Pyrotechnik, Verstöße gegen das Vermummungsverbot und Angriffe auf Polizisten: Linksradikale Mischszenen-Demo in Düsseldorf läuft völlig aus dem Ruder

Kleine Anfrage
vom 01.07.2021

Kleine Anfrage 5661der Abgeordneten Markus Wagner und Roger Beckamp vom 01.07.2021

 

Pyrotechnik, Verstöße gegen das Vermummungsverbot und Angriffe auf Polizisten: Linksradikale Mischszenen-Demo in Düsseldorf läuft völlig aus dem Ruder

Am Samstag, dem 26. Juni 2021, demonstrierten verschiedene linke bis linksextreme Bestrebungen gemeinsam mit Personengruppen aus der Szene der Fußballultras gegen das in der parlamentarischen Beratung befindliche Versammlungsgesetz der Landesregierung. Im Verlauf des Aufmarsches kam es laut Angaben der Polizei durch Teilmengen der Teilnehmer zu wiederholten Verstößen gegen das Vermummungsverbot, zum illegalen Einsatz von Pyrotechnik und zu zahlreichen Angriffen auf Beamte. Die Polizei ist dementsprechend mit Zwangsmitteln gegen die Störer und Straftäter vorgegangen. Dass ein Journalist zwischen die Fronten geraten und dabei verletzt worden ist, sorgte im Nachgang für erhebliches Aufsehen. Die Veranstalter kritisierten die Polizei scharf. Die Landtagsfraktionen der SPD und der Grünen setzten die Geschehnisse auf die Tagesordnung des Plenums.1 Deren Jugendorganisationen, die Landesverbände NRW der Jusos und der Grünen Jugend, sind wiederum selbst Träger des verantwortlichen Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“. Nach eigenen Angaben tragen diesen Zusammenschluss nachfolgende, teils bekannte linksextreme Bestrebungen:

„•AGIF (Föderation der ArbeitsimmigrantInnen in Deutschland)

  • Allgemeines Syndikat Duisburg / Ruhrgebiet der Freien Arbeiter*innen Union (FAU)
  • Antifa AK Köln (…umsGanze!)
  • Antifa Essen West
  • Antifaschistische Linke Münster
  • AntiRRR (Antirepressionsgruppe Rheinisches Revier)
  • Arbeitskreis sozialdemokratischer Juristinnen und Juristen
  • Arbeitskreis Versammlungsgesetz stoppen! Aachen
  • ATIK (Konföderation der Arbeiter aus der Türkei in Europa)
  • attac Bielefeld
  • attac Bochum / Occupy Bochum
  • attac Düsseldorf
  • Aufbäumen
  • Aufstehen gegen Rassismus – Aktivengruppe Essen
  • ausgeCO2hlt
  • Autonome Antifa 170
  • AZADÎ
  • Bochumer Bündnis Versammlung(verhinderungs)Gesetz stoppen – Grundrecht erhalten
  • Bonner Bündnis gegen Rechts (BBGR)
  • Bündnis BlockaDO
  • Bündnis FC Fans gegen das Versammlungsgesetz
  • Bündnis gegen Rechts Paderborn
  • Bündnis Krefeld für Toleranz und Demokratie
  • BUNDjugend NRW
  • Deutsch kurdischer Freundschaftsverein Wuppertal e.V.
  • DFG-VK Münster
  • DFG-VK NRW
  • DIE LINKE NRW
  • Die Linke.SDS NRW
  • Die PARTEI NRW
  • Disteln – Antifa Paderborn
  • DKP in NRW
  • Duisburg stellt sich quer
  • Erwerbslosenforum Deutschland
  • Essen stellt sich quer
  • FIDEF
  • Friedenskooperative Münster
  • Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF)
  • Frauenkollektiv Köln
  • Fridays For Future Dortmund
  • Fridays for Future Wülfrath
  • GRÜNE JUGEND NRW
  • I Furiosi (Düsseldorf)
  • Internationale Jugend
  • Interventionistische Linke Düsseldorf [see red!]
  • Interventionistische Linke Köln
  • Jugendverband der Föderation Demokratischer Arbeitervereine (DIDF-Jugend)
  • Komitee für Grundrechte und Demokratie e.V.
  • Kurdischer Frauenverein VIYAN e.V. Wuppertal
  • Landesschüler*innenvertretung NRW
  • Linksjugend [’solid] NRW
  • Migrantifa Duisburg
  • Münsterliste – Bund und international
  • Nationalismus ist keine Alternative NRW
  • Naturfreundejugend NRW
  • Netzwerk Rechtskritik
  • No Border Rheinland
  • NRW Jusos
  • Oberberg steht auf
  • Osterholz bleibt!
  • Piratenpartei Düsseldorf
  • Piratenpartei NRW
  • Piratenpartei Herne
  • Piratenpartei Wuppertal
  • Republikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein e.V. (RAV)
  • Revolutionärer Jugendbund
  • Rote Hilfe e.V.
  • Rote Hilfe e.V., Ortsgruppe Bielefeld
  • Ruhrjugend
  • SDAJ
  • Seebrücke Oberhausen
  • SJD – Die Falken, Landesverband NRW
  • SKB – Bund Sozialistischer Frauen
  • Solidaritätsnetzwerk Köln
  • Sozialbündnis Krefeld
  • Studierendenkollektiv Wuppertal
  • SYM (Socialist Youth Movement)
  • Tacheles e.V. / Erwerbslosen- und Sozialhilfeverein
  • Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen e. V. (VDJ e. V.)
  • Versammlungsgesetz NRW stoppen Bielefeld
  • VVN-BdA Landesvereinigung NRW e.V.
  • YDG (Neue Demokratische Jugend)
  • Young Struggle
  • Zora Köln“2

