Kleine Anfrage 6461der Abgeordneten Markus Wagner und Andreas Keith vom 07.03.2022
Radikalisierung der Klimademonstrationen – Wie ist der Status quo?
Im Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen aus dem Jahre 2020 wird das Bündnis „Ende Gelände“ als linksextremistisch beeinflusst bewertet.
Prägende Akteure sind u. a. die Interventionistische Linke oder die Antikapitalistische Linke.12 Seit dem Jahre 2020 macht sich im Linksextremismus eine zunehmende Radikalisierung bemerkbar.3 M., Mitgründer von „Ende Gelände“, sieht diese besorgniserregende Entwicklung als notwendig an und rechtfertigt sie mit einem vorgeblichen Klima-Notstand.4
Wir fragen die Landesregierung:
- Welche von „Ende Gelände“ organisierte Aktionen haben seit dem 1. Januar 2020 bis heute stattgefunden, bei denen linksextremistische Organisationen beteiligt waren? (Bitte aufschlüsseln nach Ort, Datum und Organisationen)
- Welche Gruppierungen bzw. Einzelpersonen, die als linksextremistisch einzuordnen sind, beeinflussen das Bündnis „Ende Gelände“?
- Gibt es personelle, ideologische bzw. strukturelle Überschneidungen, Beziehungen oder Verbindungen zwischen „Ende Gelände“ und „Alle Dörfer bleiben“?
- Gibt es personelle, ideologische bzw. strukturelle Überschneidungen, Beziehungen oder Verbindungen zwischen „Ende Gelände“ und „Extinction Rebellion“?
- Inwieweit liegen der Landesregierung Hinweise auf eine Radikalisierung der Klimaproteste vor?
Markus Wagner
Andreas Keith
1 https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2019.pdf, Seite 181
2 https://www.im.nrw/system/files/media/document/file/VS_Bericht_NRW_2020.pdf, Seite 162
3 Ebenda, Seite 156
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 6461 mit Schreiben vom 5. April 2022 namens der Landesregierung beantwortet.
- Welche von „Ende Gelände“ organisierte Aktionen haben seit dem 1. Januar 2020 bis heute stattgefunden, bei denen linksextremistische Organisationen beteiligt waren? (Bitte aufschlüsseln nach Ort, Datum und Organisationen)
An folgenden von „Ende Gelände“ in Nordrhein-Westfalen organisierten Veranstaltungen haben sich linksextremistische Organisationen oder Personenzusammenschlüsse beteiligt:
Datum | Ort | Bezeichnung | Organisationen |
02.02.2020 | Datteln | Besetzung des Kraft-werk Datteln IV durch ca. 150 Personen | Interventionistische Linke (IL) |
17.05.2020 | Datteln | Stopp Datteln 4! Für Klimagerechtigkeit weltweit | Autonome Szene |
28.08. bis 31.08.2020 | Erkelenz-Lüt- zerath | Skill-Building Workshop-Wochenende | Autonome Szene |
23.09. bis 28.09.2020 | Rheinisches Braunkohle- revier | Aktionstage im Rheini- schen Revier | Autonome Szene. IL, Ums Ganze!-Bündnis, Perspek- tive Kommunismus |
25.06.2021 | Bielefeld | Aktionstraining und Bezugsgruppen-findung | Autonome Szene |
21.08. bis 22.08.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Bauwochenende | Autonome Szene |
28.08. bis 29.08.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Bauwochenende | Autonome Szene |
04.09. bis 05.09.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Bauwochenende | Autonome Szene |
11.09. bis 12.09.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Bauwochenende | Autonome Szene |
18.09. bis 19.09.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Bauwochenende | Autonome Szene |
29.09.2021 | Erkelenz-Lüt- zerath | Alle Bäume bleiben – Skillshare Camp | Autonome Szene |
29.10. bis 05.11.2021 | Erkelenz (Ta- gebau Garz- weiler) | Unräumbar Festival, Ende Gelände goes Lützerath |
Autonome Szene, IL |
21.01. bis 23.01.2022 | Erkelenz-Lüt- zerath | Skillshare-Wochenende | Autonome Szene |
28.01. bis 30.01.2022 | Erkelenz-Lüt- zerath | Skillshare-Wochenende | Autonome Szene |
12.03.2022 | Erkelenz-Lüt- zerath | Aktionstraining. Vorbereitung auf die mögliche Räumung Lützeraths | Autonome Szene |
- Welche Gruppierungen bzw. Einzelpersonen, die als linksextremistisch einzuordnen sind, beeinflussen das Bündnis „Ende Gelände“?
Zu den linksextremistischen Akteuren, die versuchen, das Bündnis „Ende Gelände“ zu beeinflussen, zählt insbesondere die Interventionistische Linke (IL). Auch das Bündnis „Ums Ganze!“ und „Perspektive Kommunismus“ haben offen über ihre Teilnahme an den Aktionen berichtet. Daneben bekunden weitere Akteure aus dem linksextremistischen Spektrum ihre Solidarität mit dem Bündnis, ohne dass sie bislang einen wesentlichen oder gar steuernden Einfluss auf den zivildemokratischen Teil von „Ende Gelände“ erlangen konnten. Eine steuernde Einflussnahme linksextremistischer Einzelpersonen ist wegen der weitgehend antiinstitutionellen und antihierarchischen Verfasstheit des Bündnisses bisher nicht festzustellen. Im Übrigen erteilt die Landesregierung grundsätzlich keine Auskunft über Einzelpersonen.
- Gibt es personelle, ideologische bzw. strukturelle Überschneidungen, Beziehungen oder Verbindungen zwischen „Ende Gelände“ und „Alle Dörfer bleiben“?
Es ergeben sich personelle und ideologische Überschneidungen zwischen den genannten Gruppierungen aufgrund anlassbezogener Kooperationen in den Themenfeldern Ökologie und Klimaschutz. Beide sind im Themenfeld Klimaschutz aktiv und bedienen sich der Formen des sogenannten „zivilen Ungehorsams“.
- Gibt es personelle, ideologische bzw. strukturelle Überschneidungen, Beziehungen oder Verbindungen zwischen „Ende Gelände“ und „Extinction Rebellion“?
Es ergeben sich personelle und ideologische Überschneidungen zwischen den genannten Gruppierungen aufgrund anlassbezogener Kooperationen in den Themenfeldern Ökologie und Klimaschutz. Beide sind im Themenfeld Klimaschutz aktiv und bedienen sich der Formen des sogenannten „zivilen Ungehorsams“.
- Inwieweit liegen der Landesregierung Hinweise auf eine Radikalisierung der Klimaproteste vor?
Die nordrhein-westfälischen Sicherheitsbehörden prüfen Hinweise auf extremistische Radikalisierungen auch im Bereich der Klimaproteste in engem Austausch mit den übrigen Sicherheitsbehörden der Länder und des Bundes genau. Sollten sich solche Entwicklungen abzeichnen, unterrichtet der Verfassungsschutz hierüber im Rahmen seiner Rechtsgrundlagen. Auf die Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 6283 vom 3. Februar 2022 (Drs. 17/16440) und den Verfassungsschutzbericht des Landes Nordrhein-Westfalen über das Jahr 2020 (Vorlage 17/5372, Seite 153 ff.) wird verwiesen.