Separate Räume für „Doktor-Spiele“: Sexualpädagogische Konzepte in Kindertageseinrichtungen

Kleine Anfrage
vom 12.07.2023

Kleine Anfrage 2110

des Abgeordneten Zacharias Schalley AfD

Separate Räume für „Doktor-Spiele“: Sexualpädagogische Konzepte in Kindertageseinrichtungen

Eine AWO-Kindertagesstätte in Hannover hat durch einen geplanten Raum, in dem Kinder ihre Sexualität entdecken und ausprobieren können, nicht nur auf Seiten der Eltern viel Empörung hervorgerufen. Nach der großen medialen Aufmerksamkeit, versicherte der Kita-Träger, dass „so ein Ort“ niemals geschaffen worden wäre und es sich hierbei um einen Alleingang seitens des Kita-Leiters gehandelt habe. Auch das Landesjugendamt Niedersachsen war sichtlich irritiert und bremste das Vorhaben der Kita aus, weil das Kindeswohl dabei gefährdet sei.1

Dies ist allerdings kein Einzelfall. Denn auch in NRW finden sich zahlreiche sexualpädagogische Konzepte speziell für Kindertageseinrichtungen, die genau solche Ansätze mit Räumen der körperlichen Selbsterkundung und Befriedigung praktizieren.

So wird bspw. im sexualpädagogischen Konzept einer katholischen Kita in Kerpen von Kindern geschrieben, die „sich selbst lustvolle Gefühle über die Selbststimulation zuführen können (Genital als Lustquelle)“ oder es wird darüber aufgeklärt, dass „Berühren, Streicheln, Liebkosen und Spielen an den eigenen (kindlichen) Geschlechtsteilen […] Masturbieren genannt“ wird.

Ähnlich wie die AWO-Kita in Hannover wirbt auch diese Kita mit einem nicht-öffentlichen Raum, in den sich Kinder zurückziehen können, um sich „körperlich zu entdecken und zu befriedigen“. Weiter heißt es, dass bei den „Doktorspielen“ den Kindern „Freiräume für das Ausprobieren ihrer kindlichen Sexualität“ geboten werden. Untermauert werden die „Doktorspiele“ durch Regeln wie „Die Kinder tun sich gegenseitig nicht weh“ oder „Es darf sich nichts in Körperöffnungen gesteckt werden und/oder abgebunden werden“.2

Ich frage daher die Landesregierung:

  1. Wie viele Kitas in NRW weisen ein sexualpädagogischen Konzept auf? (Bitte nach Einrichtung aufschlüsseln)
  2. Wie viele Kitas in NRW verfügen über separate Räume, in denen Kinder ihre Körper eigenständig entdecken und ihre „Lust befriedigen“ können? (Bitte nach Einrichtung und Vorhandensein eines derartigen Raumes aufschlüsseln)
  3. Das Landesjugendamt Niedersachsen hat die Schaffung eines solchen Raumes unterbunden, da hierbei das Kindeswohl gefährdet sei. Wie bewertet die Landesregierung Räume zur sexuellen Selbsterkundung und Befriedigung in Kindertageseinrichtungen in NRW?
  4. Unterstützt die Landesregierung durch Fördermittel des Landes NRW die Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten in Kindertageseinrichtungen?
  5. Welche Vereine bzw. Organisationen erhalten finanzielle Mittel zur Unterstützung bei der Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten für Kindertageseinrichtungen in NRW? (Bitte nach Verein bzw. Organisation und Höhe der finanziellen Mittel für die Jahre 2017– 2022 aufschlüsseln)

Zacharias Schalley

 

Anfrage als PDF

 

1 https:// www .spiegel.de/panorama/bildung/arbeiterwohlfahrt-hannover-geplanter-raum-fuer-doktorspiele-war-alleingang-eines-kita-leiters-a-d01a073e-ca4d-4a0b-a47a-3da2ef30ccf3 (abgerufen am 03.07.2023)

2 https:// www .katholische-kindergaerten.de/sites/default/files/kitas/EEObIp/sexualpaedagogisches_konzept_0.pdf (abgerufen am 03.07.2023)


Die Ministerin für Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration hat die Kleine Anfrage 2110 mit Schreiben vom 14. August 2023 namens der Landesregierung beant­wortet.

