Kleine Anfrage 506
des Abgeordneten Markus Wagner vom 30.09.2022
Neuss: Vom Festzelt ins Krankenhaus geprügelt
Auf dem Uedesheimer Schützenfest in Neuss wurde ein 24-Jähriger in der Nacht vom 24. auf den 25. September 2022 durch einen Faustschlag niedergestreckt und musste anschließend im Krankenhaus operiert werden. Der Schlag gegen den Kopf war so heftig, dass der doppelte Kieferbruch und wackelige Zähne mit Platten und 17 Schrauben rekonstruiert werden mussten. Die Tat ereignete sich in einem Festzelt, nachdem das Opfer den mutmaßlichen Täter mit dem Wort „Zurückstellen“ ansprach, als dieser einfach ein Glas Bier vom Tablett genommen habe.1
Die Tatsache, dass der Vorfall weder in einem Polizeibericht erwähnt wurde noch der Täter in Haft genommen wurde, begründet die Polizei mit dem Hinweis, dass kein Fahndungsdruck bestehe, da der Täter bekannt sei. Darüber hinaus ist der 19-jährige mutmaßliche Täter wegen Gewaltdelikten bereits polizeibekannt. Nach Angaben der Polizei gab es an diesem Abend noch weitere Opfer, die übereinstimmend und eindeutig den 19-Jährigen als Täter wiedererkannt haben. Des Weiteren gaben die Eltern des 24-Jährigen mittlerweile an, über Informationen zu verfügen, wonach der mutmaßliche Täter auf anderen Festen durch Provokationen und gewalttätiges Handeln aufgefallen sei.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Rettungs- beziehungsweise Polizeieinsätze fanden während des Zeitraums des Uedesheimer Schützenfestes auf dem Gelände respektive im näheren Umfeld statt? (Bitte nach den Gründen der durchgeführten Einsätze aufschlüsseln.)
- Wie viele Straftaten wurden im Zeitraum des Uedesheimer Schützenfestes auf dem Gelände respektive im näheren Umfeld registriert? (Bitte nach Straftatbestand aufschlüsseln.)
- Bei wie vielen der in Frage 2 durchgeführten Einsätze wurden Einsatzkräfte vor Ort bedrängt und/oder körperlich angegangen?
- Bei wie vielen der in Frage 2 durchgeführten Einsätze wurden Personen (vorübergehend) inhaftiert oder in Gewahrsam genommen? (Bitte Vorstrafen der Inhaftierten, Straftatbestände, Geschlecht, Alter, Staatsbürgerschaften sowie Vornamen der deutschen Inhaftierten und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über diese nennen.)
Markus Wagner
1 Vgl. hat tps:// rp – online. De /nrw/staedte/neuss/schuetzenfest-neuss-uedesheim-viele-koerperverletzungen-24-jaehriger-im-krankenhaus_aid-77224357.
2 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 506 mit Schreiben vom 3. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Da sich die Anfrage auf das Uedesheimer Schützenfest bezieht, wurde als Zeitraum der 10. bis 13. September 2022 gewählt und nicht, wie in der Vorbemerkung der Kleinen Anfrage angegeben, der 24. bis 25. September 2022. Vom 24. bis zum 25. September 2022 fand kein Schützenfest in Neuss-Uedesheim statt. Für den Zeitraum vom 10. bis zum 13. September liegen Anzeigen und Erkenntnisse der in der Kleinen Anfrage geschilderten Art vor.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen des deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Da es sich um ein laufendes Ermittlungsverfahren handelt, ist insoweit allein die sachleitende Staatsanwaltschaft auskunftsberechtigt. Zur Beantwortung der Frage hat mir das Ministerium der Justiz mit Schreiben vom 21.10.2022 folgende Informationen zur Verfügung gestellt:
„Der Leitende Oberstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz mit Stand vom 06.10.2022 im Wesentlichen berichtet, dass zu den in der Kleinen Anfrage geschilderten Sachverhalten bei der Kreispolizeibehörde Neuss mehrere, bislang separat geführte Ermittlungsverfahren wegen Körperverletzung u. a. anhängig seien und sich gegen einen in Neuss wohnhaften 19-jährigen deutschen Staatsangehörigen richteten.
