Polizeiwache Dortmund-Nordstadt: Was ist da los?

Kleine Anfrage
vom 18.07.2023

Kleine Anfrage 1931

des Abgeordneten Markus Wagner AfD

Polizeiwache Dortmund-Nordstadt: Was ist da los?

„Uns wurde aus dem Präsidium klar gesagt, möglichst wenig Migranten zu kontrollieren, die Situation wäre wegen des toten Senegalesen sowieso schon angespannt. Aber wen sollen wir dann in der Nordstadt kontrollieren, da leben fast nur noch Migranten? Zusätzlich wurden die Einsatztrupps eingestampft, wir können Hotspots gar nicht mehr überwachen, hetzen nur noch von Einsatz zu Einsatz.“1

Die Dortmunder Nordstadt steht schon seit vielen Jahren zunehmend als Synonym für Drogen, Kriminalität und die Schattenseiten einer Politik der ungeschützten Grenzen. Für viele Menschen ist die Nordstadt zu bestimmten Zeiten und an bestimmten Orten und Straßenzügen zu einer No-Go-Area verkommen. Dieser Stadtteil ist über Dortmunds Grenzen hinaus dafür bekannt, dass Polizeibeamte selbst bei einem kleinen Vorfall nur mit ausreichend Verstärkung anrücken. Zu groß ist die Gefahr und Angst, selbst Opfer einer Straftat zu werden.

Die eingangs zitierte Aussage eines in der Dortmunder Nordstadt tätigen Polizisten, die die Bild-Zeitung am 22. Mai 2023 veröffentlichte, zeigt erneut exemplarisch, unter welch schlechten Arbeitsbedingungen unsere Polizeibeamte ihren Dienst verrichten müssen. Die Einhaltung der politischen Korrektheit erhält zum Teil mehr Gewicht als die Sicherheit der Polizei und der Bürger. Viele der in diesem Stadtteil eingesetzten Polizeibeamte sind mit der aktuellen Situation vollkommen unzufrieden und erheben ganz konkrete Vorwürfe gegen die Polizeiführung in Dortmund. Der Bereich zwischen dem Borsigplatz und dem Nordmarkt bildet den Hotspot tagtäglich stattfindender Kriminalität in der Nordstadt. Die Arbeit der Beamten gleicht einer Sisyphus-Aufgabe, da die allermeisten Kriminellen bereits nach wenigen Stunden die Polizeiwache wieder frei verlassen können oder gar nicht erst verhaftet werden:

„Bei einer Demonstration nach den tödlichen Schüssen hatte ein Afrikaner eine Demo gegen Polizeigewalt angemeldet. Der wurde aber mit Haftbefehl gesucht. Uns wurde trotzdem aus dem Präsidium verboten, den Mann bei der Demo festzunehmen. Das gäbe Bilder, die man jetzt nicht gebrauchen könnte.“2

Diese schlechten Arbeitsbedingungen, eine zunehmende Kriminalität sowie fehlender Rückhalt von Vorgesetzten führen dazu, dass die Polizisten der Polizeiwache Nord frustriert sind und davon berichten, dass „alle nur noch woanders hin wollen [und] Umsetzungsgesuche schreiben. Mittlerweile wollen 41 von 61 Kollegen weg. Die Kollegen haben innerlich gekündigt. Gibt es Vorwürfe, egal ob von Intensivtätern oder Linksextremen, wird man sofort fallen gelassen. Eine Unschuldsvermutung gibt es für uns nicht mehr. Es findet eher eine bewusste Kriminalisierung von Kollegen statt.“3

Die ohnehin schwierigen Arbeitsbedingungen werden durch Einsparungen zusätzlich verschärft:

„Wir haben immer weniger Kollegen, teilweise wurden Schichten um zehn Polizisten reduziert. Im Früh- und Nachtdienst gibt es oft nur noch zwei Streifenwagen für die ganze Nordstadt.“4

