Millionenraub im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln. Wie gesichert sind die Museen in Nordrhein-Westfalen?

Kleine Anfrage
vom 20.09.2023

Kleine Anfrage 2602

des Abgeordneten Dr. Hartmut Beucker AfD

Millionenraub im Museum für Ostasiatische Kunst in Köln. Wie gesichert sind die Museen in Nordrhein-Westfalen?

Nachdem bereits das Bode-Museum in Berlin, das „Grüne Gewölbe“ in Dresden und das Kelten Römer Museum Manching beraubt worden waren, wurde nun in der Nacht zum Mittwoch, 13. September 2023 auch das Museum für Ostasiatische Kunst in Köln Opfer eines Raubs.1

Gestohlen wurde wertvolles chinesisches Porzellan aus dem 16. bis 19. Jahrhundert, neun chinesische Vasen, Teller und Töpfe aus der Zeit der Qing- und Ming-Dynastien, dem Höhepunkt der chinesischen Porzellankunst, im Wert von mindestens 1 Million Euro.2

Die Täter kannten sich offenbar aus und handelten möglicherweise im Auftrag. Weniger wertvolle Exponate, wie etwa die wunderschönen Silberarbeiten in der laufenden Ausstellung „Silber für Tsingtau“, blieben unberührt.

Vorausgegangen waren zwei weitere Einbruchsversuche. Der erste am 6. Januar 2023 durch Eindringen über das Museumsdach scheiterte durch Auslösung von Alarmanlagen, die Täter ließen die Beute – es handelte sich um andere Gegenstände als die jetzt gestohlenen – zurück und flüchteten.

Beim zweiten Versuch am 23. Juni wurde auf ein nicht an eine Alarmanlage angeschlossenes Seitenfenster eingeschlagen. Die dabei gesprungene Scheibe wurde in Erwartung einer Ersetzung nur mit einer Pressholzplatte geschützt und jetzt von den Einbrechern aufgestemmt.

„Die im Juni eingeschlagene Scheibe hätte man sofort durch eine neue ersetzen und dahinter eine elektronische Sicherung aufbauen müssen, die gegen Glasdurchbruch absichert“, sagte ein Mitglied des Museums-Förderkreises. Man hätte auch die Holzplatte elektronisch sichern können. „Das funktioniert dann zum Beispiel über Funksignale und kostet nicht viel, ungefähr 3000 Euro.“ Das derzeitige Sicherheitskonzept hält er für überholt: „Eine bloße Innenraumüberwachung in einem Museum ist nicht mehr zeitgemäß. Man muss vor allem die Außenhaut überwachen. Denn je früher ein Einbruch gemeldet wird, desto eher kann man die notwendigen Maßnahmen einleiten.“3

Die Aussage der Stadt Köln, man habe nach dem Einbruch die Sicherheitsmaßnahmen in den Kölner Museen, so auch im Museum für Ostasiatische Kunst, technisch und personell noch einmal erhöht, bezweifelt eine Kölner Zeitung mit Hinblick auf die Sicherung der Eingangstür des Museums.

„Beim Blick auf den Haupteingang des MOK an jenem Abend könnten Zweifel aufkommen. Zwischen den zwei innen gelegenen Handgriffen der doppelflügeligen, gläsernen Eingangstür liegt ein dünnes Kantholz. Es soll wohl das Öffnen von außen verhindern.“4

Um den Weiterverkauf zu erschweren, veröffentlichte das Museum eine Liste der gestohlenen Gegenstände, die weit überwiegend zu dem Bestand gehören, der von den Museumsgründern Adolf und Frieda Fischer zwischen 1906 und 1911 für das Museum erworben wurde.

Neben den kriminalpolizeilichen Ermittlungen stellen sich jetzt Fragen nach den Sicherheitsvorkehrungen. Die Sprecherin der Stadt Köln wollte sich dazu nicht äußern und auch vom Kulturdezernenten der Stadt Köln kam keine Antwort auf die Frage, ob die Sicherheitstechnik des Museums, das infolge Sanierungsstau 2013 schon einmal geschlossen werden musste, noch zeitgemäß sei. Hier bei sind nicht zuletzt auch Versicherungsfragen betroffen.

