Migranten schlagen Baggerführer zum Krüppel – Können sich Täter vor einer Haftstrafe freikaufen? – Nachfrage

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 960
des Abgeordneten Markus Wagner vom 05.01.2022

Migranten schlagen Baggerführer zum Krüppel Können sich Täter vor einer Haftstrafe freikaufen? Nachfrage

Mit Antwort der Landesregierung vom 7. Dezember 2022, Drucksache 18/2087, auf unsere Kleine Anfrage vom 7. November 2022, Drucksache 18/1524, teilte uns die Landesregierung auf unsere Frage 1

„Was ist über die zwei oben genannten verurteilten Täter bekannt? (Bitte Vorstrafen der Täter, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Täter, seit wann die Täter im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Täter nennen.)“1

Folgendes mit:

„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Aachen hat hierzu im Wesentlichen berichtet, dass wegen der angesprochenen Tat am 18.10.2022 die Verurteilung eines deutschen und eines türkischen Staatsangehörigen wegen Beteiligung an einer Schlägerei (§ 231 des Strafgesetzbuchs) erfolgt sei. Beide Männer waren demnach bereits zuvor mehrfach zu Geldstrafen verurteilt worden, der deutsche Staatsangehörige unter anderem wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigung und Körperverletzung, der türkische Staatsangehörige unter anderem wegen unerlaubten Besitzes von Dopingmitteln in nicht geringer Menge. Mit Blick auf ihre Persönlichkeitsrechte wird von einer Unterrichtung über etwaige polizeiliche Erkenntnisse, die nicht im Zusammenhang mit dem thematisierten Sachverhalt stehen, abgesehen.“2

Darüber hinaus wurde auf unsere Frage „Wird die Staatsanwaltschaft in Berufung/Revision gehen?“3 schlicht mit „Nein.“4 geantwortet.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Warum halten sich die zwei verurteilten Täter noch weiterhin in der Bundesrepublik Deutschland auf?
  2. Mit welchem Aufenthaltsstatus befinden sich die vier Beschuldigten in Deutschland?
  3. Wurden mittlerweile gegen die in Frage 1 erwähnten verurteilten Täter aufenthaltsbeendende Maßnahmen eingeleitet?
  4. Warum existiert keine Weisung durch das Ministerium der Justiz, wonach die Staatsanwaltschaft in Berufung oder Revision gehen soll?
  5. Erhält das Opfer eine finanzielle Entschädigung aus der Opferhilfe?

Markus Wagner

 

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1 Vgl. Drucksache 18/2087, S. 1.

2 Ebenda, S. 2.

3 Ebenda, S. 2.

4 Ebenda, S. 2.


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 960 mit Schreiben vom 1. Februar 2023 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration sowie dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales beantwortet.

  1. Warum halten sich die zwei verurteilten Täter noch weiterhin in der Bundesrepub­lik Deutschland auf?
  2. Mit welchem Aufenthaltsstatus befinden sich die vier Beschuldigten in Deutsch­land?

Aufgrund des Sachzusammenhangs werden die Fragen 1 und 2 gemeinsam beantwortet.

Wie bereits in der Antwort der Landesregierung vom 7. Dezember 2022, Drucksache 18/2087, auf die Kleine Anfrage vom 7. November 2022, Drucksache 18/1524, ausgeführt, handelt es sich bei einem der verurteilten Täter um einen deutschen, bei dem anderen um einen türki­schen Staatsangehörigen. Die letztgenannte Person verfügt über einen Aufenthaltstitel. Von Angaben zu etwaigen weiteren Beschuldigten wird mit Blick auf den Schutz des Persönlich­keitsrechts abgesehen.

  1. Wurden mittlerweile gegen die in Frage 1 erwähnten verurteilten Täter aufenthalts­beendende Maßnahmen eingeleitet?

Aufgrund von strafrechtlichen Verurteilungen werden mögliche ausländerrechtliche Konse­quenzen bei ausländischen Personen auch mit Blick auf aufenthaltsbeendende Maßnahmen durch die zuständigen örtlichen Ausländerbehörden geprüft.

  1. Warum existiert keine Weisung durch das Ministerium der Justiz, wonach die Staatsanwaltschaft in Berufung oder Revision gehen soll?

Die Handhabung des externen Weisungsrechts durch das Ministerium der Justiz ist seit lan­gem von äußerster Zurückhaltung geprägt und orientiert sich in gefestigter Praxis an den be­reits in der 13. Legislaturperiode etablierten „Zehn Leitlinien zur Ausübung des Weisungs­rechts gegenüber den Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen“, die folgenden Wortlaut haben (zu vgl. Deutsche Richterzeitung 2002, Seite 42):

„1. Die Staatsanwaltschaften nehmen im Staatsgefüge eine Sonderstellung ein. Sie stehen – bildlich gesprochen – zwischen Exekutive und Judikative.

