Rundfunkzwangsabgabe in NRW

Kleine Anfrage
vom 29.06.2017

Kleine Anfrage vom 29.06.2017
des Abgeordneten Sven Tritschler AfD

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Gemäß Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) sind Inhaber von Wohnungen (§ 2) und Be­triebsstätten (§ 5) verpflichtet, Rundfunkbeiträge abzuführen. Dabei werden Rundfunkbeiträge inzwischen ohne jede Rücksicht darauf erhoben, ob der Wohnungs- bzw. Betriebsstätteninha-ber die von ARD und ZDF angebotenen Programme empfängt oder auch nur die dafür not­wendigen Geräte vorhält.

Der mit dem Beitragsinkasso beauftragte „Rundfunkbeitragsservice“ ist dabei wenig zimper­lich. Mehrere Bürger, die aus Gewissensgründen die Zahlung des Beitrages abgelehnt hatten, wurden bereits in Beugehaft genommen. Zuletzt sorgte in Nordrhein-Westfalen der Fall des Wermelskirchener Bürgers Henning Dornauf für Schlagzeilen, der aufgrund seiner Beitrags­schulden in der JVA Remscheid inhaftiert wurde.

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Beitragsschuldner nach den §§ 2 und 5 RBStV gab es jeweils in den vergan­genen drei Jahren in NRW?
  2. Wie hoch war in diesen drei Jahren jeweils das Gesamtbeitragsvolumen aus Nordrhein-Westfalen?
  3. In wie vielen Fällen wurden in diesen drei Jahren Befreiungen und/oder Ermäßigungen gem. § 4 RBStV beantragt und wie viele dieser Anträge wurden jeweils positiv beschie­den?
  4. Wie viele Beitragsschuldner waren in diesen drei Jahren im Zahlungsverzug und wie hoch ist jeweils die Gesamtsumme der für Mahnungen, Vollstreckungsmaßnahmen und andere im Zusammenhang mit Zahlungsverzug erhobenen Gebühren (z.B. Zinsen), für die die säumigen Beitragsschuldner aufkommen mussten?
  5. In wie vielen Fällen kam es aufgrund von Zahlungsverzug in den vergangenen drei Jah­ren zu Aufforderungen zur Abgabe von Vermögensauskünften, abgegebenen Vermö­gensauskünften, Pfändungen und zu Freiheitsentzug aufgrund der Nichtabgabe einer Vermögensauskunft? (Bitte aufschlüsseln.)

Sven Tritschler


Antwort der Landesregierung vom 26.07.2017

auf die Kleine Anfrage 31 vom 28. Juni 2017 des Abgeordneten Sven Tritschler AfD Drucksache 17/64

Rundfunkzwangsabgabe in NRW

Vorbemerkung der Kleinen Anfrage

Gemäß Rundfunkbeitragsstaatsvertrag (RBStV) sind Inhaber von Wohnungen (§ 2) und Betriebsstätten (§ 5) verpflichtet, Rundfunkbeiträge abzuführen. Dabei werden Rundfunkbeiträge inzwischen ohne jede Rücksicht darauf erhoben, ob der Wohnungs- bzw. Betriebsstätteninhaber die von ARD und ZDF angebotenen Programme empfängt oder auch nur die dafür notwendigen Geräte vorhält.

Der mit dem Beitragsinkasso beauftragte „Rundfunkbeitragsservice“ ist dabei wenig zimperlich. Mehrere Bürger, die aus Gewissensgründen die Zahlung des Beitrages abgelehnt hatten, wurden bereits in Beugehaft genommen. Zuletzt sorgte in Nordrhein-Westfalen der Fall des Wermelskirchener Bürgers Henning Dornauf für Schlagzeilen, der aufgrund seiner Beitragsschulden in der JVA Remscheid inhaftiert wurde.

Der Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales und Medien hat die Kleine Anfrage 31 mit Schreiben vom 25. Juli 2017 namens der Landesregierung beantwortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Die Daten, die Gegenstand der vorliegenden Kleinen Anfrage sind, werden von der Landesregierung nicht aus eigener Veranlassung erhoben. Zur Beantwortung der Fragen wurde daher der Westdeutsche Rundfunk Köln (WDR) um Stellungnahme gebeten. Die folgenden Antworten beruhen auf seinen Informationen.