Bei chinesischem Porzellan könnten die Auftraggeber Personen sein, die die Rückkehr dieser Gegenstände nach China wünschen, aber auch ein Verkauf auf dem Schwarzmarkt könnte geplant sein. Bei Schmuckstücken können Diamanten und Brillanten herausgebrochen, Gold kann eingeschmolzen werden.

Experten sehen den Museumsraub als möglichen Nachfolger des Banküberfalls für die organisierte Kriminalität. „Vermutet werden die Täter im Bereich der organisierten Kriminalität, wieder einmal. Und das hat gute Gründe. Die internationale Polizeibehörde Interpol nennt den illegalen Handel mit Kulturgütern ein Geschäft mit geringem Risiko und hohen Gewinnen. Der weltweite Umsatz dieser Geschäfte wird inzwischen auf mehrere Milliarden Euro pro Jahr geschätzt. Ein Schweizer Jurist, der an der Hochschule Luzern Kulturrecht, Kulturpolitik und Compliance im Kunsthandel lehrt, nennt Museen und Kunstsammlungen eine gute Alternative zu den bisher favorisierten Banküberfällen. Letztere seien wegen erhöhter Sicherheitsvorkehrungen und des bargeldlosen Zahlungsverkehrs mit immer größeren Risiken verbunden. Dass „Museen und Sammlungen – gelinde gesagt – nicht hinreichend gesichert sind“ sei hingegen ein offenes Geheimnis. Und selbst wenn es Sicherungen gibt, seien sie noch zu umgehen oder auszuschalten.“5

Kunstwerke und Kunstgegenstände in öffentlichem Besitz gehören der Allgemeinheit, gehören den Bürgern und müssen deshalb so optimal wie möglich geschützt werden. Das gilt genauso für Museen in Trägerschaft der Kommunen, der Landschaftsverbände, des Landes, des Bundes oder in gemischter Trägerschaft wie die Bundeskunsthalle in Bonn, einem Gemeinschaftsprojekt von Bund und Ländern.

Nordrhein-Westfalen hat viele wichtige Museen mit hochwertigen Beständen, etwa das Museum Ludwig, das Wallraf-Richartz-Museum und das Rautenstrauch-Joest-Museum in Köln, den Kunstpalast in Düsseldorf, das Folkwang Museum in Essen, das Lackmuseum in Münster, das Rheinische Landesmuseum in Bonn, das Lehmbruck Museum in Duisburg, das Kaiser-Wilhelm-Museum in Krefeld und das Von der Heydt-Museum in Wuppertal.

Wie sehen die Sicherheitsvorkehrungen in den nordrhein-westfälischen Museen aus, sind sie ausreichend oder besteht die Notwendigkeit, sie umgehend zu verbessern, um weiteren Zugriffen der Organisierten Kriminalität vorzubeugen? Trifft die Selbsteinschätzung der Museen über ihre Sicherheitsvorkehrungen6 zu oder sind diese unter Berücksichtigung der Vorkommnisse beim Museum für Ostasiatische Kunst in Köln zu optimistisch?

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Sicherheitslage der Museen in Nordrhein-Westfalen?
  2. Hat die Landesregierung Anzeichen für ein verstärktes Interesse der Organisierten Kriminalität am Raub wertvoller Objekte aus den Museen in Nordrhein-Westfalen?
  3. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit der sicherheitstechnischen Aufrüstung der Museen?
  4. Erwägt die Landesregierung finanzielle Unterstützung für eine solche Aufrüstung der Museen?
  5. Wie steht die Landesregierung zur Einberufung einer Konferenz mit Vertretern der Museen, der Versicherungen, der Polizei und mit Sicherheitsexperten zur Diskussion von Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit aller Museen in Nordrhein-Westfalen?

