„Mobile Beratung gegen Rechts“ – Stellt die Mittelverwendung einen Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot dar?

Kleine Anfrage
vom 01.07.2021

Kleine Anfrage 5657der Abgeordneten Herbert Strotebeck, Sven W. Tritschler und Markus Wagner vom 01.07.2021

 

„Mobile Beratung gegen Rechts“ – Stellt die Mittelverwendung einen Verstoß gegen das staatliche Neutralitätsgebot dar?

Die „Mobile Beratung gegen Rechts“ in Köln ist ein Unterstützernetzwerk, das gegen vermeintliche „rechte“ Aktivitäten im Regierungsbezirk Köln „Unterstützung“ leistet.

Es gibt einen Bundesverband „Mobile Beratung“ mit Sitz in Dresden.1 Der Kölner Ableger dieses Verbandes bedient sich der städtischen Infrastruktur der Stadt Köln, zum Beispiel durch die Nutzung einer offiziellen Emailadresse der Stadt:

ibs@stadt-koeln.de2.

Die Website führt vier Ansprechpartner auf.3 Diese scheinen zugleich bei der Stadt Köln beschäftigt zu sein.

Die „Mobile Beratung gegen Rechtsextremismus im Regierungsbezirk Köln“ hat eine Unterlage über „Extrem rechte Aktivitäten 2020 im Regierungsbezirk Köln“ herausgegeben. Im Impressum wird die Landeszentrale für politische Bildung wie auch die „Landeskoordinierstelle gegen Rechtsextremismus und Rassismus“ aufgeführt.4 Diese Koordinierungsstelle ist gleichzeitig Teil der Landeszentrale für politische Bildung. Die vorgenannte Unterlage erwähnt auch die Alternative für Deutschland (AfD) als „extrem rechts“ und wendet sich gegen die Partei selbst, gegen ihre Anliegen und gegen ihre Mitglieder.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Ist es für die Landesregierung mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar, dass offensichtlich Landesmittel gegen eine demokratische und im Landtag NRW vertretene politische Kraft eingesetzt werden?
  2. In welchem Umfang sind sogenannte „Mobile Beratungen gegen Rechtsextremismus“ seit dem Jahre 2012 durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert worden? (Wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Ort, Haushaltstitel und Jahr)
  3. In welchem Umfang werden sogenannte „Mobile Beratungen gegen Rechtsextremismus“ beziehungsweise einzelne Vertreter dieser Organisation/ Gruppierungen in NRW vom Verfassungsschutz beobachtet? (Wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Ort und seit dem Jahre 2012)
  4. Wie stellen die Vergaberichtlinien für Landesmittel an diese oder vergleichbare „Beratungen“ im sogenannten „Kampf-gegen-Rechts“ sicher, dass diese Gelder nicht gegen die demokratische Opposition im demokratischen Wettstreit eingesetzt werden?
  5. Wie will die Landesregierung in Zukunft sicherstellen, dass Landesmittel nicht gegen Oppositionsparteien eingesetzt werden?

Herbert Strotebeck
Sven W. Tritschler
Markus Wagner

 

Anfrage als PDF

 

1 https://www.mbr-koeln.de/wp-content/uploads/2020/07/bmb_grundsaetze_DinA5_web.pdf abgerufen am 23.04.2021

2 https://www.mbr-koeln.de/impressum-datenschutzerklaerung/ abgerufen am 23.04.2021

3 https://www.mbr-koeln.de/uber-uns/ abgerufen am 23.04.2021

4 https://www.mbr-koeln.de/wp-content/uploads/2021/04/ibs_MBR_Bericht-2020.pdf abgerufen am 23.04.2021


Die Ministern für Kultur und Wissenschaft hat die Kleine Anfrage 5657 mit Schreiben vom 4. August 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern sowie dem Minister der Finanzen beantwortet.

  1. Ist es für die Landesregierung mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar, dass offensichtlich Landesmittel gegen eine demokratische und im Landtag NRW vertretene politische Kraft eingesetzt werden?

Das staatliche Neutralitätsgebot und das damit im Zusammenhang stehende Recht der Par­teien auf Chancengleichheit im politischen Wettbewerb (Art. 21 GG) setzt dem Staat Grenzen und soll verhindern, dass staatliches Handeln die Chancen einer Partei auf Beteiligung an der politischen Willensbildung beeinträchtigt.

Entscheidend für die Bewertung der Vereinbarkeit von öffentlich geförderten Maßnahmen mit dem Neutralitätsgebot ist das Kriterium der sachorientierten Aufklärung. Eine Maßnahme bzw. eine Auseinandersetzung mit einer politischen Partei gilt beispielsweise als nicht sachorien­tiert, wenn sich diese ausdrücklich und pauschal gegen eine bestimmte Partei richtet und/oder auf Schmähkritik oder falsche Tatsachenbehauptungen aufbaut.

