Paderborn: Vermehrte Fälle von Reizstoff-Angriffen – Was sind die Fakten?

Kleine Anfrage
vom 20.03.2024

Kleine Anfrage 3551

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Paderborn: Vermehrte Fälle von Reizstoff-Angriffen Was sind die Fakten?

Am 1. Februar 2024 kam es in einem Kino in der Westernstraße in Paderborn zu einem Vorfall, bei dem mehrere Personen durch das Versprühen von Pfefferspray verletzt wurden. Zwei Jugendliche seien derzeit haupttatverdächtig. Am Folgetag, dem 2. Februar 2024, kam es erneut zu einem ähnlichen Vorfall. Bei dieser Tat sei das Reizgas im Eingangsbereich des Treppenaufgangs des Kinos versprüht worden. Von dort konnte sich das Gas im gesamten Kinovorraum verbreiten und mehrere Personen leicht verletzen. Gegen 20 Uhr habe es vermehrt Beschwerden wegen Atemproblemen und Hustenanfällen gegeben. Die durch eine Angestellte alarmierte Polizei traf nach kurzer Zeit ein, konnte jedoch keine Verdächtigen vor Ort vorfinden. Allerdings habe sich ein Zeuge bei der Polizei gemeldet, der zwei Jugendliche gesehen haben soll, die etwas im Eingangsbereich des Kinos versprüht haben.1

Die noch unbekannten Tatverdächtigen wurden als etwa 13 Jahre alt und 1,40 bis 1,65 Meter groß beschrieben. Beide sollen eine Kurzhaarfrisur haben und von schlanker Statur gewesen sein. Überdies wurde ihr Erscheinungsbild als „südländisch“2 beschrieben.

Am Samstag, dem 3. Februar 2024, kam es erneut zu einem Vorfall, bei dem sich Besucher desselben Kinos gegen 20 Uhr über Hustenreize beklagten. Eine Mitarbeiterin klagte ebenfalls über Atemprobleme. Zu diesem Vorfall gebe es allerdings keine Täterbeschreibungen.3

Außerdem wurde in Paderborn in der Nacht auf Sonntag, dem 4. Februar 2024, ein 39-jähriger Gütersloher durch eine unbekannte Flüssigkeit im Augenbereich schwer verletzt. Das Ganze ereignete sich gegen 3:15 Uhr vor einem Club in der Marienstraße. Nach eigenen Aussagen habe sich der Geschädigte zum Tatzeitpunkt in der Nähe des Clubs aufgehalten, als drei Männer auf ihn zukamen. Einer der Männer soll den 39-Jährigen dann „ohne jegliches Vorgeschehen“4 getreten haben, woraufhin die beiden anderen ihn an den Armen zerrten. In der Folge sei dem Opfer durch einen der Angreifer eine unbekannte Flüssigkeit in das Gesicht gesprüht worden, was starke Schmerzen hervorrief. Kurz darauf wurde er mit einem Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht und später in eine Augenklinik in Bielefeld verlegt. Durch den Angriff soll der 39-Jährige schwere Verletzungen im Augenbereich erlitten haben.

Die Tatverdächtigen wurden als etwa 18 bis 25 Jahre alt mit südländischem Erscheinungsbild beschrieben.5

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben beschriebenen Vorfällen? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
  2. Wie schwer wiegen die Verletzungen im Augenbereich des 39-Jährigen Opfers konkret?
  3. Wie viele der Besucher bzw. Angestellte des Kinos mussten aufgrund des Vorfalls ärztlich untersucht bzw. behandelt werden?
  4. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von Selbstverteidigung, bei denen Pfefferspray verwendet wurde? (Bitte nach Ort, Anzahl der Beteiligten sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
  5. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Gewaltdelikten, bei welchen die Angreifer Reizstoffe wie Pfefferspray benutzten? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Markus Wagner

 

MMD18-8559

 

1 https://www.westfalen-blatt.de/owl/kreis-paderborn/paderborn/pfefferspray-versprueht-personen-verletzt-kino-2916394.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 https://www.westfalen-blatt.de/owl/kreis-paderborn/paderborn/fluessigkeit-besprueht-augenverletzung-club-franz-ferdinand-2915618.

5 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3551 mit Schreiben vom 26. April 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik. Sie wird nach bundeseinheitlich jährlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik, die zu Jahresbeginn eines Folgejahres für das Vorjahr veröffentlicht wird. Bis zur Veröffentlichung führt das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen umfangreiche und aufwändige Prüfroutinen im Rahmen eines Qualitätssicherungsprozesses durch. Insofern liegen die Daten zu Straftaten derzeit bis zum Berichtsjahr 2023 qualitätsgesichert vor.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu den oben beschriebenen Vorfällen? (Bitte Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Paderborn hat dem Ministerium der Justiz unter dem 27.03.2024 im Wesentlichen berichtet, dass es zwischen dem 01. und 04.02.2024 in Pader­born zu drei Vorfällen gekommen sei, bei denen bislang unbekannte Täter Reizstoffe versprüht hätten. Während sich die ersten beiden Vorfälle vom 01. und vom 03.02.2024 in einem Kino­komplex ereignet hätten, sei der dritte Reizstoffangriff, bei dem gezielt ein 39-Jähriger ange­gangen worden sei, am frühen Morgen des 04.02.2024 vor einer Diskothek erfolgt. Die Ermitt­lungen dauerten an, Hinweise auf mögliche Tatverdächtige lägen noch nicht vor.

  1. Wie schwer wiegen die Verletzungen im Augenbereich des 39-Jährigen Opfers konkret?

Das 39-jährige Opfer des Reizstoffangriffs am frühen Morgen des 04.02.2024 befindet sich nach wie vor in Behandlung. Von weiteren Angaben wird mit Blick auf das Persönlichkeitsrecht des Geschädigten und den Opferschutz abgesehen.

  1. Wie viele der Besucher bzw. Angestellte des Kinos mussten aufgrund des Vorfalls ärztlich untersucht bzw. behandelt werden?

Hierzu hat der Leitende Oberstaatsanwalt in Paderborn in seinem vorgenannten Bericht mit­geteilt, eine Mitarbeiterin des Kinokomplexes habe nach dem Vorfall am 03.02.2024 über kör­perlichen Beschwerden geklagt.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Fällen von Selbstverteidi­gung, bei denen Pfefferspray verwendet wurde? (Bitte nach Ort, Anzahl der Betei­ligten sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Eine nach Pfefferspray differenzierte Auswertung zu Fällen von Selbstverteidigung ist auf Ba­sis der Polizeilichen Kriminalstatistik nicht möglich.

  1. Wie oft kam es seit 2015 bis heute pro Jahr in NRW zu Gewaltdelikten, bei welchen die Angreifer Reizstoffe wie Pfefferspray benutzten? (Bitte nach Ort, Anzahl der Täter sowie Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen eine Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)

Zur Beantwortung der Frage verweise ich auf die Antwort zu Frage 4.

 

MMD18-9065

Beteiligte:
Markus Wagner