Politische Instrumentalisierung und Indoktrinierung von Schülern – was sind die Hintergründe des Schulfestes an der Gesamtschule Köln-Lindenthal am 26. Februar 2023?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 1517

der Abgeordneten Sven W. Tritschler und Carlo Clemens vom 13.03.2023

Politische Instrumentalisierung und Indoktrinierung von Schülern was sind die Hintergründe des Schulfestes an der Gesamtschule Köln-Lindenthal am 26. Februar 2023?

Am Sonntag, den 26. Februar 2023, fand ein vermeintlich „spontanes“ Schulfest auf dem Schulgelände der Gesamtschule Lindenthal an der Berrenrather Straße 488 statt. Dieses Schulfest war als Reaktion auf einen Kreisparteitag des AfD-Kreisverbandes in der Schulaula geplant, dessen Termin damit veröffentlicht wurde.

Zuvor dort stattfindende Parteitage der AfD wurden durch diese stets nicht veröffentlicht, auch um die Gefahr durch linksextreme Gegendemonstranten, die zu solchen Anlässen in Köln erfahrungsgemäß auftreten, kleinzuhalten.

Aus diesem Grund, vor allem aber auch zum Schutz der Schüler, verzichtete der AfD-Kreisverband nach Bekanntwerden des Termins auf sein Recht zur Durchführung der Veranstaltung in der Schule.

Es ist offensichtlich, dass das Schulfest als Reaktion auf den Parteitag angesetzt wurde und naheliegend, dass es den störungsfreien Ablauf desselben behindern sollte. Inwieweit es dabei zu einer Zusammenarbeit mit linksextremen Gruppen gekommen ist, ist aktuell unklar.

Den Fragestellern ist bekannt, dass die Kölner Stadtverwaltung von diesem Fest erst aus den Medien erfuhr. Das Schulfest wirkte professionell organisiert, u.a. waren professionelle Sicherheitsdienste, moderne Bühnentechnik, zusätzliche sanitäre Einrichtungen und Ausschankwagen im Einsatz.

Aus den Verlautbarungen vor und während des Schulfests ist klar erkennbar, dass das Fest nicht zufällig parallel zum Parteitag stattfinden sollte, sondern ausdrücklich als Gegenveranstaltung angelegt war. Auf der Bühne wurde von einer Schulpflegschaftsvertreterin u.a. die spontane Arbeit der Lehrer für dieses Fest während der Karnevalstage gelobt. Die Musiklehrer wurden dabei auch noch besonders hervorgehoben. Der Sänger einer Band stellte klar, dass es toll sei, dass man so ein Fest spontan „gegen eine rechte Partei“ ausgerufen habe.

Der bekannte Kölner Musiker Stefan Brings führt in der WDR Lokalzeit vom 22.02.2023 außerdem aus, dass die Musiklehrerin ihn angesprochen habe, bei dem Konzert mitzuwirken.1

Mit dem Schulfest wurden folglich öffentliche Mittel und Einrichtungen gegen eine demokratisch legitimierte Partei instrumentalisiert, die mit dem Parteitag ihre verfassungsmäßigen Rechte und Pflichten nach Parteiengesetz wahrnehmen wollte.

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie hat die Gesamtschule Lindenthal Dritte über den Kreisparteitag der AfD informiert? Diese Frage bezieht sich ausdrücklich auch auf die Weitergabe der Information von der Schulleitung an das Lehrerkollegium, die Schulpflegschaft, die Eltern aber auch andere bitte zu spezifizierende Organisationen und Personen.
  2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammenarbeit von Vertretern der Gesamtschule Lindenthal mit den Gegendemonstranten vor der Tür sowie anderen linken Organisationen?
  3. Wie beurteilt die Landesregierung die Organisation eines Schulfestes und damit die faktische Bekanntmachung des AfD-Kreisparteitags mit Blick auf das Neutralitätsgebot einer Schule?
  4. Wer hat die Kosten des Schulfestes getragen? Wir bitten um eine sinnvolle Aufschlüsselung nach Land NRW, Stadt Köln, zu spezifizierenden Dritten und nach den jeweils übernommenen Kosten.
  5. Inwiefern hat die Gesamtschule Lindenthal besagten Themenkomplex mit der Schülerschaft behandelt (z.B. im Unterrichtsgeschehen, in Arbeitsgemeinschaften usw.)?

Sven W. Tritschler
Carlo Clemens

 

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1 https:// www1 .wdr.de/fernsehen/lokalzeit/koeln/videos/video-lokalzeit-aus-koeln—2316.amp abgerufen am 27.02.2023


Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1517 mit Schreiben vom 20. April 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Landesregierung verfügt aus eigener Zuständigkeit nicht über Erkenntnisse zu den erfrag­ten Sachverhalts-, Kommunikations- und Planungsdetails hinsichtlich des durchgeführten Schulfestes. Gemäß § 3 Absatz 1 Schulgesetz NRW gestaltet die Schule den Unterricht, die Erziehung und das Schulleben im Rahmen der Rechts- und Verwaltungsvorschriften in eigener Verantwortung. Sie verwaltet und organisiert ihre inneren Angelegenheiten selbstständig. Hierzu gehört auch die Organisation und Durchführung derartiger Veranstaltungen durch die Schulgemeinschaft. Die nachstehende Beantwortung beruht daher auf der über die zuständige Schulaufsichtsbehörde eingeholten Stellungnahme der Schule.