Der Dortmunder Polizeichef, Gregor Lange, nahm gegenüber der Bild-Zeitung zu Teilen der Äußerungen seiner Bediensteten Stellung und gab zu, dass die Polizei „nur eine knappe Personalausstattung“ habe und „dadurch im Wachdienst durchgängig weniger Personal“ zur Verfügung stehe.5

Des Weiteren bestätigte Lange, dass es nach der Corona-Pandemie wieder deutlich brutaler auf den Straßen geworden ist:

„Die Entwicklung ist insgesamt problematisch. Übergriffe im öffentlichen Raum, Messer, Gewalt unter Kindern und Jugendlichen. Aber Probleme werden nicht besser, indem man sie nicht thematisiert. Wir müssen dranbleiben, der Kampf gegen Kriminalität gerade in solchen Problem-Stadtteilen ist ein Marathonlauf.“6

Neben fehlendem Rückhalt von Dienstvorgesetzten macht sich aber auch mangelndes Vertrauen deutlich. Ein Polizeibeamter kritisiert, dass „keinerlei Wertschätzung, kein Respekt vor unserer schwierigen Arbeit mehr statt[findet]“. Es wird davon berichtet, dass „einmal der Polizeipräsident in die Wache [kam], alle sollten offen sagen, wo der Schuh drückt. Ein Kollege hat das genutzt und sehr sachlich Kritik am internen Umgang geübt. Der musste prompt danach zum Rapport ins Präsidium und man legte ihm nah, sich versetzen zu lassen“.7

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Inwieweit stimmt die folgende Aussage von Polizeibeamten, die in der Polizeiwache Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung?

„Wir haben immer weniger Kollegen, teilweise wurden Schichten um zehn Polizisten reduziert. Im Früh- und Nachtdienst gibt es oft nur noch zwei Streifenwagen für die ganze Nordstadt. Alle wollen nur noch woanders hin, schreiben Umsetzungsgesuche. Mittlerweile wollen 41 von 61 Kollegen weg. Die Kollegen haben innerlich gekündigt.“8

  1. „Zusätzlich wurden die Einsatztrupps eingestampft, wir können Hotspots gar nicht mehr überwachen, hetzen nur noch von Einsatz zu Einsatz.“9

Inwieweit stimmen diese Aussagen von Polizeibeamten, die in der Polizeiwache Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung?

  1. „Die Kollegen haben innerlich gekündigt. Gibt es Vorwürfe, egal ob von Intensivtätern oder Linksextremen, wird man sofort fallen gelassen. Eine Unschuldsvermutung gibt es für uns nicht mehr. Es findet eher eine bewusste Kriminalisierung von Kollegen statt.“10 Entspricht die zitierte Aussage eines Polizisten der Polizeiwache Nord aus Sicht der Landesregierung der Realität?
  2. „Uns wurde aus dem Präsidium klar gesagt, möglichst wenig Migranten zu kontrollieren, die Situation wäre wegen des toten Senegalesen sowieso schon angespannt. Aber wen sollen wir dann in der Nordstadt kontrollieren, da leben fast nur noch Migranten?“11 Entspricht die zitierte Aussage eines Polizisten der Polizeiwache Nord aus Sicht der Landesregierung der Realität respektive existiert eine solche Dienstanweisung in schriftlicher, mündlicher oder informeller Form?
  3. „Bei einer Demonstration nach den tödlichen Schüssen hatte ein Afrikaner eine Demo gegen Polizeigewalt angemeldet. Der wurde aber mit Haftbefehl gesucht. Uns wurde trotzdem aus dem Präsidium verboten, den Mann bei der Demo festzunehmen. Das gäbe Bilder, die man jetzt nicht gebrauchen könnte.“

Inwieweit stimmen diese Aussagen von Polizeibeamten, die in der Polizeiwache Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung?