  1. Wie viele Beitragsschuldner nach den §§ 2 und 5 RBStV gab es jeweils in den vergangenen drei Jahren in NRW?

Dazu hat der WDR Folgendes mitgeteilt:

„Bezugsgröße für den Rundfunkbeitrag ist das Beitragskonto, nicht der Beitragsschuldner. Statistische Informationen zu der Anzahl der Beitragszahler werden in diesem Zusammenhang nicht erfasst.

Im privaten Bereich (§ 2 RBStV) kann jedoch davon ausgegangen werden, dass die Anzahl der Beitragskonten der Anzahl der Beitragszahler weitgehend entspricht. Im nicht-privaten Bereich (§ 5 RBStV) ist es dagegen durchaus möglich, dass einem Beitragszahler mehrere Beitragskonten zugeordnet sind. Die Zahl der Beitragskonten in Nordrhein-Westfalen hat sich in den vergangen drei Jahren wie folgt entwickelt:

NRW Beitragskonten    privat

(§ 2 RBStV)

Beitragskonten

nicht-privat

(§ 5 RBStV)

2014 8.472.974 552.420
2015 8.404.655 577.541
2016 8.423.806 606.323

 

  1. Wie hoch war in diesen drei Jahren jeweils das Gesamtbeitragsvolumen aus Nordrhein-Westfalen?

Dazu hat der WDR Folgendes mitgeteilt:

„Die dem WDR im Sendegebiet Nordrhein-Westfalen zufließenden Beitragserträge haben sich in den Jahren 2014 – 2016 wie folgt entwickelt:

NRW Beitrags-

erträge       inkl.

davon:

Anteile      ZDF und DLR

Davon: Anteile LMA Beitrags-

erträge   ohne

Anteile      ZDF,

DLR, LMA

Anteile    ZDF;

DLR, LMA

2014 1.748.937 T€ 470.007 T€ 33.035 T€ 1.245.895 T€
2015 1.701.969 T€ 464.280 T€ 32.109 T€ 1.205.580 T€
2016 1.667.989 T€ 457.312 T€ 31.483 T€ 1.179.194 T€

 

Zur Erläuterung: Alle Landesrundfunkanstalten – so auch der WDR – müssen von den in ihrem Sendegebiet zufließenden Beitragserträgen einen Teil an das ZDF, das Deutschlandradio und die Landesmedienanstalten (LMA) abführen.“

  1. In wie vielen Fällen wurden in diesen drei Jahren Befreiungen und/oder Ermäßigungen gem. § 4 RBStV beantragt und wie viele dieser Anträge wurden jeweils positiv beschieden?

Dazu hat der WDR Folgendes mitgeteilt:

„Die angefragten Informationen werden statistisch nicht erfasst.“ Allerdings könne die Anzahl der Personen angegeben werden, die mit Stichtag 31.12. des jeweiligen Jahres in NRW von der Beitragspflicht befreit sind oder nur einen ermäßigten Beitrag zu zahlen haben:

NRW Personen – befreit – Personen

– ermäßigt –

2014 635.405 129.881
2015 725.922 122.809
2016 752.860 118.773

 

Im Unterschied zu der Anzahl der Beitragskonten (s. o. zu 1.) sei die Befreiung von der Beitragspflicht oder eine Ermäßigung nach § 4 RBStV an eine bestimmte natürliche Person geknüpft. Sei eine Person von der Beitragspflicht befreit oder zahle sie nur den ermäßigten Betrag, gelte dies für alle Wohnungen, deren Inhaberin diese Person sei.

  1. Wie viele Beitragsschuldner waren in diesen drei Jahren im Zahlungsverzug und wie hoch ist jeweils die Gesamtsumme der für Mahnungen, Vollstreckungsmaßnahmen und andere im Zusammenhang mit Zahlungsverzug erhobenen Gebühren (z. B. Zinsen), für die die säumigen Beitragsschuldner aufkommen mussten?

