Kleine Anfrage 2387
des Abgeordneten Markus Wagner AfD
Schwere Verletzung nach Messerattacke in Oberhausens Turbinenhalle – Geschah die Tat heimtückisch und aus Rache?
Am 04.02.2023 ereignete sich in der Düsseldorfer Turbinenhalle eine brutale Attacke. Ein 30Jähriger Mann soll den Ex-Partner seiner Schwester mit einem Messer schwer am Hals verletzt haben. An dem besagten Tag sollen sich der Angeklagte und das Opfer am späten Abend in der Konzerthalle begegnet sein. Dort soll der 30-Jährige dem 29-jährigen Opfer mit einem Messer unvermittelt von hinten in den Hals gestochen haben. Die Wunde sei etwa zweieinhalb Zentimeter tief und soll vom Nacken bis zum Kehlkopf reichen. Aus diesem Grund wurde der 30-jährige Dortmunder, nachdem er fünf Tage nach der Tat festgenommen wurde, wegen versuchten Mordes angeklagt und muss sich nun vor dem Duisburger Landgericht verantworten.1
Nach dem Angriff wurde das Opfer unmittelbar vom Rettungspersonal des Veranstalters erstversorgt. Später sei er dann im Krankenhaus notoperiert worden, da er unter enormem Blutverlust litt. Auch mehr als ein halbes Jahr nach der Tat sei die zurückgebliebene Narbe immer noch „deutlich sichtbar“.2 Zuerst habe der Verletzte gar nicht mitbekommen, wie schwer er eigentlich verletzt war. Kurz vor dem Vorfall sollen die beiden Beteiligten noch vereinbart haben, sich im Foyer der Turbinenhalle zu treffen und dort Dinge zu bereden. Jedoch merkte das Opfer kurz darauf „einen Pieks im Hals“.3 Erst als er durch beistehende Personen darauf aufmerksam gemacht wurde und ein Foto von seinem Zustand sah, realisierte er den Ernst der Lage. Die Anklage wirft dem 30-Jährigen vor „heimtückisch“ gehandelt zu haben, da der Verletzte zum Tatzeitpunkt „wehrlos“4 gewesen sei. Der Angeklagte schwieg zu den Vorwürfen und äußerte sich auch am ersten Prozesstag nicht zur Person. Trotzdem war dies nicht die erste gewaltsame Auseinandersetzung der beiden Männer. So seien sie bereits eine Woche zuvor ebenfalls in der Turbinenhalle gewaltsam aufeinander getroffen. Nach Aussagen des Opfers habe der 30-Jährige ihn in den Schwitzkasten genommen und ihm „in die Lippe gebissen“.5
Ein möglicher Auslöser für den Hass des Täters auf das Opfer scheint die ehemalige Beziehung des Opfers mit der Schwester des Täters zu sein. So habe dieser erst von der ca. zwei Jahre andauernden Partnerschaft erfahren, als diese im Dezember 2022 schon beendet war. Außerdem scheinen mehrere Indizien dafür zu sprechen, dass es in der Beziehung zu häuslicher Gewalt gekommen ist. So spricht das Opfer selbst von „häufigen Auseinandersetzungen und von Tätlichkeiten“6 im Rahmen der Beziehung. Des Weiteren soll die Frau blaue Flecken als Folge von „Gerangel“7 davongetragen haben und auch durch „Backpfeifen“8 verletzt worden sein. Das Opfer scheint die Gewalt in der Beziehung verharmlosen zu wollen, gerät dabei allerdings in Widersprüche mit vorherigen Aussagen.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
- Zu wie vielen Straftaten kam es seit 2015 auf öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerten, Partys oder ähnlichem? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt und Veranstaltungsart sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Wie viele dieser Delikte wurden mit Messern, Schlagstöcken und sonstigen Waffen begangen? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Veranstaltungsart und Waffenart sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
- Wie viele Waffen konnten insgesamt auf eben solchen öffentlichen Veranstaltung in NRW seit 2015 sichergestellt bzw. durch das Sicherheitspersonal konfisziert werden? (Bitte nach Jahr, Ort, Waffenart und Art der Veranstaltung aufschlüsseln.)
- Ist von Seiten des Veranstalters nach diesem Vorfall geplant worden bzw. bereits umgesetzt worden, die dortigen Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen bzw. mehr Sicherheitspersonal einzustellen?
Markus Wagner
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
6 Ebenda.
7 Ebenda.
8 Ebenda.
Der Minister des Innern hat die Kleine Anfrage 2387 mit Schreiben vom 28. September 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkungen der Landesregierung
Datenbasis für die Beantwortung von Fragen zur Kriminalitätsentwicklung ist die Polizeiliche Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen. Sie wird nach jährlich bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen dem Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu dem oben genannten Vorfall? (Bitte Tatverdächtigen, Tathergang, Vorstrafen des Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften des Tatverdächtigen, seit wann der Tatverdächtige im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft ist, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei einem deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über den Tatverdächtigen nennen.)
Die Ermittlungen sind abgeschlossen.
