Antrag
der Fraktion der AfD
Rettet die Freibadsaison 2025: Dem gravierenden Personalmangel in Freibädern entschieden entgegentreten!
In den vergangenen zwei Jahren waren die Freibäder in Nordrhein-Westfalen von einem folgenschweren Personalmangel betroffen. Dieser hatte zu verspäteten Saisonstarts, verkürzten Öffnungszeiten, zeitweisen oder vereinzelt kompletten Schließungen geführt. So waren etwa die Schwimmbäder in Leverkusen und Bergisch Gladbach erst ab 13 Uhr geöffnet, während das Blütenbad in Leichlingen über die gesamten Sommerferien samstags geschlossen blieb.1 Das Freibad Homberg in Duisburg musste wegen Personalnot wochenlang geschlossen blei-ben.2 Das Ende der Bewerbungsphase für die Freibäder fällt in den meisten Kommunen mit dem Beginn der Freibadsaison im Mai zusammen. Falls die Kommunen auch in diesem Jahr nicht rechtzeitig das für den Betrieb notwendige Personal bekommen, besteht für die Frei-badsaison 2025 erneut die Gefahr merklich reduzierter Öffnungszeiten.
Die angespannte Personalsituation an Freibädern ist nicht zuletzt auch eine Folge der kurzsichtigen Bäderschließungen, die im Rahmen der Corona- und Energiekrise von Verantwortlichen in der jeweiligen Landes- und Bundesregierung veranlasst worden waren. Dies führte dazu, dass ein nicht unwesentlicher Teil der Bademeister aus Angst um den Verlust des Arbeitsplatzes in andere Berufe wechselte. Die prekäre Personalsituation wird zusätzlich dadurch verschärft, dass immer mehr Babyboomer in Rente gehen, während der dringend benötigte Nachwuchs das Berufsfeld zunehmend als unattraktiv empfindet.3
Fachangestellte für Bäderbetriebe, so die offizielle Bezeichnung, dürfen trotz der großen Verantwortung, die sie für die Sicherheit der Badegäste tragen, in der Regel mit einem Einstiegs-gehalt von gerade einmal 2200 Euro brutto rechnen. Hinzu kommen geringe Aufstiegschancen sowie ungünstige Arbeitszeiten am Wochenende und in den Ferien.4 Die Landesregierung gab in ihrer Antwort auf die Große Anfrage 3 (Drs. 18/853) der Abgeordneten Andreas Keith und Dr. Hartmut Beucker an, dass die Anzahl abgeschlossener Ausbildungsverträge für die Berufe in der Badeaufsicht – konkret die Ausbildung zum Fachangestellten für Bäderbetriebe – in NRW im Jahr 2021 einen zwischenzeitlichen Tiefstand von 99 erreicht hatte. In den Jahren zuvor lag sie noch zwischen 105 und 156.5 Was diese Zahlen jedoch nicht verraten: Schätzungen zufolge bleiben lediglich 30 Prozent der Auszubildenden dem Beruf nach ihrer Ausbildung treu.6 Diesen ernüchternden Zahlen aus der Berufsbildungsstatistik steht eine enorme Nachfrage gegenüber. Im Internet finden sich so jedes Jahr zahlreiche Stellenagebote für Bäder, die nicht besetzt werden können. Deutschlandweit fehlen bis zu 9.500 Bäder-Fachanagestellte.7
Die seit 2015 anhaltende, illegale Migration nach Deutschland hat dieses Fachkräfteproblem – quod erat expectandum – bisher nicht lösen können. Um dennoch auf den akuten Personalmangel reagieren zu können, haben einige Kommunen die Einstiegsgehälter für Fachangestellte für Bäderbetriebe auf bis zu 3.000 Euro brutto in der Lohngruppe 5 und 6 gemäß TVöD angehoben. Dadurch ist allerdings eine Konkurrenzsituation entstanden, in der insbesondere die kleinen Kommunen nicht dauerhaft bestehen können. Es kommt zu einem regelrechten Wettbewerb um Fachkräfte, bei dem die finanzschwachen Kommunen fast immer den Kürzeren ziehen. Um die Rahmenbedingungen für potenzielle Bewerber dennoch zu verbessern, bieten einige Kommunen unbefristete Arbeitsverträge, Tankgutscheine, Sport während der Arbeitszeit oder auch Hilfe bei der Wohnungssuche an. 8 In Duisburg war die Lage 2024 so ernst, dass die Stadt-Gesellschaft DuisburgSport sogar die Kampagne „Rettet die Freibadsaison“ ins Leben rief, um möglichst viele Rettungsschwimmer und Bademeister zu werben.9
Bademeister übernehmen vielfältige Aufgaben, die neben der Sicherheit der Gäste auch die Überwachung der technischen Anlagen sowie der Wasserqualität, als auch Reinigungs- und Desinfektionsarbeiten umfassen; sie sind nicht selten Lebensretter, Techniker und Polizist in einem. Letzteres wird angesichts wiederkehrender Gewaltausschreitungen und sexueller Übergriffe in Freibädern aber zunehmend zur Belastung. „Körperverletzungsdelikte treten an diesen Orten mit einer gewissen Regelmäßigkeit auf“, so Alexander Poitz, Bundesvize der Gewerkschaft der Polizei (GdP).10 Immer mehr Freibadbetreiber müssen deshalb Wachpersonal einstellen, um derartige Konflikte bewältigen zu können, was wiederum den finanziellen Handlungsspielraum vieler ohnehin verschuldeter Kommunen weiter einschränkt. Laut dem Präsidenten des Bundesverbands Deutscher Schwimmmeister (BDS) habe die Gewalt in den vergangenen 20 Jahren nicht nur zugenommen, sie richte sich auch immer häufiger gegen das Personal.11 Wenn Mitarbeiter terrorisiert, bedroht und angegriffen werden, reagieren sie häufig mit Krankmeldungen, wodurch die Personalnot noch weiter verschärft wird.12 Erst wenn die Ursachen der Gewalt in Freibädern beseitigt werden, können Maßnahmen gegen den gravierenden Personalmangel ihre volle Wirkung entfalten.
II. Der Landtag stellt fest:
- In den letzten zwei Jahren konnten viele Freibäder in Nordrhein-Westfalen ihre Saison wegen fehlender Mitarbeiter nicht wie geplant durchführen. Ohne rechtzeitige Neueinstellungen bis Mai drohen auch 2025 eingeschränkte Öffnungszeiten oder vorübergehende Schließungen.
- Schwimmbadschließungen während der Pandemie und Energiekrise führten dazu, dass viele Beschäftigte die Branche verließen. Hinzu kommen die Herausforderungen einer alternden Belegschaft und die mangelnde Attraktivität des Berufs durch niedrige Löhne, geringe Karriereaussichten und unregelmäßige Arbeitszeiten.
- Einige Städte versuchen, durch höhere Gehälter und zusätzliche Leistungen neue Mitarbeiter zu gewinnen. Dies verschärft jedoch den Wettbewerb um Fachkräfte, bei dem finanziell schwächere Gemeinden oft benachteiligt sind.
- Gewalt und Übergriffe in Freibädern stellen für das Personal eine zunehmende Belastung dar und erfordern teure Sicherheitsmaßnahmen wie den Einsatz von Wachpersonal. Diese Probleme verstärken die ohnehin kritische Personalsituation und verdeutlichen die Notwendigkeit, die Ursachen für Konflikte in Schwimmbädern zu adressieren.
III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf,
- aus bereiten Mitteln ein mehrjähriges Förderprogramm aufzulegen, um Kommunen bei der Einstellung von Personal zu unterstützen, indem bessere Gehaltsstrukturen, unbefristete Verträge oder Zulagezahlungen für Fachangestellte für Bäderbetriebe ermöglicht werden;
- nach dem Vorbild der Stadt Duisburg eine landesweite Rekrutierungskampagne „Rettet die Freibadsaison“ ins Leben zu rufen, um so in Schulen, Vereinen, auf Jobmessen oder sozialen Medien für den Beruf zu werben und dabei die Vielseitigkeit der Tätigkeit sowie mögliche Vorteile hervorzuheben;
- aus bereiten Mitteln ein Stipendienprogramm sowohl für Studierende als auch Auszubildende aller Fachrichtungen zu entwickeln, die sich verpflichten, nach dem Studium bzw. der Ausbildung für eine bestimmte Zeit in Freibädern oder kommunalen Schwimmbädern als Rettungsschwimmer auszuhelfen.
Andreas Keith
Christian Loose
Dr. Martin Vincentz
und Fraktion
1 WDR: „Freibäder kämpfen mit Personalmangel“, siehe: https://www1.wdr.de/nachrichten/rheinland/schwimmen-freibad-oeffnungszeiten-100.html (aufgerufen am 14.01.2025).
2 WAZ: „Entscheidung gefallen: Wann das Freibad Homberg jetzt öffnet“, siehe: https://www.waz.de/staedte/duis-burg/west/article238733439/Oeffnet-das-Freibad-Homberg-Geruecht-sorgt-fuer-Verwirrung.html (aufgerufen am 15.01.2025).
3 Kommunal: „Freibad: Es fehlt so viel Personal wie noch nie“, siehe: https://kommunal.de/freibad-personal-fehlt-wie-noch-nie#:~:text=Die%20Freib%C3%A4der%20und%20Hallenb%C3%A4der%20in,das%20Kultur-gut%20Schwimmen%20in%20Gefahr. (aufgerufen am 15.01.2025).
4 Tagesschau: „Sommerjob mit Schattenseiten“, siehe: https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/schwimm-meister-personalmangel-freibad-100.html (aufgerufen am 15.01.2025).
5 Drs. 18/2085, S. 12.
6 RND: „Freibäder kämpfen mit Personalmangel: Öffnungszeiten eingeschränkt – teilweise ganz geschlossen“, siehe: https://www.rnd.de/panorama/personalmangel-im-freibad-oeffnungszeiten-eingeschraenkt-baeder-teil-weise-ganz-geschlossen-YXS3PLNFLBHNNP2F2NWYF76NFE.html (aufgerufen am 15.01.2025).
7 Zeitung für kommunale Wirtschaft: „Freibäder stehen zum Saisonstart vor Herausforderungen“, siehe: https://www.zfk.de/wasser-abwasser/freibaeder-stehen-zum-saisonstart-vor-herausforderungen (aufgerufen am 15.01.2025).
8 Kommunal: „Freibad: Es fehlt so viel Personal wie noch nie“, siehe: https://kommunal.de/freibad-personal-fehlt-wie-noch-nie#:~:text=Die%20Freib%C3%A4der%20und%20Hallenb%C3%A4der%20in,das%20Kultur-gut%20Schwimmen%20in%20Gefahr. (aufgerufen am 15.01.2025).
9 WAZ: „Freibad-Saison in Duisburg gerettet? So ist jetzt die Lage“, siehe: https://www.waz.de/staedte/duis-burg/article242043306/Freibad-Saison-in-Duisburg-gerettet-So-ist-jetzt-die-Lage.html (aufgerufen am 15.01.2025).
10 Ruhr Nachrichten: „Randale in Freibädern nehmen zu. Betriebe in NRW reagieren mit mehr Wachleuten“, siehe: https://www.ruhrnachrichten.de/regionales/randalen-in-freibaedern-nehmen-zu-betriebe-in-nrw-reagieren-mit-mehr-wachleuten-w749277-2000846041/ (aufgerufen am 15.01.2025).
11 RND: „’Freibäder sind ein Pulverfass‘: Deutschlands Bademeisterchef prangert zunehmende Gewalt an“, siehe: https://www.rnd.de/politik/gewalt-im-freibad-bademeister-chef-macht-clans-fuer-eskalationen-verantwortlich-O4JV6XAYORGPBFJ3ZNH2KDJRJY.html (aufgerufen am 15.01.2025).
12 Zeit: „Faeser will Polizeipräsenz in Freibädern verstärken“, siehe: https://www.zeit.de/gesellschaft/2023-07/ge-walt-freibaeder-faeser-polizeipraesenz (aufgerufen am 15.01.2025).