  1. Wie hat die Gesamtschule Lindenthal Dritte über den Kreisparteitag der AfD infor­miert? Diese Frage bezieht sich ausdrücklich auch auf die Weitergabe der Infor­mation von der Schulleitung an das Lehrerkollegium, die Schulpflegschaft, die El­tern aber auch andere bitte zu spezifizierende Organisationen und Personen.

Die Schule hat mitgeteilt, dass eine Informationsweitergabe im Sinne der Fragestellung nicht erfolgt sei. Eine konkrete Anfrage eines Aktionsbündnisses hinsichtlich des Termins der Par­teiveranstaltung sei an das insoweit zuständige Bürgeramt weitergeleitet worden.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Zusammenarbeit von Ver­tretern der Gesamtschule Lindenthal mit den Gegendemonstranten vor der Tür sowie anderen linken Organisationen?

Nach Mitteilung der Schule erfolgte keine „Zusammenarbeit“ mit Gegendemonstranten oder anderen Organisationen im Sinne der Fragestellung.

  1. Wie beurteilt die Landesregierung die Organisation eines Schulfestes und damit die faktische Bekanntmachung des AfD-Kreisparteitags mit Blick auf das Neutra­litätsgebot einer Schule?

Das Schulfest war als „Tag der Nationen“ unter dem Gesichtspunkt „Toleranz und Vielfalt“ konzipiert. Insoweit ist für die Landesregierung ein Verstoß gegen das schulische Neutralitäts­gebot gemäß § 2 Absätze 7 und 8 Schulgesetz NRW durch „Indoktrinierung“ von Schülerinnen und Schülern – wie die Überschrift der Kleinen Anfrage nahelegt – nicht ersichtlich. Die Lan­desregierung begrüßt grundsätzlich das Eintreten der Schulgemeinschaft für die genannten Werte auch im Rahmen von sonstigen Schulveranstaltungen, wie Schulfesten, denn dies ent­spricht gerade dem schulischen Bildungs- und Erziehungsauftrag. Gemäß § 2 Absatz 6 Num­mer 5 Schulgesetz NRW sollen Schülerinnen und Schüler insbesondere lernen, Menschen unterschiedlicher Herkunft vorurteilsfrei zu begegnen, die Werte der unterschiedlichen Kultu­ren kennenzulernen und zu reflektieren sowie für ein friedliches und diskriminierungsfreies Zusammenleben einzustehen.

Für die Organisation von Veranstaltungen auf dem Schulgelände außerhalb der üblichen Schulzeiten, in denen Gelände und Schulgebäude zur schulischen Nutzung zur Verfügung stehen, bedarf es grundsätzlich der Zustimmung des Schulträgers. Dieser entscheidet über die außerschulische Nutzung von Schulgebäuden und die Zurverfügungstellung von Räum­lichkeiten an Dritte außerhalb des Schulbetriebs. Die Schule hat mitgeteilt, dass sie die Pla­nung vorab dem zuständigen Bürgeramt angezeigt hat. Sie wurde durch die zuständige obere Schulaufsichtsbehörde zwischenzeitlich nochmals auf die bestehenden Abstimmungserforder­nisse mit dem Schulträger hingewiesen.

  1. Wer hat die Kosten des Schulfestes getragen? Wir bitten um eine sinnvolle Auf­schlüsselung nach Land NRW, Stadt Köln, zu spezifizierenden Dritten und nach den jeweils übernommenen Kosten.

Nach Angaben der Schule oblag die Organisation des Schulfestes der Elternschaft. Die ge­wünschte Aufschlüsselung kann daher nur durch die Eltern erstellt werden. Eigene Kenntnisse liegen der Landesregierung und, nach deren Bericht, auch der Schule nicht vor. Ein Anspruch der Landesregierung oder der Schule auf Erstellung der gewünschten Aufschlüsselung durch die Eltern besteht nicht. Die Schule hat mitgeteilt, dass sie keine Kosten getragen, Zuwendun­gen für den Schulträger entgegengenommen oder Gegenleistungen (z.B. im Rahmen von Sponsoring) erbracht habe.

  1. Inwiefern hat die Gesamtschule Lindenthal besagten Themenkomplex mit der Schülerschaft behandelt (z.B. im Unterrichtsgeschehen, in Arbeitsgemeinschaften usw.)?

Die Schule hat vorgetragen, dass die mit dem Schulfest verbundenen Themen wie z.B. Tole­ranz und Vielfalt, die sich auch aus dem Leitbild der Schule ergäben, im Einklang mit den Bildungs- und Erziehungszielen des Schulgesetzes NRW stünden und Teil der Unterrichtsge­staltung seien. Über die Themen des Schulfestes seien die Schülerinnen und Schüler im Rah­men der wöchentlich stattfindenden Klassenstunden, in denen die Themen Vielfalt und Tole­ranz immer wieder angesprochen würden, informiert worden. Der Unterricht an der Gesamt­schule unterstütze insgesamt die Entwicklung der Schülerinnen und Schüler zu mündigen und sozial verantwortlichen Persönlichkeiten.

 

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