Razzia gegen Rockergruppe „United Tribuns“

Kleine Anfrage 507
des Abgeordneten Markus Wagner vom 30.09.2022

Razzia gegen Rockergruppe „United Tribuns“

In den frühen Morgenstunden des 14. September 2022 fand eine bundesweite Razzia gegen Mitglieder der Rockervereinigung „United Tribuns“ statt, an der mehr als 1.400 Polizisten beteiligt waren. Darüber hinaus hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser diese Gruppierung, die aus knapp 100 Mitgliedern besteht, deutschlandweit verboten. Die Rocker-vereinigung, die sich vielfach aus Kampfsportlern und Türstehern zusammensetzt, wurde 2004 von einem ehemaligen bosnischen Boxer gegründet und ist vor allem durch Sexualstraftaten, Menschenhandelsdelikte und versuchten Tötungsdelikte in Erscheinung getreten. Der Gründer halte sich allerdings nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden nicht mehr in Deutschland auf.¹

Allein in Nordrhein-Westfalen wurden 38 Objekte, darunter Vereinsheime und Privatwoh­nungen, von der Polizei durchsucht und Vereinsvermögen beschlagnahmt.² Bei den bundes­weit durchgeführten Durchsuchungen seien größere Mengen Bargeld, Drogen sowie „in einer hohen Anzahl“ Waffen gefunden worden.³

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu der oben genannten Razzia? (Bitte Tatverdächtige/Vereinsmitglieder, Vorstrafen der Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder, seit wann Tatverdächtige/Vereinsmitglieder im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger/Vereinsmitglieder und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder nennen.)
2. In welchen nordrhein-westfälischen Städten fanden im Zuge der bundesweiten Razzia Gebäudedurchsuchungen statt? (Bitte nach Stadt und Gebäudeart aufschlüsseln.)
3. Warum wurde eine derart umfangreiche Razzia erst jetzt, 18 Jahre nach Gründung dieser Rockervereinigung, durchgeführt?
4. Warum lagen der Landesregierung nicht bereits vor Jahren Erkenntnisse über die Straftaten der Rockervereinigung vor, die eine Razzia und ein Verbot gerechtfertigt hätten beziehungsweise, warum hat sie nicht entsprechend gehandelt?
5. Was weiß die Landesregierung über die ethnische Zusammensetzung der Vereinsmitglieder seit Gründung des Vereins, auch vor dem Hintergrund, dass sich der bosnische Gründer nicht mehr in Deutschland aufhält?

Markus Wagner

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¹ Vgl. hat tps:// www. welt. de/ politik/ deutschland/article241041317/ Rockerkriminalitaet-Faeser-verbietet-United-Tribuns-Hund-bei-Razzia-erschosse n.html.

² Vgl. hat tps:// www. bild. de/ regional/koeln/ruhrgebiet-aktuell/bundesweiter-einsatz-rocker-razzia-gegen-united-tribuns-81317424.bild. html.

³ Vgl. htt ps:// www. welt. de/ politik/ deutschland/article241041317/Rockerkriminalitaet-Faeser-verbietet-United-Tribuns-Hund-bei-Razzia-erschossen. html.

Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 507 mit Schreiben vom 2. November 2022 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.

1. Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu der oben genannten Razzia? (Bitte Tatverdächtige/Vereinsmitglieder, Vorstra­fen der Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder, Straftatbestände, Staatsbürgerschaf­ten der Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder, seit wann Tatverdächtige/Vereinsmitglieder im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen deutscher Tatverdächtiger/Vereinsmitglieder und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen/Vereinsmitglieder nennen.)

