Moscheen in NRW im Fokus des Verfassungsschutzes – erstmalige Erwähnung des IKV Bochum im Verfassungsschutzbericht

Kleine Anfrage
vom 05.08.2021

Kleine Anfrage 5896der Abgeordneten Gabriele Walger-Demolsky vom 08.05.2021

 

Moscheen in NRW im Fokus des Verfassungsschutzes erstmalige Erwähnung des IKV Bochum im Verfassungsschutzbericht

Wie die Kleine Anfrage 1949 ergeben hat, beobachtete das Landesamt für Verfassungsschutz im Januar 2019 insgesamt 109 Moscheen, die islamistisch bzw. salafistisch beeinflusst waren. Diese wurden wie folgt aufgeschlüsselt:1

  • Salafismus: 70;
  • Kalifatsstaat: 6;
  • Muslimbruderschaft: 11, wobei drei davon zugleich salafistisch sind;
  • schiitisch extremistisch: 18;
  • Türkische Hizbullah: 3;
  • Ismael Aga Cemaati: 1.

Wie die Landesregierung in ihrer Antwort ausführte, werden alle Moscheen bzw. Moscheevereine beobachtet, bei denen tatsächliche Anhaltspunkte den Verdacht verfassungsfeindlicher Bestrebungen und Tätigkeiten begründen. Zudem sei es in letzter Konsequenz möglich, dass ein Moscheeverein Verbotstatbestände nach dem Vereinsgesetz erfülle.

Wie durch den IKV Bochum belegt, besteht zudem die Möglichkeit einer Erwähnung im Verfassungsschutzbericht.2 Wie das damalige Lagebild Salafismus ergeben hat, gab es Ende 2018 insgesamt zwischen 850 und 1.000 Moscheevereine.3

Das Ziel der Anfrage ist es, einen Überblick über die Entwicklung seit dem Jahre 2019 zu erhalten.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie hat sich die Gesamtzahl der Moscheen bzw. der Moscheegemeinden seit dem Jahre 2019 in NRW entwickelt? (Bitte soweit bekannt eingruppieren)
  2. Wie viele Moscheen bzw. Moscheegemeinden werden aktuell auf Grundlage einer islamistischen bzw. salafistischen Beeinflussung vom Verfassungsschutz beobachtet? (Bitte näher aufschlüsseln, analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1949)
  3. Wie viele erfolgreiche Verbotsverfahren nach dem Vereinsrecht in Bezug auf Moscheegemeinden gab es seit dem Jahre 2019?
  4. Welche konkreten Ereignisse haben zu einer Erwähnung des IKV Bochum im aktuellen Verfassungsschutzbericht NRW geführt?
  5. In welchem Umfang gab bzw. gibt es in diesem Zusammenhang Gespräche mit der Stadt Bochum?

Gabriele Walger-Demolsky

 

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1 Vgl. Lt.-Drucksache 17/5106

2 Vgl. Verfassungsschutzbericht NRW 2020; S. 262

3 Vgl. Lt.-Vorlage 17/1444; S.24


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5896 mit Schreiben vom 1. September 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Kinder, Familie, Flücht­linge und Integration beantwortet.

  1. Wie hat sich die Gesamtzahl der Moscheen bzw. der Moscheegemeinden seit dem Jahre 2019 in NRW entwickelt? (Bitte soweit bekannt eingruppieren)

In Nordrhein-Westfalen gibt es nach aktueller Einschätzung nach wie vor zwischen 850 und 1.000 Moscheevereine.

  1. Wie viele Moscheen bzw. Moscheegemeinden werden aktuell auf Grundlage einer islamistischen bzw. salafistischen Beeinflussung vom Verfassungsschutz beo­bachtet? (Bitte näher aufschlüsseln, analog zur Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 1949)

Dem nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz sind zurzeit 114 Moscheen in Nordrhein-Westfalen als Anlaufstellen von Islamisten bekannt. Diese werden wie folgt aufgeschlüsselt: Salafismus: 66; Muslimbruderschaft: 19, davon 13, in denen zugleich Einflüsse aus dem Sa-lafismus und der Muslimbruderschaft feststellbar sind; Kalifatsstaat: sechs; Schiitisch extre­mistisch: 19; Türkische Hizbullah: drei; Ismael Aga Cemaati: eine.

  1. Wie viele erfolgreiche Verbotsverfahren nach dem Vereinsrecht in Bezug auf Mo-scheegemeinden gab es seit dem Jahre 2019?

Bund und Länder führen bei Vorliegen von Erkenntnissen im Sinne des § 3 Abs. 1 des Ver­einsgesetzes ein Vereinsverbotsverfahren durch.

Seit dem Jahr 2019 gab es auf Bundesebene die folgenden Vereinsverbote, die aufgrund des länderübergreifenden Bezugs auch in Nordrhein-Westfalen vollzogen wurden:

  • „Hizb Allah“ (26. März 2020)
  • „Ansaar International e. V.“ (05. Mai 2021)

einschließlich der Teilorganisationen:

„WorldWide Resistance-Help e. V.“

„Aktion Ansar Deutschland e. V.“

„Somalisches Komitee Information und Beratung in Darmstadt und Umgebung e. V.“ (SKIB)

„Frauenrechte ANS.Justice e. V.“

„Änis Ben-Hatira Help e. V. / Änis Ben-Hatira Foundation

„Ummashop“

„Helpstore Secondhand UG“

„Better World Appeal e. V.“

  • „Deutsche Libanesische Familie e. V.“, „Menschen für Menschen e. V.“, „Gib Frieden e. V.“ (19. Mai 2021)
  1. Welche konkreten Ereignisse haben zu einer Erwähnung des IKV Bochum im ak­tuellen Verfassungsschutzbericht NRW geführt?

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz darf Informationen über eine von ihm beobach­tete Organisation veröffentlichen, wenn in Bezug auf diese Organisation hinreichend gewich­tige tatsächliche Anhaltspunkte für verfassungsfeindliche Bestrebungen vorliegen und die Un­terrichtung der Öffentlichkeit darüber verhältnismäßig ist.

Die Erwähnung eines Vereins im Verfassungsschutzbericht erfolgt im Zuge einer Einzelfallab­wägung, in der geprüft wird, ob die vorhandenen Erkenntnisse in Bezug auf extremistische Bestrebungen so umfangreich und die Rolle eines Vereins so gewichtig sind, dass sie eine öffentliche Berichterstattung erfordern. Eine Erwähnung im Jahresbericht ist demnach nicht an einzelnen Strukturen, Ereignissen oder Personen festzumachen, sondern erfolgt unter Würdi­gung der Gesamtumstände.

  1. In welchem Umfang gab bzw. gibt es in diesem Zusammenhang Gespräche mit der Stadt Bochum?

Eine Unterrichtung der Stadt Bochum über die Aktivitäten und Ziele der Muslimbruderschaft erfolgte im Rahmen der üblichen Berichtswege. Hierzu gehören zum Beispiel der nordrhein-westfälische Verfassungsschutzbericht und die zuständigen Gremien wie der Innenausschuss des Landtags. Darüber hinaus wurde die Stadt Bochum durch den nordrhein-westfälischen Verfassungsschutz vor Erscheinen des Verfassungsschutzberichts über die aktuelle Einschät­zung betreffend den IKV Bochum informiert.

 

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