Panne bei SEK-Einsatz in Wuppertal – Verdächtiger auf genehmigter Auslandsreise

Kleine Anfrage
vom 02.08.2023

Kleine Anfrage 2250
des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Panne bei SEK-Einsatz in Wuppertal Verdächtiger auf genehmigter Auslandsreise

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Bei einem Einsatz der Europol kam es in Wuppertal zu einem Zwischenfall, welcher Schaden in Höhe von 30.000 Euro am Haus des Verdächtigen verursachte, wobei sich dieser auf einem von der Staatsanwaltschaft genehmigtem Auslandsaufenthalt befand. Laut Aussagen der Staatsanwaltschaft lief bereits ein eigenes Ermittlungsverfahren gegen den Verdächtigen, weshalb dieser unter Auflagen vom 7. bis 10. Juni in die Türkei reisen durfte und der Haftbefehl zunächst ebenfalls unter Auflagen außer Vollzug gesetzt wurde. Weiter sei die Staatsanwalt­schaft von dem Zugriff nicht informiert worden und befürchte nun, dass die eigenen Ermittlun­gen gefährdet sein könnten.1

Zusätzlich zu dem entstandenen Schaden am Haus wurde die Ehefrau des Verdächtigen ver­letzt, da sie, als die Spezialkräfte sich durch Sprengungen Zugang zum Haus verschafften, hinter einer der Türen stand und von durch die Explosion entstandenen Splittern getroffen wurde. Außerdem erlitt sie einen Schock und auch die Tochter befand sich zu diesem Zeit­punkt im Haus. Nach Aussagen seines Rechtsanwalts habe der Verdächtige zweieinhalb Jahre lang mit den Behörden zusammengearbeitet und alle Auflagen erfüllt. Seiner Einschät­zung nach hätte eine Vorladung ausgereicht. Überdies merkte er an, dass die Polizisten von dem Wuppertaler Ermittlungsverfahren gewusst haben sollen.2 Insgesamt verschafften sich die Einsatzkräfte der Spezialeinheit an vier Stellen des Hauses zeitgleich Zugriff. Das zustän­dige Landeskriminalamt Düsseldorf verwies darauf, dass sie im Auftrag von Europol tätig ge­worden seien. Am Morgen des Vorfalls sollen insgesamt 150 Polizeibeamte gegen einen in­ternational operierenden Goldschmuggler-Ring vorgegangen sein. Die Verdächtigen sollen Gold geschmuggelt und Geldwäsche im Wert von 15 Millionen Euro betrieben haben. Europol an sich soll allerdings nur die internationalen Maßnahmen koordiniert haben. Für die Einsatz­gestaltung vor Ort seien die nationalen Polizeibehörden verantwortlich gewesen.3

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2250 mit Schreiben vom 8. September 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

  1. Wie ist der aktuelle Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Er­mittlungen zu dem oben beschriebenen Vorfall? (Bitte Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vor­namen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.

Am späten Nachmittag des 13.06.2023 ersuchte die ROS (Raggruppamento Operativo Spe-ciale) Carabinieri im Rahmen der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen um Vollstreckung eines europäischen Haftbe­fehls, der auf Anregung der Staatsanwaltschaft Mailand vom zuständigen Gericht in Mailand erlassen wurde. Die Festnahme des Beschuldigten sollte aus ermittlungstaktischen Gründen in den frühen Morgenstunden des 15.06.2023 erfolgen.

Der Leitende Oberstaatsanwalt in Wuppertal hat dem Ministerium der Justiz unter dem 10.08.2023 zu dem in seiner Behörde geführten Ermittlungsverfahren im Wesentlichen berich­tet, der Beschuldigte, ein türkischer Staatsangehöriger, sei Mitte des Jahres 2021 nach etwa zweieinhalbmonatiger Untersuchungshaft von deren weiterem Vollzug durch das zuständige Amtsgericht verschont worden. Den ihm soweit erteilten Auflagen sei er in der Folgezeit nach­gekommen. Anfang Juni 2023 habe das Amtsgericht Wuppertal die Meldeauflage für etwa einen Monat mit Blick auf eine vom Beschuldigten beabsichtigte Reise in die Türkei ausgesetzt und das Polizeipräsidium Wuppertal hierüber unterrichtet. Über den in Rede stehenden Poli­zeieinsatz sei die Staatsanwaltschaft Wuppertal nicht vorab informiert worden. Der Beschul­digte sei bislang nicht nach Deutschland zurückgekehrt.

