Mit Behelfsbrücken den NRW-Verkehr absichern – NRW braucht ein landeseigenes Be-helfsbrückenlager

Antrag
vom 20.03.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Mit Behelfsbrücken den NRW-Verkehr absichern NRW braucht ein landeseigenes Behelfsbrückenlager

I. Ausgangslage

Bundesweit sind 16.000 der 130.000 Verkehrsbrücken sanierungsbedürftig. 4.000 davon gel­ten als massiv marode Brücken. Deutschland fehlt seit mindestens 20 Jahren ein gewaltiges Brückenneubauprogramm.1 Die vollkommen verschlissene Infrastruktur gefährdet mittlerweile den Wirtschaftsstandort. Häufig genug scheitert die Sanierung der Verkehrsinfrastruktur aller­dings an viel zu geringen Infrastruktur-Ausgaben und auch an Bau- und Umweltvorschriften, die fast jede Neuerrichtung in die Länge ziehen. Bis jetzt findet noch nicht einmal eine syste­matische Erfassung der Schäden statt.2 Angesichts der gravierenden Auswirkungen auf den Wirtschaftsstandort sind kreative, innovative und auch unorthodoxe Lösungsoptionen in Be­tracht zu ziehen.

So wurden einem Baukastenprinzip vergleichbare und gleichsam einsetzbare Behelfsbrücken schon deutschland- und europaweit an private wie auch öffentliche Kunden geliefert. Diese Konstruktionen sind unbegrenzt wieder einsetzbar. Es handelt sich um robuste Konstruktio­nen, die schnell und einfach montiert und abgebaut werden können. Dank der flexiblen Hand­habung lassen sich diese Brückengeräte optimal an die jeweiligen Gelände- und Verkehrssi­tuationen anpassen. Zudem werden diese System-/Behelfsbrücken kontinuierlich weiterentwi-ckelt.3 So ist bspw. die SS80-Brücke ein standardisierter Behelfsbrückenbautyp, wobei die Abkürzung SS80-Brücke für zweispurige Schwerlast-Straßenbrücke für Einzelspannweiten bis zu 80 Metern steht, beziehungsweise Schweres Straßengerät 80 m. Es ist ein Fachwerk-Trag­system. Diese SS 80-Brücke wurde im Auftrag des Bundesverkehrsministeriums entwickelt und auf Antrag zur Verfügung gestellt.4

Ferner hält der Bund für den Straßenbau und den Eisenbahnsektor verschiedene Arten von Behelfsbrücken vor, die in einem Ereignisfall temporär als Ersatz dienen können (sogenannte Bailey-Brücke, D-Brücke, SS80-Brücke, SB 30-Brücke, SE-Brücke und SKB-Brücke). Das für den Eisenbahnverkehr vorgehaltene Festbrückengerät ist vorrangig für die Nutzung von schie­nengeführten Fahrzeugen ausgelegt und daher nur bedingt im Straßenbereich einsetzbar. Das BMDV stellt Nordrhein-Westfalen und Rheinland-Pfalz Behelfsbrücken zur Verfügung, die schnell und unbürokratisch von den Ländern und Kommunen abgerufen werden können. So konnten bereits am 20. und 21.07.2021 der Stadt Bad Neuenahr-Ahrweiler in Rheinland-Pfalz die ersten Brückenbauteile für die durch das Hochwasser von den Widerlagern gespülte und stark zerstörte Landgrafenbrücke zusammengestellt und zum Einsatzort verbracht werden.5 Im Bundesgebiet gibt es 10 Brückenlager für sogenannte Festbrückengeräte.6 Eigene Behelfs-brückenlager des Landes Nordrhein-Westfalen gibt es nicht, lediglich drei im Auftrag des Bun­des durch Straßen.NRW verwaltete Brückenlager.7 Überlegungen, diese Brückenlager aufzu­lösen, wurden erfreulicherweise nie umgesetzt, da Notfälle, aber auch lange im Voraus ge­plante Einsätze die Bedeutung und Wichtigkeit solcher Brückenlager unterstreichen. Ange­sichts der verheerenden Brücken(teil)sperrungen und auch kompletten Befahrungsverbote ist vielmehr ein Ausbau der Lager bzw. die Einrichtung eines landeseigenen Behelfsbrückenla-gers dringend geboten.

In diesem Zusammenhang ist zu betonen, dass Behelfsbrücken schon länger benötigt werden und schon vielerorts in NRW im Einsatz sind. Zu nennen ist etwa der Behelfsbrückenbau zwi­schen Marl und Dorsten-Hervest, der Ende Juni 2024 begann und ein Systembrücken-Team den Bau der Übergangsbrücke über die Lippe umsetzte. Am 19. Juli wurde die Montage plan­mäßig abgeschlossen und im September 2024 konnte die Brücke für den Verkehr freigegeben werden.

