Kleine Anfrage 1952
der Abgeordneten Markus Wagner und Carlo Clemens AfD
Security muss Hausmeister an Schulen schützen – Wie gefährlich werden unsere Schulen noch?
„Aufgrund der geschilderten Vorfälle liegt für die Hausmeister, welche städtisches Personal sind, eine Gefahr für Leib und Leben vor. Weiterhin können auch Nutzer und schulisches Personal, die teilweise in den Abendstunden noch im Gebäude sind, gefährdet werden.“1
Diese Aussage stammt nicht etwa von einem Schuldirektor aus den USA, sondern wurde vom technischen Beigeordneten der Stadt Sankt Augustin, G., dessen Rat vorgetragen. Was noch bis vor etlichen Jahren für deutsche Schulen undenkbar schien und hauptsächlich für einige Schulen in Nordamerika galt, ist nun auch in Deutschland zur bitteren Realität geworden.
Zwei Schulen in Sankt Augustin im Rhein-Sieg-Kreis sehen sich seit Monaten nach Schulschluss mit Problemen für die dort arbeitenden Hausmeister konfrontiert. Messerattacken und Bedrohungen führten zu Polizeieinsätzen und laut Stadt besteht für die tätigen Hausmeister „Gefahr für Leib und Leben“, weswegen sie jetzt von einem Sicherheitsdienst beschützt werden.2
Hausmeister seien bereits im vergangenen Jahr 2022 am Rhein-Sieg-Gymnasium sowie 2023 auf dem Campus Niederpleis Opfer einer Messerattacke geworden. Diesbezüglich bestätigte der Beigeordnete G., dass es „in der jüngsten Vergangenheit weitere Vorfälle in den Abendstunden“ gegeben hätte, „wo es zu lautstarken Beschimpfungen über Bedrohungen gegen Hausmeister bis hin zu Vandalismusschäden am Gebäude oder Schulgebäude gekommen“ sei.3
In der Regel sind die Hausmeister abends bis 22:30 Uhr an den Schulen im Einsatz. Da gleichzeitig Vereinssport oder Musikunterricht stattfindet, ist es nicht möglich, die Türen geschlossen zu halten. Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass auch unerbetene Gäste durch die Gebäude laufen. Bei dann stattfindenden Kontrollgängen der Hausmeister komme es immer wieder zu Auseinandersetzungen mit Jugendlichen.4
Der Rat der Stadt hat nun auf Antrag des Beigeordneten G. beschlossen, in den Abendstunden einen Securitydienst einsetzen zu wollen. Dafür sollen 30.000 Euro bereitgestellt werden.5
Wir fragen daher die Landesregierung:
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben beschriebenen Vorfällen, die sich 2022 und 2023 ereignet haben? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
- Wie viele Schulen in Nordrhein-Westfalen haben seit 2015 bis heute ebenfalls einen Sicherheitsdienst beauftragt? (Bitte nach Jahr, Schule und Kosten aufschlüsseln.)
- Beteiligt sich die Landesregierung an den angefallenen Kosten, die durch die unter Frage 2 beauftragten Sicherheitsdienste angefallenen sind? (Bitte nach Haushaltstiteln aufschlüsseln.)
- Welche Gründe und Faktoren liegen aus Sicht der Landesregierung dafür vor, dass sich Jugendliche immer öfter unberechtigterweise Zutritt zu Schulgebäuden verschaffen und dort das Personal bedrohen und attackieren?
- Seit wann erscheint es Schulen in Nordrhein-Westfalen notwendig, Sicherheitsdienste beauftragen zu müssen? (Bitte die Zeit angeben, bis zu der das nicht nötig war.)
Markus Wagner
Carlo Clemens
2 Ebenda.
3 Ebenda.
4 Ebenda.
5 Ebenda.
Die Ministerin für Schule und Bildung hat die Kleine Anfrage 1952 mit Schreiben vom 12. Juli 2023 namens der Landesregierung im Einvernehmen mit dem Minister des Innern und dem Minister der Justiz beantwortet.
