Antrag
der Fraktion der AfD
Ohne Trainer keine Erfolge – Trainertarif in NRW einführen!
I. Ausgangslage
Bei den diesjährigen Olympischen Spielen in Paris erzielte Deutschland mit Rang zehn im Medaillenspiegel das schlechteste Ergebnis seit der Wiedervereinigung. Daraufhin äußerten mehrere Interessenvertreter und Sportler Kritik an der bisherigen Spitzensportförderung. Thomas Weikert, Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes, bestätigte daraufhin, dass es Handlungsbedarf auf mehreren Ebenen gebe, wobei er insbesondere mehr Trainer sowie eine bessere Bezahlung derselbigen einforderte.1 Denn das Gehalt der Trainer im deutschen Spitzensport fällt angesichts des hohen Arbeitsaufwands sowie der Anforderungen, die an sie gestellt werden, oftmals zu gering aus. Oft müssen sie unter Bedingungen arbeiten, die durch außergewöhnlich lange Arbeitszeiten sowie hohe physische und psychische Belastungen geprägt sind. Im Hochleistungssport bilden die Trainer den Dreh- und Angelpunkt des gesamten Trainings- und Wettkampfsystems und nehmen als unmittelbare Bezugspersonen der Athleten eine wichtige Schlüsselposition ein. Neben der Betreuung der Athleten im Training und Wettkampf übernehmen sie auch die Führungsverantwortung im Trainerteam, kümmern sich um die fachliche wie persönliche Weiterentwicklung und überwachen den Einsatz modernster Technik zur Leistungsanalyse.
Der mit dem Beruf einhergehende hohe zeitliche Aufwand spiegelt sich in Umfragen des Berufsverbands der Trainer im Deutschen Sport (BVTDS) deutlich wider. Diese haben ergeben, dass 80 Prozent der Leistungstrainer ihre wöchentlich vertraglich vereinbarte Arbeitszeit regelmäßig überschreiten. In 69 Prozent der Fälle erfolge das ohne einen entsprechenden Gehalts- oder Freizeitausgleich. Ein weiteres Problem besteht in der Unsicherheit der Beschäftigungsverhältnisse: Über die Hälfte der Trainer, die auf Bundesebene tätig sind, haben lediglich befristete oder sogenannte Kettenarbeitsverträge. Zudem werden nur 18 Prozent der Trainer nach einer öffentlich zugänglichen Entlohnungstabelle vergütet. Mehr als die Hälfte der Befragten findet es herausfordernd, Beruf, Familie und Freizeit in Einklang zu bringen. Aufgrund dieser belastenden Umstände würde nur einer von fünf Berufstrainern diesen Karriereweg jüngeren Kollegen empfehlen.2 Aufgrund der beschriebenen, insgesamt eher ungünstigen Arbeitsbedingungen entscheiden sich immer weniger junge Menschen diesen Berufsweg einzuschlagen. Ohne Nachwuchs gerät allerdings die Ausbildung neuer Trainer langfristig ins Stocken.
Doch auch frisch ausgebildete Trainer bleiben dem deutschen Spitzensport nicht lange erhalten, solange sich ihre Arbeitssituation nicht verbessert. Ihre prekäre Situation führt nicht selten dazu, dass immer mehr von ihnen ins Ausland abwandern – in der Hoffnung auf bessere Arbeitsbedingungen und mehr Gehalt.3 Dadurch wächst hierzulande der Bedarf an qualifizierten Trainern, der jedoch aufgrund des beschriebenen Nachwuchsmangels kaum noch abgedeckt werden kann. Die Qualifikationen, die ein Bewerber für eine Anstellung an einem Olympiastützpunkt (OSP) mitbringen muss, sind ohnehin nicht gering: ein abgeschlossenes Studium der Sportwissenschaften, einen Abschluss als Diplomtrainer, eine Trainer A-Lizenz oder zumindest in der Ausbildung dazu zu sein, nachweisliche Fachkompetenz und mehrjährige Trainertätigkeit in der entsprechenden Sportart, Kompetenz in sportwissenschaftlichen Fragen sowie sportfachliche Kompetenz hinsichtlich der Strukturen und Systeme im Leistungssport, ausgeprägte Kommunikationsfähigkeit mit hoher Kooperationsbereitschaft und soziale Kompetenz. Gut ausgebildete, national erfolgreiche Trainer sind also durchaus mit qualifizierten Führungskräften zu vergleichen, während das Gehalt als leitender Trainer im Spitzensport in etwa dem eines Berufseinsteigers nach dem Lehramtsstudium entspricht.