Der Demonstrationszug ist von den Organisatoren wiederum wie folgt geordnet worden, wobei aus der Aufstellung hervorgeht, dass Linksextremisten sogar eigene Blöcke zugestanden werden:

1. Erste Reihe / Anwält:innen-Robenblock (sic!)
Lauti 1 (sic!)

  1. Kampagne Nationalismus ist keine Alternative (NIKA) / Interventionistische Linke (IL)
  2. Klimagerechtigkeitsblock
  3. Jugendblock
  4. Fußballfans Düsseldorf
  5. Antikapitalistischer / internationalistischer Block Link zum Aufruf
  6. Antifablock
    Lauti 2 (sic!)
  7. Linkspartei
  8. Fußballfans Köln
    Lauti 3 (sic!)“
  9. Bunter Block mit allen weiteren Teilnehmer:innen (sic!)“3

Neben Protagonisten der linken bis linksextremen Mischszene „Ende Gelände“, der linksextremen SDAJ, der Düsseldorfer Ultras oder der „Antifaschistischen Linken Münster“ sollten Grüne Jugend und Jusos auch mit einem eigenen Redebeitrag an der Abschlusskundgebung beteiligt sein.4 Vertreter der Jusos und der Grünen Jugend haben vor Ort einen eigenen Block gebildet.5

Als so genannte „Mischszenen“ bezeichnet der Verfassungsschutz nach zahlreichen kritischen Nachfragen der AfD-Fraktion inzwischen

„jede Gruppierung […], die sich in personeller Hinsicht heterogen aus Extremisten und Nichtextremisten zusammensetzt. Differenziert wird dann weiter danach, ob die Gruppierung nach ihrer inhaltlichen Ausrichtung extremistisch oder nicht extremistisch dominiert ist; dies wird künftig gesondert ausgewiesen. Nur in ersterem Fall besteht die Möglichkeit, sie ggf. als solche zu beobachten.“6

Wir fragen die Landesregierung:

  1. Wie verlief die oben genannte Versammlung aus polizeilicher Sicht? (Insbesondere bitte Angaben zu Störern, Tatverdächtigen, Straftaten, Ordnungswidrigkeiten, der Kooperationsbereitschaft der Veranstalter und Teilnehmer und zu verletzten Beamte machen.)
  2. Wie viele der oben aufgelisteten Träger des verantwortlichen Bündnisses „Versammlungsgesetz NRW stoppen!“ werden vom Verfassungsschutz NRW im Rahmen eines „Prüf-“ oder „Verdachtsfalls“ oder als „gesichert extremistische Bestrebung“ bearbeitet? (Bitte die aufgelisteten Bestrebungen nicht einzeln und namentlich kategorisieren, sondern lediglich einen Zahlenwert angeben und dabei jede aufgeführte Gruppierung, also etwa Ortsverbände, einzeln zählen.)
  3. Wie hat sich aus Sicht der Polizei und insbesondere des Staatsschutzes, aber auch aus Sicht des Verfassungsschutzes das zahlenmäßige Verhältnis von Angehörigen der linken Ultra- und Hooliganszene, Personen aus dem (links-)demokratischen und dem linksextremen Spektrum auf der oben genannten Versammlung gestaltet? (Bitte die Antwort jeweils für die einzelnen Blöcke des Demonstrationszuges in ihrer tatsächlichen Reihung aufschlüsseln und möglichst präzise quantitative Aussagen treffen.)
  4. Haben sich jene Akteure, die durch die Sicherheitsbehörden dem (links-)demokratischen Spektrum zugeordnet werden, von der Gesamtversammlung, aus der heraus zahlreiche Straftaten begangen worden sind, noch während der Versammlung und in den Tagen danach distanziert oder sich stattdessen mit ihr solidarisiert? (Hinweis: Zahlreiche offen zur Schau gestellte Reaktionen maßgeblicher Akteure liegen den Fragestellern vor.)
  5. Stellt die oben genannte Versammlung eine Manifestation einer (linksextrem dominierten) Mischszene dar? (Hinweis: Es liegen Videografien vor, auf denen zu sehen ist, wie hunderte Teilnehmer ohne Widerspruch „B************* raus aus der Demo“ skandieren.)