Nach den polizeilichen Erkenntnissen soll der Tatverdächtige auf dem Festplatz im Neusser Stadtteil Uedesheim am 11. September 2022 gegen 01:30 Uhr zunächst einen 24-jährigen Geschädigten mit der Faust ins Gesicht geschlagen haben, nachdem dieser dem Tatverdächtigen vorgeworfen habe, zuvor unberechtigt ein Glas Bier von dem Tisch des Geschädigten genommen zu haben.
Der Tatverdächtige, der im Rahmen der polizeilichen Sachverhaltsaufnahme nicht mehr angetroffen worden sei, habe sich im Anschluss weiter im Bereich des Festzeltes aufgehalten und sei wenig später in eine Auseinandersetzung mit mehreren Personen geraten, in deren Folge er noch drei weiteren Besuchern des Festzelts ins Gesicht geschlagen habe, ohne dass es zu gravierenden Verletzungen gekommen sei. Er sei daraufhin von weiteren Polizeieinsatzkräften aus Gründen der Gefahrenabwehr in Gewahrsam genommen und am Morgen des 11. September 2022 entlassen worden.
Polizeiliche Vernehmungen des Tatverdächtigen und Geschädigten seien vorgesehen. Im Übrigen dauerten die polizeilichen Ermittlungen noch an.
Von weiteren Angaben, insbesondere zum Vornamen und zu Vorstrafen des heranwachsenden Tatverdächtigen wird im Hinblick auf das allgemeine Persönlichkeitsrecht, die zu wahrende Unschuldsvermutung und den Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat, den Angaben zum Alter sowie weiterer, presseöffentlicher Angaben zum Verfahrensstand ist eine Identifizierung möglich bzw. nicht hinreichend sicher auszuschließen. Besonders zu berücksichtigen ist vorliegend, dass es sich bei dem Tatverdächtigen um einen Heranwachsenden handelt. Der Erziehungsgedanke steht insbesondere einer identifizierbaren Nennung von Vorstrafen entgegen.“
- Wie viele Rettungs- beziehungsweise Polizeieinsätze fanden während des Zeitraums des Uedesheimer Schützenfestes auf dem Gelände respektive im näheren Umfeld statt? (Bitte nach den Gründen der durchgeführten Einsätze aufschlüsseln.)
Während des Zeitraums des Uedesheimer Schützenfestes fanden auf dem Gelände und im näheren Umfeld neun Polizeieinsätze aufgrund folgender Einsatzanlässe statt:
– Einsätze Begleitung der Veranstaltung/der Aufzüge: 4
– Einsatz Streitigkeiten: 1
– Einsatz Schlägerei/Körperverletzung: 1
– Einsatz Verkehrskontrolle: 1
– Einsatz Unfug: 1
– Einsatz Pkw-Diebstahl: 1
Darüber hinaus erfolgten während des Zeitraums auf dem Gelände bzw. im unmittelbaren Umfeld zwei rettungsdienstliche Einsätze. Die Einsatzgründe waren eine körperliche Auseinandersetzung sowie eine gemeldete Atemnot.
- Wie viele Straftaten wurden im Zeitraum des Uedesheimer Schützenfestes auf dem Gelände respektive im näheren Umfeld registriert? (Bitte nach Straftatbestand aufschlüsseln.)
In der Zeit vom 10. bis zum 13. September 2022 wurden in Uedesheim im Bereich des Schützenplatzes insgesamt sieben Straftaten registriert:
– Gefährliche Körperverletzung, sonstige Tatörtlichkeit: 1
– Vorsätzliche einfache Körperverletzung: 4
– Beleidigung: 1
– Beleidigung auf sexueller Grundlage: 1
- Bei wie vielen der in Frage 2 durchgeführten Einsätze wurden Einsatzkräfte vor Ort bedrängt und/oder körperlich angegangen?
Es liegen keine Erkenntnisse vor, die darauf schließen lassen, dass im Rahmen der o.g. Einsätze das eingesetzte Personal des Rettungsdienstes bzw. der Polizei bedrängt oder körperlich angegangen worden ist.
- Bei wie vielen der in Frage 2 durchgeführten Einsätze wurden Personen (vorübergehend) inhaftiert oder in Gewahrsam genommen? (Bitte Vorstrafen der Inhaftierten, Straftatbestände, Geschlecht, Alter, Staatsbürgerschaften sowie Vornamen der deutschen Inhaftierten und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über diese nennen.)
Bei den o. g. Einsätzen wurde eine Person zur Verhinderung von weiteren Straftaten in Gewahrsam genommen.