Vorbemerkung der Landesregierung
Die Landesregierung stellt sich gegen jede Form von Gewalt, damit alle Schülerinnen und Schüler, Lehrkräfte und alle am Schulleben beteiligten Personen Schulen als sichere Lernorte wahrnehmen. Dieses Ziel wird durch unterschiedliche Maßnahmen erreicht, zu denen beispielsweise schulspezifische Gewaltschutzkonzepte zählen, die die schulischen Teams für Beratung, Gewaltprävention und Krisenintervention in Absprache mit außerschulischen Unterstützungssystemen, wie u.a. Polizei und Jugendamt, gemeinsam entwickeln. Grundlegende Hinweise und Hilfen zur Konzeption von Gewaltschutzkonzepten sowie im Umgang mit krisenhaften Ereignissen finden Schulen im Notfallordner „Hinsehen und Handeln“ sowie im Präven-tionshandbuch Krise.
- Wie ist der Sachstand der polizeilichen und staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen zu den oben beschriebenen Vorfällen, die sich 2022 und 2023 ereignet haben? (Bitte Tatverdächtige, Tathergang, Vorstrafen der Tatverdächtigen, Straftatbestände, Staatsbürgerschaften der Tatverdächtigen, seit wann die Tatverdächtigen im Besitz der deutschen Staatsbürgerschaft sind, Vornamen und Mehrfachstaatsangehörigkeit bei deutschen Tatverdächtigen und sonstige polizeiliche Erkenntnisse über die Tatverdächtigen nennen.)
Das Ministerium der Justiz nimmt hinsichtlich des Sachstands der staatsanwaltlichen Ermittlung wie folgt Stellung:
„Der Generalstaatsanwalt in Köln hat dem Ministerium der Justiz unter dem 23. und 27.06.2023 berichtet, dass der angesprochene Sachverhalt aus dem Jahr 2023 auf dem Campus Niederpleis Gegenstand einer Anklage sei, welche die Staatsanwaltschaft Bonn gegen zwei Jugendliche mit deutscher und syrischer Staatsangehörigkeit wegen versuchter gefährlicher Körperverletzung erhoben habe. Danach soll einer der Tatverdächtigen – nachdem der Geschädigte in seiner Eigenschaft als Hausmeister die sich unerlaubterweise auf dem Schulgelände aufhaltenden Tatverdächtigen vergeblich aufgefordert haben soll, die Örtlichkeit zu verlassen – eine schlagende Handbewegung gemacht haben, die der Geschädigte habe abfangen können. Anschließend hätten beide Tatverdächtige den Geschädigten aufgefordert, sich mit ihnen zu schlagen, wobei einer der Tatverdächtigen ein Taschenmesser gezogen habe. Als der Geschädigte das Tatgeschehen mit seinem Handy habe filmen wollen, habe der Tatverdächtige mit dem geöffneten Klappmesser seinen Arm von oben nach unten gegen den Körper des Geschädigten geführt, ohne diesen zu verletzen. Die Tatverdächtigen seien vor Eintreffen der Polizei geflohen.
Von weiteren personenbezogenen Angaben zu den Tatverdächtigen wird mit Blick auf den Erziehungsgedanken des Jugendstrafrechts und die Wertung des § 48 Absatz 1 JGG abgesehen. Wegen der zeitlichen und örtlichen Eingrenzung der Tat und weiterer, auch presseöffentlicher Angaben zu dem Vorfall ist eine Identifizierbarkeit möglich bzw. wahrscheinlich. Dem parlamentarischen Informationsinteresse wird durch die eingangs mitgeteilten Angaben entsprochen.