Dazu hat der WDR Folgendes mitgeteilt:

„Die Zahl der Beitragsschuldner mit Zahlungsverzug wird statistisch nicht erfasst, da es für eine Erhebung und Speicherung dieses Merkmals keine Rechtsgrundlage gibt. Einzelheiten zu Säumniszuschlägen, Kosten und Zinsen ergeben sich aus den §§ 11 und 12 der Satzung des Westdeutschen Rundfunks Köln über das Verfahren zur Leistung der Rundfunkbeiträge (GV. NRW 2017, S. 316).“

  1. In wie vielen Fällen kam es aufgrund von Zahlungsverzug in den vergangenen drei Jahren zu Aufforderungen zur Abgabe von Vermögensauskünften, abgegebenen Vermögensauskünften, Pfändungen und zu Freiheitsentzug aufgrund der Nichtabgabe einer Vermögensauskunft? (Bitte aufschlüsseln)

Dazu hat der WDR Folgendes mitgeteilt:

„Hierzu liegen uns keine Zahlen vor, da diese Maßnahmen nicht in den Zuständigkeitsbereich des WDR fallen. Aus der Presse sind uns aus Nordrhein-Westfalen lediglich zwei Fälle bekannt, in denen Menschen aufgrund der Nichtabgabe einer Vermögensauskunft in Erzwingungshaft genommen wurden. Im Einzelnen:

Aus Gründen der Beitragsgerechtigkeit und der Gleichbehandlung aller Bürgerinnen und Bürger ist der Beitragsservice verpflichtet, allen offenen Forderungen nachzugehen – auch, indem er im letzten Schritt ein Vollstreckungsersuchen bei der zuständigen Vollstreckungsbehörde stellt.

Wird der Rundfunkbeitrag nicht gezahlt, dann beginnt – wie bei anderen Geldleistungspflichten auch – ein Mahnverfahren. Dieses Verfahren ist mehrstufig: Wird der Rundfunkbeitrag nicht rechtzeitig entrichtet, verschickt der Beitragsservice zunächst eine Zahlungserinnerung. Auf die Zahlungserinnerung folgen weitere Mahnschreiben und schließlich der Beitragsbescheid. Zur Einleitung des Vollstreckungsverfahrens kommt es nur, wenn dieses mehrstufige Mahnverfahren erfolglos war und auf die Schreiben des Beitragsservice nicht reagiert wurde. Verweigert eine Person jeden Kontakt und auch die Zahlung, führt an einem Vollstreckungsersuchen kein Weg vorbei.

Das Vollstreckungsersuchen wird bei der nach den geltenden vollstreckungsrechtlichen Regelungen zuständigen Vollstreckungsbehörde gestellt. Für die Beitreibung rückständiger Rundfunkbeiträge sind in Nordrhein-Westfalen die Vollstreckungsbehörden der Gemeinden (§ 2 Abs. 1 VO VwVG NRW) zuständig. Für den Rundfunkbeitrag gelten dabei im Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen Geldforderungen keine besonderen Regelungen.

Die Vollstreckungsbehörden handeln eigenständig und sind nicht verpflichtet, den WDR oder den Beitragsservice über Vollstreckungsmaßnahmen zu informieren oder diese mit den Rundfunkanstalten oder dem Beitragsservice abzusprechen. Wie oft es zu Aufforderungen zur Abgabe von Vermögensauskünften usw. kommt und welche Vollstreckungsmaßnahmen jeweils gewählt werden, wissen wir daher nicht.

Ganz grundsätzlich gilt: Zur Anordnung der Erzwingungshaft durch ein Gericht kann es nach den geltenden vollstreckungsrechtlichen Regelungen kommen, wenn sich ein Vollstreckungsschuldner gegenüber der Vollstreckungsbehörde weigert, eine Vermögensauskunft abzugeben. Die betroffene Person kann dabei eine Haft jederzeit selbst abwenden, indem sie die Vermögensauskunft abgibt oder die offene Forderung begleicht. Wir wissen von bundesweit insgesamt drei Fällen – einem aus Thüringen und zwei aus Nordrhein-Westfalen – in denen Personen, gegen die u.a. wegen offener Forderungen nach dem RBStV ein Vollstreckungsverfahren durchgeführt wurde, in Erzwingungshaft genommen wurden, weil sie die Abgabe der Vermögensauskunft verweigerten.“

Hierzu kann ergänzt werden, dass Gegenstand einer früheren kleinen Anfrage (Drs. 16/12624) u. a. die Frage war, wie viele Vollstreckungsersuchen insgesamt (keine Aufschlüsselung nach bestimmten Vollstreckungsmaßnahmen) durch den WDR oder andere Landesrundfunkanstalten seit dem 1. Januar 2013 an Kommunen in Nordrhein-Westfalen gerichtet wurden.

Dazu hatte der WDR Folgendes mitgeteilt:

 

Anzahl erstellter VE

2013 – 166.758

2014 – 209.321

2015 – 317.959

 

 

Beteiligte:
Sven Tritschler