Der Generalstaatsanwalt in Düsseldorf hat dem Ministerium der Justiz am 11.08.2023 im We­sentlichen berichtet, gegen den Beschuldigten ein Auslieferungsverfahren zur Strafverfolgung u. a. wegen Geldwäsche aufgrund entsprechenden Auslieferungsersuchens der italienischen Behörden zu führen. Der zugrundeliegende Europäische Haftbefehl sei seiner Behörde am 16.06.2023 bekannt geworden. Der im Anschluss antragsgemäß ergangene Auslieferungs­haftbefehl des Oberlandesgerichts Düsseldorf habe bislang nicht vollstreckt werden können. Informationen über den zuvor erfolgten Polizeieinsatz hätten der Generalstaatsanwalt Düssel­dorf nicht vorgelegen. Das Strafverfahren der Staatsanwaltschaft Wuppertal könne vorerst we­gen der in den Akten befindlichen Verteidigervollmacht, auf deren Grundlage sämtliche Zustel­lungen wirksam bewirkt werden können, unabhängig von einer Anwesenheit des Beschuldig­ten im Bundesgebiet fortgesetzt werden.

Von weiteren personenbezogenen Angaben wird unter Abwägung des parlamentarischen In­formationsinteresses mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Beschuldigten und der Unschuldsvermutung mit Blick auf die in Anbetracht weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Verfahren bestehende Gefahr einer Identifizierung des Beschuldigten abgesehen. Von einer Mitteilung des den Gegenstand des Ermittlungsverfahrens der Staatsanwaltschaft Wup­pertal bildenden Tatvorwurfs wird aufgrund entgegenstehender gesetzlicher Vorschriften ebenfalls abgesehen. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die weiteren Angaben zum Sachstand entsprochen.

  1. Welche Gründe sieht die Landesregierung für die schlechte Kommunikation zwi­schen den Behörden des LKA Düsseldorf und der Staatsanwaltschaft Wuppertal?

Der Beschluss des Amtsgerichts Wuppertal zur Aussetzung der Meldeauflage ist am 02.06.2023 beim Polizeipräsidium Wuppertal eingegangen. Dieser enthält keine explizite Be­gründung für die Aussetzung der Meldeauflage. Der Beschluss wurde entgegen der behör­deninternen Verfügungslage auf Grund eines Büroversehens lediglich der zuständigen Poli­zeiwache, nicht aber dem Kriminalkommissariat 15 (Kriminalaktenhaltung) übermittelt, sodass den polizeilichen Auskunftssystemen kein Hinweis auf ein etwaiges Kommunikationserforder­nis mit der Staatsanwaltschaft Wuppertal zu entnehmen war.

  1. Welche Pläne verfolgt die Landesregierung, um zukünftig Vorfälle, wie sie unter Frage 1 abgefragt sind, zu verhindern?

Die unterbliebene Übermittlung des Beschlusses des Amtsgerichts Wuppertal an das Krimi­nalkommissariat 15 bewertet das Landesamt für Zentrale Polizeiliche Dienste Nordrhein-West­falen (LZPD NRW) als nicht sachgerecht. Das Polizeipräsidium Wuppertal wird seitens des LZPD NRW entsprechend sensibilisiert.

 

Antwort als PDF

 

1 https://www.spiegel.de/panorama/justiz/wuppertal-polizei-stuermt-haus-beschuldigter-befindet-sich-auf-genehmigter-auslandsreise-a-9262a530-dfad-4eff-8f94-0a817dcacd26.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

Beteiligte:
Markus Wagner