Aber auch Rheinquerungen wurden dank Dauerbehelfsbrücken über viele Jahrzehnte ermöglicht.8 Zu nennen ist hierbei die 1948 aus „schwerstem deutschen Pioniermaterial“ fertigge­stellte Oberkasseler Brücke als langjährig genutztes Provisorium.9 Nach Abbruch der Ober­kasseler Behelfsbrücke wurden die groben Teile in der Eisenindustrie des Ruhrgebiets in den 1970er Jahren recycelt. Auch andernorts ebneten provisorische Behelfsbrücke unmittelbar ne­ben den Trümmern gesprengter Straßenbrücken ab 1946 übergangsweise den Weg über den Rhein.10 Beim Autobahnbau kommen Behelfsbrücken ebenfalls zum Einsatz – leider mit den üblichen zeitlichen Verzögerungen im Deutschland des 21. Jahrhunderts.11 Aber auch andern­orts behindern bürokratische Planungsabstimmungen sogar die Einrichtung von Behelfsbrü-cken.12

II. Der Landtag stellt fest

Von der Sanierungsoffensive für Nordrhein-Westfalen, die der NRW-Verkehrsminister für die Straßeninfrastruktur vor mehr als einem Jahr vorgelegt hatte, ist nur heiße Luft geblieben. Ziel des 11-Punkte-Plans war, die Verkehrsinfrastruktur in Nordrhein-Westfalen zukunftssicher zu machen und vor allem die Sanierung und den Ersatzneubau in den Fokus zu rücken. Der Einsatz einer sogenannten neuen Expressbauweise war Teil dieses Maßnahmenpaketes.13 Aber außer Floskeln wie „Innovative Bauweisen und Systeme“ oder „Übergreifende Baustel­lenkoordination“ ist dem Programm nichts zu entnehmen.

Dabei stellte die IHK NRW bereits vor knapp zwei Jahren zum Brückenmanagement fest: Wenn Industrie und Gewerbe gut erreichbar bleiben sollen, müsste die Zahl der neugebauten Brücken auf mindestens 90 pro Jahr steigen, was bedeuten würde, dass etwa alle vier Tage eine Brücke fertig werden sollte.14 Davon kann in NRW aber keine Rede sein, da weiter NGOs maßgeblich Gehör und Einfluss finden, die eine Beschleunigung von Planungsverfahren für Straßenneu- und -ausbau entschieden ablehnen (Stellungnahme18/2271 A11).

III. Beschlussfassung

Der Landtag beauftragt die Landesregierung, sich umgehend für den Aufbau eines landesei­genen Behelfsbrückenlagers einzusetzen, indem sie:

  • einen geeigneten Standort in Nordrhein-Westfalen identifiziert und als Lagerstätte er­schließt (idealerweise eine Liegenschaft des Landes mit geeigneter Verkehrsanbin­dung);
  • alternativ ein bereits durch Straßen.NRW verwaltetes Brückenlager des Bundes so er­weitert, dass ein landeseigenes Lager angegliedert werden kann;
  • einen eigenen, vom Bund unabhängigen Bestand sowie ein geeignetes Sortiment an Behelfsbrücken für Nordrhein-Westfalen anlegt, die sowohl Landes- als auch Bundes­straßen im Verantwortungsbereich von Straßen.NRW im Fall plötzlicher Notfälle, etwa bei Ablastungen oder im Katastrophenfall, ausreichend absichert;
  • Umweltverträglichkeitsprüfungen und Genehmigungsverfahren bei der Erschließung ei­ner Lagerstätte sowie bei der Verwendung von Behelfsbrücken auf ein absolutes Mini­mum reduziert, um die Nutzung des gelagerten Behelfsbrückenmaterials vollumfänglich zu ermöglichen;
  • die zu diesem Zwecke außerplanmäßigen Finanzmittel zum Wohle der Industrie- und Wirtschaftsverkehre umgehend bereitstellt.

Klaus Esser

Dr. Martin Vincentz

Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-13172

 

1 https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/sanierungsfall-brd-taeuschmanoever-grenzregime-tau-sende-marode-bruecken-deindustrialisierung/#google_vignette

2 https://www.tichyseinblick.de/daili-es-sentials/dresden-zeigt-deutschlands-broeckel-bruecken-sind-lebensgefaehrlich/

3 https://seh-engineering.de/leistungen/produkte/systembruecken/s-bruecke-schwer

4 https://de.wikipedia.org/wiki/SS80-Br%C3%BCcke

5 https://bmdv.bund.de/SharedDocs/DE/Artikel/K/unwetter-behelfsbruecken.html

6 https://eautobahn.de/html/bruckenlager.html

7 https://rp-online.de/nrw/staedte/willich/bruecken-fuer-deutschland_aid-13732433

8 https://digit.wdr.de/entries/91233

9 https://de.wikipedia.org/wiki/Oberkasseler_Br%C3%BCcke

10 https://www.koblenz-baut.de/grossprojekte/pfaffendorfer-bruecke/geschichte/

11 https://www.ksta.de/region/rhein-berg/overath/a4-behelfsbruecken-in-untereschbach-gibt-es-erst-ab-2025-865684

12 https://www.nuernberg.de/internet/soer_nbg/phb_hafenstrassenbruecken.html

13 https://www.land.nrw/pressemitteilung/nordrhein-westfalen-setzt-bei-ersatzneubauten-von-bruecken-auf-expressbauweise

14 https://www.ihk-nrw.de/hauptnavigation/presse/medieninformationen-2022/pm-20230127-instand-haltung-autobahnen-5727716

Beteiligte:
Klaus Esser