Markus Wagner
Roger Beckamp

 

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1 Vgl. Westdeutscher Rundfunk (2021): Demo in Düsseldorf: Veranstalter kritisieren Polizei; online im Internet: https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/versammlungsrecht-demo-duesseldorf-polizei100.html.

2 https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/das-buendnis/.

3 https://www.nrw-versammlungsgesetz-stoppen.de/grossdemonstration-in-duesseldorf-26-06/infos-zur-grossdemonstration-am-26-06-2021/.

4 Vgl. ebd..

5 Vgl. https://twitter.com/GrueneJugendNRW.

6 Drs. 17/12255.


Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 5661 mit Schreiben vom 9. August 2021 na­mens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie verlief die oben genannte Versammlung aus polizeilicher Sicht? (Insbeson­dere bitte Angaben zu Störern, Tatverdächtigen, Straftaten, Ordnungswidrigkei­ten, der Kooperationsbereitschaft der Veranstalter und Teilnehmer und zu verletz­ten Beamte machen.)

Zum Verlauf der Versammlung wird grundsätzlich auf die Ausführungen des Ministers des Innern im Rahmen der Sondersitzung des Innenausschusses am 01.07.2021 verwiesen.

Die Versammlung am 26. Juni 2021 in Düsseldorf begann um 13:30 Uhr mit der Auftaktkund­gebung und wuchs bis auf 3.000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer an. Nachdem sich der Auf­zug in Bewegung gesetzt hatte, wurden im Block der „Antifa“ eine Vielzahl von Personen mit Corona-Masken, dunklen Sonnenbrillen sowie über Kopf und Ohren gezogene Kapuzen und Schals festgestellt. Front- und Seitenbanner waren miteinander verknotet und wurden im Fort­gang als Sichtschutz eingesetzt. Im weiteren Verlauf wurden aus dem Block der Düsseldorfer Ultras zwei Rauchtöpfe gezündet, es erfolgte die Zündung eines weiteren Rauchtopfes im Block der „Antifa“. Der Aufzug wurde daher durch die Polizei angehalten. Seitliche Begleit­kräfte wurden unter den hochgezogenen Bannern mit Tritten und Schlägen angegangen, zeit­gleich wurde abermals ein Rauchtopf gezündet.

Gegen 15:59 Uhr kam es im Bereich Heinrich-Heine-Allee/Ratinger Straße zu massiven An­griffen von Teilnehmenden aus Block 6 und im weiteren Verlauf aus Block 5 auf zahlenmäßig geringe Polizeikräfte, die dort zum Schutz einer Polizeiwache eingesetzt waren. Die Angriffe erfolgten u. a. durch Bewurf mit Straßenabsperrungen und Schlägen mit Fahnenstangen. Durch hinzugerufene Unterstützungskräfte konnten die Störungshandlungen unterbrochen und die Lage beruhigt werden.

Der Versammlungsleitung wurde eine versammlungsrechtliche Auflage erteilt, Front-/Seiten­transparente nicht als Sichtschutz zu nutzen. Aus dem Block der „Antifa“ wurde versucht, eine Polizeikette zu durchbrechen und es wurde abermals festgestellt, dass in diesem Block als Sichtschutz Banner hochgezogen und Schirme aufgespannt wurden. Es erfolgte nochmals die Aufforderung, mitgeführte Banner und aufgespannte Regenschirme abzusenken. Es kam er­neut zur Zündung von Rauchtöpfen, zu Schlägen mit einem Regenschirm sowie einem Fla­schenwurf auf die Einsatzkräfte. Nachdem im Block der „Antifa“ abermals mitgeführte Banner als Sichtschutz hochgehalten und Regenschirme aufgespannt sowie zur Vermummung geeig­nete Gegenstände angelegt wurden, wurde dieser Block durch Polizeikräfte von der restlichen Versammlung abgetrennt, umschlossen und die betroffenen Personen aus der Versammlung ausgeschlossen.