Markus Wagner

Anfrage als PDF

1 Vgl. https:// www .bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/dortmund-brennpunktwache-nord-jetzt-sprechen-polizisten-83953004.bild.html.

2 Ebenda.

3 Ebenda.

4 Ebenda.

5 Vgl. https:// www .bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/brennpunktwache-nord-jetzt-wehrt-sich-dortmunds-polizei-chef-84017528.bild.html.

6 Ebenda.

7 https:// www .bild.de/bild-plus/regional/ruhrgebiet/ruhrgebiet-aktuell/dortmund-brennpunktwache-nord-jetzt-sprechen-polizisten-83953004.bild.html.

8 Ebenda.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 1931 mit Schreiben vom 6. Juli 2023 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Inwieweit stimmt die folgende Aussage von Polizeibeamten, die in der Polizeiwa­che Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung? „Wir haben im­mer weniger Kollegen, teilweise wurden Schichten um zehn Polizisten reduziert. Im Früh- und Nachtdienst gibt es oft nur noch zwei Streifenwagen für die ganze Nordstadt. Alle wollen nur noch woanders hin, schreiben Umsetzungsgesuche. Mittlerweile wollen 41 von 61 Kollegen weg. Die Kollegen haben innerlich gekün­digt.“

Die Personalzuweisung in den Kreispolizeibehörden (KPB) erfolgt jeweils zum 1. September eines jeden Jahres im Rahmen des landesweiten Polizeinachersatz- und Versetzungsverfah­ren (PNV).

Die Verteilung der im Personalhaushalt zur Verfügung stehenden Planstellen und Stellen wird anhand eines Berechnungsinstruments, der Belastungsbezogenen Kräfteverteilung (BKV), vollzogen. Diese ist keine Personalbedarfsberechnung für die KPB insgesamt oder für ein­zelne Direktionen oder Aufgabenbereiche. Ihre Aufgabe ist ausschließlich die Bildung eines möglichst beständigen Maßstabes zur Verteilung der landesweit zur Verfügung stehenden Planstellen und Stellen anhand von relevanten, objektiven Kriterien.

Die BKV des Polizeipräsidiums (PP) Dortmund hat sich in den vergangenen sieben Jahren wie folgt entwickelt:

  BKV

2016

BKV

2017

BKV

2018

BKV

2019

BKV

2020

BKV

2021

BKV

2022

Planstellen Beamte 2377,96 2397,62 2395,75 2424,44 2423,15 2414,99 2417,40
Stellen Regie- rungsbe-schäftigte 261,59 261,66 282,77 322,43 355,12 377,75 400,36
Gesamt 2639,55 2659,28 2678,52 2746,87 2778,27 2792,74 2817,76

 

Die behördeninterne Verteilung des zur Verfügung stehenden Personals obliegt der jeweiligen Behördenleitung. Den einzelnen Dienstgruppen der Polizeiwache (PW) Nord des PP Dort­mund wurden im Verlauf der letzten zehn Jahre nahezu gleichbleibend 26 bis 29 Planstellen pro Dienstgruppe zugewiesen.

Der Einsatz von Funkstreifenwagen für den Zuständigkeitsbereich des PP Dortmund basiert darüber hinaus auf einer objektiven Berechnung auf Grundlage aller außenveranlassten Eins­ätze. Diese Berechnung erfolgt anhand festgelegter Parameter für alle Wachstandorte iden­tisch. Sie wird

turnusmäßig überprüft und vor dem Hintergrund aktueller Gegebenheiten fortlaufend ange­passt. In der PW Nord werden pro Schicht durchgängig mindestens zwei Funkstreifenwagen mit jeweils zwei Polizeivollzugsbeamtinnen bzw. Polizeivollzugsbeamten (PVB) sowie die Dienstgruppenleitung mit Unterstützungskraft vorgeplant.