Dass ein Rückgang des hoch qualifizierten Trainerpersonals unmittelbare Auswirkungen auf die sportlichen Erfolge hat, liegt auf der Hand. Denn kompetente Anleitung und Unterstützung sind maßgeblich, um die Leistungsfähigkeit des deutschen Spitzen- und Nachwuchsleistungssports auf einem international wettbewerbsfähigen Niveau halten zu können. Will man dem deutschlandweit bestehenden Trainermangel im Leistungssport entgegenwirken, so wird dies langfristig nur dadurch gelingen, indem man die Rekrutierung und Qualifizierung wie auch die vertraglichen Rahmenbedingungen der Leistungstrainer deutlich verbessert.
Eine Möglichkeit, die bestehenden Missstände zu beheben, stellt die Einführung eines Trainertarifs, zunächst auf Landesebene, dar. Damit Unterschiede im Hinblick auf Berufserfahrung und Qualifikation bei der Vergütung individuelle Berücksichtigung finden, hat der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) mit seinem 2019 entworfenen Konzept zur Verbesserung der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für Trainer4 ein flexibles Vergütungsmodel vorgestellt. Als Grundlage zur Gehaltsermittlung dienen dabei die Berufsqualifikation, die Funktionsstelle sowie die Erfahrung. Aus der Verknüpfung der Berufsqualifikation mit der Funktionsstelle ergibt sich eine spezifische Entgeltgruppe, in der es wiederum je acht Erfahrungsstufen gibt. Danach sollen die Trainer entsprechend eingestuft werden. Alle vier Jahre soll eine Aufwertung erfolgen. Das Konzept stellt jedoch lediglich eine Handlungsempfehlung dar und findet daher nur in unzureichendem Maße Anwendung.
II. Der Landtag stellt fest:
– Angesichts der hohen Anforderungen, der Arbeitsbelastungen und der steigenden Lebenshaltungskosten ist die Bezahlung für Leistungstrainer im Spitzensport oftmals nicht ausreichend.
– Die abnehmende Attraktivität des Berufs hat zu Nachwuchssorgen und sogar zur Abwanderung gut ausgebildeter Leistungstrainer ins Ausland geführt. Dadurch gehen dem Sport dringend benötigte Fachkräfte verloren. Darüber hinaus stärken diese Spezialisten anschließend die internationale Konkurrenz.
– Schwierigkeiten, flächendeckend geeignetes Trainerpersonal zu finden, gefährden die internationale Wettbewerbsfähigkeit des deutschen Spitzen- und Nachwuchsleistungssports grundlegend.
– Eine spürbare Verbesserung der vertraglichen Rahmenbedingungen der Trainer ließe sich bereits mit der Einführung eines Trainertarifs für Landestrainer realisieren.
– Wie ein flexibles und dynamisches Vergütungssystem samt flexibler Arbeitszeitgestaltung aussehen kann, zeigen die Handlungsempfehlungen des DOSB zur Verbesserung der arbeitsvertraglichen Rahmenbedingungen für Trainer.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:
– einen Tarifvertrag, dessen zentraler Bestandteil ein flexibles und dynamisches Vergütungssystem nach dem Vorbild des TVÖD ist, für alle öffentlich geförderten Trainerstellen in NRW einzuführen, um den Beruf insgesamt attraktiver zu machen und mehr Menschen zum Einstieg in die Trainerlaufbahn zu motivieren;
– bei der Einführung des Tarifsystems regelmäßige Erhöhungen einzuplanen und die Vergütungstabellen bei den jährlichen Aufstellungen des Landeshaushalts zu berücksichtigen;
– die Bindung an einen Tarifvertrag für Trainer zur Voraussetzung für die Förderung der Verbände zu machen;
– sich auf allen Ebenen für Maßnahmen zur Einhaltung arbeitsrechtlicher Vorschriften im geplanten Spitzensportfördergesetz des Bundes einzusetzen.
Andreas Keith
Dr. Martin Vincentz
und Fraktion
1 Tagesschau, 13.08.2024: “Was braucht es für mehr Medaillen?”, siehe: https://www.tagesschau.de/inland/sport-foerderung-olympia-100.html (aufgerufen am 22.08.2024).
2 BVTDS: Umfrageergebnisse zur aktuellen Arbeitssituation der Bundestrainer im Deutschen Sport (Juli 2022), siehe: https://bvtds.de/fileadmin/Ergebnisse_BVTDS_Bundestrainer_Umfrage_DINA4_2022_07_06a.pdf (aufgerufen am 26.08.2024).
3 Deutschlandfunk, 12.08.2024: „Warum Deutschland bei Olympia so wenige Medaillen geholt hat“, siehe: https://www.deutschlandfunk.de/nach-olympia-deutschland-sportfoerderung-100.html (aufgerufen am 26.08.2024).
4 https://cdn.dosb.de/user_upload/www.dosb.de/uber_uns/Mitgliederversammlung/Frankfurt_2019/Anla-gen/TOP_15.1_-_Anlage_-_Konzept_zur_Verbesserung_der_arbeitsrechtlichen_Rahmenbedingungen_fuer_Trai-ner.pdf (aufgerufen am 28.08.2024).