Kleine Anfrage 4671
des Abgeordneten Carlo Clemens AfD
Schwimmende Häuser in nordrhein-westfälischen Gewässern
Um partielle Linderung in der aktuellen Wohnungsnot zu erreichen, sollten auch unkonventionelle Ideen in Betracht gezogen werden. In den Niederlanden1 herrscht derzeit ein wachsendes Interesse an schwimmenden Häusern, so genannten „Floating Houses“; diesbezüglich haben sich Gemeinschaften gebildet. Die niederländischen Behörden beraten deshalb die Aktualisierung von Bauvorschriften, um die Errichtung schwimmender Häuser zu erleichtern.
Im Gegensatz zu Hausbooten, die steuerbar und nicht ortsgebunden sind, sind schwimmende Häuser fest mit dem Ufer verbunden und im Regelfall an das örtliche Kanalisations- und Stromnetz angeschlossen.2 Meist ruhen die aus Holz, Stahl und Glas konstruierten Häuser auf Stahlpfählen und einem Betonrumpf, der für Stabilität im Wasser sorgt. Die schwimmenden Häuser könnten besonders in Städten und Regionen mit knappen Baulandreserven und entsprechend hohen Bodenpreisen zusätzlichen Wohnungsbau ermöglichen und sie bieten womöglich auch Vorteile bei der Höhe der gesamten Baukosten.
Auch in Nordrhein-Westfalen wurden bereits Projekte mit schwimmenden Häusern umgesetzt. So gibt es Resorts mit je zehn schwimmenden Ferienhäusern im Weserbergland3 und in Xanten4. Zwar unterscheidet sich die Situation einer Region an der Küste, die teils unterhalb des Meeresspiegels liegt, von der eines Binnenlandes. Doch auch NRW ist reich an Gewässern, Flüssen und Seen, die sich als Standorte für schwimmende Häuser eignen könnten. Auch auf diese Weise könnten Potenziale erschlossen werden, um den Wohnraummangel zu lindern.
Ich frage daher die Landesregierung:
- Wie viele schwimmende Häuser bzw. „Floating Houses“ als dauerhafte Wohnstätten sind der Landesregierung in NRW bekannt (bitte aufschlüsseln nach Kommunen)?
- Wie bewertet die Landesregierung die Potenziale von schwimmenden Häusern bzw. „Floating Houses“ beim Wohnungsbau?
- Wie bewertet die Landesregierung die ökologische Gesamtbilanz von schwimmenden Häusern bzw. „Floating Houses“, auch hinsichtlich des Gewässerschutzes?
- Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits Maßnahmen getroffen bzw. geplant, um Chancen und Risiken von schwimmenden Häusern bzw. „Floating Houses“ zu eruieren?
- Welche rechtlichen bzw. tatsächlichen Hindernisse stehen nach Einschätzung der Landesregierung einer weiteren Verbreitung von schwimmenden Häusern in NRW entgegen?
Carlo Clemens
1 Vgl. https://e360.yale.edu/features/the-dutch-flock-to-floating-homes-embracing-a-wetter-future.
2 Vgl. https://www.spiegel.de/wirtschaft/service/hausboot-warum-wohnen-auf-dem-wasser-fuer-viele-menschen-nur-ein-traum-bleibt-a-1b62440c-414b-4bc4-a187-33d623b62e01.
3 Vgl. https://www.floatinghouse.de/liegeplaetze-fuer-hausboote/nordrhein-westfalen/weserbergland-ferienresort-weser.html.
4 Vgl. https://www.floatinghouse.de/liegeplaetze-fuer-hausboote/nordrhein-westfalen/xanten.html.
Die Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung hat die Kleine Anfrage 4671 mit Schreiben vom 3. Dezember 2024 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr beantwortet.
- Wie viele schwimmende Häuser bzw. „Floating Houses“ als dauerhafte Wohnstätten sind der Landesregierung in NRW bekannt (bitte aufschlüsseln nach Kommunen)?
Der Landesregierung liegen hierzu keine Informationen vor.
- Wie bewertet die Landesregierung die Potenziale von schwimmenden Häusern bzw. „Floating Houses“ beim Wohnungsbau?
Aufgrund der geringen Verfügbarkeit tatsächlich geeigneter Standorte können schwimmende Häuser in Nordrhein-Westfalen keinen nennenswerten Beitrag zum Wohnungsbau leisten.
- Wie bewertet die Landesregierung die ökologische Gesamtbilanz von schwimmenden Häusern bzw. „Floating Houses“, auch hinsichtlich des Gewässerschutzes?
Im Hinblick auf die gewässerökologische Bewertung von schwimmenden Häusern ist zu berücksichtigen, dass diese in der Regel ufernah verankert werden und einen festen Zugang zum Ufer benötigen. Hierdurch werden unnatürliche Uferstrukturen geschaffen und die Entwicklung einer unbeeinträchtigten, naturnahen Gewässerbiozönose behindert. Zudem benötigen Fließgewässer für ihre ökologische, naturnahe Entwicklung ausreichenden Raum. Durch die erforderliche Infrastruktur für schwimmende Häuser entstehen jedoch zusätzliche Zwangspunkte, wodurch eine eigendynamische Entwicklung von Fließgewässern behindert wird. Bei einer Installation von schwimmenden Häusern in Fließgewässern wird zudem das Strömungsbild beeinträchtigt.
In Seen wird durch die in der Regel ufernah installierten, schwimmenden Häuser der für die ökologische Funktion des Gewässers elementare Uferbereich beschattet, in dem Wasserpflanzen wachsen, welche Lebensraum und Nahrung für viele Organismengruppen bieten und die wesentlich zur Primärproduktion und zum Nährstoffumsatz im Gewässer beitragen. Je nach Anzahl und Exposition der installierten schwimmenden Häuser wird zudem der Windeintrag auf das Gewässer verändert, welcher für Seen von grundlegender Bedeutung für deren Zirkulation ist.
- Welche Maßnahmen hat die Landesregierung bereits Maßnahmen getroffen bzw. geplant, um Chancen und Risiken von schwimmenden Häusern bzw. „Floating-Houses“ zu eruieren?
Die Landesregierung beabsichtigt keine Eruierung der Chancen und Risiken von schwimmenden Häusern.
- Welche rechtlichen bzw. tatsächlichen Hindernisse stehen nach Einschätzung der Landesregierung einer weiteren Verbreitung von schwimmenden Häusern in NRW entgegen?
Zur Verringerung von Hochwasserrisiken sollten Überschwemmungsbereiche an Fließgewässern grundsätzlich von Bebauung freigehalten werden. Im Hochwasserfall stellen Bebauungen in Gewässernähe immer zusätzliche und vermeidbare Schadensrisiken dar. Gemäß § 78 Wasserhaushaltsgesetz (WHG) ist nur in Ausnahmefällen eine Bebauung in festgesetzten Überschwemmungsgebieten zulassungsfähig. Durch eine Bebauung wird im Übrigen das Re-tentionsvolumen des Gewässers reduziert, so dass sich das Hochwasserrisiko im Unterstrom vergrößert. Im Hochwasserfall besteht zusätzlich die Gefahr, dass sich die Befestigungen von schwimmenden Häusern lösen und in der Folge durch die Häuser zusätzliche Verklausungen an Engstellen wie Brücken entstehen.