Kleine Anfrage 6365des Abgeordneten Markus Wagner vom 28.01.2022
Politisch motivierte Kriminalität Rechts im Jahr 2021
Die politische Willensbildung erfolgt in Deutschland durch Wahlen. Jede Form von politisch motivierter Kriminalität, ganz gleich ob von links oder von rechts kommend oder auf sonstiger ideologischer oder religiöser Grundlage beruhend, ist abzulehnen.
Das Ziel dieser Anfrage ist es, einen statistischen Überblick über die politisch rechts motivierte Kriminalität im Jahre 2021 zu erhalten.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2021 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten)
- Wie viele Straftaten der Allgemeinkriminalität wurden im Jahre 2021 in Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
- Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2021 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben)
- Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2021 in NRW wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten)
- In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2021 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, zur Erhebung einer Anklage, zu einer Verurteilung oder zu einer Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)
Markus Wagner
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6365 mit Schreiben vom 1. März 2022 namens der Landesregierung im Eivernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die statistische Erfassung „Politisch motivierter Kriminalität“ (PMK) erfolgt bundesweit einheitlich auf der Grundlage des im Jahr 2001 von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder beschlossenen Definitionssystems „Politisch motivierte Kriminalität“.
Der PMK werden demnach Straftaten zugeordnet, wenn in Würdigung der Umstände der Tat und/oder der Einstellung des Täters Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sie
- den demokratischen Willensbildungsprozess beeinflussen sollen, der Erreichung oder Verhinderung politischer Ziele dienen oder sich gegen die Realisierung politischer Entscheidungen richten;
- sich gegen die freiheitlich demokratische Grundordnung bzw. eines ihrer Wesensmerkmale, den Bestand und die Sicherheit des Bundes oder eines Landes richten oder eine ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung von Mitgliedern der Verfassungsorgane des Bundes oder eines Landes zum Ziel haben;
- durch Anwendung von Gewalt oder darauf gerichtete Vorbereitungshandlungen auswärtige Belange der Bundesrepublik Deutschland gefährden;
- gegen eine Person wegen ihrer politischen Einstellung, Nationalität, Volkszugehörigkeit, Rasse, Hautfarbe, Religion, Weltanschauung, Herkunft oder aufgrund ihres äußeren Erscheinungsbildes, ihrer Behinderung, ihrer sexuellen Orientierung oder ihres gesellschaftlichen Status gerichtet sind und die Tathandlung damit im Kausalzusammenhang steht bzw. sich in diesem Zusammenhang gegen eine Institution/Sache oder ein Objekt richtet.
Darüber hinaus gehören Straftaten gemäß §§ 80a-83, 84-86a, 87-91, 94-100a, 102-104a, 105108e, 109-109h, 129a, 129b, 130, 192a, 234a oder 241a StGB als Staatsschutzdelikte zur PMK, selbst wenn im Einzelfall eine politische Motivation nicht festgestellt werden kann.
Politisch motivierte Straftaten werden hinsichtlich des Begründungszusammenhangs (Motiv) einem oder mehreren Themenfeldern zugeordnet.
Datenquelle zur Beantwortung der Fragen ist der Kriminalpolizeiliche Meldedienst in Fällen der Politisch motivierten Kriminalität (KPMD-PMK).
Der Fallzahlenabgleich mit dem Bundeskriminalamt (BKA) ist für das Jahr 2021 zwar abgeschlossen, die endgültige Bestätigung des Abschlusses seitens des BKA steht aber noch aus. Die nachfolgend angegebenen Fallzahlen sind trotzdem als vorläufige Zahlen zu betrachten, wenngleich Veränderungen nicht zu erwarten sind.
1. Wie viele politisch rechts motivierte Straftaten wurden im Jahre 2021 in Nordrhein-Westfalen verübt? (Bitte nach Ort und Deliktsgruppe auflisten)
Im Jahr 2021 wurden in Nordrhein-Westfalen bislang 3.134 Straftaten der PMK-Rechts erfasst. Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 1 zu entnehmen.
2. Nordrhein-Westfalen von bekannten Rechtsextremen verübt?
Für das Jahr 2021 wurden bislang 1.685 Straftaten der Allgemeinkriminalität von bekannten Rechtsextremen begangen, die bereits zuvor polizeiliche Erkenntnisse als Tatverdächtige politisch motivierter Straftaten Rechts hatten.
3. Wie verteilen sich die politisch rechts motivierten Straftaten im Jahre 2021 nach Themenfeldern? (Bitte Zahlen für Ober- und Unterthemen angeben)
Die statistische Erfassung politisch motivierter Straftaten nach Themenfeldern erfolgt auf der Grundlage eines bundesweit einheitlich festgelegten Katalogs. Für eine differenzierte Lagedarstellung sind alle zutreffenden Ober- und Unterbegriffe anzugeben. Dementsprechend sind Mehrfachnennungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gewollt.
Die beherrschenden Oberbegriffe der rechts motivierten Straftaten im Jahr 2021 sind „Natio-nalsozialismus/Sozialdarwinismus“ mit bislang 2.081 Delikten sowie „Hasskriminalität“ mit bislang 1.223 Delikten.
Bei den Unterbegriffen sind „Fremdenfeindlich“ mit bislang 1.184 und „gegen den Staat, seine Einrichtungen und Symbole“ mit bislang 877 erfassten Delikten auffällig.
Weitergehende Daten bitte ich der Anlage 2 zu entnehmen.
4. Wie viele Tatverdächtige wurden im Jahre 2021 wegen politisch rechts motivierter Straftaten festgenommen? (Bitte nach Ort, Alter, Nationalität bzw. Migrationshintergrund und Geschlecht auflisten)
Im KPMD-PMK werden Tatorte und keine Festnahmeorte erfasst. Als Festnahme werden hier statistisch alle bekanntgewordenen polizeilichen Maßnahmen gemäß §§ 127, 127b StPO erfasst (keine Ingewahrsamnahmen nach dem Polizeigesetz NRW).
Im Jahr 2021 wurde in Nordrhein-Westfalen kein Tatverdächtiger wegen Straftaten der PMK-Rechts festgenommen.
5. In wie vielen Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität kam es im Jahre 2021 zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, zur Erhebung einer Anklage, zu einer Verurteilung oder zu einer Einstellung der Ermittlungen? (Bitte auch den Grund für die Einstellung des Verfahrens angeben)
Durch die Polizei des Landes Nordrhein-Westfalen wurde in allen in der Antwort zu Frage 1 aufgezählten Fällen ein Ermittlungsverfahren eingeleitet.
Im Jahr 2021 kam es – den Berichten der Generalstaatsanwältin und der Generalstaatsanwälte des Landes zufolge – bei nordrhein-westfälischen Staatsanwaltschaften in 5.345 Fällen politisch rechts motivierter Kriminalität zur Einleitung von Ermittlungsverfahren, in 713 Fällen zur Erhebung der öffentlichen Klage durch Einreichung einer Anklageschrift bzw. Beantragung eines Strafbefehls und in 4.163 Fällen zur Einstellung der Ermittlungen. Grund für die Einstellung des Verfahrens war in 1.636 Fällen, dass ein Tatverdächtiger nicht ermittelt werden konnte. In 356 Fällen erfolgte eine Verurteilung.
Die Differenz zu den polizeilich eingeleiteten Ermittlungsverfahren erklärt sich durch ein anderes Erfassungssystem der Landesjustiz.