Mülheim: Leichnam eines 15-Jährigen gefunden – Was sind die Hintergründe?

Kleine Anfrage
vom 20.03.2024

Kleine Anfrage 3539

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Mülheim: Leichnam eines 15-Jährigen gefunden Was sind die Hintergründe?

Am Sonntagmorgen, den 10. März 2024, fand die Besatzung eines Streifenwagens die Leiche eines 15-jährigen Jugendlichen auf der Landzunge am Mülheimer Hafen. Derzeit geht man davon aus, dass die gefundene Leiche im Zusammenhang mit einem Notruf steht, der in der Nacht auf Sonntag gegen etwa 01:40 Uhr bei der Polizei einging. Dabei meldeten Zeugen einen Streit zwischen drei Personen vor einer Gaststätte in der Danziger Straße, die nur wenige hundert Meter vom späteren Leichenfundort entfernt liegt. Die Beteiligten seien vor der Lokalität aneinandergeraten, wobei zwei der Beteiligten „heftig auf den Dritten eingewirkt“1 und Zeugenaussagen zur Folge auch „massiv bedroht“2 haben sollen.

Nach einiger Zeit sollen die beiden Aggressoren das Opfer unter Androhung von Gewalt dazu genötigt haben, mitzukommen. Derzeitigen Einschätzungen der Ermittler nach werde davon ausgegangen, dass diese dritte Person das spätere Opfer war. Im Anschluss an den aufgrund dieser Geschehnisse abgesetzten Notruf fahndeten mehrere Streifenwagenbesatzungen in ganz Mülheim nach den Personen. Überdies habe sich die ermittelnde Kriminalpolizei im Hintergrund bemüht, die Identitäten der Beteiligten aufzuklären, was schließlich auch gelungen sein soll. Im weiteren Verlauf konnte die Polizei einen 18-jährigen und einen 20-jährigen Tatverdächtigen vorläufig festnehmen. Diese befinden sich derzeit in Untersuchungshaft und sollen unter Umständen in Kürze einem Haftrichter vorgeführt werden. Die genauen Todesumstände des Opfers sowie dessen Beziehung zu den Tatverdächtigen wollten Polizei und Staatsanwaltschaft vorerst nicht veröffentlichen, jedoch habe man Spuren, die ein Gewaltverbrechen indizieren, am Leichnam sicherstellen können.3

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie viele Gewaltdelikte gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in Mühlheim?
  3. Welches Alter haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen?
  4. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen?
  5. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-8534

 

1 https://www.ksta.de/koeln/muelheim/muelheim-veedel/koeln-polizei-findet-toten-15-jaehrigen-im-muelheimer-hafen-755176.

2 Ebenda.

3 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3539 mit Schreiben vom 17. April 2024 na­mens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfas­sung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nord­rhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssiche-rungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten derzeit bis zum Berichtsjahr 2023 qualitätsgesichert vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 22.03.2024 im Wesentlichen berichtet, dass es am 10.03.2024 gegen 01:30 Uhr vor einer Gaststätte in Köln-Mülheim mit Waffengewalt zur Entführung eines 15-jährigen irakischen Staatsangehöri­gen durch einen 18-jährigen deutschen und einen 26-jährigen türkischen Staatsangehörigen entsprechend einem zuvor mit einem 20-jährigen deutschen Staatsangehörigen gemeinsam gefassten Tatplan gekommen sei. Von dort hätten sie den Geschädigten im Verlaufe der Nacht in das Gebiet des Mülheimer Hafens auf die an das Hafenbecken angrenzende Mülheimer Insel gebracht. Spätestens dort sei der 20-jährige Beschuldigte zu ihnen getreten. Alle drei hätten ihrem gemeinschaftlichen Tatplan folgend den Entführten gemeinsam durch vier Mes­serstiche in den linken Oberschenkel und vier Messerstiche in den Oberkörper getötet.

Das Motiv und die genauen Hintergründe der Tat seien noch Gegenstand der laufenden Er­mittlungen.