Die Ausführungen in der genannten Publikation des NS-Dokumentationszentrums (Träger der Mobilen Beratung im Regierungsbezirk Köln) werden von der Landesregierung als sachorien­tierte Aufklärung und damit als vereinbar mit dem staatlichen Neutralitätsgebot bewertet.

  1. In welchem Umfang sind sogenannte „Mobile Beratungen gegen Rechtsextremis­mus“ seit dem Jahre 2012 durch das Land Nordrhein-Westfalen gefördert worden? (Wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Ort, Haushaltstitel und Jahr)

Im Zeitraum der Jahre 2012 bis 2021 wurden bzw. werden die Einrichtungen der Mobilen Be­ratung (MB) in den fünf Regierungsbezirken (RB) wie folgt (bis zum Haushaltsjahr 2017 wurde die Förderung im Einzelplan 07 veranschlagt) gefördert:

Haushaltsjahr Zuwendungsempfänger:innen /Ort Förderung Landesmittel in €/Kapitel
06 070 Titel
684 22
Förderung Bundesmittel in €/Kapitel 06 070 Titel
686 10; seit HH
2020 Kapitel 06 070 TG 60
MB RB Arnsberg Im Jahr 2012 95.000
MB RB Detmold erfolgt      keine 51.000
2012 MB RB Düsseldorf Förderung aus 51.000
MB RB Köln Landesmitteln 51.000
MB RB Münster_____________ __________ 61.540______
MB RB Arnsberg 63.000 71.700
MB RB Detmold 63.000 51.000
2013 MB RB Düsseldorf 63.000 51.000
MB RB Köln 40.000 51.000
MB RB Münster_____________ 80.000_____ 63.070______
MB RB Arnsberg Die unter 2013 51.000
MB RB Detmold aufgeführten 51.000
2014 MB RB Düsseldorf Fördersummen 51.000
MB RB Köln gelten bis zum 51.000
MB RB Münster_____________ 31.12.2014___ 51.000______
2015 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB KölnMB
RB Münster_______________
50.000
50.000
50.000
50.000
50.000______
51.000
51.000
51.000
51.000
51.000______
2016 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB KölnMB
RB Münster_______________
90.000
119.000
130.000
120.000
144.500_____
51.000
51.000
51.000
51.000
51.000______
2017 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB KölnMB
RB Münster_______________
90.000
90.000
90.000
90.000
90.000______
121.000
111.000
201.000
51.000
121.000_____
2018 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB KölnMB
RB Münster_______________
90.000
90.000
90.000
90.000
90.000______
121.000
111.000
201.000
54.000
121.000_____
2019 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB KölnMB
RB Münster_______________
90.000
90.000
90.000
90.000
90.000______
121.000
111.000
204.500
60.000
121.000_____
2020 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB Köln
MB RB Münster____________
92.700
92.700
92.700
92.700
92.700______
126.500
120.300
204.500
85.300
134.900_____
2021 MB RB Arnsberg
MB RB Detmold
MB RB Düsseldorf
MB RB Köln
MB RB Münster____________
92.700
92.700
92.700
92.700
92.700______
223.600
150.000
290.500
114.200
154.500_____

 

  1. In welchem Umfang werden sogenannte „Mobile Beratungen gegen Rechtsextremismus“ beziehungsweise einzelne Vertreter dieser Organisation/ Gruppierungen in NRW vom Verfassungsschutz beobachtet? (Wir bitten um eine Aufschlüsselung nach Ort und seit dem Jahre 2012)

Zivildemokratisches Engagement gegen Extremismus ist kein Beobachtungsfeld des nord­rhein-westfälischen Verfassungsschutzes. Im Übrigen erteilt die Landesregierung grundsätz­lich keine Auskünfte über Einzelpersonen.

  1. Wie stellen die Vergaberichtlinien für Landesmittel an diese oder vergleichbare „Beratungen“ im sogenannten „Kampf-gegen-Rechts“ sicher, dass diese Gelder nicht gegen die demokratische Opposition im demokratischen Wettstreit einge­setzt werden?
  2. Wie will die Landesregierung in Zukunft sicherstellen, dass Landesmittel nicht ge­gen Oppositionsparteien eingesetzt werden?

Die Frage 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Ausführungen und Hinweise zur Anwendung des Neutralitätsgebots sind gegenwärtig und auch zukünftig Bestandteil des Zuwendungsbescheids an die Träger der Beratungseinrichtun­gen.

 

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