Kleine Anfrage 5557des Abgeordneten Sven W. Tritschler vom 07.06.2021
„Rundfunkbeitrag“ (GEZ-Gebühr) in NRW
Gemäß Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) sind Inhaber von Wohnungen (§ 2) und Betriebsstätten (§ 5) verpflichtet, Rundfunkbeiträge abzuführen. Dabei werden „Rundfunkbeiträge“ seit dem Jahre 2013 ohne jede Rücksicht darauf erhoben, ob der Wohnungs- bzw. Betriebsstätteninhaber die von ARD, ZDF oder dem Deutschlandradio angebotenen Programme empfängt oder auch nur die dafür notwendigen Geräte vorhält.1
Seit dem Mai 2020 können Unternehmen, die von einer dreimonatigen Betriebsstättenschließung aufgrund behördlicher Anordnung im Rahmen der Bekämpfung der Coronapandemie betroffen sind, eine Befreiung vom „Rundfunkbeitrag“ beantragen.2 Für Privathaushalte gibt es weiterhin keine derartige „coronabedingte Entlastung“, die über § 4 RBStV hinausgeht. Menschen in Kurzarbeit oder Empfänger von Wohngeld oder Leistungen nach ALG I müssen auch weiterhin ihre monatlichen „Rundfunkbeitrag“ von 17,50 Euro bezahlen.
Der mit dem Beitragsinkasso beauftragte „Rundfunkbeitragsservice“ ist dabei wenig zimperlich. Bereits mehrere Bürger, die aus Gewissensgründen die Zahlung des Beitrags sowie eine Vermögensauskunft abgelehnt hatten, wurden in den vergangenen Jahren in Beugehaft genommen.3 Zuletzt sorgte in Nordrhein-Westfalen der Fall des Borkener Bürgers Georg Thiel für Schlagzeilen, der aufgrund seiner Beitragsschulden seit inzwischen über drei Monaten in der JVA Münster inhaftiert ist.4
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele Beitragskonten nach den §§ 2 und 5 RBStV gab es jeweils in den vergangenen vier Jahren in NRW?
- Wie hoch war in diesen vier Jahren jeweils das Gesamtbeitragsvolumen aus Nordrhein-Westfalen?
- In wie vielen Fällen wurden in diesen vier Jahren Befreiungen und/oder Ermäßigungen gem. § 4 RBStV beantragt, und wie viele dieser Anträge wurden jeweils positiv beschieden?
- Wie viele Vollstreckungsersuchen wurden in den letzten vier Jahren durch den WDR gem. § 10 Abs. 7 RBStV jeweils an die zuständigen Behörden der Kommunen gestellt?
- Wie hoch ist jeweils die Gesamtsumme der für Mahnungen, Vollstreckungsmaßnahmen und andere im Zusammenhang mit Zahlungsverzug erhobenen Gebühren (z.B. Zinsen), für die die säumigen Beitragsschuldner aufkommen mussten?
Sven W. Tritschler
2 https://www.rundfunkbeitrag.de/presse_und_aktuelles/hinweise/corona/ard_zdf_und_deutschlandra dio_ermoeglichen_weitere_entlastungen_vom _rundfunkbeitrag_fuer_unternehmen/index_ger.html
3 https://www.waz-online.de/Nachrichten/Medien-TV/Rundfunkbeitrag-bringt-Thueringerin-B-ins-Gefaengnis
4 https://www.nzz.ch/amp/feuilleton/gez-verweigerer-notfalls-gehen-sie-auch-ins-gefaengnis-ld.1627062
Der Ministerpräsident hat die Kleine Anfrage 5557 mit Schreiben vom 5. Juli 2021 namens der Landesregierung beantwortet.
1. Wie viele Beitragskonten nach den §§ 2 und 5 RBStV gab es jeweils in den vergangenen vier Jahren in NRW?
Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Daten vor.
Der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) hat auf Nachfrage folgende Daten mitgeteilt:
NRW | Beitragskonten privat (§ 2 RBStV) | Beitragskonten nicht-privat (§ 5 RBStV) |
2017 | 8.444.560 | 627.362 |
2018 | 8.507.722 | 636.538 |
2019 | 8.553.223 | 649.451 |
2020 | 9.098.721 | 713.628 |
2. Wie hoch war in diesen vier Jahren jeweils das Gesamtbeitragsvolumen aus Nordrhein-Westfalen?
Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Daten vor.
Der WDR hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass sich die Entwicklung der ihm im Sendegebiet Nordrhein-Westfalen zufließenden Beitragserträge wie folgt darstellt:
NRW | Beitragserträge inkl. Anteile ZDF, Deutschlandra- dio, Landesmedi- enanstalten | davon: Anteile ZDF und Deutsch- landradio | davon: Anteile Lan- desmedien- anstalten | |
Beitragserträge ohne Anteile ZDF, Deutschlandradio, Landesmedi-enanstalten | ||||
2017 | 1.670.503 T€ | 463.909 T€ | 31.537 T€ | 1.175.057 T€ |
2018 | 1.664.794 T€ | 462.197 T€ | 31.390 T€ | 1.171.207 T€ |
2019 | 1.682.441 T€ | 466.763 T€ | 31.728 T€ | 1.183.950 T€ |
2020 | 1.693.878 T€ | 470.206 T€ | 31.938 T€ | 1.191.734 T€ |
3. In wie vielen Fällen wurden in diesen vier Jahren Befreiungen und/oder Ermäßigungen gem. § 4 RBStV beantragt, und wie viele dieser Anträge wurden jeweils positiv beschieden?
Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Daten vor.
Der WDR hat auf Nachfrage mitgeteilt, dass diese Informationen statistisch nicht erfasst werden. In nachfolgender Darstellung hat der WDR den Bestand an befreiten bzw. ermäßigten Personen in Nordrhein-Westfalen mit Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres ausgewiesen.
NRW | Personen | Personen |
– befreit – | – ermäßigt – | |
2017 | 721.886 | 115.652 |
2018 | 812.150 | 112.632 |
2019 | 723.787 | 110.912 |
2020 | 711.372 | 107.919 |
4. Wie viele Vollstreckungsersuchen wurden in den letzten vier Jahren durch den WDR gem. § 10 Abs. 7 RBStV jeweils an die zuständigen Behörden der Kommunen gestellt?
Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Daten vor.
Der WDR hat auf Nachfrage folgende Daten mitgeteilt:
NRW | Vollstreckungsersuchen private Beitragskonten (§ 2 RBStV) |
Vollstreckungsersuchen nicht-private Beitrags- konten (§ 5 RBStV) |
2017 | 277.734 | 14.608 |
2018 | 261.924 | 14.251 |
2019 | 281.004 | 14.699 |
2020 | 265.543 | 14.728 |
5. Wie hoch ist jeweils die Gesamtsumme der für Mahnungen, Vollstreckungsmaßnahmen und andere im Zusammenhang mit Zahlungsverzug erhobenen Gebühren (z.B. Zinsen), für die die säumigen Beitragsschuldner aufkommen mussten?
Der Landesregierung liegen hierzu keine eigenen Daten vor.
Der WDR hat auf Nachfrage Folgendes mitgeteilt:
„Die Gesamtsumme der Gebühren, die von Beitragsschuldnern getragen wurden, wird nicht erfasst, da es für die Erhebung und Speicherung dieses Merkmals keine Rechtsgrundlage gibt. Einzelheiten zu Säumniszuschlägen, Kosten und Zinsen ergeben sich aus den §§ 11 und 12 der Satzung des Westdeutschen Rundfunks Köln über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (GV. NRW 2017, S. 316).“