Schwere strategische Fehler müssen korrigiert werden – Zurück zur Kernenergie!

Antrag
vom 13.02.2025

Antrag

der Fraktion der AfD

Schwere strategische Fehler müssen korrigiert werden Zurück zur Kernenergie!

Seit 2012 untersucht die Unternehmensberatung McKinsey halbjährlich den Status bzgl. der Zielerreichung der sogenannten Energiewende in Deutschland durch den „Energiewende-In­dex“. Drei Faktoren werden herangezogen, um den Fortschritt bei der sogenannten Energie­wende zu ermitteln:

  1. Klima- und Umweltschutz
  2. Versorgungssicherheit
  3. Wirtschaftlichkeit

Diese drei Dimensionen werden durch 15 Indikatoren analysiert und dementsprechend bewer­tet, wie weit die notwendigen Etappenziele erreicht worden sind. Im aktuellen Energiewende-Index von September 2024 wurden diese 15 Indikatoren abermals überprüft. Es stellte sich hierbei heraus, dass sieben Indikatoren im Bereich der realistischen Zielerreichung liegen, sechs Indikatoren im Bereich der unrealistischen Zielerreichung liegen und die übrigen zwei Indikatoren zwar aktuell noch als realistisch eingestuft werden, jedoch auf der Kippe stehen und somit nicht konkret als langfristig realistisch eingestuft werden können.

Insbesondere im Bereich der gesicherten Reservemarge besteht die Gefahr, dass bis zum Jahre 2030 über 30% der gesicherten Leistung vom Netz gehen und somit erhebliche Investi­tionen in Kapazitäten notwendig sind, um Versorgungsengpässe zu verhindern.

Ein weiterer auffälliger Faktor ist der Haushaltsstrompreis, der sich im europäischen Vergleich deutlich verschlechtert hat. Waren es Ende des Jahres 2023 noch 27,2 %, so lag er im Juni 2024 bereits bei 41,9 % über dem europäischen Durchschnitt. Während der deutsche Haus­haltsstrompreis somit im Jahr 2024 um ca. 3 % gegenüber 2023 anstieg, sank im europäi­schen Ausland der Haushaltsstrompreis im Mittel um 7 %.1

Der Unions-Kanzlerkandidat und CDU-Vorsitzende Friedrich Merz stellte am Abend des 13.01.2025 auf der Betriebsrätekonferenz der CDU-Sozialvereinigung CDA fest, dass die Still­legung der letzten drei deutschen Atomkraftwerke durch die Ampel-Regierung mitten in der Energiekrise ein „schwerer strategischer Fehler“ gewesen sei. Für Friedrich Merz sei Indust­riepolitik genauso wichtig wie Klimaschutz.2 Dieser Einsicht schließt sich auch das gemeinsame Wahlprogramm der CDU und CSU für die Bundestagswahl 2025 an und erklärt, dass die Union an der Option der Kernenergie festhalte und hierfür insbesondere auf die For­schung zur Kernenergie der vierten und fünften Generation, Small Modular Reactors und Fu­sionskraft gesetzt wird.3 Eine technologieoffene und zukunftsfähige Energieforschung müsse breit aufgestellt sein, um die Versorgungssicherheit sicherzustellen. Hierzu gehört auch, dass eine fachliche Bestandsaufnahme durchgeführt wird, ob und wie die Wiederaufnahme des Be­triebs von bisher abgeschalteten Kernkraftwerken noch möglich ist.4

Reaktortypen der Generation IV sollen sicherer, effizienter und umweltfreundlicher sein als aktuelle Modelle. Auch die Suche nach einem Endlager für die genutzten Brennstoffe würde sich einfacher gestalten, da weniger hochradioaktive Abfälle anfallen, die nicht mehrere hun­derttausend, sondern nur noch einige hunderte Jahre gefährlich strahlen werden. Ein zentraler Ansatz ist der Einsatz alternativer Kühlmittel wie flüssigem Metall (z. B. Natrium oder Blei) oder flüssigem Salz anstelle von Wasser als bisher konventionell genutztes Kühlmittel. Kühlmittel dieser neuen Art ermöglichen eine passive Kühlung des Reaktors, selbst bei Ausfall des Kühl­systems, und reduzieren somit das Risiko einer Kernschmelze. Die Nuklearkatastrophen von Tschernobyl und Fukushima hätten mit solchen Technologien möglicherweise verhindert wer­den können.

Small Modular Reactors (SMR) sind kleine modulare Reaktoren mit einer geringeren Leistung als konventionelle Kraftwerke. SMRs sollen leichter, kostengünstiger und in größerer Anzahl gebaut werden können. Ferner sollen sie schon durch LKWs oder Züge verladbar sein. Aller­dings wären mehrere Standorte benötigt, um annähernd die gleiche Nennleistung bisher be­stehender konventioneller Kraftwerke zu erreichen.5

Auch die Lösung der Endlagerfrage kann mittels Generation IV Reaktoren erreicht werden, da in ihnen mittels Transmutation langlebige radioaktive Reststoffe der bisherigen Kernkraftwerke umgewandelt werden können. Nach Ansicht der Forscher der TU München wäre die mit die­sem Verfahren ermöglichte Rückgewinnung wertvoller Materialien „hochrentabel“.6

Auch die Einschätzung der EU-Kommission und des Europäischen Parlaments bzgl. der Nut­zung der Kernenergie ist für eine weitergehende Nutzung ausgelegt. Durch Änderung der de­legierten Verordnung zur sogenannten Taxonomie-Verordnung der EU-Kommission im Jahre 2022 können unter bestimmten Voraussetzungen gewisse Kernenergie- und Erdgasaktivitäten innerhalb der EU in die Liste der ökologisch nachhaltigen Wirtschaftstätigkeiten aufgenommen werden.7 Die Einstufung der Kernenergie als ökologisch nachhaltig dient dazu, die internatio­nalen Klimaziele zu erreichen. Diese seien nach einer Analyse der Wirtschaftskommission der Vereinten Nationen für Europa (United Nations Economic Commission for Europe – UNECE) nur erreichbar, wenn Kernenergie weiterhin zur Stromversorgung genutzt werde.

