einem anderen Terminus führten?
  4. Warum wurden angesichts dessen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen gegen den Täter eingeleitet?

Markus Wagner

 

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Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 329 mit Schreiben vom 5. September 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration beantwortet.

  1. Warum wird unter Frage 2, Drucksache 18/40 angegeben, dass der 31-jährige Täter kein „Gefährder“, keine „relevante Person“ oder unter einem anderen Terminus geführt und überwacht wurde, allerdings unter Frage 5 womöglich implizit bestä­tigt, dass er als Prüffall geführt wurde? Wir bitten die Landesregierung um Auflö­sung dieser Widersprüchlichkeit.

Für die personenbezogene Einstufung als Gefährder oder Relevante Person müssen bundes­weit einheitlich definierte Kriterien erfüllt sein. Im vorliegenden Fall lagen die Voraussetzungen für eine Einstufung der Person nicht vor. Weitere standardisierte personenbezogene Termini unter denen eine Person „geführt“ wird, lagen gleichfalls nicht vor. Polizeilich stellt der Begriff Prüffall keinen Terminus dar, unter dem eine Person „geführt“ wird.

Ein Prüffall umschreibt einen Sachverhalt, der im Zusammenhang mit einer Institution, einem Objekt oder einer Person Verdachtsmomente beinhaltet. Personen an sich werden folglich nicht als Prüffall „geführt“. Das Anlegen eines Prüffalles Islamismus führt zudem nicht zwangs­läufig zur Einstufung einer Person. Es müssen vielmehr die Voraussetzungen für eine Einstu­fung als Gefährder oder Relevante Person vorhanden sein. In vielen Prüffällen wird oftmals nach Überprüfung ein Gefahrenverdacht im Bereich Islamismus nicht erhärtet bzw. es kann ein solcher im Rahmen der Prüfung ausgeräumt werden.

  1. In welchem konkreten Zeitraum wurde der 31-jährige Täter von den Behörden als Prüffall oder unter einem anderen Terminus geführt?

Im Zusammenhang mit seiner Person wurde ein Prüffall eröffnet und bearbeitet (vgl. Antwort auf Frage 1). Die Bearbeitung des Prüffalles Islamismus erstreckte sich auf den Zeitraum vom 29.03.2017 bis 01.08.2017.

  1. Welche Erkenntnisse führten dazu, dass die zuständigen Behörden den 31-jähri­gen Täter nicht mehr als Prüffall oder unter einem anderen Terminus führten?

Im Rahmen der nach Eröffnung des Prüffalls durchgeführten Bearbeitung haben sich keine Hinweise auf eine ideologische oder religiöse Radikalisierung der Person ergeben. Der Prüffall wurde dementsprechend abgeschlossen.

  1. Warum wurden angesichts dessen keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen ge­gen den Täter eingeleitet?

Zur Beantwortung hat mir das Ministerium für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration mit Schreiben vom 26.08.2022 folgende Information zur Verfügung gestellt:

„Aufenthaltsbeendende Maßnahmen durch die zuständigen Stellen sind an rechtliche Voraus­setzungen gebunden. Allein das zeitweise Vorliegen eines Prüffalls Islamismus erfüllt diese Voraussetzungen nicht.“

 

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Beteiligte:
Markus Wagner