Messerstecherei in Euskirchen – War es eine Eskalation im Clanmilieu?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1031
der Abgeordneten Markus Wagner und Klaus Esser vom 09.01.2022

Messerstecherei in Euskirchen War es eine Eskalation im Clanmilieu?

Am Nachmittag des Neujahrstages 2023 kam es an der Roitzheimer Straße in Euskirchen gegen 16:30 Uhr zu einer Auseinandersetzung, bei der zwei Männer verletzt wurden. Ein 40 Jahre alter Mann wurde durch Messerstiche derart verletzt, dass er intensivmedizinisch behandelt werden musste. Ein 26-Jähriger musste ebenfalls in einem Krankenhaus medizinisch versorgt werden.1

Die Auseinandersetzung, die im laufenden Verkehr stattfand und an der mindestens 40 Personen beteiligt waren, wurde von einem Anwohner der Roitzheimer Straße gefilmt. Das Filmmaterial zeigt, dass ein Polizist versucht, die Beteiligte zum Stehenbleiben aufzufordern. Als diese nicht reagieren, gibt der Beamte einen Warnschuss in die Luft ab. Im Anschluss flüchten die Beteiligten in Richtung Münstereifeler Straße.

Den Beamten gelang es, einen 18-jährigen Mann festzunehmen, der verdächtigt wird, auf den 40-Jährigen eingestochen zu haben. Außerdem stellten die Polizeibeamten mehrere Stöcke sicher. Insgesamt waren acht Streifenwagen bei dem Vorfall im Einsatz.2

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Opfer vor? (Bitte Vorstrafen der Opfer, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Opfer und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Opfer nennen.)
  3. Wurde das Tatgeschehen als Tumultlage gewertet?
  4. Welche Bezüge gibt es zur Organisierten und/oder Clan-Kriminalität?
  5. Welche Straßen und Stadtbereiche der Stadt Euskirchen werden momentan und seit 2015 gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) eingestuft? (Bitte nach Datum und Dauer auflisten.)

Markus Wagner
Klaus Esser

 

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1 Vgl. h t t p s : // w w w . k s t a .d e / r egion/euskirchen-eifel/stadt-euskirchen/euskirchen-385596.

2 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1031 mit Schreiben vom 8. Februar 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz am 13.01.2023 mit dem Be­merken, dass er gegen die staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung keine Bedenken habe, mitgeteilt, dass ihm der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn unter Hinweis darauf, dass die Ermittlungsakte zu dem mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Vorfall in seiner Behörde noch nicht eingegangen und bislang lediglich der Bereitschaftsdienst der Staatsanwaltschaft Bonn mit der Bearbeitung befasst gewesen sei, Folgendes berichtet habe:

„Am Nachmittag des 01.01.2023 kam es in der Roitzheimer Straße in Euskirchen zu einer Schlägerei und Messerstecherei, an der bis zu 40 Personen beteiligt gewesen sein sollen. Kurz nach Eintreffen der Polizei am Einsatzort flüchtete ein Großteil der Personen in unter­schiedliche Richtungen. Die Polizei traf vor Ort auf zwei verletzte Personen, wobei eine Person einen Messerstich in den Bauch und die andere einen Messerstich in das Gesäß erlitten hatte. Lebensgefahr bestand bei den Verletzten nicht. Der Sachverhalt wird als gefährliche Körper­verletzung gewertet.

Nach den bisherigen Ermittlungen soll Auslöser der Auseinandersetzung der Wurf eines Feu­erwerkskörpers am 31.12.2022 durch eine Gruppe von Personen afghanischer Herkunft auf Mitglieder einer deutsch-libanesischen Familie sein. Wegen dieses Vorfalls soll am 01.01.2023 zwischen den Personengruppen ein Treffen zwecks einer Aussprache stattgefunden haben, in deren Verlauf es dann zu der Auseinandersetzung gekommen sei.

Im Zuge der Ermittlungen wurde ein nicht vorbestrafter 18 Jahre alter Beschuldigter mit afgha­nischer Staatsangehörigkeit vorläufig festgenommen. Dieser hat sich bislang nicht zur Sache eingelassen. Da ein dringender Tatverdacht nicht begründet werden konnte, wurde er in Ab­sprache mit meiner Behörde wieder entlassen.

Die Ermittlungen dauern an.“

  1. Welche Erkenntnisse liegen hinsichtlich der Opfer vor? (Bitte Vorstrafen der Op­fer, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Opfer und sonstige polizeiliche Er­kenntnisse über die Opfer nennen.)

Dem vorbezeichneten Bericht des Leitenden Oberstaatsanwalts in Bonn zufolge handelt es sich bei den Geschädigten um einen 40 Jahre alten deutschen Staatsangehörigen und einen 24 Jahre alten syrischen Staatsangehörigen. Von weiteren Angaben zur Person der Geschä­digten, insbesondere zu etwaigen Vorstrafen, wird mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht und den insoweit zugleich gebotenen Opferschutz abgesehen.

  1. Wurde das Tatgeschehen als Tumultlage gewertet?
  2. Welche Bezüge gibt es zur Organisierten und/oder Clan-Kriminalität?

Bezüge zur Organisierten Kriminalität haben sich nach bisherigem Ermittlungsstand nicht er­geben. Nach polizeilichen Erkenntnissen wurden insgesamt fünf der bislang identifizierten Be­teiligten als Tatverdächtige im Lagebild „Clankriminalität Nordrhein-Westfalen 2021“ erfasst.

  1. Welche Straßen und Stadtbereiche der Stadt Euskirchen werden momentan und seit 2015 gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) eingestuft? (Bitte nach Datum und Dauer auflisten.)

Die Voraussetzungen nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 Polizeigesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (PolG NRW) zu einer erleichterten Identitätskontrolle müssen immer lage- und zeitabhängig vorliegen. Die Bewertung, ob der Tatbestand des § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW erfüllt ist, erfolgt grundsätzlich durch die für die konkrete Kontrollsituation verantwortlichen Polizeivollzugsbe­amtinnen und Polizeivollzugsbeamten im Einzelfall, wobei sie aufbereitete Informationen wie etwa Lagebilder unterstützend heranziehen können. Eine abstrakt-generelle Festlegung durch die jeweilige Leitung der zuständigen Kreispolizeibehörde darf nur hinreichend begründet und zeitlich befristet erfolgen. Eine statische bzw. unbefristete Festlegung ist dagegen von der Er­mächtigungsgrundlage nicht gedeckt. Demgemäß wurde bereits in der Antwort auf die Große Anfrage 2 der 17. Wahlperiode darauf hingewiesen, dass eine Festlegung als Ort gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW einer ständigen Überprüfung unterliegt und aufgrund der täglichen Lageentwicklung nur eine Momentaufnahme darstellt (vgl. LT-Drs. 17/2517, S. 2, 6).

Seit dem Jahr 2015 bis heute wurden im Zuständigkeitsbereich der Kreispolizeibehörde Eus­kirchen keine Orte nach § 12 Abs. 1 Nr. 2 PolG NRW eingestuft. Auch anlässlich des aktuellen Vorfalls sieht die Kreispolizeibehörde dazu zur Zeit keine weitere Veranlassung.

 

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