Kleine Anfrage 4005
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
NRW: Razzia in der Türsteherszene – Wie groß ist der Einfluss der Clans?
Aktuellen Erkenntnissen der Sicherheitskooperation Ruhr zufolge soll es immer häufiger zu Verbindungen zwischen Bewachungs- und Sicherheitsfirmen und bekannten Clan-Familien kommen. Zusätzlich sind diese Vorgehensweisen in der Regel kaum zu durchblicken, da diese Firmen oft über mehrere Subunternehmen verfügen, häufig Gesellschafter und Firmensitze wechseln oder teilweise sogar nur als sogenannte „Briefkastenfirmen“ existiert, also zwar rechtlich bestehen, de facto jedoch keinen Geschäftsbetrieb aufrechterhalten. Teilweise werden die Unternehmen samt aufgebautem Vermögen aufgelöst und unter einem anderen Namen an einem neuen Standort wieder errichtet. Nach Aussagen des Innenministers Herbert Reul seien die Türstehertätigkeiten sonst unter den Hells Angels und Bandidos aufgeteilt gewesen. Nun würden sich den aktuellen Hinweisen nach zu beurteilen auch Clans in dem Geschäft breitmachen. Aus diesem Grund gelte es nun zu prüfen, inwieweit dies tatsächlich zutrifft und ob es dann auf legalem Wege geschieht.1
So kam es am Freitagabend, den 3. Mai 2024, zu einer groß angelegten Razzia, in die 700 Beamte der Polizei, des Zolls und des Ordnungsamtes involviert waren. Im Visier der Einsatzkräfte standen dabei Türsteher großer Clubs und Diskotheken in den Städten Düsseldorf, Köln, Dortmund, Duisburg, Essen und Gelsenkirchen. Bei einem der durchsuchten Objekte, der Diskothek „Kuhstall“2 in Düsseldorf, flüchteten die beiden Türsteher beim Anblick der Polizei sofort durch die Hintertür. Aufgrund dieses auffälligen Verhaltens soll nun tiefgründiger ermittelt werden. Nach Auskünften eines Ermittlers sei es häufig der Fall, dass die Mitarbeiter solcher Sicherheitsfirmen keinen Qualifizierungsnachweis haben. Zudem sollen sie meist bar entlohnt und zwischen Firmen getauscht werden. Zusätzlich sollen Hinweise dazu vorliegen, dass die Gewerbeordnung und „andere einschlägige Vorschriften“ absichtlich missachtet werden, um so Steuern und andere Abgaben zu hinterziehen und auf illegalem Wege mehr Geld verdienen zu können. Außerdem sollen einige Geschäftsführer dieser Firmen einen familiären Bezug zu Clans aufweisen und deutschlandweit gut vernetzt sein. Auch Hinweise auf komplett gefälschte Prüfungszertifikate der IHK seien gefunden worden. Da die Kontobewegungen vieler der Unternehmen nicht den tatsächlichen Aufträgen gerecht werden sollen, prüfen Ermittler des Zolls, ob in den Betrieben schwarz gearbeitet wird.3
Ersten Bilanzen der Razzia zufolge scheint die Aktion Erfolge aufzuweisen. Insgesamt wurden 108 Betriebe kontrolliert, 681 Identitäten überprüft, 43 Strafanzeigen und 165 Ordnungswidrigkeitsanzeigen gestellt, zwölf „freiheitsentziehende Maßnahmen“ durchgeführt, 42 Verwarngelder ausgehängt und 14 Betriebe umgehend geschlossen. Außerdem konnten 16 Waffen und ein Fahrzeug sichergestellt bzw. beschlagnahmt werden sowie in sechs Fällen Drogen konfisziert werden. Zusätzlich zu den Razzien konnten bei 96 Verkehrskontrollen in der unmittelbaren Umgebung der Objekte zehn Verwarngelder ausgesprochen werden. Es kam auch zu Anzeigen und vorläufigen Festnahmen wegen illegalen Aufenthalts. Zusätzlich wurden Strafanzeigen wegen des Verstoßes gegen das Betäubungsmittels Verstoßes gegen das Waffengesetz gestellt. So wurden diverse Drogen, Messer, Pfeffersprays, amtliche Kennzeichen und Potenzmittel von den Beamten sichergestellt. Außerdem kam es im Zuge dessen zu einer Überwachung der Waffenverbotszone in der Düsseldorfer Altstadt, bei welcher 8.078 Personen kontrolliert und acht Messer sichergestellt werden konnten.4
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele Sicherheitsfirmen sind seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW durch Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung oder andere illegale Aktivitäten aufgefallen?
- Wie viele der in Frage 1 erfragten Firmen stehen in einem Bezug zur Organisierten Kriminalität und Clans bzw. Großfamilien?
- Wie beurteilt die Landesregierung den Einfluss von Clans bzw. Großfamilien auf die Türsteherszene in NRW?
- Wie hoch schätzt die Landesregierung prozentual und absolut den Anteil von Türstehern ein, welche Bezüge zur Organisierten Kriminalität aufweisen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Ebenda
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4005 mit Schreiben vom 19. August 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen, dem Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Wie viele Sicherheitsfirmen sind seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW durch Schwarzarbeit, Steuerhinterziehung oder andere illegale Aktivitäten aufgefallen?
In den Geschäftsbereichen des Ministeriums des Innern, des Ministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie des Ministeriums der Justiz werden keine branchenspezifischen Daten entsprechend der Frage 1 statistisch erhoben. Zur Beantwortung der Frage bedürfte es daher einer Einzelauswertung sämtlicher in Betracht kommender Verfahren, die mit vertretbarem Verwaltungsaufwand nicht zu leisten ist.
Der Landesregierung liegen zu dieser Fragestellung darüber hinaus keine weiteren Erkenntnisse vor.
- Wie viele der in Frage 1 erfragten Firmen stehen in einem Bezug zur Organisierten Kriminalität und Clans bzw. Großfamilien?
Der Landesregierung liegen keine statistischen Zahlen im Sinne der Fragestellung vor.
- Wie beurteilt die Landesregierung den Einfluss von Clans bzw. Großfamilien auf die Türsteherszene in NRW?
Der Polizei Nordrhein-Westfalen sind nur vereinzelt Bezüge von Personen im Bereich des Bewachungsgewerbes zur Clankriminalität bekannt.
- Wie hoch schätzt die Landesregierung prozentual und absolut den Anteil von Türstehern ein, welche Bezüge zur Organisierten Kriminalität aufweisen?
Die Landesregierung kann – wie bereits in der Beantwortung der Fragen 1 und 2 dargelegt – keine Einschätzung im Sinne der Fragestellung abgeben.