Polizeiarbeit an NRW-Westgrenze – Kompetenzen stärken, vernetzen und effektiver gestalten

Antrag
vom 02.07.2019

Antragder AfD-Fraktion vom 02.07.2019

 

Polizeiarbeit an NRW-Westgrenze – Kompetenzen stärken, vernetzen und effektiver gestalten

I. Ausgangslage

Das Land NRW hat eine Westgrenze von insgesamt 494 km Länge, 99 km gegenüber Belgien und 395 km gegenüber den Niederlanden.1 Dieser Teil der EU-Binnengrenze bietet an ca. 400 Stellen Grenzübertrittsmöglichkeiten, davon sind 160 als grenzüberschreitende Verkehrswege klassifiziert, also Autobahnen, Schienenwege und sonstige Bundes-, Landes- und Kreisstraßen. Die NRW-Westgrenze wie auch alle weiteren deutschen Außengrenzen zu schützen ist Aufgabe der Bundespolizei. Diese ist jedoch innerhalb einer föderalen Sicherheitsarchitektur nur eine beteiligte Partei im Zusammenwirken mit anderen Bundes-, Landes- sowie kommunalen Behörden, z.B. dem Zoll, der Landespolizei und Ausländerbehörden bei Kreisverwaltungen. Diese föderale Struktur, die im Geiste gegenseitiger Kontrollmechanismen in der Nachkriegszeit entstanden ist, stößt bei modernen Gefährdungs- bzw. Sachlagen an ihre Grenzen, so z.B. beim Thema „Migration, straffällige Flüchtlinge und Rückführung“, wie auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in einer Stellungnahme zu einer Anhörung vom 14.03.2019 im NRW-Landtag bestätigt.2

Grenz- bzw. bundespolizeiliche Arbeit findet heute nicht mehr statisch an den 160 klassifizierten Grenzübertrittsstellen statt, wie es früher der Fall war, sondern ist moderner, vernetzter, intelligenter und effektiver aufgestellt. Die Zusammenarbeit und Kommunikation mit den europäischen Nachbarn sowie die schnelle und reibungslose Zusammenarbeit der deutschen Sicherheitsbehörden untereinander sind wesentlicher Bestandteil einer erfolgreichen bundespolizeilichen Arbeit. Die Effektivität dieser Maßnahmen ist in Fachkreisen unumstritten, bestätigt u.a. auch Arnd Krummen von der GdP-Bundespolizei in einem Artikel der WELT.3

Kriminelle Schleuserorganisationen sind heute insbesondere über die sozialen Netzwerke exakt über die Rahmenbedingungen an den deutschen Grenzen informiert und reagieren entsprechend zügig und konsequent.4 Man nutzt günstige Fernbusverbindungen von Spanien in Richtung Paris und von dort weiter nach Brüssel aus, um dann bei Aachen die vielfältigen Möglichkeiten des illegalen Grenzübertritts weitestgehend unbemerkt zu nutzen.5 Gleiches gilt für Kriminelle, die in der Planung und Begehung ihrer Taten speziell grenzspezifische Lücken und Kompetenzprobleme zu nutzen versuchen. Ein gutes Beispiel dafür sind kriminelle Banden, die sich auf Sprengungen von Geldautomaten spezialisiert haben und diese Taten in NRW, aber auch z.B. in Rheinland-Pfalz, grundsätzlich in grenzüberschreitender Begehung vornehmen.

Dieser Vernetzung und personellen Stärke auf Seiten von Kriminellen und Schleuserorganisationen können wir nicht mit einer personellen Minimalbesetzung sowie fehlender Vernetzung mit unseren Nachbarstaaten begegnen.

Notwendig ist die Ausweitung der Zusammenarbeit mit der niederländischen und belgischen Polizei im Rahmen von gemeinsamen Polizeiteams, die bereits heute erfolgreich – jedoch noch in zu geringer Anzahl – gute Arbeit leisten und dabei einen hohen Wirkungsgrad erzielen. Weiterhin benötigt die Bundespolizei gemeinsame Leitstellen sowie auch Dienststellen, in denen auch die Landespolizei, der Zoll, das BAMF und Vertreter von Kreisausländerbehörden ansässig sind, um Problemfälle kompetenzübergreifend, zügig und zielgerichtet beurteilen und bearbeiten zu können. Des Weiteren muss unsere Bundespolizei weiter personell aufgestockt und unterstützt werden, damit effektive Methoden, wie z.B. die grenznahe, strategische Fahndung, weiter ausgebaut werden können.

Parallel dazu ist es jedoch notwendig, die gesamte deutsche Sicherheitsarchitektur neu zu konzipieren. Komplexe Themen, wie Migration, straffällige Flüchtlinge und Rückführungen sowie Bandenkriminalität lassen sich in der aktuellen Situation von Zuständigkeiten kaum adäquat regeln. Keine einzelne deutsche Behörde ist heute in der Lage, sich alleine einem der oben genannten Kriminalitätsphänomene mit grenzüberschreitenden Bezügen zu stellen. Es bedarf eines Zusammenrückens, einer besseren Vernetzung, einer Vereinheitlichung kompatibler IT-Technik und eines Bürokratieabbaus.

