Kleine Anfrage 2222
des Abgeordneten Klaus Esser AfD
Reaktivierung stillgelegter Bahnstrecken in NRW: Zu Kosten, Nutzung, Zügen und Personal
Vorbemerkung der Kleinen Anfrage
Aufgrund unzureichender Wirtschaftlichkeit wurden in den letzten Jahrzehnten viele hundert Kilometer Bahnstrecken stillgelegt. Die Landesregierung plant im Zuge einer „Verkehrswende“ den öffentlichen Nahverkehr in NRW bis 2030 um mindestens 60 Prozent zu erhöhen. Der Verkehrsminister führt in einer Pressemitteilung vom 25.07.2023 aus, dass dies zum „Erreichen der Klimaziele eine wichtige Rolle“ spielen müsse. Statt Streckenstilllegungen wird unter Heranziehung der Bedrohung durch den Klimawandel die Reaktivierung alter Strecken forciert.
Rund 200 Kilometer sollen in den kommenden Jahren hinzukommen. Bis 2040 könnten bis zu 22 weitere reaktivierte Strecken im Land folgen. Das Land NRW stellt dazu bis zum Jahr 2032 für Neu- und Ausbauvorhaben von Bahnstrecken (u. a. auch für die Reaktivierung der Bahnstrecken) rund 4 Milliarden Euro zur Verfügung.1
Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 2222 mit Schreiben vom 1. September 2023 namens der Landesregierung beantwortet.
- Welche Summe wird konkret aus dem obigen Budget von 4 Milliarden Euro durch das Land für die Reaktivierung von Bahnstrecken zur Verfügung gestellt?
Im Rahmen der ÖPNV Offensive wurden 600 Millionen Euro für die Ko-Finanzierung des GVFG-Bundesprogramms eingeplant, über das auch Reaktivierungsprojekte finanziert werden können.
- Der Verkehrsminister erwähnt in seiner Pressemitteilung, dass reaktivierte Strecken „von den Menschen angenommen worden“ seien. Welche Zahlen können für die zuletzt wieder in Betrieb genommenen fünf Strecken (Meinerzhagen–Brügge, Düren–Euskirchen, Mettmann–Wuppertal, Stolberg–Breinig und die Hertener Bahn) als Belege angeführt werden? (Bitte dazu konkrete Passagierzahlen, Zugverbindungen und Umsätze der Strecken seit jeweiliger Inbetriebnahme vorlegen)
Die gewünschten Informationen sind in der Anlage 1 beigefügt.
- Welche Strecken sollen in den kommenden Jahren reaktiviert werden? Siehe Anlage 2.
- Auf welcher Bewertungsgrundlage erfolgt eine Reaktivierung der in der Pressemitteilung erwähnten Strecken mit rund 200 Kilometern Umfang?
Neben verkehrlichen Aspekten, raumordnerischen Wirkungen wie z.B. (Wieder-)Anbindung der Schiene an Kommunen oder Siedlungsschwerpunkten und Nachfragepotenzialen, liegen zudem Bewertungen der Wirtschaftlichkeit (sog. Volkswirtschaftliche Bewertung) vor, welche im Rahmen von Machbarkeitsstudien in enger Anlehnung an das bundesweite Verfahren der „Standardisierten Bewertung“ für die einzelnen Reaktivierungsstrecken durchgeführt wurden.
- Aktuell wird über Lokführermangel sowie fehlendes anderes Personal – auch in NRW – geklagt. Stehen für reaktivierte Bahnstrecken denn in absehbarer Zeit überhaupt genügend Züge bzw. Personal zur Verfügung?
Dank der im Rahmen des Landesprogramms „Fokus Bahn NRW“ unter Federführung des Ministeriums für Umwelt, Naturschutz und Verkehr entwickelten Maßnahmen gelingt es beispielsweise seit einigen Jahren, alle geplanten Ausbildungsplätze für Triebfahrzeugführer im NRW SPNV mit qualifizierten Bewerberinnen und Bewerbern zu besetzen. Auch die Deutsche Bahn investiert in neue Beschäftigte. Zeit und Kosten für die Beschaffung des erforderlichen Zugmaterials sind i.d.R. in den Verkehrsverträgen, die für den Betrieb von Nahverkehrsstre-cken Voraussetzung sind, entsprechend berücksichtigt. Im Hinblick auf die angelaufenen Maßnahmen zur Personalgewinnung sowie eine sukzessive Fertigstellung der Streckenabschnitte bis zum Jahr 2032 bestehen keine Bedenken bzgl. des planmäßigen Betriebes reaktivierter Strecken.