Die Leitende Oberstaatsanwältin in Duisburg hat dem Ministerium der Justiz unter dem 04.09.2023 Folgendes berichtet:
„Am 04.02.2023 gegen 23:30 Uhr schnitt der zur Tatzeit 29-jährige türkische Angeklagte in den Räumlichkeiten der Turbinenhalle Oberhausen dem ihm bekannten und infolge einer früheren Beziehung zu seiner Schwester verhassten, zur Tatzeit 28-jährigen deutschen Geschädigten mit einem mitgeführten Messer von hinten in den Bereich von Hals und Nacken. Dieser erlitt dadurch eine 15 Zentimeter lange und bis zu zwei Zentimeter tiefe Schnittwunde mit bisher verbleibender Narbe.
Dieses Geschehen war Gegenstand der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft Duisburg vom 24.05.2023, die dies als versuchten heimtückischen Mord in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung nach §§ 211 Abs. 1 und 2, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nrn. 2 und 5, 12, 22, 23, 52 StGB bewertet hatte. Die Hauptverhandlung hat allerdings ergeben, dass der Angeklagte ohne den erheblichen Umfang der Verletzung genau zu überblicken und ohne externe Einwirkung von weiteren Stichen oder Schnitten absah, so dass nunmehr in Bezug auf den Vorwurf des versuchten Mordes ein freiwilliger Rücktritt vom unbeendeten Versuch anzunehmen war.
Am 24.08.2023 verurteilte das Landgericht Duisburg den Angeklagten dem Antrag der Staatsanwaltschaft entsprechend wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von vier Jahren und drei Monaten. Das Urteil ist infolge der durch den Angeklagten eingelegten Revision nicht rechtskräftig. Seitens der Staatsanwaltschaft ist kein Rechtsmittel eingelegt worden, da die verhängte Strafe auch der Höhe nach im Wesentlichen dem Antrag des Sitzungsvertreters entsprach.
Der Angeklagte ist vorbestraft. Die insgesamt neun Eintragungen bezogen sich primär auf Körperverletzung, Diebstahl, Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz und Fahren ohne Fahrerlaubnis in den Jahren 2007 bis 2015. Der Angeklagte hat bereits Haft verbüßt und stand unter laufender Bewährung.“
- Zu wie vielen Straftaten kam es seit 2015 auf öffentlichen Veranstaltungen wie Konzerten, Partys oder ähnlichem? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt und Veranstaltungsart sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Zur Beantwortung der Frage wurde eine Auswertung der in der Polizeilichen Kriminalstatistik Nordrhein-Westfalen erfassten Straftaten mit der Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ durchgeführt, welche seit 01.01.2019 erfasst wird. Zur Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ zählen: „Volksfeste, Jahrmärkte“, „Karnevalsveranstaltungen/-umzüge“, „Sonstige Umzüge“, „Musikveranstaltungen“, „Veranstaltungen mit religiösem Hintergrund“ und „sonstige Kulturelle Veranstaltungen“.
Der nachfolgenden Tabelle bitte ich die polizeilich bekannt gewordenen Straftaten mit der Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ zu entnehmen.
Bekannt gewordene Fälle in Verbindung mit der Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ | ||||
Jahr | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Bekannt gewordene Fälle | 11.549 | 6.072 | 2.334 | 9.356 |
- Wie viele dieser Delikte wurden mit Messern, Schlagstöcken und sonstigen Waffen begangen? (Bitte nach Jahr, Ort, Delikt, Veranstaltungsart und Waffenart sowie nach Tätermerkmalen wie Alter, Geschlecht und Nationalität aufschlüsseln und bei Deutschen die Mehrfachstaatsangehörigkeit extra ausweisen.)
Zur Beantwortung der Frage wurden die polizeilich bekannt gewordenen Straftaten im Zusammenhang mit dem Ereignis der Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ auf die Fälle reduziert, bei denen eines der nachfolgenden Tatmittel erfasst wurde: „Pistole/Revolver“; „Gewehr“, „Gaswaffe/Schreckschusswaffe“, „Luft- o. Federdruckwaffe“, „Spielzeugwaffe“, „sonstige Schusswaffe“, „Schleuder/Zwille“, „Messer (WaffG)“, „sonstiges Messer“, „sonstige Stichwaffe“, „Baseballschläger“, „Totschläger“, „sonstige Hiebwaffe“, „Explosivstoffe“ und „sonstiges Tatmittel“.
Die Fallzahlen bitte ich der nachfolgenden Tabelle zu entnehmen:
Bekannt gewordene Fälle mit einem der oben aufgeführten Tatmittel in Verbindung mit der Ereignisgruppe „Kulturelle Veranstaltung“ | ||||
Jahr | 2019 | 2020 | 2021 | 2022 |
Bekannt gewordene Fälle | 719 | 256 | 36 | 119 |
- Wie viele Waffen konnten insgesamt auf eben solchen öffentlichen Veranstaltung in NRW seit 2015 sichergestellt bzw. durch das Sicherheitspersonal konfisziert werden? (Bitte nach Jahr, Ort, Waffenart und Art der Veranstaltung aufschlüsseln.)
Eine statistische Erfassung der angefragten Daten durch die Polizei Nordrhein-Westfalen erfolgt nicht. Eine insoweit erforderliche händische Auswertung von Einzelvorgängen ist im Rahmen der für die Beantwortung einer Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbaren Verwaltungsaufwand nicht möglich.
- Ist von Seiten des Veranstalters nach diesem Vorfall geplant worden bzw. bereits umgesetzt worden, die dortigen Sicherheitsmaßnahmen zu erhöhen bzw. mehr Sicherheitspersonal einzustellen?
Die Landesregierung verhält sich nicht zu Obliegenheiten Privater.