Selbsttötung von Justizvollzugsangestellten – und wie hilft die Landesregierung den Beamten und deren Familien?

Kleine Anfrage

Kleine Anfrage 718
des Abgeordneten Klaus Esser und Dr. Hartmut Beucker vom 07.11.2022

Selbsttötung von Justizvollzugsangestellten und wie hilft die Landesregierung den Beamten und deren Familien?

Die Arbeit von Justizvollzugsangestellten geht mit hoher psychischer und physischer Belastung einher und ist geprägt von Personalnot sowie zunehmender Gewalt in den Justiz­vollzugsanstalten – ausgeübt auch durch Insassen aus verschiedenen Kulturkreisen, die insbesondere gegenüber weiblichen Angestellten und Beamten jeglichen Respekt vermissen lassen. Zudem wird aber auch von Druck oder vermeintlichen Repressalien seitens der JVA-Leitungen berichtet.1 Immer wieder kommt es zu tragischen Suizidfällen – mitunter auch direkt am Arbeitsplatz.2

Wir fragen daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Beamte und Angestellte von Justizvollzugsanstalten haben in den letzten 10 Jahren Suizid begangen? (Bitte aufschlüsseln nach JVA-Zugehörigkeit, Datum, Todesart, Geschlecht und Ort des Suizids)
  2. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Suizidmotive der Justizvollzugs-angestellten?
  3. Gibt es flächendeckende Angebote für Mitarbeiter von Justizvollzugsanstalten (z.B. Kriseninterventionsdienste), um bei überbordenden Stress- und Verzweiflungssituationen präventiv Hilfe zu erhalten?
  4. Welche psychologischen Betreuungsmöglichkeiten gibt es in Nordrhein-Westfalen für Justizvollzugsangestellte und deren Familien?
  5. Wie hat sich die Zahl der Justizvollzugsangestellten in den letzten 10 Jahren entwickelt, die Angebote zur internen psychologischen Betreuung (z.B. eines Kriseninterventionsdienstes) wahrgenommen haben? (Bitte aufschlüsseln nach JVA-Zugehörigkeit, Datum, Alter und Geschlecht)

Dr. Hartmut Beucker
Klaus Esser

 

Anfrage als PDF

 

1 https://bund-laender-nrw.verdi.de/land/justiz/vollzug/++co++3543891e-3ab4-11e5-b134-525400a933ef

2 https://www.wz.de/nrw/wuppertal/drama-im-wuppertaler-jugendgefaengnis_aid-28531917


Der Minister der Justiz hat die Kleine Anfrage 718 mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 namens der Landesregierung beantwortet.

  1. Wie viele Beamte und Angestellte von Justizvollzugsanstalten haben in den letz­ten 10 Jahren Suizid begangen? (Bitte aufschlüsseln nach JVA-Zugehörigkeit, Da­tum, Todesart, Geschlecht und Ort des Suizids)

Die Anzahl der Bediensteten im Justizvollzug, die in den letzten 10 Jahren Suizid begangen haben, stellt sich wie folgt dar:

Jahr Anzahl Justizvollzugseinrichtung Geschlecht
2012
2013
2014 3 Justizvollzugskrankenhaus NRW
Justizvollzugsanstalt Köln
Justizvollzugsanstalt Werl
männlich (3)
2015 2 Justizvollzugsanstalt Aachen Justizvollzugsanstalt Köln männlich (2)
2016 1 Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf weiblich
2017 2 Justizvollzugsanstalt Bochum Justizvollzugsanstalt Hövelhof weiblich (2)
2018
2019 1 Justizvollzugsanstalt Dortmund weiblich
2020 2 Justizvollzugsanstalt Köln

Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Vohwinkel

männlich (2)
2021
2022 2 Justizvollzugsanstalt Schwerte Justizvollzugsanstalt Siegburg weiblich (1) männlich (1)

 

Soweit bekannt, haben sich die Suizide bis auf einen Fall (Justizvollzugsanstalt Wuppertal-Ronsdorf) im privaten Bereich ereignet. Von Angaben zur Todesart wird abgesehen.

  1. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die Suizidmotive der Justiz-vollzugsangestellten?

Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor.

  1. Gibt es flächendeckende Angebote für Mitarbeiter von Justizvollzugsanstalten (z.B. Kriseninterventionsdienste), um bei überbordenden Stress- und Verzweif­lungssituationen präventiv Hilfe zu erhalten?

Der Justizvollzug NRW verfügt über ein eigenes und bewährtes Beratungssystem der Psycho­sozialen Notfallversorgung (PSNV) nach besonders belastenden Ereignissen. Dieses beruht auf interkollegialer Unterstützung durch entsprechend qualifizierte Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner unterschiedlicher Berufsgruppen. Bei Bedarf erfolgen Kontaktaufnahmen zu externen Beratungs- und Therapieeinrichtungen.

Darüber hinaus stehen den Bediensteten im Justizvollzug ausgebildete Soziale Ansprechpart­nerinnen und Ansprechpartner zur Verfügung, die bei der Bewältigung von bestehenden oder sich anbahnenden Problemen helfen.

Auch die anstaltsinternen Fachdienste (Psychologischer Dienst, Sozialdienst, Seelsorglicher Dienst) stehen für die Beratung und Betreuung von Bediensteten in persönlichen Krisensitua­tionen zur Verfügung.

Des Weiteren werden für Bedienstete aller Dienstzweige regelmäßige Einzel- oder Gruppen-supervisionen durch speziell ausgebildete Fachkräfte angeboten. Ferner besteht die Möglich­keit, an Gruppengesprächen im Rahmen der kollegialen Beratung teilzunehmen.

Auch besteht regelmäßig das Angebot, an Fortbildungsveranstaltungen zu den Themen „Be­wältigung von Arbeitsdruck und Stress“, „Resilienz“, „Umgang mit psychischen Belastungen“ sowie aus dem Bereich des Gesundheitsmanagements teilzunehmen.

Für Angehörige des Allgemeinen Vollzugsdienstes und des Werkdienstes, die schwierigen Konfliktsituationen besonders häufig ausgesetzt sind, sichern spezielle Unterrichtsinhalte in der Ausbildung und geeignete Fortbildungsmaßnahmen einen professionellen Umgang mit Konflikten und Gewalt im Justizvollzug.

  1. Welche psychologischen Betreuungsmöglichkeiten gibt es in Nordrhein-Westfa­len für Justizvollzugsangestellte und deren Familien?

Es wird auf die Ausführungen zu Frage 3 verwiesen.

  1. Wie hat sich die Zahl der Justizvollzugsangestellten in den letzten 10 Jahren ent­wickelt, die Angebote zur internen psychologischen Betreuung (z.B. eines Krisen-interventionsdienstes) wahrgenommen haben? (Bitte aufschlüsseln nach JVA-Zu­gehörigkeit, Datum, Alter und Geschlecht)

Hierzu liegen keine Erkenntnisse vor.

 

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