So heißt es in dem Positionspapier direkt zu Beginn:

„Nuclear power is an important source of low-carbon electricity and heat that contributes to attaining carbon neutrality“ („Kernenergie ist eine wichtige Quelle für kohlenstoffarmen Strom und Wärme, die zur Erreichung der CO2-Neutralität beiträgt“)

Neben dem Erreichen der internationalen Klimaziele werden die möglichen Einsatzgebiete zur Unterstützung der Herstellung von Wasserstoff sowie der Einsatz von Kernenergie im Bereich der energieintensiven Industrie im Positionspapier der UNECE dargestellt.8

Die Kernenergie bietet in ihrem Einsatzspektrum also ein mannigfaltiges Portfolio, um Ener­giesicherheit zu gewährleisten, die Strompreise auf dem Markt stabil zu halten und zukünftige Innovationen im Bereich der Energieerzeugung und -entwicklung voranzutreiben. Diese The­matik ist indes nicht neu; schon in den Beratungen im Bundestag im Jahre 2022 zwecks Wei­terbetrieb der damals noch vorhandenen Atomkraftwerke in Deutschland stellte der Dipl.-Phys. Ulrich Waas fest, dass zum endgültigen Erreichen der „Klimaneutralität“ in der Mitte des Jahr­hunderts eine Brückentechnologie notwendig sei. Diese Lücke könne durch Gas-, Kohle- oder Kernkraftwerke geschlossen werden. Von den genannten Kraftwerksarten können jedoch nur Kernkraftwerke die CO2-Bilanz insgesamt verringern, da sie keine zusätzlichen CO2-Emissio-nen verursachen.9

II. Der Landtag stellt fest:

  1. Der Einsatz und die Entwicklung von Kernkraftwerken der neuen Generationen ist erfor­derlich, um die Versorgungssicherheit in Nordrhein-Westfalen langfristig sicherzustellen.
  2. Die Nutzung der Kernenergie ist mit den neuesten Kraftwerksgenerationen sicher, um­weltschonend, CO2-neutral und effizient.
  3. Die Kernenergie stellt eine effektive Brückentechnologie dar, um die Energiesicherheit in Deutschland aufrechtzuerhalten und neue Innovationen im Bereich der Energiever­sorgung zu ermöglichen.

III. Der Landtag fordert die Landesregierung auf:

  1. eine fachliche Bestandsaufnahme durchzuführen, an welchen Standorten der Betrieb eines neuen Kernkraftwerks der IV. Generation in Nordrhein-Westfalen durchgeführt werden könnte;
  2. die Forschungen im Bereich der Kern- und Fusionsenergie auszubauen;
  3. im Bundesrat einen Antrag zu initiieren, um den bundesweiten Ausbau der Kernenergie und -forschung voranzutreiben;
  4. im Bundesrat einen Antrag zu initiieren, um die Kernenergie und -forschung als notwen­dige Brückentechnologie bundesweit anerkennen zu lassen.

Prof. Dr. Daniel Zerbin
Dr. Martin Vincentz
Christian Loose

und Fraktion

 

MMD18-12778

 

1 Vgl. https://www.mckinsey.de/branchen/chemie-energie-rohstoffe/energiewende-index (abgerufen am 07.02.2025).

2 https://www.bild.de/politik/inland/cdu-knaller-merz-industrie-wichtiger-als-klimaschutz-
6786086d21f8f5728de22dda (abgerufen am 06.02.2025).

3 Wahlprogramm von CDU und CSU 2025, S. 2; https://www.cdu.de/wahlprogramm-von-cdu-und-csu/ (abgerufen am 06.02.2025).

4 Seite 20 des CDU-Wahlprogramms 2025 (https://www.cdu.de/wahlprogramm-von-cdu-und-csu/ (abgerufen am 06.02.2025).

5 Vgl. https://www.tagesschau.de/wissen/forschung/akw-der-zukunft-101.html (abgerufen am 06.02.2025).

6 Vgl. https://www.welt.de/wissenschaft/article255386306/Kernenergie-Forscher-finden-moegliche-Loesung-fuer-das-Atommuell-Problem.html, abgerufen am 10.02.2025

7 Vgl. https://www.europarl.europa.eu/news/de/press-room/20220701IPR34365/taxonomie-keine-einwande-ge-gen-einstufung-von-gas-und-atomkraft-als-nachhaltig (abgerufen am 06.02.2025); https://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/?uri=CELEX%3A32022R1214 (abgerufen am 06.02.2025).

8 https://unece.org/sites/default/files/2021-08/Nuclear%20brief_EN.pdf (abgerufen am 06.02.2025).

9 https://www.bundestag.de/resource/blob/929862/b6309c60dad3ee8d92b8245c4b3ef8b1/Wortprotokoll.pdf (ab­gerufen am 06.02.2025).