Kleine Anfrage 4884
des Abgeordneten Klaus Esser AfD
Nur langfristige Zugausfälle oder auch leere Züge samt nächtlicher „Geisterfahrten“ in NRW?
Aufgrund fehlender Abstellgleise fahren laut Presseberichten vom 28.11.2024 leere ICE-Züge die Nächte durch. Nacht für Nacht muss die Deutsche Bahn „Geisterzüge“ fahren lassen, weil Abstellanlagen fehlen.1 Jede Nacht rollen im Schnitt fünf bis sechs ICE ohne Fahrgäste über abgelegene Strecken in und um Berlin. Um die Fahrzeit künstlich zu verlängern, bleiben die Geisterzüge gelegentlich auch einfach auf offener Strecke stehen, was aber nach Angaben von Informanten nicht lange geht, weil irgendwann ein regulärer Zug kommt.2 Leerfahrten dieser Art dauern meist mehrere Stunden und natürlich werden auch Lokführer für diese „Geisterfahrten“ eingesetzt. Für diese völlig sinnlosen Touren bekommen sie zwar Nachtzuschläge, aber diese Lokführer fehlen dann tagsüber im Dienstplan. Der akute Personalmangel bei Lokführern – auch in NRW gibt es 300 offene Stellen, jede zehnte Stelle ist unbesetzt – bringt so die Fahrpläne weiter ins Wanken.3 Die Verkehrsverbünde in NRW gehen auf Nummer sicher: besser nicht fahren als unzuverlässig fahren. Ab Mitte Dezember fallen Züge Berichten zufolge dann langfristig aus.
Daher frage ich die Landesregierung:
- Sind auch in NRW nächtliche „Rundfahrten“ gängige Praxis? (Wenn ja, in welchem Umfang geschieht dies auf welchen Streckenabschnitten?)
- Wie viele Passagiere sind von den als „langfristig“ bezeichneten Zugausfällen in NRW seit Mitte Dezember 2024 betroffen?
- Wie viele Züge fallen „langfristig“ in NRW aus?
- Wann ist wieder mit einem regulären Beförderungsumfang bei den NRW-Verkehrsverbünden zu rechnen?
- Welche Maßnahmen plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang?
Klaus Esser
2 https://www.tichyseinblick.de/wirtschaft/mobilitaet/bahn-laesst-leere-zuege-nachts-um-berlin-kreisen
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 4884 mit Schreiben vom 24. Januar 2025 namens der Landesregierung beantwortet.
- Sind auch in NRW nächtliche „Rundfahrten“ gängige Praxis? (Wenn ja, in welchem Umfang geschieht dies auf welchen Streckenabschnitten?)
Der Landesregierung von Nordrhein-Westfalen obliegt bei Angelegenheiten im Zusammenhang mit der Betriebsführung (insbesondere im Fernverkehr) auf Eisenbahnbetriebsanlagen der Deutsche Bahn AG (DB AG) keine originäre Zuständigkeit, vielmehr liegt diese kraft Gesetzes beim Bund. Die Landesregierung verfügt daher über keine eigenen Kenntnisse und hat sich zur Beantwortung der Frage 1 an die DB AG gewandt. Ihr liegt eine Stellungnahme der DB AG vom 6. Januar 2025 vor, aus der zur Beantwortung der Frage nachfolgend zitiert wird:
„Die DB hat die zitierte Berichterstattung bereits in einem Statement vom 29. November 2024 zurückgewiesen. Demnach finden nachts bundesweit Überführungs- und Abstellfahrten von Zügen statt, was ein ganz normaler Vorgang im Bahnbetrieb ist. Aufgrund begrenzter Abstell-kapazitäten in Berlin werden einige Züge an anderen Standorten abgestellt. Es kommt wegen dieser nächtlichen Überführungs- und Abstellfahrten zu keinen Zugausfällen für unsere Fahrgäste, dies gilt auch für NRW.“
- Wie viele Passagiere sind von den als „langfristig“ bezeichneten Zugausfällen in NRW seit Mitte Dezember 2024 betroffen?
- Wie viele Züge fallen „langfristig“ in NRW aus?
- Wann ist wieder mit einem regulären Beförderungsumfang bei den NRW-Verkehrs-verbünden zu rechnen?
Die Fragen 2 bis 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet.
Zuständig für den Betrieb des SPNV sind nach § 5 Absatz 3 des Gesetzes über den Öffentlichen Personennahverkehr des Landes Nordrhein-Westfalen (ÖPNVG NRW) die SPNV-Zweckverbände; das Land fungiert nicht unmittelbar als operativer Akteur.
Die SPNV-Aufgabenträger haben hierzu berichtet, dass eine genaue Zahl betroffener Fahrgäste kurzfristig nicht vorliege. Über die von den SPNV-Aufgabenträgern vorgenommenen Reduzierungen sei im Vorfeld des Fahrplanwechsels am 15.12.2024 informiert worden.
Die Anpassungen seien auf das Fahrplanjahr 2025 begrenzt. Sobald zusätzliches Personal zur Verfügung stehe, würden Reduktionen schrittweise wieder aufgehoben. Hierzu stünden Aufgabenträger und EVU im kontinuierlichen Austausch.
- Welche Maßnahmen plant die Landesregierung in diesem Zusammenhang?
Die Landesregierung setzt sich dafür ein, dass so schnell wie möglich wieder genügend Trieb-fahrzeugführende bei den EVU zur Verfügung stehen, um alle im SPNV vorgesehenen Fahrten erbringen zu können.
Um zusätzliche Triebfahrzeugführende zu gewinnen, bedarf es einer Erhöhung der von den EVU bereitgestellten Ausbildungsplätze. In enger Abstimmung mit Fokus Bahn wurden dafür erstmals EVU-spezifische Ausbildungsziele definiert. Insgesamt sollen im Jahr 2025 dadurch 700 Personen eine Ausbildung zum Triebfahrzeugführenden aufnehmen können.