Die Beschuldigten befänden sich in Untersuchungshaft. Der 18-Jährige sei seit seiner Geburt deutscher Staatsangehöriger. Der 20-Jährige besitze ebenfalls seit seiner Geburt die deutsche Staatsangehörigkeit. Beide seien nicht vorbestraft, jedoch jugendrichterlich in Erscheinung ge­treten. Der 26-Jährige sei bisher zu Geldstrafen und zu einer Freiheitsstrafe unter Strafaus­setzung zur Bewährung unter anderem wegen Hehlerei, unerlaubten Handeltreibens mit Be­täubungsmitteln sowie wegen Verbotenen Kraftfahrzeugrennens in Tateinheit mit Nötigung und Fahren ohne Fahrerlaubnis verurteilt worden.

Mit Blick auf den besonderen Schutz der heranwachsenden Beschuldigten, den Erziehungs­gedanken des Jugendstrafrechts und die Wertung des § 48 Absatz 1 JGG wird von weiteren Angaben abgesehen.

  1. Wie viele Gewaltdelikte gab es seit 2015 bis heute pro Jahr in Mülheim?

Die Erfassungsrichtlinien der Polizeilichen Kriminalstatistik sehen keine differenzierte Darstel­lung von „Gewaltdelikten“ vor. Deshalb wurde der definierte Summenschlüssel „Gewaltkrimi­nalität“, ergänzt um die vorsätzliche einfache Körperverletzung, ausgewertet. Der Summen­schlüssel „Gewaltkriminalität“ umfasst folgende Delikte:

  • Mord, Totschlag und Tötung auf Verlangen,
  • Vergewaltigung, sexuelle Nötigung und sexueller Übergriff im besonders schweren Fall einschließlich mit Todesfolge,
  • Raub, räuberische Erpressung und räuberischer Angriff auf Kraftfahrer,
  • Körperverletzung mit Todesfolge,
  • gefährliche und schwere Körperverletzung, Verstümmelung weiblicher Genitalien so­wie
  • erpresserischer Menschenraub, Geiselnahme und Angriff auf den Luft- und Seever­kehr.

In der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen wird der Gemeindeteil Köln-Mülheim nicht separat statistisch erfasst, sodass der Bezirk des Polizeipräsidiums Köln ausgewertet wurde.

Die Entwicklung der Fallzahlen der „Gewaltkriminalität“, ergänzt um die vorsätzliche einfache Körperverletzung, für den Bezirk des Polizeipräsidiums Köln bitte ich der folgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr Fallzahlen
2015 14957
2016 15599
2017 15001
2018 14400
2019 13825
2020 13119
2021 12868
2022 16669
2023 16736

 

  1. Welches Alter haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte verantwort­lichen Tatverdächtigen?

Das Alter der in den oben dargestellten Fällen ermittelten Tatverdächtigen für den Zeitraum von 2015 bis 2022 bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene
2015 354 1093 1328 10836
2016 377 1116 1274 11719
2017 394 1035 1283 11136
2018 344 1079 1154 10746

 

Jahr Kinder Jugendliche Heranwachsende Erwachsene
2019 427 1113 1183 10408
2020 228 926 1028 9508
2021 310 878 796 7878
2022 425 1074 963 9723
2023 479 1162 979 9719

 

4. Welches Geschlecht haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte ver­antwortlichen Tatverdächtigen?

Das Geschlecht der oben genannten Tatverdächtigen bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:

Jahr Männlich Weiblich
2015 10853 2758
2016 11658 2828
2017 11018 2830
2018 10580 2743
2019 10399 2732
2020 9332 2358
2021 7751 2111
2022 9859 2326
2023 9975 2364

 

  1. Welche Nationalität haben die für die in Frage 2 abgefragten Gewaltdelikte ver­antwortlichen Tatverdächtigen? (Bitte bei Deutschen eine Mehrfachstaatsange­hörigkeit extra ausweisen.)

In der Polizeilichen Kriminalstatistik ist die Erfassung von jeweils nur einer Staatsbürgerschaft pro Person vorgesehen. Tatverdächtige, die eine deutsche und eine nichtdeutsche Staatsan­gehörigkeit besitzen, werden in der Polizeilichen Kriminalstatistik mit der deutschen Staatsan­gehörigkeit erfasst. Die Staatsangehörigkeit der ermittelten Tatverdächtigen des Summen­schlüssels „Gewaltkriminalität“, ergänzt um die einfache Körperverletzung, für den Bezirk des Polizeipräsidiums Köln im Zeitraum von 2015 bis 2023 bitte ich der Anlage zu entnehmen.

 

MMD18-8935

Beteiligte:
Markus Wagner