  1. Staatsanwälte sind dem Legalitätsprinzip verpflichtet, d. h. dem Verfolgungszwang ge­gen jeden Verdächtigen ohne Ansehen der Person. Sie sollen dementsprechend frei ermitteln.
  2. Die Staatsanwälte unseres Landes sind inhaltlich unabhängig. Ihnen und nicht dem Jus­tizministerium obliegt die Entscheidungshoheit über die Ermittlungen.
  3. Staatsanwälte unterliegen einer dreistufigen Aufsicht und Leitung: durch ihren Behör­denleiter, durch den Generalstaatsanwalt und durch das Justizministerium. Das Ge-richtsverfassungsgesetz schreibt dies so vor.
  4. Das Justizministerium ist in diesem abgestuften Weisungssystem mit seinem sog. exter­nen Weisungsrecht die letzte Instanz. Vorgeschaltet sind gleichsam als staatsanwalt-schaftliche Selbstkontrolle die internen Aufsichts- und Weisungsrechte des Leitenden Oberstaatsanwalts als Behördenleiter und vor allem die des Generalstaatsanwalts als vorgesetzte Behörde.
  5. Auf allen drei Stufen ist die unüberschreitbare Grenze für das Aufsichts- und Weisungs­recht das Legalitätsprinzip. Dieses begrenzt das Weisungsrecht kompromisslos.
  6. Das Gesetz ermächtigt das Justizministerium zu Weisungen allgemeiner Art und auch zu Weisungen im Einzelfall.
  7. In NRW erschöpft sich die Ausübung des ministeriellen Weisungsrechts in allgemeinen Weisungen, d. h. in dem Erlass landesweit geltender allgemeiner Regelungen. Diese sollen eine gleichmäßige Strafrechtspflege im Land gewährleisten.
  8. Der Justizminister NRW macht von seinem Weisungsrecht in anhängigen Ermittlungs­verfahren in ständiger Selbstbindung keinen Gebrauch. Allerdings gibt es eine vorstell­bare Ausnahme. Fachaufsicht ist die Kontrolle der Richtigkeit der Dienstausübung – kei­nesfalls eine politische Kontrolle. Eine Weisung kommt deshalb in NRW nur in dem Fall in Betracht, dass der zuständige Generalstaatsanwalt gegen eine rechtsfehlerhafte staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung zu Unrecht nicht einschreitet.
  9. Eine Weisung erginge auf jeden Fall nur in schriftlicher Form. Dies dient der Überprüf-barkeit und Transparenz. Adressat wäre stets der Generalstaatsanwalt als die zustän­dige Stelle im Instanzenzug. Dieser hätte die Weisung des politisch verantwortlichen Ministers seinerseits zunächst auf ihre Rechtmäßigkeit zu überprüfen. Im Falle einer Weitergabe der Weisung an die Staatsanwaltschaft übernähme er dann zugleich die Verantwortung dafür, dass die Weisung ausschließlich an Recht und Gesetz orientiert und nicht von politischen Erwägungen bestimmt ist.“

Auch zur Prüfung der Einlegung von Rechtsmitteln gegen strafgerichtliche Entscheidungen sind im Geschäftsbereich des Ministeriums der Justiz zunächst ausschließlich die Staatsan­waltschaften berufen. Hierbei haben sie Nummer 147 der Richtlinien für das Strafverfahren und Bußgeldverfahren (RiStBV) zu beachten, wonach Rechtsmittel nur eingelegt werden sol­len, wenn wesentliche Belange der Allgemeinheit oder der am Verfahren beteiligten Personen es gebieten und das Rechtsmittel aussichtsreich ist. Zur Nachprüfung des Strafmaßes ist nach der genannten Bestimmung ein Rechtsmittel nur einzulegen, wenn die Strafe in einem offen­sichtlichen Missverhältnis zu der Schwere der Tat steht. Entscheidend sind stets sämtliche Umstände des jeweiligen Einzelfalls.

Zu dem mit der Kleinen Anfrage angesprochenen Sachverhalt hat der Generalstaatsanwalt in Köln dem Ministerium der Justiz am 18.11.2022 berichtet, gegen die staatsanwaltschaftliche Sachbehandlung keine durchgreifenden Bedenken zu haben. Anlass, dem entgegenzutreten, besteht in Übereinstimmung mit den vorstehenden Leitlinien nicht.

  1. Erhält das Opfer eine finanzielle Entschädigung aus der Opferhilfe?

Aufgrund der der Landesregierung zugänglichen Informationen liegen hierzu keine Erkennt­nisse vor.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner