Kleine Anfrage 5903des Abgeordneten Nic Vogel vom 09.08.2021
Rheinvertiefung als Maßnahme für Hochwasserschutz
Wie im Bundesverkehrswegeplan 2030 längst avisiert, könnte eine partielle Rheinvertiefung dazu führen, weiterhin bei Hoch- oder Niedrigwasser einen aktiven Schiffsverkehr zu gewährleisten.
Der Bundesverkehrswegeplan 2030 sieht unter dem Projekt W27 eine Abladeoptimierung und eine Sohlstabilisierung zwischen Duisburg und Stürzelberg vor, was eine Vertiefung der Fahrrinne zwischen Duisburg und Neuss um 30 Zentimeter auf 2,80 Meter bedeutet.
Aus gegebenem Anlass und um einen aktuellen Wissensstand zu erlangen, frage ich die Landesregierung:
- In welchem Planungsstatus befindet sich das Projekt W27?
- Welche weiteren Projekte bzw. Baumaßnahmen, die eine partielle Rheinvertiefung beinhalten, sind von der Landesregierung geplant?
- Welche Prioritäten setzt die Landesregierung bei der Auswahl von Vertiefungsstellen am Rhein?
- Welche Möglichkeiten des zusätzlichen Abflusses als Hochwasserschutz lassen sich entlang des Rheins einrichten?
- Welche der oben genannten Möglichkeiten in Frage 4 werden derzeit von der Landesregierung geplant? (Bitte bei Benennung der Maßnahme auch den Planungsort angeben)
Nic Vogel
Der Minister für Verkehr hat die Kleine Anfrage 5903 mit Schreiben vom 3. September 2021 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit der Ministerin für Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Der Landesregierung verfügt über keine Zuständigkeit zur Vertiefung oder Priorisierung von Baumaßnahmen an Bundeswasserstraßen, wozu auch der Rhein zählt, da es sich um eine Angelegenheit unmittelbarer Bundesverwaltung handelt (Art. 89 Abs. 2 S. 1 GG).
- In welchem Planungsstatus befindet sich das Projekt W27?
Die Sohlstabilisierung und Abladeoptimierung Niederrhein erfolgt in vier Teilabschnitten, deren Maßnahmen teilweise einander bedingen:
(1) „Stürzelberg“, Rhein-km 722,0 bis 737,0
– Derzeit finden keine Aktivitäten statt.
(2) „Lausward“, Rhein-km 737,0 bis 747,0
– Die Vorbereitungen zur Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens laufen.
(3) „Steinerne Bänke“, Rhein-km 747,0 bis 757,7
– Haushaltsunterlagen und Untersuchungspaket „Geologie“ werden aufgestellt.
(4) „Ersatzmaßnahme Sohlstabilisierung Bockum-Krefeld“, Rhein-km 757,7 bis 763,6
– Die Ausschreibungsunterlagen liegen in der Endfassung vor.
– Der Baubeginn ist für Mitte November 2021 geplant.
Die Ausführung und Terminierung der Projektausführung obliegt der zuständigen Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Der Projektbeirat wird in seiner 4. Sitzung am 28. Oktober 2021 einen aktualisierten Sachstandsbericht zur Kenntnis nehmen.
- Welche weiteren Projekte bzw. Baumaßnahmen, die eine partielle Rheinvertiefung beinhalten, sind von der Landesregierung geplant?
- Welche Prioritäten setzt die Landesregierung bei der Auswahl von Vertiefungsstellen am Rhein?
Die Fragen 2 und 3 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Das Land verfügt über keine Zuständigkeit für die Bundeswasserstraßen.
- Welche Möglichkeiten des zusätzlichen Abflusses als Hochwasserschutz lassen sich entlang des Rheins einrichten?
- Welche der oben genannten Möglichkeiten in Frage 4 werden derzeit von der Landesregierung geplant? (Bitte bei Benennung der Maßnahme auch den Planungsort angeben)
Die Fragen 4 und 5 werden aufgrund des Sachzusammenhangs gemeinsam beantwortet: Aufgrund der intensiven Nutzung der Rheinufer durch Besiedlung, Industrie und Infrastruktureinrichtungen ist eine durchgehende Verbreiterung des Rheins nicht möglich.
Im Zuge der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) sind zur Verbesserung des ökologischen Potenzials des Rheins Maßnahmen vorgesehen, die auch die Anlage von Nebenrinnen und stellenweise Vorlandabtrag beinhalten. Ziel dieser Maßnahmen ist es, mehr naturnäheren Lebensraum für die Gewässerlebewesen zu schaffen. Zuständig für die Planung und Umsetzung solcher Maßnahmen ist die Wasserstraßen- und Schifffahrtsverwaltung des Bundes. Als Nebeneffekt ist ein positiver Einfluss auf Hochwasserrückhaltung und -abfluss wahrscheinlich.
Zielführender zur Absenkung des Hochwasserrisikos ist die Realisierung von Deichrückverle-gungen und die Schaffung von steuerbaren Rückhalteräumen. Entsprechende Maßnahmen wurden bereits Mitte der 1990er Jahre in das Hochwasserschutzkonzept des Landes Nordrhein-Westfalen aufgenommen. Bis heute konnten fünf größere Deichrückverlegungen fertig gestellt werden. Die Deichrückverlegung in Duisburg-Mündelheim befindet sich aktuell im Bau.
Von den fünf geplanten Rückhalteräumen wurde der Rückhalteraum Köln-Langel im Juli 2009 eingeweiht und ist betriebsbereit. Die Planungen für den Rückhalteraum Worringer Bruch und den Rückhalteraum Orsoy-Land befinden sich in einem fortgeschrittenen Stadium. Zusätzlich wird der Bereich Lohrwardt überplant und unter Berücksichtigung bzw. Hinzuziehung der Ab-grabung Reckerfeld ein Rückhalteraum Lohrwardt geschaffen werden. Für die beiden Rück-halteräume Bylerward und Ilvericher Bruch sind die Flächen raumplanerisch gesichert worden.
Sobald die laufenden Maßnahmen fertiggestellt sind, wird im Vergleich zu heute zusätzlicher Rückhalteraum zur Verfügung stehen und damit der Hochwasserschutz am Rhein verbessert sein.