Eine effektive Grenzkontrolle hat in erster Linie einen Verdrängungs- und Meidungseffekt zur Folge. Aktuell meiden Kriminelle und illegale Migranten die stark bewachten deutschen Südgrenzen und reisen über einen Umweg über die deutsche Westgrenzen, vor allem nach NRW ein. Die Aufgriffszahlen der Bundespolizei in NRW sind seit 2016 konstant auf einem hohen Niveau.6 7 Dass NRW und insbesondere das Dreiländereck bei Aachen ein Brennpunkt illegaler Migration ist, bestreitet in Polizeikreisen seit Jahren niemand mehr, auch die Medien vertreten einhellig diese durch Recherchen verfestigte Haltung.8

Die NRW-Westgrenze war bereits Gegenstand eines AfD-Antrags9, in dessen Beratungsverlauf es im Innenausschuss am 14.03.2019 zu einer Anhörung kam. In dieser Anhörung hat neben anderen Aussagen und Stellungnahmen von Sachverständigen und Gewerkschaften insbesondere der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) einen sehr deutlichen Forderungskatalog für dringende und gleichsam notwendige Änderungen vorgelegt.10 Diese sinnvollen Vorschläge sollten uns als Leitgedanke dienen, an dem wir unser künftiges politisches Handeln in NRW, aber auch unsere Einflussnahme auf Bundesebene ausrichten.

II. Der Landtag stellt daher fest:

1. Die NRW-Westgrenze mit ihrer Gesamtlänge von 494 km ist eine wichtige Transitzone für Migranten aus den südeuropäischen Staaten. Auch die grenzüberschreitende Kriminalität stellt unsere Polizei vor besondere Herausforderungen.

2. Die Bundespolizei leistet im Rahmen ihrer materiellen aber vor allem personellen Kapazitäten eine hervorragende Arbeit, die höchste Anerkennung verdient.

3. Nordrhein-Westfalen unterstützt auf Landes- wie auch auf Bundesebene die Arbeit der Bundespolizei sowie die Vernetzung mit den Nachbarstaaten bestmöglich.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

1. sich im Bereich des landespolizeilichen Kompetenzbereichs für die Intensivierung der Kooperation mit den Nachbarstaaten Niederlande und Belgien einzusetzen.

2. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die bisherigen, guten Erfahrungen der gemeinsamen, grenzüberschreitenden Polizeiteams weiter ausgebaut werden. Die im Grenzgebiet liegenden Polizeibehörden Borken, Kleve, Viersen, Heinsberg, Euskirchen und das Polizeipräsidium Aachen sollen in die Lage versetzt werden, hierfür mehr Personal bereitstellen zu können.

3. an der NRW-Westgrenze gemeinsam mit dem Bund integrative Leitstellen zu schaffen, um die Arbeit der verschiedenen Behörden (Bundespolizei, Landespolizei und Zoll) besser zu koordinieren, sowie Leitstellenkapazitäten zu bündeln und auszubauen. Alle relevanten Behörden und Zuständigkeiten sollen in diese integrativen Leitstellen zentral gebündelt werden sowie in Grenznähe mit Arbeitsplätzen für Verbindungsbeamte zum jeweiligen Nachbarland ausgestattet sein.

4. nach dem Vorbild von integrativen Leitstellen ähnliche integrative Dienststellen zu schaffen, in denen neben Bundespolizei, Landespolizei und Zoll auch Außenstellen von Kreisverwaltungen vertreten sind, um hier ebenfalls Synergieeffekte zu nutzen, kurze Abstimmungswege zu ermöglichen und einen Wissenstransfer zwischen den einzelnen Behörden zu ermöglichen. Die kompetenzbereichsübergreifende Bündelung von Ressourcen aus dem bundes-, landes- und kommunalen Bereich sowie die Bildung von interdisziplinären „Task Forces“ verkürzt Verwaltungsaufwand und erhöht die Effizienz der grenznahen Polizeiarbeit.

5. sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, dass die „Aachener Erklärung“ überarbeitet sowie inhaltlich ergänzt wird und zwar mindestens insoweit, dass einerseits die Zuständigkeit des Bundeskriminalamtes im Hinblick auf die Erarbeitung eines strategischen Maßnahmenpakets mit den Nachbarn Niederlande und Belgien deutlich gestärkt wird und des Weiteren der Zoll in diese Strategiegruppe mit aufgenommen wird.

6. den begonnenen Weg der personellen Aufstockung der Bundespolizei auf Bundesebene weiter fortzusetzen und die Bundespolizeidirektion Sankt Augustin sowie die dort ansässige MKÜ („Mobile Kontroll- und Überwachungseinheit“) weiter personell, und zwar über das jetzt bereits beschlossene Maß hinaus, aufzustocken.

7. auf Bundesebene darauf hinzuwirken, dass die grenznahe strategische Fahndung mit ihren mobilen Kontrolleinheiten als wirksames Instrument der Grenzsicherung weiter ausgebaut wird und für diese Fahnder eine separate, nachgeordnete Ermittlungseinheit geschaffen wird.

Markus Wagner
Nic Peter Vogel
Andreas Keith

und Fraktion

 

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1 https://www.bezreg-koeln.nrw.de/brk_internet/nrw-zahlen-geodaten/index.html

2 LT-Drs. 17/1257, Seite 8

3 https://www.welt.de/regionales/nrw/article178488848/Nordrhein-Westfalens-Westgrenze-Einfallstor-fuer-illegale-Migration.html

4 LT-Drs. 17/1257, Seite 3

5 https://www.welt.de/politik/deutschland/article192133385/Migration-nach-Deutschland-Wie-gesichert-ist-die-Westgrenze.html

6 LT-Drs. 17/1257, Seite 3

7 https://www.welt.de/politik/deutschland/article192133385/Migration-nach-Deutschland-Wie-gesichert-ist-die-Westgrenze.html

8 https://www.welt.de/regionales/nrw/article178488848/Nordrhein-Westfalens-Westgrenze-Einfallstor-fuer-illegale-Migration.html

9 LT-Drs. 17/3026

10 LT-Drs. 17/1257, Seite 6 ff.