Im Anschluss wurden von insgesamt 328 Personen die Personalien zur Strafverfolgung fest­gestellt (davon 38 Minderjährige). 283 Personen wurden vor Ort sukzessive nach Feststellung der Identität entlassen. Sieben Personen wurden der Gefangenensammelstelle zugeführt.

  1. Wie viele der oben aufgelisteten Träger des verantwortlichen Bündnisses „Ver­sammlungsgesetz NRW stoppen!“ werden vom Verfassungsschutz NRW im Rah­men eines „Prüf-“ oder „Verdachtsfalls“ oder als „gesichert extremistische Be­strebung“ bearbeitet? (Bitte die aufgelisteten Bestrebungen nicht einzeln und na­mentlich kategorisieren, sondern lediglich einen Zahlenwert angeben und dabei jede aufgeführte Gruppierung, also etwa Ortsverbände, einzeln zählen.)

Derzeit befasst sich der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz mit 42 der 84 genannten Gruppen.

  1. Wie hat sich aus Sicht der Polizei und insbesondere des Staatsschutzes, aber auch aus Sicht des Verfassungsschutzes das zahlenmäßige Verhältnis von Ange­hörigen der linken Ultra- und Hooliganszene, Personen aus dem (links-)demokra­tischen und dem linksextremen Spektrum auf der oben genannten Versammlung gestaltet? (Bitte die Antwort jeweils für die einzelnen Blöcke des Demonstrations­zuges in ihrer tatsächlichen Reihung aufschlüsseln und möglichst präzise quanti­tative Aussagen treffen.)

Ein zahlenmäßiges Verhältnis der durch die Fragesteller bezeichneten Blöcke ist derzeit nicht belegbar, zumal die Reihung nicht durchgehend eingehalten war und das Demonstrationsge­schehen sich als dynamisch darstellte. Einheitlich erkennbar waren Ultragruppierungen, An­tikapitalistischer – internationalistischer Block und die Antifa. Die Videoauswertungen zur Ver­sammlung sind noch nicht abgeschlossen und dauern an. Im Ergebnis der Auswertung der derzeit vorliegenden Informationen über Teilnehmende und Verlauf der Versammlung geht der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz von einem extremistischen Personenpotenzial von ca. einem Drittel der Teilnehmenden (rund 1.000 Personen) aus.

  1. Haben sich jene Akteure, die durch die Sicherheitsbehörden dem (links-)demokra­tischen Spektrum zugeordnet werden, von der Gesamtversammlung, aus der her­aus zahlreiche Straftaten begangen worden sind, noch während der Versammlung und in den Tagen danach distanziert oder sich stattdessen mit ihr solidarisiert? (Hinweis: Zahlreiche offen zur Schau gestellte Reaktionen maßgeblicher Akteure liegen den Fragestellern vor.)

Dazu liegen der Landesregierung keine Erkenntnisse vor. Die Beobachtung der Aktivitäten nicht extremistischer Zusammenschlüsse ist keine Aufgabe des nordrhein-westfälischen Ver­fassungsschutzes.

  1. Stellt die oben genannte Versammlung eine Manifestation einer (linksextrem do­minierten) Mischszene dar? (Hinweis: Es liegen Videografien vor, auf denen zu sehen ist, wie hunderte Teilnehmer ohne Widerspruch „B************* raus aus der Demo“ skandieren.)

Der Anlass der Versammlung vom 26. Juni 2021 in Düsseldorf war die Kritik an der geplanten Novellierung des Versammlungsgesetzes in Nordrhein-Westfalen und stand insofern thema­tisch nicht in einem unmittelbaren Zusammenhang mit extremistischen Positionen. Nach Stand der aktuell vorliegenden Erkenntnis- und Auswertungslage geht der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz gleichwohl davon aus, dass die Gesamtheit der Versammlungsteilneh­menden eine linksextremistisch dominierte Mischszene abbildete.

Der nordrhein-westfälische Verfassungsschutz bezeichnet jede Gruppierung als „Mischszene“, die sich in personeller Hinsicht heterogen aus Extremisten und Nichtextremis­ten zusammensetzt. Differenziert wird dann weiter danach, ob die Gruppierung nach ihrer in­haltlichen Ausrichtung extremistisch oder nicht extremistisch dominiert ist.

 

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