Für den landesweiten PNV-Termin (01.09.) wurden in diesem Jahr insgesamt 25 Umsetzungs­gesuche von PVB der PW Nord für eine Verwendung innerhalb der eigenen oder in einer an­deren Direktion der KPB Dortmund sowie fünf Versetzungsgesuche in eine andere KPB gestellt. Dem gegenüber wurden insgesamt 14 Umsetzungsanträge für eine Verwendung in der PW Nord gestellt.

  1. „Zusätzlich wurden die Einsatztrupps eingestampft, wir können Hotspots gar nicht mehr überwachen, hetzen nur noch von Einsatz zu Einsatz.“ Inwieweit stim­men diese Aussagen von Polizeibeamten, die in der Polizeiwache Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung?

Die Planstellensituation der Einsatztrupps (ET) im PP Dortmund ist unverändert. Das vorhan­dene Personal wird bedarfsgerecht eingesetzt. Im ET der PW Nord versehen derzeit neun PVB ihren Dienst.

  1. „Die Kollegen haben innerlich gekündigt. Gibt es Vorwürfe, egal ob von Intensiv­tätern oder Linksextremen, wird man sofort fallen gelassen. Eine Unschuldsver­mutung gibt es für uns nicht mehr. Es findet eher eine bewusste Kriminalisierung von Kollegen statt.“

Entspricht die zitierte Aussage eines Polizisten der Polizeiwache Nord aus Sicht der Landesregierung der Realität?

Die Unschuldsvermutung gilt selbstverständlich auch für Polizistinnen und Polizisten.

  1. „Uns wurde aus dem Präsidium klar gesagt, möglichst wenig Migranten zu kon­trollieren, die Situation wäre wegen des toten Senegalesen sowieso schon ange­spannt. Aber wen sollen wir dann in der Nordstadt kontrollieren, da leben fast nur noch Migranten?“

Entspricht die zitierte Aussage eines Polizisten der Polizeiwache Nord aus Sicht der Landesregierung der Realität respektive existiert eine solche Dienstanwei­sung in schriftlicher, mündlicher oder informeller Form?

Eine derartige Weisung hat es nach aktuellem Kenntnisstand zu keinem Zeitpunkt gegeben. Stattdessen wurde in Gesprächen mit den Dienstgruppen der PW Nord durch den Behörden­leiter und den Leiter der Direktion Gefahrenabwehr/Einsatz immer wieder zu rechtsstaatlichem und anlassbezogen konsequentem Einschreiten ohne Rücksicht auf die Herkunft, Glaubens­zugehörigkeit oder Zuwanderungsgeschichte aufgefordert.

  1. „Bei einer Demonstration nach den tödlichen Schüssen hatte ein Afrikaner eine Demo gegen Polizeigewalt angemeldet. Der wurde aber mit Haftbefehl gesucht. Uns wurde trotzdem aus dem Präsidium verboten, den Mann bei der Demo festzu­nehmen. Das gäbe Bilder, die man jetzt nicht gebrauchen könnte.“

Inwieweit stimmen diese Aussagen von Polizeibeamten, die in der Polizeiwache Nord ihren Dienst ableisten, aus Sicht der Landesregierung?

Bei der in Rede stehenden Person handelte es sich nach derzeitigem Kenntnisstand nicht um den Anmelder der Versammlung, sondern um einen Teilnehmer. Aufgrund der von den Ver­sammlungsteilnehmerinnen bzw. Versammlungsteilnehmern ausgehenden emotionalen und gegen die Polizei gerichteten Stimmung sollte der Haftbefehl gegen die betreffende Person unmittelbar nach Beendigung der Versammlung vollstreckt werden. Dies gelang jedoch nicht, da der Betroffene sich im Anschluss an die Redebeiträge unbemerkt aus dem Versammlungs­bereich entfernte.

Ein Verbot der Festnahme bestand zu keinem Zeitpunkt.

 

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Beteiligte:
Markus Wagner