Ein Ermittlungsverfahren, welches das angesprochene Geschehen im Jahr 2022 am Rhein-Sieg-Gymnasium zum Gegenstand hat, ließ sich nach Mitteilung des Generalstaatsanwalts in Köln nicht feststellen. Der Leitende Oberstaatsanwalt in Bonn ist insoweit um Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens von Amts wegen gebeten worden.“
- Wie viele Schulen in Nordrhein-Westfalen haben seit 2015 bis heute ebenfalls einen Sicherheitsdienst beauftragt? (Bitte nach Jahr, Schule und Kosten aufschlüsseln.)
Die sächliche Ausstattung von Schulen sowie der Objektschutz fallen in den Aufgabenbereich der Schulträger. Rückmeldungen an die Schulaufsicht über den Einsatz von Sicherheitsdiensten an Schulen sind nicht vorgesehen und liegen somit der Landesregierung nicht vor.
- Beteiligt sich die Landesregierung an den angefallenen Kosten, die durch die unter Frage 2 beauftragten Sicherheitsdienste angefallenen sind? (Bitte nach Haushaltstiteln aufschlüsseln.)
Die Sicherheit an Schulen ist eine gemeinsame Aufgabe der Landesregierung, der kommunalen Träger und der örtlichen Polizeibehörden, die in unterschiedlichen Bereichen Verantwortung für die schulischen Angelegenheiten tragen. Die sächliche Ausstattung der Schulen und damit auch Fragen im Zusammenhang mit der Bereitstellung, Gestaltung und Unterhaltung der Schulgebäude und deren Ausstattung als sogenannte „äußere Schulangelegenheit“ gehören in den Verantwortungsbereich der Schulträger. Die sogenannten „inneren Schulangelegenheiten“, wie u.a. die Unterstützung der Schulen in der Entwicklung von Gewaltschutzkon-zepten oder die Entwicklung und Bereitstellung des Notfallordners, liegen in der Zuständigkeit der Landesregierung.
Bei akuten Gewaltvorfällen und schulischen Krisen sind die örtlichen Polizeibehörden erste Ansprechpartner und stellen durch die getroffenen Maßnahmen sicher, dass die Gefährdung für Schülerinnen und Schüler sowie alle anderen am Schulleben Beteiligten beendet werden. Die Kosten zur Aufrechterhaltung von Sicherheit und Unterrichtsbetrieb werden hierbei aufgrund der unterschiedlichen Verantwortungsbereiche nicht alleine durch den Schulträger getragen.
- Welche Gründe und Faktoren liegen aus Sicht der Landesregierung dafür vor, dass sich Jugendliche immer öfter unberechtigterweise Zutritt zu Schulgebäuden verschaffen und dort das Personal bedrohen und attackieren?
Als Datenbasis zur Beantwortung der Frage dient die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS). Sie wird nach bundeseinheitlich festgelegten Richtlinien erstellt. Die Erfassung erfolgt nach Abschluss aller kriminalpolizeilichen Ermittlungen und führt häufig zu einem zeitlichen Versatz zwischen Bekanntwerden der Straftat und der statistischen Erfassung. Die Polizeiliche Kriminalstatistik ist eine Jahresstatistik.
Eine opferbezogene Auswertung im Sinne der Anfrage ist in der PKS nicht möglich. Überdies bildet die PKS grundsätzlich keine Tatmotive ab.
Zur Identifizierung einschlägiger Ermittlungsverfahren wäre insoweit eine händische Auswertung aller in Frage kommender Einzelsachverhalte erforderlich. Eine derartige Auswertung ist in der für die Beantwortung der Kleinen Anfrage zur Verfügung stehenden Zeit mit vertretbarem Aufwand nicht möglich.
- Seit wann erscheint es Schulen in Nordrhein-Westfalen notwendig, Sicherheitsdienste beauftragen zu müssen? (Bitte die Zeit angeben, bis zu der das nicht nötig war.)
Wie unter Frage zwei bereits dargelegt, liegen der Landesregierung hierzu keine Angaben vor.