Politisch links motivierte Gewalttaten im Jahr 2019

Kleine Anfrage
vom 09.01.2020

Kleine Anfrage 3301der Abgeordneten Herbert Strotebeck, Markus Wagner und Andreas Keith vom 09.01.2020

 

Politisch links motivierte Gewalttaten im Jahr 2019

Politische Gewalt ist in unserem freiheitlich-demokratischen Rechtsstaat abzulehnen. Jede Form, gleichgültig, ob von links, von rechts oder aus anderer weltanschaulicher Richtung kommend, ist entschieden zu verurteilen.

Im Jahre 2018 stieg die politische Gewalt von links in NRW mit 447 Gewaltstraftaten im Vergleich zum Jahre 2017 (191 Straftaten) extrem an – um weit über 100 Prozent. Im ersten Halbjahr 2019 konnten, laut einer Antwort der Landesregierung (Drs. 17/7131) auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Strotebeck, Wagner und Keith, lediglich 45 Gewaltstraftaten der PMK-Rechts zugeordnet werden.

Wir fragen daher die Landesregierung:

1. Wie viele politisch links motivierte Gewalttaten wurden im Jahre 2019 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte aufschlüsseln nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart, Anzahl der Opfer/Geschädigten und der Täter, Nationalität bzw. Herkunftsland, Alter und Geschlecht der/s Opfer/s und der Täter und Kurzbeschreibung des Sachverhalts)

2. Wie verteilen sich die politisch links motivierten Gewalttaten im Jahre 2019 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben und nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart aufschlüsseln)

3. Wie viele Tatverdächtige wurden wegen politisch links motivierten Gewalttaten im Jahre 2019 festgenommen? (Bitte aufschlüsseln nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht der Tatverdächtigen)

4. In wie vielen Fällen politisch links motivierter Gewalttaten kam es im Jahre 2019 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)

Herbert Strotebeck
Markus Wagner
Andreas Keith

 

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Nachfolgend die Antwort der Landesregierung, verfasst am 17.02.2020

 

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 3301 mit Schreiben vom 17. Februar 2020 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.

Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie

  • den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
  • sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
  • durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
  • gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.

Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105­108e, 109-109h, 129a, 129b, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.

Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.

Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).

Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt ist für das Jahr 2019 noch nicht abgeschlossen. Demnach kann es noch zu geringfügigen Abweichungen kommen, weshalb die in diesem Bericht angegebenen Fallzahlen für das Jahr 2019 als vorläufige Zahlen zu betrachten sind.

1. Wie viele politisch links motivierte Gewalttaten wurden im Jahre 2019 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte aufschlüsseln nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart, Anzahl der Opfer/Geschädigten und der Täter, Nationalität bzw. Herkunftsland, Alter und Geschlecht der/s Opfer/s und der Täter und Kurzbeschreibung des Sachverhalts)

Der Begriff „Opfer“ richtet sich nach den bundeseinheitlichen Richtlinien „Verfahrensregeln zur Erhebung von Fallzahlen im Bereich der Politisch motivierten Kriminalität“ (Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch). Im KPMD-PMK werden lediglich die Opfer erfasst, die tatsächlich körperlich geschädigt wurden. Eine Kurzdarstellung der Sachverhalte sowie eine Darstellung von Anzahl, Nationalität, Alter und Geschlecht der Opfer, die nicht körperlich geschädigt wurden, sind ohne manuelle Auswertung jedes einzelnen Vorganges und in der für die Bearbeitung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit nicht möglich.

Im Jahr 2019 wurden in Nordrhein-Westfalen 200 Gewaltdelikte der PMK-Links erfasst. Bei 27 Delikten wurden insgesamt 34 Personen verletzt. Bei den übrigen Delikten wurden Personen geschädigt, aber nicht körperlich verletzt.

Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.

2. Wie verteilen sich die politisch links motivierten Gewalttaten im Jahre 2019 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben und nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart aufschlüsseln)

Die statistische Erfassung politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lagedarstellung sind alle zutreffenden Ober- und Unterbegriffe anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewollt.

Weitergehende Daten zu Datum, Ort, Deliktsart und Zuordnung zu den Themenfeldern bitte ich der Anlage 1, weitergehende Daten zu den Ober- und Unterbegriffen der Themenfelder der Anlage 2 zu entnehmen.

3. Wie viele Tatverdächtige wurden wegen politisch links motivierten Gewalttaten im Jahre 2019 festgenommen? (Bitte aufschlüsseln nach Datum der Tat, Ort, Deliktsart, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht der Tatverdächtigen)

Im KPMD-PMK werden Tatorte und keine Festnahmeorte erfasst. Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen gemäß §§ 127, 127b StPO erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW).

Im Jahr 2019 gab es keine Festnahmen aufgrund politisch links motivierter Gewaltdelikte.

4. In wie vielen Fällen politisch links motivierter Gewalttaten kam es im Jahre 2019 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, Erhebung einer Anklage, Verurteilung oder Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)

Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 1 aufgezählten Straftaten ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Die zur Beantwortung erforderlichen Zahlen liegen dem Ministerium der Justiz nicht vor und können nicht mit einem für die Strafrechtspflege vertretbaren Aufwand beschafft werden. Eine Erhebung der Daten würde eine Einzelauswertung der Akten aller in Betracht kommenden Verfahren erfordern. In den bundesweit einheitlichen Statistiken der Justiz werden Ermittlungs-und Strafverfahren wegen politisch links motivierter Gewalttaten nicht gesondert erfasst.

 

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