Reaktivierung Wiehltalbahn

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 179
des Abgeordneten Andreas Keith vom 19.07.2022

 

Reaktivierung Wiehltalbahn

Die Wiehltalbahn ist eine rund 24 Kilometer lange eingleisige, nicht-elektrifizierte Nebenbahnstrecke zwischen Osberghausen und Waldbröl im Oberbergischen Kreis in Nordrhein-Westfalen. Sie schließt in Osberghausen an die Strecke der Oberbergischen Bahn an, die derzeit als Regionalbahn 25 zwischen Meinerzhagen und Köln-Hansaring verkehrt. Von der Wiehltalbahn zweigt von Waldbröl kommend bei Hermesdorf die Wissertalbahn ab, die über rund 7 Kilometer bis Morsbach führt. Derzeit findet weder auf der Wiehltalbahn noch auf der Wissertalbahn Regelverkehr im Schienenpersonenverkehr statt.

Die Eisenbahninfrastruktur der beiden Strecken befindet sich im Besitz der Anliegerkommunen Morsbach, Reichshof, Waldbröl und Wiehl. Die Rhein-Sieg-Eisenbahn GmbH (RSE) ist seit 2011 Pächter und verfügt über eine Betriebserlaubnis für die Strecken. Derzeit finden auf der Wiehltalbahnstrecke nur Tourismusfahrten statt.

Während eine Machbarkeitsstudie aus dem Jahr 2016 zu dem Ergebnis gelangte, dass die Reaktivierung der Wiehltalbahn wirtschaftlich unrentabel sei, stufte der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen 2019 die Reaktivierung der Wiehltalbahn in die höchste Prioritätsstufe ein. Weitergehend kam der VDV zu der Erkenntnis, dass der erforderliche Zeitaufwand zur Reaktivierung in den Bereich der besten Einstufung fällt. Folglich könne eine Reaktivierung laut VDV „zügig zu realisieren sein“.1

Ich frage die Landesregierung:

  1. Wie bewertet die Landesregierung eine mögliche Reaktivierung der Wiehltalbahn?
  2. Wie bewertet die Landesregierung die Wirtschaftlichkeit einer möglichen Reaktivierung der Wiehltalbahn?
  3. Welche Rolle spielen Reaktivierungen von Bahnstrecken für das Mobilitätskonzept der Landesregierung?

Andreas Keith

 

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1 https://www.ksta.de/region/oberberg-ks/reaktivierung-wiehltalbahn-verantwortliche-beschliessen-auftrag-fuer-machbarkeitsstudie-37657770


Der Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr hat die Kleine Anfrage 179 mit Schreiben vom 17. August 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

1. Wie bewertet die Landesregierung eine mögliche Reaktivierung der Wiehltalbahn?
3. Welche Rolle spielen Reaktivierungen von Bahnstrecken für das Mobilitätskonzept der Landesregierung?

Die Fragen 1 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet. Die Landesregierung begrüßt die Reaktivierung von Eisenbahnstrecken.

Auch eine mögliche Reaktivierung der Wiehltalbahn wird begrüßt und unterstützt. Dies zeigt sich auch in der Berücksichtigung der Strecke in der Zielnetzkonzeption 2040. Die Zielnetzkonzeption wurde Anfang 2022 veröffentlicht und stellt eine landesweite Konzeption für einen zukünftigen Nahverkehr in Nordrhein-Westfalen dar. Hierin sind auch zahlreiche Streckenreaktivierungen enthalten.

In Absprache mit dem zuständigen Aufgabenträger, dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland (NVR), wurde die Wiehltalbahn zwischen Waldbröl und Gummersbach-Dieringhausen berücksichtigt. Eine Förderung der Reaktivierung steht unter dem Vorbehalt des Nachweises der ausreichenden Wirtschaftlichkeit.

2. Wie bewertet die Landesregierung die Wirtschaftlichkeit einer möglichen Reaktivierung der Wiehltalbahn?

Eine durch den NVR beauftragte Machbarkeitsstudie zeigte 2016 auf, dass die Reaktivierung nach dem damaligen Verfahren der Standardisierten Bewertung kein ausreichendes Nutzen-Kosten-Verhältnis aufweist. Dies ist jedoch Voraussetzung, um eine Förderung des Landes, aber auch über das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz des Bundes (GVFG) zu erhalten.

Zurzeit befindet sich das multimodale Landesverkehrsmodell (LVM) im Aufbau. Dieses wird die Grundlage unter anderem für den ÖPNV-Bedarfsplan (Bedarfsplan für den Öffentlichen Personennahverkehr) bilden.

Der ÖPNV-Bedarfsplan bildet eine wesentliche Basis zur langfristigen Entscheidung über die finanzielle Förderung größerer streckenbezogener Schienen-Maßnahmen des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) durch das Land. Dabei handelt es sich im Wesentlichen um Neu- und umfangreiche Ausbaumaßnahmen, die auf Grundlage des in Aufstellung befindlichen Landesverkehrsmodells auf ihre Auswirkungen und das Verhältnis von Nutzen zu Kosten untersucht werden.

Im Juli 2022 wurde durch das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) zudem eine neue Verfahrensanleitung für die Standardisierte Bewertung („2016+“) veröffentlicht, die gerade Reaktivierungen in ländlichen Regionen stärken soll. Unter Heranziehen dieser neuen Standardisierten Bewertung bereitet der NVR zurzeit die Ausschreibung einer aktuellen Machbarkeitsstudie für die „Reaktivierung Wiehltalbahn“ vor. Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit einer möglichen Reaktivierung kann daher erst nach Abschluss der Machbarkeitsstudie erfolgen. Die Studie wird vom NVR gemeinsam mit dem Oberbergischen Kreis und den anliegenden Kommunen durchgeführt; das Ergebnis wird voraussichtlich Ende 2023 vorliegen.

 

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Beteiligte:
Andreas Keith