Die polizeilichen Durchsuchungen vom 14.09.2022 waren nicht strafrechtlicher Natur, sondern dienten dem bundesweiten Vollzug des vereinsrechtlichen Verbotsverfahrens gegen den Ver­ein „United Tribuns“ durch das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Mit den Durch­suchungen sollten noch weitere Beweise erlangt werden, die das vereinsrechtliche Verbot des Bundes unterstützen. Die Verfahrenshoheit hinsichtlich der Auswertung der sichergestellten Beweise obliegt dem Bundesministerium des Innern und für Heimat. Die Auswertung der si­chergestellten Beweise für das vereinsrechtliche Verbotsverfahren dauert an. Die bei den ver­einsrechtlichen Durchsuchungen sichergestellten Gegenstände wurden auf eine strafrechtli­che Relevanz hin überprüft. In Bezug auf Betäubungsmittel und nach dem Waffenrecht verbo­tene Gegenstände wurden durch die Polizei Strafanzeigen gefertigt, die bislang noch nicht bei der jeweils zuständigen Staatsanwaltschaft eingegangen sind (Stand: 10.10.2022).

2. In welchen nordrhein-westfälischen Städten fanden im Zuge der bundesweiten Razzia Gebäudedurchsuchungen statt? (Bitte nach Stadt und Gebäudeart auf­schlüsseln)

In nachfolgend aufgelisteten nordrhein-westfälischen Städten fanden im Rahmen des Vollzugs des vereinsrechtlichen Verbotsverfahren gegen die „United Tribuns“ Durchsuchungen statt:

• Düsseldorf
• Essen
• Euskirchen
• Haan
• Köln
• Langenfeld
• Mettmann
• Monheim am Rhein
• Radevormwald
• Raesfeld
• Remscheid
• Siegburg
• Stolberg
• Wermelskirchen
• Wuppertal
• Wülfrath

3. Warum wurde eine derart umfangreiche Razzia erst jetzt, 18 Jahre nach Gründung dieser Rockervereinigung, durchgeführt?
4. Warum lagen der Landesregierung nicht bereits vor Jahren Erkenntnisse über die Straftaten der Rockervereinigung vor, die eine Razzia und ein Verbot gerechtfer­tigt hätten beziehungsweise, warum hat sie nicht entsprechend gehandelt?

Die Fragen 3 und 4 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet:

Für die Einleitung und Durchführung vereinsrechtlicher Maßnahmen ist aufgrund der länder­übergreifenden Betätigung des Vereins „United Tribuns“ das Bundesministerium des Innern und für Heimat zuständig gewesen. Insoweit wird hinsichtlich des Zeitpunkts der Einleitung vereinsrechtlicher Maßnahmen auf das Bundesministerium des Innern und für Heimat verwie­sen.

Die Aktivitäten von Rocker- sowie rockerähnlichen Gruppierungen unterliegen einem fortlau­fenden Monitoring der Polizeibehörden in Nordrhein-Westfalen. Die Lageinformationen der Kreispolizeibehörden werden zentral im Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen zusammen­geführt und – auch unter regelmäßiger Prüfung vereinsrechtlicher Handlungsoptionen – bewer­tet. Im Falle der „United Tribuns“ lagen für Nordrhein-Westfalen allein keine Aktivitäten der Gruppierung vor, welche die Einleitung eines Vereinsverbotsverfahrens angezeigt hätten.

5. Was weiß die Landesregierung über die ethnische Zusammensetzung der Vereins­mitglieder seit Gründung des Vereins, auch vor dem Hintergrund, dass sich der bosnische Gründer nicht mehr in Deutschland aufhält?

Die ethnische Zusammensetzung des Vereins hat für den Vollzug des vereinsrechtlichen Ver­botsverfahrens keine Relevanz und wurde daher polizeilich auch nicht erfasst. Die Staatsan­gehörigkeit der Adressaten der Durchsuchungsmaßnahmen stellt sich wie folgt dar:

• 26 x deutsch
• 1 x deutsch, bosnisch-herzegowinisch
• 1 x deutsch, marokkanisch
• 1 x deutsch, niederländisch
• 1 x iranisch
• 1 x italienisch
• 1 x österreichisch
• 1 x polnisch
• 2 x türkisch

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