Vorbemerkung der Landesregierung

Gemäß § 17 Kinderbildungsgesetz (KiBiz) führen die Tageseinrichtungen die Bildung, Erzie­hung und Betreuung nach einer eigenen Konzeption durch. Diese Konzeption muss Ausfüh­rungen zur Eingewöhnungsphase, zur Bildungsförderung, insbesondere zur sprachlichen und motorischen Förderung, zur Sicherung der Rechte der Kinder, zu Maßnahmen der Qualitäts­entwicklung und -sicherung und zur Erziehungspartnerschaft mit den Eltern enthalten. Die pä­dagogische Arbeit orientiert sich dabei an den Grundsätzen zur Bildungsförderung für Kinder.

  1. Wie viele Kitas in NRW weisen ein sexualpädagogisches Konzept auf? (Bitte nach Einrichtung aufschlüsseln)

Nach dem Achten Sozialgesetzbuch müssen alle Kitas in Deutschland über ein pädagogisches Konzept für die Einrichtung sowie über ein Konzept zum Schutz vor Gewalt verfügen. Über die Anzahl der Kitas mit einem gesonderten sexualpädagogischen Konzept führen die Lan­desjugendämter keine Statistik.

  1. Wie viele Kitas in NRW verfügen über separate Räume, in denen Kinder ihre Körper eigenständig entdecken und ihre „Lust befriedigen“ können? (Bitte nach Einrich­tung und Vorhandensein eines derartigen Raumes aufschlüsseln)

Im Rahmen der Erteilung der Betriebserlaubnis prüfen die Landesjugendämter die mit dem Ministerium abgestimmte räumliche Ausstattung der Kitas, ebenso werden die konzeptionel­len, personellen und weiteren Voraussetzungen geprüft. Sowohl im Rahmen der Investitions­förderung wie auch der Kita-Fachberatung und der Kita-Aufsicht sind den NRW-Landesjugend­ämtern keine Planungen zu „Räumen der sexuellen Selbsterkundung und Befriedigung“ be­kannt.

  1. Das Landesjugendamt Niedersachsen hat die Schaffung eines solchen Raumes unterbunden, da hierbei das Kindeswohl gefährdet sei. Wie bewertet die Landes­regierung Räume zur sexuellen Selbsterkundung und Befriedigung in Kinderta­geseinrichtungen in NRW?

Separate Räume allein zur sexuellen Selbsterkundung in Kindertageseinrichtungen bewertet die Landesregierung nicht als Teil der frühpädagogischen Praxis und sie sind nicht vorgese­hen. Im Rahmen von Fachberatung und ggfls. Aufsicht würde ein derartiges Vorhaben seitens der betriebserlaubniserteilenden Stellen bei den NRW-Landesjugendämtern auch unterbun­den werden.

  1. Unterstützt die Landesregierung durch Fördermittel des Landes NRW die Erstel­lung von sexualpädagogischen Konzepten in Kindertageseinrichtungen?

Die Landesregierung fördert Qualifizierungsmaßnahmen des pädagogischen Personals in der Kindertagesbetreuung im Sinne des ganzheitlichen bildungs- und erziehungspädagogischen Auftrags. Die Träger von Kindertageseinrichtungen sind für die Sicherstellung von Fortbildung und Qualifizierungsmaßnahmen zuständig. Hierbei können sie das pädagogische Personal in allen relevanten Bereichen der frühkindlichen Bildung mit den Fördermitteln aus der fachbe­zogenen Pauschale weiterqualifizieren.

  1. Welche Vereine bzw. Organisationen erhalten finanzielle Mittel zur Unterstützung bei der Erstellung von sexualpädagogischen Konzepten für Kindertageseinrich­tungen in NRW? (Bitte nach Verein bzw. Organisation und Höhe der finanziellen Mittel für die Jahre 20172022 aufschlüsseln)

Die Erstellung von pädagogischen Konzepten, einschließlich des sexualpädagogischen Kon­zepts, liegt im Verantwortungsbereich der Träger von Kindertageseinrichtungen. Die Träger können sich dabei an entsprechende Fachstellen und Experten wenden, um Rat und Unter­stützung zu erhalten. Zusätzlich können die Träger Beratungsdienste des zuständigen Lan­desjugendamts in Anspruch nehmen.

 

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