Kleine Anfrage 4884des Abgeordneten Markus Wagner vom 27.01.2021
Polizistinnen ließen ihren Kollegen verletzt im Kugelhagel liegen
In einem aktuellen Prozess um einen dreifachen Mordversuch in Gevelsberg sind nach Medienberichten neue Details bezüglich des Einsatzverlaufs publik geworden. Der Angeklagte soll im Jahre 2020 bei einer Routine-Verkehrskontrolle auf Polizisten geschossen haben. Zwei Polizeibeamtinnen sollen im weiteren Verlauf dieses Vor-falls geflüchtet sein, obwohl einer ihrer angeschossenen Kollegen schwerverletzt am Boden lag. Seitens der Staatsanwaltschaft Hagen sei bereits Anklage gegen die beiden Polizistinnen wegen „gemeinschaftlich versuchter gefährlicher Körperverletzung durch Unterlassen“ erhoben worden.1
Ich frage die Landesregierung:
- Aus welchem Grund wurden damals eine männliche, bestehend aus zwei Polizeivollzugsbeamten, und eine weibliche Streife, bestehend aus zwei Polizeivollzugsbeamtinnen, anstatt der einsatztaktisch günstigeren „Mischstreifen“ eingesetzt?
- Wie unterscheidet das Innenministerium Streifen, die ausschließlich aus weiblichen Beamten, ausschließlich aus männlichen Beamten oder als „Mischstreife“ bestehen, einsatztaktisch?
- Warum ist bislang keine Suspendierung der Polizistinnen erfolgt?
- Sind der Landesregierung vergleichbare Einsatzverläufe bekannt, in denen sich Polizeibeamte der (gemeinschaftlich versuchten gefährlichen) Körperverletzung durch Unterlassen verdächtig oder schuldig gemacht haben, indem sie ihren Kollegen in gefährlichen Situationen die Unterstützung verwehrt haben? (Bitte Sachverhalte nach Datum, Ort, Straftaten, Alter, Diensterfahrung und Geschlechtern der involvierten Beamten aufschlüsseln.)
Markus Wagner
1 Vgl. https://www.express.de/nrw/hagen/bei-schiesserei-in-nrw-polizistinnen-liessen-blutenden-kollegen-im-stich-37949388?cb=1611238893687.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 4884 mit Schreiben vom 22. Februar 2021 namens der Landesregierung beantwortet.
- Aus welchem Grund wurden damals eine männliche, bestehend aus zwei Polizeivollzugsbeamten, und eine weibliche Streife, bestehend aus zwei Polizeivollzugsbeamtinnen, anstatt der einsatztaktisch günstigeren „Mischstreifen“ eingesetzt?
- Wie unterscheidet das Innenministerium Streifen, die ausschließlich aus weiblichen Beamten, ausschließlich aus männlichen Beamten oder als „Mischstreife“ bestehen, einsatztaktisch?
Die Fragen 1 und 2 werden aufgrund des Sachzusammenhanges gemeinsam beantwortet.
Es gibt keine landesweite Regelung, die die Planung von Streifenteams regelt. Der Begriff „Mischstreifen“ ist polizeilich nicht belegt und findet im polizeilichem Kontext keine Verwendung. Die Planung der Streifenteams obliegt den jeweiligen, mit der Vorplanung betrauten Führungskräften.
Grundsätzlich erlernen alle Studierenden der nordrhein-westfälischen Polizei im Studiengang die polizeilichen Kernaufgaben in der Theorie. Durch die Verzahnung Theorie-Training-Praxis wird das theoretisch vermittelte Wissen trainiert und schließlich in der Praxis angewendet. Die hierbei an die ausgebildeten Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten gestellten Anforderungen sind für alle Geschlechter identisch. Aufgrund der gemeinsamen Ausbildung sowie der identischen Anforderungen findet eine Unterscheidung zwischen Polizeivollzugsbeamtinnen und Polizeivollzugsbeamten nicht statt. Dies gilt auch für den Einsatz im Streifenteam.
- Warum ist bislang keine Suspendierung der Polizistinnen erfolgt?
Aufgrund des laufenden Strafverfahrens wurde das Disziplinarverfahren gegen die beiden Polizeivollzugsbeamtinnen unmittelbar nach der Einleitung gemäß § 22 Landesdisziplinargesetz ausgesetzt.
- Sind der Landesregierung vergleichbare Einsatzverläufe bekannt, in denen sich Polizeibeamte der (gemeinschaftlich versuchten gefährlichen) Körperverletzung durch Unterlassen verdächtig oder schuldig gemacht haben, indem sie ihren Kollegen in gefährlichen Situationen die Unterstützung verwehrt haben? (Bitte Sachverhalte nach Datum, Ort, Straftaten, Alter, Diensterfahrung und Geschlechtern der involvierten Beamten aufschlüsseln.)
Nein.