Kleine Anfrage 3529
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Paderborn: Neuer Verhaltensleitfaden in Notunterkunft – Wirksame Maßnahme oder nur ein Akt der Hilflosigkeit?
Aufgrund vermehrter Vorfälle von Diebstählen, Belästigungen von Frauen bis hin zu absichtlich ausgelösten Feuerwehreinsätzen wird in einer Notunterkunft im Paderborner Stadtteil Schloss Neuhaus nun ein „Verhaltensknigge“1 etabliert, um so für ein besseres Zusammenleben zu sorgen. Zuvor sollen untergebrachte Flüchtlinge unter anderem Fotos von Frauen ohne deren Zustimmung gemacht haben. Die neu eingeführten Verhaltensrichtlinien umfassen allerdings nicht nur Aspekte eines guten Zusammenlebens, sondern auch Themen wie Mülltrennung oder die korrekte Anwendung eines Feuerlöschers. Der Verhaltensknigge sei eine Reaktion auf die angespannte Situation und wird neben der Einrichtungsleiterin auch von dem zuständigen Dezernenten und der Behördenleitung gestützt. Zusätzlich seien weitere Maßnahmen geplant. Eine dieser Maßnahmen sei eine Änderung der aktuellen Bewohnerkonstellation. So sollen nun, wie ursprünglich intendiert, vorrangig Personen, die aus der Ukraine stammen, und Familien in der Unterkunft untergebracht werden. Auch die Lage mit absichtlich ausgelösten Feuerwehreinsätzen wolle man unter Kontrolle bringen. Die Rettungskräfte warten mittlerweile mehrere Minuten, bevor sie auszurücken, falls es sich doch wieder um einen falschen Alarm handelt. Die drei Verantwortlichen für die ausgelösten Einsätze habe man mittlerweile identifizieren können. Es sollen weitere Gespräche der Bezirksregierung über die Lage in der Unterkunft folgen.2
Ich frage daher die Landesregierung:
- Welche Herkunftsländer sind in der Notunterkunft in Paderborn-Schloss Neuhaus vertreten? (Bitte nach Anzahl und Geschlecht der Bewohner aus dem jeweiligen Herkunftsland aufschlüsseln und Mehrfachstaatsangehörigkeiten sowie staatenlose Bewohner extra ausweisen.)
- Was ist über die drei Tatverdächtigen, die für die falschen Feuerwehreinsätze verantwortlich sein sollen, bekannt? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen nennen sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Wie häufig kam es seit der Eröffnung der Notunterkunft bis heute pro Jahr zu Straftaten, die von Bewohnern der Unterkunft begangen wurden? (Bitte nach Delikt, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Aus welchem Grund wurde die ursprüngliche Intention, vorrangig Flüchtlinge aus der Ukraine und Familien in der Unterkunft unterzubringen, nicht weiterverfolgt?
- Wie bewertet die Landesregierung die Effektivität des Konzepts eines Verhaltensknigge?
Markus Wagner
2 Ebenda.
Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 3529 mit Schreiben vom 22. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.
- Welche Herkunftsländer sind in der Notunterkunft in Paderborn-Schloss Neuhaus vertreten? (Bitte nach Anzahl und Geschlecht der Bewohner aus dem jeweiligen Herkunftsland aufschlüsseln und Mehrfachstaatsangehörigkeiten sowie staatenlose Bewohner extra ausweisen.)
In der NU Paderborn sind zum Stichtag 09.04.2024 folgende Nationalitäten (Herkunftsländer) untergebracht (Quelle: DiAs NRW): Afghanistan, Albanien, Algerien, Angola, Armenien, Aser-baidschan, Bangladesch, Burundi, China (Volksrepublik), Eritrea, Georgien, Ghana, Guinea, Indien, Irak, Iran, Kirgisistan, Libanon, Marokko, Moldau, Mongolei, Myanmar, Nigeria, Nord-mazedonien, Pakistan, Russland (russische Föderation), Somalia, Sri Lanka (Ceylon), Syrien, Tadschikistan, Tunesien, Türkei, Ukraine, ungeklärt, Usbekistan.
- Was ist über die drei Tatverdächtigen, die für die falschen Feuerwehreinsätze verantwortlich sein sollen, bekannt? (Bitte Vorstrafen der Tatverdächtigen nennen sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Der Leitende Oberstaatsanwalt in Paderborn hat dem Ministerium der Justiz unter dem 02.04.2024 im Wesentlichen berichtet, dass bei der Staatsanwaltschaft Paderborn keine Ermittlungsverfahren gegen identifizierte Tatverdächtige wegen zu Unrecht ausgelöster Feuerwehreinsätze in der Notunterkunft in Paderborn-Schloss Neuhaus hätten festgestellt werden können.
- Wie häufig kam es seit der Eröffnung der Notunterkunft bis heute pro Jahr zu Straftaten, die von Bewohnern der Unterkunft begangen wurden? (Bitte nach Delikt, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Datenquelle für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird.
Die Polizeiliche Kriminalstatistik beinhaltet keine Angaben zu den Wohnorten von Tatverdächtigen, weshalb die Frage, ob es sich bei den Tatverdächtigen um Bewohner der Notunterkunft handelt, auf dieser Datengrundlage nicht beantwortet werden kann. Eine händische Auswertung ist in der für die Kleine Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.
- Aus welchem Grund wurde die ursprüngliche Intention, vorrangig Flüchtlinge aus der Ukraine und Familien in der Unterkunft unterzubringen, nicht weiterverfolgt?
Aufgrund der Abnahme der Zugänge aus der Ukraine und die steigenden Zugänge Asylsuchender wurde entschieden die bestehende NU auch für die Unterbringung von Asylsuchenden zu nutzen.
- Wie bewertet die Landesregierung die Effektivität des Konzepts eines Verhaltensknigge?
Es ist wichtig, neu ankommende Bewohnerinnen und Bewohner in den Einrichtungen frühzeitig über die Werte und Normen, die für unser gesellschaftliches Zusammenleben bedeutend sind, zu informieren und aufzuklären. Ein Leitfaden kann eine erste Orientierung für die Bewohnenden bieten.
In der NU Lage wurde ein Leitfaden bereits erfolgreich erprobt. Der Verhaltensknigge ist ein Baustein unter vielen, um für ein reibungsloses Miteinander zu sorgen.