Dr. Hartmut Beucker

 

MMD18-6000

 

1 Museumsraub in Köln. Wertvolles Porzellan in Millionenwert aus Kölner Museum gestohlen, faz.net, 13.9.2023; Thorsten Moeck, Ostasiatisches Museum in Köln. Porzellan in Millionenwert gestohlen – Fahndung nach Tätern, rundschau-online, 13.9.2023

2 Michael Kohler, Ostasiatische Kunst. Diese Objekte wurden aus dem Kölner Museum gestohlen, ksta.de, 14.9.2023

3 Tim Stinauer, Millionenschaden im Kölner MOK. So war der Museumseingang nach dem Diebstahl geschützt – Versicherer entsetzt, ksta.de, 16.9.2023

4 Ebenda

5 Solveig Bach, Berlin, Dresden, Manching. Museumsraub ist der neue Banküberfall, n-t-v.de, 23.11.2022

6 Kim-Khang Tran, Nach Millionendiebstahl. Das sagen Museen nach dem Einbruch in Köln. Aus einem Museum in Köln wurden Vasen, Teller und Töpfe im Millionenwert gestohlen. Könnte so etwas auch in der Region Düsseldorf passieren? Wir haben nachgefragt, rp-online, 18.9.2023


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2602 mit Schreiben vom 3. November 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Kultur und Wissenschaft beantwortet.

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Sicherheitslage der Museen in Nordrhein-Westfalen?

Wesentliche Grundlage zur Analyse der Kriminalitätslage und -entwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Die Erfassung von Fällen, Tatverdächtigen und Opfern erfolgt auf Grundlage bundesweit abgestimmter Richtlinien. Eine gesonderte Erfassung von Straftaten, die Museen als angegriffenes Objekt zum Gegenstand haben, erfolgt in der PKS jedoch nicht.

Informationen zu einzelnen Sachverhalten liegen den örtlich zuständigen Kreispolizeibehör­den vor. Sie beziehen diese in ihre Analysen der Sicherheitslage ein und leiten hieraus gege­benenfalls konkrete operative sowie Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen ab.

Die Verantwortung für die Sicherung der Museen obliegt jedoch den jeweiligen Trägern. Der Landesregierung liegen hierzu keine umfassenden Informationen bezogen auf die ca. 1.100 Museen in Nordrhein-Westfalen vor.

  1. Hat die Landesregierung Anzeichen für ein verstärktes Interesse der Organisierten Kriminalität am Raub wertvoller Objekte aus den Museen in Nordrhein-Westfalen?
  2. Sieht die Landesregierung die Notwendigkeit der sicherheitstechnischen Aufrüs­tung der Museen?

Da die Sicherung der Museen und deren sicherheitstechnische Ausstattung hinsichtlich der Sammlungen einerseits sowie der Gebäude andererseits in der Zuständigkeit und Verantwor­tung der jeweiligen Träger liegt, verfügen auch nur diese über umfassende Informationen zum jeweiligen Sicherungszustand.

Die Kreispolizeibehörden führen gleichwohl bei Bedarf individuelle und kostenfreie Beratungen durch. Diese können vor Ort, jedoch auch in den Räumlichkeiten der Polizei erfolgen. Die Be­ratungen erfolgen passgenau und nach Möglichkeit entsprechend der konkreten Bedürfnisse der Anfragenden und mit Blick auf die jeweiligen baulichen und örtlichen Gegebenheiten.

  1. Erwägt die Landesregierung finanzielle Unterstützung für eine solche Aufrüstung der Museen?

Da die Sicherheit der Museen und deren sicherheitstechnische Ausstattung den Trägern der jeweiligen Museen obliegt, ist eine diesbezügliche Förderung nicht geplant.

  1. Wie steht die Landesregierung zur Einberufung einer Konferenz mit Vertretern der Museen, der Versicherungen, der Polizei und mit Sicherheitsexperten zur Diskus­sion von Maßnahmen zur Erhöhung der Sicherheit aller Museen in Nordrhein-Westfalen?

Im Rahmen der Veranstaltungsreihe „Das grüne Museum“ wurde zwischen September und November 2021 allen Museen bundesweit angeboten, sich zur Thematik „Einbruchschutz“ zu informieren. Vertreterinnen und Vertreter der Museen und weitere Sicherheitsexpertinnen und Sicherheitsexperten sowie Vertreterinnen und Vertreter der Versicherungswirtschaft nahmen an dieser Veranstaltungsreihe teil. Das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen führte eine solche Informationsveranstaltung am 06.10.2021 durch und stellte umfangreiche Informatio­nen zur Sicherheit in Museen und Ausstellungsräumen sowie die durch das Landeskriminal­amt Sachsen erstellte Handreichung zum Schutz von Museen vor.

Die Einberufung einer Konferenz im Sinne der Fragestellung ist derzeit nicht geplant.

 

MMD18-6665